39 The absolute truth.
N i a l l │05.05. 2017 │Derbyshire
Es war eine tolle Abwechslung einmal ohne Kopfschmerzen aufzuwachen, aber auch ohne einem beklemmenden Gefühl in der Brust. Ich hatte es, seit ich mit Barbara Schluss gemacht hatte. Jeden Morgen wurde es leichter, aber nur weil ich mich zwang umzudenken und das hatte noch nicht einmal etwas mit Zwang zu tun.
Wenn ich mich morgens umdrehte und die Hand ausstreckte, dann erwartete ich Jane neben mir. Wenn ich die Augen öffnete, dann rechnete ich mit roten Haaren, mit Sommersprossen, Wärme und einen Duft, der nur von ihr alleine ausging.
Manchmal, wenn ich alleine Unterwegs war, dann hatte ich das Gefühl, sie lachen zu hören. Es klang verrückt, aber deshalb war ich schon einmal mitten im Lauf einfach stehen geblieben.
Ich vermisste sie.
Knallend sprang meine Zimmertür auf und ich erinnerte mich daran, dass ich erst vor wenigen Stunden ins Bett gegangen war. Zayns Hochzeit, Strip, der Stress, die Panik, alles war endlich vorbei.
„Guten Morgen, Nialler!", dröhnte Louis gut gelaunt und warf sich auf mein Bett, hinter ihm schlurfte gähnend Liam hinterher. Mein bester Freund trug nur seine Boxershorts und gähnte demonstrativ. Zayn, der folgte, rannte abwesend gegen den Türrahmen und entschuldigte sich.
„Was wollt ihr hier?", fragte ich, ohne den Kopf vom Kissen zu heben. Es war eindeutig zu früh zum Frühstücken, aber auch um den ersten Mord zu begehen. Wieso waren die überhaupt schon wach?
Harry kam dazu und zog einen Stick aus seiner Hosentasche und Louis erklärte: „Zayn verschwindet in drei Stunden in die Flitterwochen, aber Haz will vorher sein Hochzeitsgeschenk mit uns allen teilen."
Und mit Perrie nicht, oder was? Sie setzten sich auf mein Bett, Liam gähnte erneut und Harry bearbeitete den großen Plasmabildschirm, als der Stick richtig angebracht war, schnappte er sich die Fernbedienung und drehte sich mit einem zaghaften Lächeln zu uns um. „Ja, also tut mir leid, dass ich euch alle geweckt habe, aber ich wollte... ich möchte..."
„Gott, komm auf den Punkt", meinte Zayn und rieb sich die Stirn. Ich wusste nicht, wann er ins Bett gekommen war, jedenfalls nicht vor mir. Ich hatte mich irgendwann in den zweiten Stock des Anwesens gekämpft und mir nicht mal die Mühe gemacht, ein Shirt anzuziehen. Deshalb trug ich ebenfalls, wie Liam nur eine Boxershorts.
„Ich habe in Vegas gesagt, ich wüsste nicht wo die Kamera ist, aber ich habe das Band gefunden."
Plötzlich starrten wir Harry alle an und der Lockenkopf kratzte sich beschämt an der Nase, dann räusperte er sich: „Sie lag zwischen den Kissen der Couch, als ich euch duschen geschickt habe, ist sie mir beim Umsehen aufgefallen. Ich wollte mich erst vergewissern was drauf ist, bevor ich Panik verbreitete."
„Bevor du Panik verbreitest?", echote Liam trocken und Harry nickte, ihm schien es jedoch nicht besonders leid zu tun. „Ja, also jedenfalls, wollt ihr es sehen?"
Was war denn das für eine dämliche Frage? Natürlich wollten wir es sehen. Liam neben mir setzte sich aufrecht hin und Zayn und Louis spannten sich vor uns direkt an. Harry atmete tief durch, dann drehte er sich zum großen Fernseher und drückte auf die Fernbedienung. Das Bild änderte sich, der Film begann und Harry setzte sich etwas Abseits in einen Ohrensessel.
Das Bild wackelte. Zuerst konnten wir uns dabei beobachten, wie wir gut rausgeputzt zum Essen gingen. Dann zogen wir irgendwann um in eine Bar. Die Musik war irrsinnig laut, die Bar etwas anders, als wir sie gewohnt waren.
Unheimlich exotisch, bunt, es war überhaupt schwer etwas zu erkennen, denn das Bild wackelte nicht nur, sondern die Kamera wurde ziemlich fix von A nach B gereicht und wieder zurück.
Mir fiel auf, dass niemand auf die Getränke achtete, die hinter uns standen. Wir griffen einfach zu den Gläsern und prosteten uns zu. Keine Ahnung, was wir da tranken, lediglich Harry hielt ein Wasser in den Händen. Richtig, er hatte den Alkoholverbot an diesem Abend bekommen. Die Bar war erst der Anfang, denn dann ging es ab.
Mitten in der Bar trafen wir Perrie mit ihren Mädels. Zayn und sie küssten sich, dann änderte sich das Bild. Louis tanzte mit Jade, dann gab es einen brutalen Schnitt und ich hörte mich selbst lachen. Es war dunkel und die Kamera schwankte.
»Hör auf so zu grinsen Harry!«
Das Bild fing mich ein, ich trug ein Mädchen auf meinem Rücken und plötzlich wurde mir eiskalt. Das ganze war kein Traum gewesen, sondern Realität. Man sah, wie ich die Tür zu einem Hotelzimmer öffnete und sanftes Licht anmachte.
»Ach komm schon Niall, wie fühlt es sich an, ein schmutziges Geheimnis zu haben?«, frotzelte Harrys Stimme. Ich beobachtete, wie ich das Mädchen vorsichtig auf ein breites Bett ablegte und jetzt erkannte jeder im Raum, dass es sich um Sophia handelte.
„Mach das aus! Macht das sofort aus!", verlangte ich hysterisch und kämpfte mich aus meiner Decke frei, was etwas schwer war, weil drei Mann drauf saßen. Sie alle starrten wie gebannt auf den Bildschirm, wo sie beobachten konnten, wie ich ihr die Schuhe auszog.
Liam würde mich umbringen! Wieso hatte Harry DAS gefilmt? „MACH DEN FILM SOFORT-!"
Louis schlug mir ein Kissen ins Gesicht und ich spukte fast Federn. „Hör auf hier rumzukreischen." Auf Band sah man, dass ich den Reißverschluss zu Sophias Kleid am Rücken leicht öffnete. Ich war tot und vergrub das Gesicht in den Händen, dann sprach ich: „Liam, es tut mir leid, ich dachte ich hätte das alles nur geträumt und-"
»Hörst du wohl auf zu filmen, Haz! Ich ziehe sie nicht aus.«
»Wieso nicht, einmalige Gelegenheit.«
»Sie ist Liams Freundin, ich würde auch Perrie oder El nicht ausziehen. Komm, wir holen ihr einen Eimer, für den Fall, dass sie nachher brechen muss.«
»Durch und durch Gentleman, Nialler?«
»Immer.«
Harry hatte tatsächlich aufgenommen, wie ich ihr noch einen Eimer organisierte, ein Handtuch und eine Flasche Wasser. Schließlich hatten wir artig die Hoteltür hinter uns geschlossen, sowohl das Licht ausgemacht.
„D-Du hast dich um meine Freundin gekümmert?", fragte Liam erstaunt und ich stöhnte: „Mann, ich habe gedacht ich hätte sie ausgezogen und sonst was mit ihr gemacht!"
Ich erwartete, dass mein bester Freund wütend wurde, weil ich überhaupt nichts dazu gesagt hatte, doch Liam lächelte nur und tätschelte mir den Kopf. „Durch und durch Gentleman, eindeutig."
Bevor ich sagen konnte, ob das nun ein Kompliment sein sollte oder sarkastisch gemeint war, drehte jemand die Lautstärke hoch.
Wir standen vor einem Club. Ganz unscharf konnte man den Schriftzug der Chippendales erkennen und hören, wie Louis wütend mit dem Türsteher diskutierte. Immerhin wussten wir jetzt sicher, dass irgendjemand Jade die Karten aus der Tasche geklaut haben musste. Ihre Wut über uns war irgendwie berechtigt.
»Wieso kommen wir hier nicht rein? Wir haben Karten!«
»Sir, die Veranstaltung ist ausschließlich etwas für das weibliche Geschlecht.«
»Das ist diskriminierend«, dröhnte ich dazwischen und dann hörte man Louis krakeln: »Und wenn wir alle schwul wären, was wäre dann?«
»Sir, Sie wollen mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass Sie alle-«
Es kam zu der berühmten Kussszene, die im Internet hohe Wellen geschlagen hatte. Louis zog Zayn zu sich und bot einen Oscarreifen Filmkuss, der die Frauen im Hintergrund aufkreischen ließ. Harry hatte eiskalt die Kamera drauf gehalten.
„Da dreht sich mir der Magen um", murmelte Louis und Zayn hob ratlos die Arme zum Himmel: „Alter, lerne mit zu leben, wir können uns beide nicht dran erinnern. Das reicht nicht für ein Vollzeittrauma."
„Kriegt euch ein, ist doch nur ein Kuss", meinte Harry gelassen und langsam verstand ich, warum er am folgenden Monat keine Panik geschoben hatte. Nüchtern musste er sich köstlich amüsiert haben. Im Club hoben wir jedoch ordentlich die Becher, tranken unzählige Schnäpse.
Zayn leckte irgendeinem übertrainierten Feuerwehrmann Sahne von der Brust und statt, dass wir uns in diesem überbesetzten Club voller Frauen nicht wohl gefühlt hatten, feuerten wir die Stripper genauso an, wie die berauschten Weiber. Gott sei dank, hatte das niemand gesehen.
Eine neue Szene wurde eingeblendet. Wieder war es laut, aber dieses Mal schienen wir in einer alten Lagerhalle zu sein und dann riss ich die Augen auf.
War das ein... Boxring?
Liam rutsche nach vorne und tatsächlich. Wie waren wir denn bitte an solch einen Ort gekommen?
Wir alle konnten nun sehen, wie Liam in den Ring stieg, nur bekleidet in Jeans und Tape an den Händen. Wir mussten wohl mitten in der aufgepuschten Menge stehen, denn man hörte Harry fragen: »Habt ihr Wettvorschläge abgegeben?«
»Ja!«, brüllte Zayn begeistert. »125.000 Dollar!«
„Du hast 125.000 Dollar auf mich gewettet?", fuhr Liam Zayn an und der frische Bräutigam zeigte zum Fernseher: „Warum fragst du mich das, du hast es doch gerade selbst gehört!"
Auf Band prügelte Liam auf einen Kerl ein, der einen ganzen Kopf größer war, als er selbst. Als der Typ ihm die Nase brach, verzogen wir alle das Gesicht und ohne ein weiteres Wort zu sagen, sahen wir fast fünfzehn Minuten auf einen illegalen Boxkampf.
Am Ende lag Mucki-Mann am Boden und der Schießrichter riss Liams Arm nach oben. Das erklärte zumindest, wieso Liam am nächsten Morgen so angeschlagen ausgesehen hatte.
Dann erkannte man, wie ich mit Louis herumalberte, wir stellten wohl die Box-Szenen nach. Und mit offenen Mund sah ich schließlich mit an, wie ich plötzlich ausholte und ihn mitten ins Gesicht schlug.
Einfach so, ohne Grund.
Louis vor mir stöhnte qualvoll auf, als hätte ich ihn genau jetzt getroffen. „Gerade von dir, Nialler, hätte ich das niemals erwartet."
„Tut mir leid, aber scheinbar war ich nicht mehr Herr meiner Sinne."
Langsam, aber sicher wollte ich überhaupt nicht mehr wissen, was in dieser Nacht wirklich alles passiert war. Schweigend beobachteten wir, wie wir durch die Straßen von Las Vegas zogen, nachdem wir Liam zumindest halbwegs anständig von einen zwielichtigen Arzt behandeln gelassen hatten.
Mit Grauen sah ich, dass wir alle, mit Ausnahme von Harry, die Schmerzmittel, die eigentlich für Liam gedacht waren, gemeinsam schluckten. Und dann hörte ich mich selbst das Unglaubliche verkünden.
»Ich will ein Tattoo!«
„Und das habt ihr einfach zugelassen", verurteilte ich sie und man könnte laut und deutlich hören, das Zayn und Louis das absolut klasse fanden. Liam grinste und meinte: „Sieh dich doch an, Niall", er zeigte auf den Bildschirm. „Du bist absolut nicht davon abzubringen."
Das war leider Tatsache. Wir stürmten ein Tattoo-Studio und Jades Aussage ergab einen Sinn. Harry hielt mich tatsächlich davon ab mir ein Herzchen am Hintern machen zu lassen und auch von einen Totenschädel hielt er mich fern.
„Erstaunlich", meinte Zayn schließlich. „Nüchtern hast du jedes Mal ein Riesen Theater gemacht und jetzt gibst du da nicht einen verdammten Mucks von dir!"
Stimmt. Wie ein harter Krieger ließ ich mir diese dämlichen Flügel tätowieren. Als würde mich da nur jemand anmalen und nicht meine Haut misshandeln. Die Kamera fuhr herum.
»Wow, deine Haare sind geil!«
Louis riss den Mund auf und dann antwortete ein Punker, der auf sein Tattoo wartete: »Willst du deine Matte verändern?«
Er wollte, denn ein Rasierapparat surrte. Louis verlor nicht nur seine Haare, sondern auch ein bisschen seiner Würde, denn die halbe Glatze stand ihm nicht wirklich.
„Immerhin kannst du dich jetzt wieder auf die Straße wagen", meinte ich und Louis sagte dazu gar nichts. Wahrscheinlich wusste er auch so, dass diese kindische Aktion ein ziemlich großer Fehler gewesen war.
Der Film lief weiter. Wir zogen am Strip entlang, aßen irgendetwas, hatten unheimlich viel Spaß und dann wackelte die Kamera. Ich runzelte die Stirn, denn ich hatte gar nicht gemerkt, dass Harry plötzlich nicht mehr mit uns weiter gezogen war. Er kam näher und ich begrüßte ihn grölend: »Haz, wo warste?«
»Jungs, wir sind Freunde, oder? Also so richtig?«
»Klaro.«
»Yeah.«
»Darauf kannste einen lassen!«
Harrys Wangen waren gerötet, jemand schwenkte die Kamera, es musste Liam sein, denn er war als einziger nicht im Bild. »Ich will heiraten und euch dabei haben.«
»Natürlich sind wir auf deiner Hochzeit dabei!«, erklärte Zayn laut und Louis nickte wie wild, während ich nur erneut brüllte: »Yeah!«
»Nein, ihr versteht das nicht. Ich will jetzt heiraten.«
Plötzlich verspannte sich jeder im Raum, aber niemand wendete den Blick vom Bildschirm ab. Wir sahen mit an, wie wir einen Brautladen betraten, alle Anzüge bekamen, außer Zayn, der sich informierte, wie viele Brautjungfer es gab.
Eine fand er ziemlich traurig, also beschloss er kurzerhand ein Kleid anzuziehen und wir waren wieder um eine Antwort reicher. Oder eher um zwei, denn auch die Anzüge ergaben nun einen Sinn.
„Was zum Teufel tun wir da?", entwich es mir nach einer halben Ewigkeit. Ein Auto brachte uns zu einer mega kitschigen Kapelle mit den Namen 'Happy Marriage'. Nervös strich Harry sich durch die dunklen Locken.
»Also Hazza, ganz sicher?«, sprach Louis lachend und Harry nickte: »So sicher, wie man nur sein kann.« Eine junge Frau erschien im Bild und Harry begrüßte die lockige Blondine. Keiner von uns kannte sie. »Abigail, richtig? Ist sie hier, so wie wir es gesagt haben?« Seine Stimme klang rau.
Mit Grauen beobachtete ich, wie wir in diesen Alptraum aus Rosa, Plüsch und übertriebenen Vegas-Kitsch reingingen und uns aufstellten. Langsam glitt mir der Mund auf. Ich hatte nicht geträumt, dass waren die Nachwirkungen des Filmrisses gewesen und mir schwante Übles. Mega-Ultra-Giger-Übles.
Auf dem Bildschirm wischte sich Louis gerührt über die Augen. Der aktuell anwesende Louis schien das atmen verlernt zu haben.
Kitschige Musik ertönte.
Liam schwenkte die Kamera, bis eben hatten wir noch Harry dabei beobachtet, wie er sich immer wieder durch die Locken gestrichen hatte, jetzt hörten wir Zayn, der neben dieser Abigail stand und an seinem kurzen Kleid zupfte sagen: »Und da kommt die glückliche Braut.«
Das Bild hielt an.
Ich hatte überhaupt nicht mitbekommen, wie Zayn aufgestanden war und den Film stoppte. Viel zu traumatisiert war ich von dem, was sich langsam in mein Bewusstsein schlich. Als hätten wir es abgesprochen, drehten wir gleichzeitig den Kopf Richtung Harry und starrten ihn an.
Keiner sagte etwas. Mir fiel auch nichts ein, was ich hätte sagen können. Das war - das war einfach - nein, das war einfach eine Nummer zu groß, das durfte jemand anderes machen. Es war Louis, der sich als einziger irgendwie wieder einbekam.
„Du hast Taylor fucking Swift geheiratet?"
Wie Sherlock Holmes und so gelassen wie Indiana Jones musterte Harry uns und antwortete: „Ja, das habe ich. Den Ring, den Liam gefunden hat, das war meiner. Er ist mir etwas zu groß und Liam wollte auf ihn acht geben, weil ich-"
„Scheiß auf den Ring!", fuhr Louis ihn an. „Du hast sie geheiratet! In Vegas! An Zayns Junggesellenabschied! Du weißt, dass das Rechtskräftig ist!"
Gut zusammengefasst, lobte ich ihn gedanklich. Aber es wäre toll, wenn er zum eigentlichen kommen würde und als hätte Louis meine Gedanken gelesen, fauchte er. „Wieso hast du das getan?"
„Oh, gute Frage", klinkte sich Zayn sarkastisch ein. „Wieso heiraten die Leute wohl in Vegas?"
„Weil sie vollgedröhnt und geil sind?", warf ich ein und wurde sofort verstimmt angesehen. „Hey, nur meine Meinung." Am besten ich sagte gar nichts mehr und ließ das die anderen klären.
Harry seufzte: „Jedenfalls kann sich niemand beschweren, ihr wart alle dabei." Und wir alle konnten uns an keine einzige Minute erinnern.
„Warst du deshalb nicht in der Suite am morgen? Weil du dich in deiner Hochzeitsnacht ausgetobt hast? Was sagt deine Mutter dazu? Weiß Anne das überhaupt? Wieso seid ihr nicht in der Presse gelandet? Und wie kommst du verdammt noch mal dazu, auf Knopfdruck plötzlich heiraten zu wollen!"
Louis war immer lauter geworden, er raufte sich die Haare, erstickte halb an seinen Worten, die nicht über seine Lippen wollten und hob schließlich die Hände zum Himmel. „Ich könnte noch drei Tage so weiter machen!"
Richtig, denn wir hatten ja noch die chaotische Suite vor uns, das Auto im Meer, den Flügel im Pool, dazu die ganzen Kondome. Die Haschbrowinies und das Kokain. Ich listete es auf, dann fiel mir ein: „Was ist eigentlich aus dem Geld geworden, dass Liam für den Kampf bekommen hat?"
Zum ersten Mal meldete sich Liam zu Wort: „Ich dachte fünf Tage, ich hätte eine Stripperin, oder ein Callgirl geheiratet. Wer bist du, dass du mich so etwas glauben lässt?"
„Ich habe nie gesagt, dass du eine Stripperin gehei-"
„Aufgeklärt hast du mich aber auch nicht!", raunzte Liam Harry an. Schließlich war es Zayn, der uns darum bat, dass wir uns beruhigten. Nun, ich war ruhig. Wenn schon, dann war ich verwirrt.
Zayn verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch: „Okay, wie wäre es, wenn du uns alles von Anfang an erzählst. So, dass wir uns nicht mehr wie die letzten Idioten fühlen."
„Idioten?", raunzte Louis ungehalten. „Du meinst Voll-Idioten!"
Wir schwiegen und blickten alle zu Harry. Dieser seufzte tief, dann grinste er: „Um es kurz zu machen. Ich... ich liebe sie."
H a r r y │29.04.2017 │Las Vegas
Es war eine halbe Stunde vor Mitternacht und ich rannte durch die große Lobby des Hotels. Mein Atem ging unregelmäßig. Ich war verschwitzt und mein Herz raste. Im Fahrstuhl ging ich mir mehrmals durch die Haare. Unruhig schritt ich auf und ab und als die Tür auf glitt, sah ich nach links.
Ich war erst am frühen Nachmittag von hier fort gegangen und hatte so getan, als wäre ich wie die anderen Jungs erst heute in Vegas gelandet. Dabei war ich eigentlich schon drei Tage hier. Es war nicht ganz fair meinen Freunden gegenüber, aber vorerst hatte ich gewollt, dass es mein kleines Geheimnis blieb.
Ich wollte mir sicher sein.
Nervös klopfte ich an der Suite 2B und strich über mein Shirt, so als wollte ich unnötige Falten vertreiben. Eine überflüssige Geste. Es war etwas fahrlässig, dass ich die Jungs alleine ließ, so wie sie aktuell drauf waren, aber sie mussten eine Stunde ohne mich aushalten.
So groß würde der Schaden schon nicht sein, den sie anstellen könnten.
Die Tür glitt auf und erstaunt sah Taylor mich an und schloss die Tür schließlich hinter sich. „Harry, was tust du hier? Meine beste Freundin Abi-"
Ich ließ sie nicht aussprechen, sondern machte einen großen Schritt auf sie zu. Sanft drängte ich sie gegen die Tür und küsste sie. Das könnte ich den ganzen Tag machen, wenn wir uns nicht ständig verstecken müssten.
Morgens, mittags, abends. Sie war verwirrt, ich spürte es, doch trotzdem brauchte es nur Sekunden und sie ließ den Kuss ohne Widerstand zu.
Kurz gehörte der Augenblick uns, kurz gehörte sie nur mir. Ich wollte, dass es immer so war. Das sie es wirklich war. Meine Stirn lehnte schließlich gegen ihre und ich umschloss meine Hände mit ihren Fingern.
„Was ist los?", fragte Taylor verwirrt. „Ist etwas passiert?"
Ich dachte an all die wunderschönen Momente die wir gehabt hatten. Als wir ein Fake-Paar gewesen waren, als wir uns in Moncks Corner getroffen hatten und all die anderen kleinen, heimlichen Treffen. Immer hatte alles schrecklich spontan ablaufen müssen und wenn ich an Taylor dachte, dachte ich an erster Stelle an ihre warme Stimme, die für mich da war.
Mit keinem Menschen hatte ich so viele Gespräche geführt. Niemand hatte mich durch so viele Höhen und Tiefen begleitet, obwohl sie sich immer am anderen Ende der Leitung befunden hatte.
Sie urteilte nicht über das, was ich tat und wenn sie urteilte, dann weil ich nach ihrer Meinung fragte. Taylor machte mich glücklich, dass hatte sie in all den Jahren immer getan und ohne das sie es wusste, hatte ich sie nach jedem Telefonat furchtbar vermisst.
Mir war egal, was die Fans sagten. Denn ich hatte das Gefühl, dass sie Taylor nicht so sahen, wie ich es tat.
Während all der Affären, kurzen Beziehungen und anderen Treffen, die ich gehabt hatte, war ich nie wieder einer Frau wie Taylor begegnet. Sie war anders. Unheimlich selbstlos, treu und mitfühlend, auch wenn sie nach außen immer versuchte es nicht zu zeigen. Umso wertvoller war es für mich, wenn ich hinter ihre stolze Maske blicken konnte.
Ihr Stolz, wieder etwas, was mich faszinierte. Manchmal kam es mir vor, als wäre sie die elegante, vornehme Seite des Lebens und ich die wilde, ungezähmte Welt. Und es fühlte sich bei ihr nie an, als wäre es falsch.
Ich lächelte und betrachtete ihr fragendes Gesicht, sanft strich ich ihr eine weiche Haarsträhne zurück. Plötzlich kam mir der Drang, der sich in mir aufgebaut hatte, nicht mal mehr komisch vor. Wieso er auf einmal da war, wusste ich immer noch nicht.
Doch als wir über den Strip gegangen waren und uns ein Paar Hand in Hand entgegen gekommen war, hatte ich das auch gewollt. Und warten war nichts, was ich noch wollte.
„I-Ich liebe dich", sprach ich aufrichtig und sah ihr dabei direkt in die Augen. „Aber das weißt du ja schon."
Taylor neigte leicht den Kopf: „Ja, du sagst es mir jedes Mal, bevor wir aufhören zu telefonieren." Ich lächelte und erinnerte mich daran. Zuerst war mir das gar nicht bewusst gewesen, denn ich sagte oft, bevor ich ein Gespräch beendete: „Liebe dich."
Es war eine andere Formulierung zu: „Pass auf dich auf." Erst als Taylor meine Angewohnheit kopierte und mein Herz aus dem Takt geriet, wurde mir bewusst, wie viel diese Worte wogen. Was sie wirklich bedeuteten.
Stumm sah ich sie an. Nur sie. Ihre blasse Haut, ihre blauen Augen, die süße Nase, die sich kräuselte, wenn ihr etwas nicht passte. Der Augenblick war nicht perfekt, aber bei uns war noch nie etwas so gelaufen, wie es sollte. Regeln, Reihenfolgen und ganz alltägliche Normalität, dass waren nicht wir.
„Willst du mich heiraten?"
Taylor reagierte nicht und starrte mich an. Ich wusste, dass sie keinen Alkohol roch, immerhin hatte ich den gesamten Abend Wasser getrunken. „Ich bin absolut nüchtern und weiß was ich tue. Jedes einzelne Wort meine ich ernst. Willst du mich heiraten?", wiederholte ich mich ruhig und strich über ihre Wange.
Sie antwortete nicht, ihr Atem streifte meine Lippen und in diesem Moment brach Angst über mich herein. Würde sie nein sagen? Ging ihr das zu schnell? Hielt sie mich für verrückt?
Sie musterte mein Gesicht, dann verzogen sich ihre blassen Lippen zu einem Lächeln. „Ach Harry, wir haben es nicht einmal geschafft eine einzige Nacht in ein und denselben Raum zu verbringen, wir haben nicht einmal im selben Bett geschlafen, geschweige denn miteinander und du willst mich gleich heiraten?"
Eigentlich hätte ich sie loslassen müssen, eingeschüchtert sein sollen und einen Rückzieher machen. Aber stattdessen lachte ich, denn noch nie war es so leicht gewesen, auf eine Frage zu antworten. „Wir haben noch nie eine Nacht im selben Haus herumbekommen, weil wir immer draußen waren. Zu zweit. Wir sind ganze Nächte im Nebel spazieren gegangen und haben geredet. Gegessen, gelacht, okay hin und wieder auch ziemlich angestrengt diskutiert-"
„Dumme Katzenwitze erzählt", warf Taylor hilfreich ein und ich grinste: „Ich habe mich in den fünf Jahren, die wir uns kennen, verbessert das musst du zugeben."
„Minimal", räumte sie ein.
Ich brach kurz den Blickkontakt, dann nahm ich den Faden wieder auf. „Es ist nicht die Zahl der Nächte, die wir zusammen waren, es zählt nicht der Sex oder irgendwelche anderen Oberflächlichkeiten. Das ist mir nicht wichtig." Es war die Wahrheit und es war zum ersten Mal so, dass ich dieser Ansicht war. Immer nur, wenn es um Taylor ging. „Wir wissen, was wichtig ist, was uns betrifft."
Taylor zog mich näher an sich. Ich verschwendete keinen Gedanken daran, was passieren würde, wenn uns jemand so sah. Denn darüber wollte ich mir nie wieder Sorgen machen. Meiner Meinung nach dürfte es jeder wissen. Es sollte jeder wissen!
„Ich will einen Ring und die kitschigste Hochzeitskapelle, die du finden kannst."
In diesem Moment machte sie mich zum glücklichsten Menschen in ganz Vegas.
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S p e c i a l I n t e r v i e w
Die Frage aller Fragen; absolute Ehrlichkeit?
Harry: „Wir sind Männer der Ehre, wir lügen nicht!"
Liam: „Wir verschweigen nur und lassen einen Kumpel glauben, er habe ein Callgirl geheiratet..."
Louis: „Und vergessen zu erwähnen, dass er in Vegas Nägel mit Köpfen gemacht hat..."
Zayn: „Und keinen Filmriss hat..."
Niall: „Es ist alles gesagt, was gesagt werden musste."
Okay, zu aller erst, was ist aus dieser gebuchten Amazone Kassandra geworden?
Niall: „Sie war da. Wir haben es auf Band und sie hat mächtig für Stimmung gesorgt. Nach Harrys und Taylors Hochzeit fand ja die Party in der Suite statt."
Liam: „Wieso wir Steven Tyler, seine Crew und sechzig andere Leute dabei hatten, wissen wir allerdings nicht."
Zayn: „Doch, warte, wir waren nach der Trauung in einem Casino und wollten anstoßen und Taylor hat ihren Brautstrauß direkt gegen den Kopf von diesem Bassisten geworden und dann... tja... war in unserer Suite die Hölle los."
Die Drogen Jungs...
Louis: „Das war Mehl. Wirklich! Nur wissen wir nicht woher es kommt. Und die Brownies waren nur Brownies."
Niall: „Ich habe unseren Drogentest schon aufleuchten sehen, wie eine Weihnachtskugel."
Wie kam der Wagen ins Meer?
Zayn: „Man sieht auf Band, dass wir ihn Kassandra gegeben haben, damit sie gut nach Hause kommt. Keiner von uns hatte Kleingeld in den Taschen, um ihr das Taxi zu bezahlen."
Liam: „Was wir nicht wusste war, dass sie einen Freund hat, der glaubte ihr Sugar Daddy hätte ihr den Wagen spendiert. Er parkte das Auto aus Eifersucht also für uns im Meer."
Woher kommen die Vögel? Wie kam das Klavier in den Pool? Wann habt ihr die Kondome aufgeblasen?
Harry: „Kein Plan. Ich war da schon weg. Irgendwann um halb vier habe ich mich verabschiedet. Da war die Suite allerdings auch noch ungesprayt und nicht halb so hinüber, wie fünf Stunden später. Auf Band ist auch nichts zu finden."
Louis: „Es ist vielleicht auch einfach besser, es nicht zu wissen."
Was ist das Letzte, was man auf Band sieht und hört?
Niall: „Nichts aufregendes. Louis taumelt auf die Terrasse und stürzt, dann hört man noch Liam 'Hallelujah' singen, bis das Bild irgendwann wegbricht."
Letzte Frage, werdet ihr Harry verzeihen?
Zayn: „Ja sicher!"
Liam: „Eines Tages."
Niall: „Vielleicht."
Louis: „In zehn Jahren denke ich drüber nach."
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