Kontra

Kapitel 6

Em

Für den Bruchteil einer Sekunde stand sie vollkommen entsetzt da und konnte kaum fassen, dass dieser arrogante, hochgeborene Schnösel sie tatsächlich für eine Art Eindringling hielt und dann spürte sie, wie ihre gesamte Wut des Tages über sie hin wegrollte, wie ein Güterzug und ungebremst in diesen Mistkerl hineinkrachte.

„Ja, du hast Augen im Kopf und siehst nur das, was du sehen willst! Genauso wie jeder von euch maßlos, arroganten Spießern, die glauben allem anderen überlegen zu sein und mit Verachtung auf diejenigen herunterblicken, die schlicht und ergreifend nicht das Glück hatten, mit einem goldenen Löffel im Arsch geboren zu werden! Ich bin Studentin dieses Campus, auch wenn es in dein privilegiertes Spatzenhirn nicht hineingeht und dein affektiertes Weltbild, in dem du der Mittelpunkt von allem zu sein glaubst, erschüttern wird! Ich habe weder darum gebeten, in diese Schnepfe hin einzurennen, noch ihre bescheuerten Schuhe zu ruinieren. Als gebe es nichts Wichtiges auf diesen Planeten, als ihre überteuerten und nutzlosen kleinen Modeartikeln, durch die sie sich als so etwas Besonderes fühlt, ganz einfach, weil sie nichts anderes zu bieten hat! Melden Sie mich ruhig! Und dann erinnern Sie sich besser schnell daran, dass Sie der Eindringling hier sind! Sie beschissenes, oberflächliches Arschloch!", schrie sie ihn an, nahm ihr Fahrrad in die Hand und dann fiel ihr Blick auf die kleine Trinkflasche, die noch in ihrem kaputten Rucksack steckte, nahm sie spontan und feuerten ihn direkt auf die Frontscheibe dieses ekelhaften Protzautos, das er so dreist auf einen Behindertenparkplatz gestellt hatte.

Dem Kerl fiel die Kinnlade herunter und sah dann für einen Moment so wütend aus, dass Em ernsthaft befürchtete, er würde auf die losgehen, stattdessen aber ballte der Typ in Anzug lediglich die Fäuste und presste seinen Kiefer so fest zusammen, dass sie seine Zähne knirschen hören könnte, wenn sie nur dicht genug bei ihm stehen würde.

Und das alles, während Em mit einer gewissen Genugtuung dabei zusah, wie die Reste ihres Milchkaffees sich über die Fensterscheibe ergoss. Dass sie tatsächlichen Schaden angerichtet hatte, bezweifelte sie, da sie sich für einen nachhaltigen Behälter aus leichten Bambus entscheiden hatte. Aber es war dennoch mehr als gut, dabei zuzusehen, wie der Kerl mit seiner Fassung kämpfte.

Eigentlich könnte er wirklich heiß aussehen, auch wenn Em wirklich nicht zu den Typ Frau gehörte, die tatsächlich auf Anzugträger stand, von seiner antörnenden Arroganz, ganz zu schweigen. Allerdings war sie auch eine gesunde Frau und stellte mehr als wohlwollend fest, wie gut die Klamotten an ihn aussehen, wie groß er war und wie wunderbar kantig seine Gesichtszüge mit dieser finsteren Miene wirkten.

Seine pechschwarzen Haare, waren so präzise geschnitten, dass Em am liebsten eine Hand ausgestreckt hätte, um sie ihm durcheinander zu bringen, doch das hätte sie sich nie gewagt. Vor allem nicht, als die dunklen, etwas zu buschigen Augenbrauen und die tief liegenden Augen bedrohlich auf sie herab sahen und sie bemerkte, wie seine Fingerknöchel weiß wurden, während die Stille sich bedrohlich um sie legte. Das Mädchen, mit dem sie sich gestritten hatte, hatte beide Hände vor dem Mund geschlagen und betrachtete erst das Auto, dann den Kerl, der sie scheinbar abholen wollte. Und während sie Spannung stieg und das Fass drohte überzulaufen, entschloss sich Em dazu ein Feuerzeug unter dieses Fass mit Benzin zu halten und selbst dafür zu sorgen, dass es explodierte.

„Sie stehen übrigens auf einen behinderten Parkplatz, nicht dass ich nicht sofort glauben würde, dass sie es sind: Aber sie sollten ihren unnötig teures, ekelhaftes Protzauto von dort runterbewegen, sonst rufe ICH nämlich die Campusausficht!", legte sie nach und dann machte er einen Schritt auf sie zu und Em konnte nichts dagegen tun:

Seine Nähe fühlte sich bedrohlich an, als würde seine Anwesenheit den Sauerstoff aus seinem direkten Umfeld verdrängen und zu Atemnot bei jeden führen, der es sich wagte, in diesen Bereich einzudringen. Der Instinkt einen Schritt zurück zu machen, war fast übermenschlich und Em schluckte schwer, um sich dennoch davon abzuhalten, vor ihm zurückzuweichen. Er machte ihr keine Angst!

Oh, nein!

Dieser Dreckskerl war es scheinbar gewohnt, dass alles so lief, wie er es wollte, aber sie würde sich ihm entgegenstellen! Niemals würde sie sich von einem dieser Leute einschüchtern lassen! Sie würde beißen und kratzen und fluchend zugrunde gehen, aber niemals würde sie ihm zeigen, dass sie Angst hatte, dass er sie einschüchterte, wie er es wohl schon mit hunderten Leuten vor ihr getan hatte. Und niemals, würde sie ihm weniger entgegenbringen als den puren Hass, den Em auf ihn und seinesgleichen empfand. Diesen Leuten musste man sich entgegenstehen! Sie mussten lernen, dass es Leute gab, die keine Angst vor ihnen hatten! Das hier war eine Notwendigkeit!

„Ich weiß nicht wie und wann", begann er leise, überwand die wenigen Meter zu ihr und beugte seinen Kopf leicht nach unten, sodass seine fast sanfte Stimme und seine äußerlich anscheinend ruhige Haltung einen scharfen Kontrast zu der wilden Glut in seinen grauen Augen bildete, der unheimlicher war, als einfach von ihm angeschrien zu werden.

Sie sah es.

Sie sah die eiserne Maske, die er trug und sah das Monster, das darunter an seinen Ketten zog. Der seriöse Anzugträger war niemand, der es einfach hinnahm, dass man sich ihm widersetzte, er war niemand, den man einfach beleidigte. Aber sie war auch kein kleines Mädchen, das vor ihm kuschen würde. Sie mag nicht so aussehen: Aber sie war nicht das süße, brave Mädchen, für das man sie im Allgemeinen hielt.

„Aber das wirst du bereuen!", prophezeite er absolut selbstsicher und Em reagierte so, wie sie immer reagierte, wenn einer dieser Möchtegern Mächtigen dachte, sie könnten sie eingefahren bedrohen.

„Alles, was ich bereue, ist, dass ich meinen Milchkaffee so verschwendet habe und ansonsten: Versuch es, Arschloch!" feuerte sie zurück, unwillig aufzugeben oder dieses Blickduell zu verlieren, sie würde ihn standhalten! Immer!

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