Donna

Kapitel 14

Ian

Ian wusste, dass er zu spät dran war, aber ebenso wusste er auch, dass Donna deswegen nicht sauer sein würde. Genau das war ja auch der Grund, warum die hübsche Anwältin so perfekt für ihn war. Sie zeterte nicht, ging ihm nicht auf die Nerven und war nebenbei auch noch hübsch anzusehen. Es war gut, dass er sie hatte, um zumindest den Anschein zu wecken, dass er sich noch für etwas anderes interessierte als seine Arbeit. Donna verlieh seinem öffentlichen Image etwas Menschlichkeit, besonders da die Medien nichts von dem innigen Verhältnis zu seiner Mutter und seiner Schwester wissen durften.

Als er endlich das Restaurant betrat, indem er sich mit Donna zum Abendessen verabredet hatte, hing sie selbst noch an ihrem Tablet und las sich mit Sicherheit irgendwelche Berichte von ihrer Kanzlei durch. Seit sie zur Junior-Partnerin ernannt worden war, war es fast unmöglich gewesen, überhaupt noch gemeinsame Termine zu finden, um das zu führen, was immer sie auch hatten. Bis noch vor wenigen Tagen hätte Ian gedacht sie führten eine Beziehung, allerdings kamen ihm langsam zweifle daran und das lag nicht nur daran, dass ihn Emily im Kopf herumspukte wie ein verdammter Geist.

Donna merkte es nicht einmal, dass er sich setzte. Erst als Ian sich räusperte, sah sie von ihrer Arbeit auf und schenkte ihm ein breites Lächeln, dass er etwas kalt erwiderte. Donna war eine schöne Frau. Eine schlanke, groß gewachsene Amazone mit scharfen Gesichtszügen und einem modernen Kurzhaarschnitt. Selbstsicher, unfassbar ehrgeizig und intelligent genug um zu wissen, was sie von ihm erwarten könnte oder nicht. Sie war genau das, was er hatte, haben wollen: Eine Frau die verstand wie wichtig ihm die Arbeit war und die sich nicht beschweren würde, wenn er mal einen Jahrestag vergessen hatte oder später nach Hause kam. Dazu ansehnlich und bereit ihr Leben mit ihm und seinen Job zu verbringen. Donna und er - sie waren aus dem gleichen Holz geschnitzt.

„Entschuldige die Verspätung", meinte Ian, während sie weiter lächelte und mit einem Schulterzucken nach ihrem Weinglas griff.

„Kein Problem. Ich hatte auch noch hier und dort etwas zu tun." sagte sie und winkte den Kellner heran, damit sie die Bestellung aufnehmen konnten. Ian beobachtete Donna dabei, wie sie nur einen kurzen blick, über die Karte warf und dann das bestellte, was sie immer bestellte. Sie war das genaue Gegenteil von Emily, zumindest so weit er diese richtig einschätzen konnte, denn während Emily ihn wohl misstrauisch beäugt hätte, sah Donna nur immer zu ihrem Tablet.

„Wichtige Dinge, die du noch erledigen musst?" fragte Ian und fühlte sich von ihrem Verhalten zum allerersten Mal tatsächlich gestört. Es hatte ihm nie etwas ausgemacht, wenn Donna auch während des Essens ihrer Arbeit nachging, er war ja selbst nie besser gewesen. Diese Beziehung, die sie führten war nicht aus großen Gefühlen geboren worden, sondern aus der simplen Tatsache, dass sie sich schon lange kannten und der Sex ganz gut war. Warum dann nicht Nägeln mit Köpfen machen? Jeder von ihnen wusste, wohin das hier führte: Eine Ehe, in der jeder dennoch seiner Arbeit nachging und das tat, was er wollte. Auf Augenhöhe und mit Respekt. Vielleicht aber genau deswegen auch ohne tiefere Gefühle. Aber heute war Ian einfach nicht danach, die zweite Geige zu spielen. Er wollte Aufmerksamkeit und wollte sich vor allem selbst einreden können, dass dies hier die perfekte Frau für ihn war.

„Schon", gab sie von sich, wartete aber mit einer genauen Erklärung, bis der Kellner verschwunden war.

„Meine Kanzlei vertritt immer noch diesen Tabakhersteller, der seine Abwässer angeblich in einen Fluss ableitet und damit einen Trinkwassersee verschmutzt. Die Fehlgeburtsraten und Behinderungen sind in einer nahegelegenen Ortschaft angestiegen und die Bewohner haben vor uns tatsächlich vor Gericht zu ziehen, kannst du dir das vorstellen? Verrückt diese Leute. Sie hätten sich auf den Vergleich einlassen sollen", meinte sie und lächelte, als würde sie das tatsächlich amüsant finden.

„Wie hoch war denn der Vergleich? Reicht er zumindest aus, um diesen Kindern ein angenehmes Leben zu bereiten?", fragte Ian und wusste selbst nicht, warum er eine solche naive Frage überhaupt stellte. Er kannte die Antwort, schließlich war so etwas kein Einzelfall.

"Keine Ahnung. Vielleicht? Was spielt das für eine Rolle? Vor Gericht werden sie verlieren." wahrscheinlich. Wenn Donna die Verteidigung übernahm, sogar mit großer Wahrscheinlichkeit.

"Der Tabakkonzern schleust sein Abwasser in diesen Fluss, oder?" fragte er und wieder zuckte Donna nur mit den Schultern. Es war ihr nicht wirklich wichtig. Sie war Anwältin und verteidigte ihre vermögenden Klienten. Das war ihre Pflicht. Sie hatte auch keine andere Wahl. Wenn sie es nicht tat, würde sie ihren Junior-Posten ganz schnell wieder verlieren. Ihre Karriere würde das einen gewaltigen Dämpfer verpassen.

„Ich bin dreißig, Ian. Ich brauche diesen Sieg, wenn ich weiterkommen will. Ich will einen Posten haben, den mir niemand mehr wegnehmen kann, bevor ich darüber nachdenke zu heiraten und Kinder zu bekommen. Ich will, nicht dass man mir nachsagt, ich hätte alles nur erreicht, weil ich einen Cunningham geheiratet habe."

stattdessen will sie beweisen, dass sie selbst kaltschnäuzig genug ist, um es an die Spitze der Kanzlei zu schaffen. Ian schüttelte sich innerlich und hasste sich gleich darauf wieder. Ein paar Fehlgeburten gegen ihre Karriere. Was nur los mit ihm? Er hatte sich um diesen moralischen Mist nie Sorgen gemacht und sich auch nur darum gekümmert. Das alles ging ihn nichts an. Vielleicht war es Emily, die ihm mit ihren Reizen fast dazu brachte, eine Memme zu werden. Er wusste doch wie es in der Welt lief: Das Gute gewann nie und wenn sie es tat, dann war der Preis dafür zu hoch. „Klar. Natürlich", erwiderte Ian etwas neben sich und war froh, dass dann das Essen kam. So musste er sich nicht mehr mit Donna über etwas unterhalten, was er selbst tat und ihr jetzt innerlich vorwarf. Fuck. Er musste wirklich einen Schlag gegen den Kopf bekommen haben.

„Wie heißt sie?" fragte Donna dann aus heiterem Himmel und Ian blinzelte ein paar Mal verwirrt.

„Was?"

„Wie sie heißt, frage ich. Du benimmst die merkwürdig und das selbst für deine Verhältnisse also entweder stresst dich die Arbeit oder eine andere Frau. Von der Arbeit hättest du mir erzählt, den Rest eher weniger. Aber das kannst du, ich werde nicht sauer", sagte sie ganz ruhig und gelassen. Und sah ihn dabei erwartungsvoll an. Ian aber runzelte die Stirn. Was genau wollte Donna damit andeuten, dass sie ihm nicht sauer war? Sollte das heißen, sie würde eine mögliche Affäre einfach akzeptieren? Okay sie waren nicht wirklich verknallt ineinander, aber dennoch war treue für ihn unerlässlich. Doch selbst wenn nicht. Was kümmerte es ihn? Und warum sollte es sie kümmern?

„Ich weiß nicht, was das soll", sagte er ehrlich und Donna lächelte wieder.

„Oh bitte, Ian. Wir kennen und seit zehn Jahren, diese Beziehung führen wir seit nicht einmal seit einem. Ein Mann in deiner Position wird immer Affären haben, damit kann ich leben. Wenn sie dir aber Probleme macht, nicht."

Ian erstarrte und von einer Sekunde auf die andere wurde alles kalt in ihm. Der Vorwurf, dass ein mächtiger Mann immer automatisch seine Freundin oder Frau betrog, passte ihm gar nicht. Er mag zwar nie ein Mönch gewesen sein, aber er hatte nie eine Frau betrogen. Und das sollte gerade Donna eigentlich wissen. Ian war nicht wie sein Vater. Nicht, wenn es darum ging. Wenn er eines Tages Familie hatte, würde er ein guter Vater und Ehemann sein! Auch wenn er langsam bezweifelte, ob er das sein könnte, wenn Donna diese Frau war.

"Gut zu wissen", gab er kühl von sich und wieder verfielen sie in ein Schweigen, dass Donna wohl nicht mal ansatzweise als unangenehm zu finden schien, in Ians Ohren aber dröhnte wie ein Sturm.

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