30 Happy.

H a r r y │ 02.02.2017 │ London



„Was zur Hölle tust du hier!"

Taylor fuhr mich an, als wäre ich ein Serientäter, der es sich in ihrem Sessel bequem gemacht hatte. Breit grinsend sah ich sie an. Es war nicht leicht ihr Hotel undercover ausfindig zu machen. Fast hatte ich sogar damit gerechnet, dass sie bei Jane unterkommen würde. 

Ich hatte es mir in dem Hotelsessel gemütlich gemacht und die Zeit beim zappen totgeschlagen. Taylor kam gerade von einem späten Interview und zog sich die Mütze vom Kopf.

„Die kannst du gleich anlassen", sprach ich und erhob mich. „Wir gehen aus."

„Fragt man die Dame vorher nicht mehr, ob sie überhaupt möchte?", warf Taylor kleinlich ein und ich grinste sie an, dann griff ich nach ihrer Hand: „Tja, was soll ich sagen, die Zeiten ändern sich."

Wir huschten hinaus in den Flur und dann zog ich sie nicht durch das Foyer, sondern in die Angestelltenküche. Dort ließ man uns ohne Fragen durch. Ich kannte den Chefkoch und hatte ihn vorher um den kleinen Gefallen gebeten. 

Ganz automatisch hatte ich nach Taylors Hand gegriffen und ihre Finger mit meinen verschränkt. Wieso ich das tat, wusste ich selbst nicht. Es war ein Reflex und in Moncks Corner hatte ich stark dagegen ankämpfen. Im Hinterhof roch es streng, doch nachdem wir an den Müllcontainer vorbeigegangen waren, betraten wir die Hauptstraße.

„Nebel!", lächelte Taylor neben mir, wir wussten beide was das hieß. Wenn der Nebel so dicht wie Milch war, dann waren es perfekte Voraussetzungen, um sich auf der Straße herumzutreiben.

 Wenn wir geschickt genug waren, würde uns niemand erkennen, auch wenn wegen der BRIT Awards die Hölle los war. Chaos brachte jedoch den Vorteil, dass man den Überblick verlor.

Taylor ließ sich weiter artig mitziehen und wir grinsten breit, als wir tatsächlich an einem schemenhaften Pulk vorbei gingen. Man sah die Hand vor Augen nicht. Sie lief eine Weile schweigend neben mir her, dann fragte sie: „Können wir vielleicht etwas essen?" 

Ich schmunzelte: „Sushi?" 

Taylor lachte, etwas, was sie meiner Meinung nach viel zu selten tat: „Nein, ich möchte etwas Fettiges."

Unsere erste Wahl wurden Fritten, Burger und ein Pappbecher Cola. Statt im Fast Food Restaurant zu essen, nahmen wir es mit. Im Hyde Park setzten wir uns auf eine verlassene Bank, obwohl es recht kühl war. Aber das nahmen wir schweigend im kauf, da wir nicht oft die Gelegenheit hatten vollkommen unbekümmert draußen zu sein.

Geräuschvoll zog Taylor an ihrer Cola, dann wandte sie sich mir zu und sprach anklagend: „Darf ich sagen, dass ich unglaublich sauer auf dich und deine Jungs bin?"

„Wieso, weil wir so unglaublich toll sind?", fragte ich kess und sie rollte mit den Augen, schließlich erklärte sie mir ihren Unmut: „Ihr dürft den Soundtrack zu der Fortsetzung von 'The heritage of the world' aufnehmen! Das war mein großes Ziel."

Nun grinste ich breit und biss in meinen Burger. Genüsslich kaute ich, dann tritze ich: „Tja, dann würde ich mal sagen, dass wir einfach besser sind, wenn das so entschieden wurde." 

„Von euch weiß doch nicht einmal einer, worum es im ersten Film geht!", unterstellte sie mir und hatte damit sogar recht. Ich hatte noch nie davon gehört. Allgemein rauschten neue Filme einfach an mir vorbei. Bei den Tributen von Panem war ich schließlich auch lange davon ausgegangen, dass es darin ums Essen ginge.

„Ich habe ihn tatsächlich nicht gesehen", gab ich zu und zuckte mit den Schultern. „Wie wäre es, wenn wir ihn zusammen schauen?" Taylor sah mich überrascht an und ich war sicher, dass wir den Film irgendwo herkriegen würden. Promi-Bonus eben.

„Ich gucke keine Romanze mit dir, über die du dich sowieso nur lustig machen wirst!", behauptete sie und ich runzelte die Stirn, denn es gab meines Wissens nach keine Romanzen die in einer Trilogie existierten. Deshalb ließ ich den Burger sinken: „Du lügst, dass ist keine Romanze."

Ihre Mundwinkel zuckten, dann knickte sie ein und seufzte dramatisch: „Okay, erwischt. Er geht in die Richtung von Lord of the rings und eigentlich ist alles drin, Liebe, Freundschaft, Drama, Action und jede Menge Spannung. Max Irons spielte einfach großartig."

„Alles was ich auch gut finde, abgesehen von Max Irons", ich wusste nicht mal wer das war. Kurzerhand verplante ich selbstbewusst unseren Abend: „Lass mich den Film besorgen und du schaust, dass deine Suite leer ist. Sonst haben wir die Extras wieder am Hals."

Mit Extras waren Gerüchte, Schlagzeilen und die üblichen Verdächtigen gemeint. Taylor stopfte Fritten in sich rein, ihr Schweigen deutete ich als 'ja' und streckte die Beine aus. „Hey, willst du einen neuen Katzen-Witz hören?"

Sofort fuhr Taylor herum und schüttelte heftig den Kopf: „Nein! Gib es einfach auf!"

Das hätte sie wohl gerne. Stattdessen drehte ich mich zu ihr und verzog das Gesicht zu einer ernsten Miene: „Wo wohnen Katzen?" 

Sie biss sich auf die Unterlippe, ihr Gesicht war ausdruckslos, trotzdem hoffte ich immer noch auf ein Lächeln. Taylor trank einen Schluck Cola, dann rollte sie mit den Augen. „Na schön, wo wohnen sie?"

„Im Mietshaus."

Stille.

Sie sah mich emotionslos an, dann packte sie fein säuberlich ihren Burger aus und tat, als wäre nichts gewesen. Langsam wurde es frustrierend, aber ich würde nicht aufgeben. „Irgendwann komme ich mit dem Katzen-Witz schlecht hin um die Ecke!"

„Ja, ja. Vielleicht solltest du ein paar Jahre Pause machen und danach suchen."

Es war so herrlich mit Taylor Zeit zu verbringen und endlich einmal mit ihr alleine zu sein. Obwohl wir in den letzten Jahren so viel miteinander telefoniert hatten, war es doch etwas anderes, wenn man sich richtig traf. Silvester hatte mir das nur noch verdeutlicht. Aber da war allerdings noch etwas anderes. Etwas, was ich noch versuchte, selbst zu verstehen.

„Was macht das L-Ding?", fragte sie schließlich und ich zuckte mit den Schultern: „Nichts."

Wir hatten hin und wieder über Louis geredet und das, was ich für ihn empfand. Ganz so, wie ich es gewollt hatte, waren die Gefühle die ich gehabt hatte, wie Parfüm langsam verflogen. Ich war dankbar dafür, dass es so gekommen war. Um nichts in der Welt hätte ich die Freundschaft zu ihm gefährden wollen.

„Er ist nach wie vor mein bester Freund, so wird es auch bleiben."

„Und du wirst ihm nie etwas erzählen?"

„Nein. Würdest du?"

Taylor schüttelte den Kopf. Damit war das Thema beendet. Mir machte etwas anderes Sorgen und ich sprach: „Im Moment ist er etwas neben der Spur wegen El und dem Baby, aber er will nicht drüber reden und ich will ihn nicht zwingen."

Vornehm wischte sich Taylor an einer Papierservierte die Hände ab, sie sah über die Wiese, die durch den Nebel fast vollständig verschluckt wurde. „Da kannst du wohl nichts machen, außer für ihn da sein, wenn er überschnappt." 

Sie wurde nachdenklich: „In der Regel passiert so etwas bei einem Alkoholrausch, oder mit einem totalen Absturz. Man pinkelt nackt von einem Hoteldach und so." 

Ich grinste, denn ich wusste, dass sie darauf auf eine meiner Eskapaden hinwies, die im Sommer passiert war, bevor Jane zu uns gestoßen war. Zugeben, nicht unbedingt meine Sternstunde.

Wir hatten zu Ende gegessen und Taylor stand auf, um den Müll zu entsorgen. Ich blickte sie an und fragte: „Mit wem gehst du morgen zu den BRIT Awards?"

Taylor drehte sich um und verschränkte genervt die Arme vor der Brust. „Simon Ritchie", antwortete sie mäßig begeistert. Ich lachte laut auf und grinste sie breit an: „Diesen Irren, der glaubt, er wäre der neue Sid Vicious?" 

 Da sie mich verkniffen ansah und das Ganze gar nicht lustig fand, amüsierte ich mich eben alleine. Ich hatte nichts gegen Punk Rocker, aber Simon Ritchie war schon eine sehr spezielle Nummer im Show Bizz.

Wie gerne würde ich Taylor selbst begleiten. Aber das ging leider nicht.

„Sieht so aus, als hättest du morgen wenig zu lachen." 

„Das Leben ist kein Wunschkonzert", war ihre knappe Aussage. Ich stand auf und dann streckte sie mir die Hand entgegen. Kurz sah ich drauf, schließlich lächelte ich und nahm sie an. 

Es fühlte sich an, als wären wir ein Paar, auch wenn wir das nicht waren, wenn wir nie über das sprachen, was wir eigentlich waren, wenn wir nie offen zeigen konnten, dass wir uns nicht hassten und wir... in Wirklichkeit irgendetwas zwischen Freunde und... etwas anderes waren.

„Aber wenn wir zusammen gehen könnten, dann stände wohl außer Frage, dass wir jede Menge Spaß zusammen hätten", sprach Taylor weiter und sie lächelte. Ihre blassen Lippen, von denen ich genau wusste, wie sie küssten und sich anfühlten lösten etwas in mir aus. Ein Gefühl, dass ich immer festhielt, damit ich mich dran erinnern konnte, wenn ich sie vermisste, ohne, dass sie es wusste.

Sie lächelt und die Welt verändert sich.



N i a l l │ 03.02.2017 │ London



Das Interesse an den BRIT Awards war gigantisch. Genauso, wie wir es kannten. Aber irgendwie vergaß ich immer wieder, wie viel Aufmerksamkeit eine solche Verleihung mit sich brachte. Wir waren in mehreren Kategorien nominiert, auf einem Zettel hatte sich Liam vorab sogar notiert in welchen, da es dieses Jahr so viele waren. 

Best British Video, Best British Single, Best British Group und British Album of the Year. Die Konkurrenz war groß, dass wussten wir, doch trotzdem war es jedes Mal ein Anlass sich herauszuputzen.

In abgestimmten Klamotten, die zwar nicht gleich aussahen, aber miteinander harmonierten, warteten wir etwas Abseits vom roten Teppich bei den Autos. Hier würden wir die letzten Minuten unbeobachtet sein, dann hieß es, sich den Rest des Abends vorbildlich zu benehmen.

„Alter, Louis, du machst mich wahnsinnig!", stöhnte Zayn und Louis blieb augenblicklich stehen. Seit mehreren Minuten schritt er unruhig auf und ab. Die Spuren ihrer Schlägerei hatte Louise einmalig überschminkt. Ohne Make-Up sahen sie noch immer mitgenommen aus. 

Liam hatte Harry und mir alle Einzelheiten über die Auseinandersetzung erzählen müssen. Ich wusste nicht, was mich mehr schockte. Das Zayn die Faust zuerst ausgerutscht war, oder Liam tatsächlich einen Schlüssel für all unsere Häuser hatte. Was das Desaster zwischen Louis und El anging, da hielt ich mich raus. Denn das ging nur die beiden etwas an.

Louis wollte sich mit den Händen durch die Haare fahren. doch Harry hielt ihn gerade rechtzeitig davon ab. Krampfhaft versuchte er sich locker zu machen und Liam sprach: „Du spielst seit Jahren vor tausende von Leuten und jetzt bist du nervös?"

„Nicht deshalb", erklärte Louis angespannt und knetete seine Hände miteinander: „Ich habe aufgehört zu rauchen, weil El vom Nikotingeruch schlecht wird."

Wir starrten ihn an, dann zog ich eine Packung Kaugummi aus meiner Jackentasche und reichte sie ihm. Louis bedankte sich.

„Kommt El heute?", fragte Harry naiv, denn scheinbar war jedem außer uns klar, dass sie 100 prozentig nicht erscheinen würde.

„Nein", bestätigte Louis wie erwartet kühl. Wer wusste schon, ob sie überhaupt miteinander sprachen. Liam sagte zwar, dass Louis viel Zeit bei El verbrachte, aber das sollte nichts heißen.

Kurz darauf stießen Sophia und Perrie zu uns. Beide strahlten und Louis, Harry und ich stöhnten synchron, da 2/5 von uns sie begrüßten, wie zwei verknallte Teenager.

„Hey Boobear, turteln wir auch? Immerhin bist du mein Date für heute", witzelte Harry und Louis lächelte: „Ich werde das beste Date deines Lebens sein."

Ich schüttelte den Kopf und sah mich um. Jane würde ebenfalls jeden Moment kommen. Ich hatte sie seit Anfang Januar nicht mehr gesehen und mich gestern nur per WhatsApp mit ihr ausgetauscht. 

Ein wenig hatte ich das Gefühl, sie ging mir aus dem Weg, oder mied mich. Doch als ich gründlich darüber nachgedacht hatte, musste ich diesen Gedanken als Blödsinn abstempeln, denn weshalb sollte sie das tun?

„Jungs, ihr müsst los!", sprach Preston. Verwirrt sah ich ihn an und schloss mich den Jungs an. Auf den roten Teppich war die Hölle los. Fans kreischten, Presse bekämpfte sich gegenseitig und Moderatoren versuchten sich in den Vordergrund zu spielen. Wir posierten für ein paar Bilder, so, wie es Pflicht war. Sophia und Perrie hielten sich im Hintergrund.

Die Interview-Fragen waren die üblichen. Furchtbar persönlich, oder dämlich. Harry bildete den Mittelpunkt des Blitzlichtgewitters. Daran hatten wir uns mittlerweile alle gewöhnt.

„Glaubt ihr, dass ihr einen Award gewinnen werdet?"

„Seid ihr aufgeregt?"

„Wie fühlt ihr euch?"

Ich ließ gelangweilt den Blick schweifen und erkannte Ed. Dieser hob zum Gruß die Hand und sein Gesichtsausdruck ließ mich wissen, dass er diesen Show-Lauf ebenso hasste. Trotzdem gab auch er brav Interviews. 

Weiter hinten erblickte ich Taylor an der Seite von Simon Ritchie, der sich aufführte, wie ein arroganter Gockel, der in Lotto gewonnen hatte. Guter Gott, jetzt hatte ich sogar schon Mitleid mit der Eiskönigin.

„Ich würde jetzt lieber ein kaltes Bierchen trinken", murrte Louis mit einem falschen Lächeln neben mir und ich flüsterte zurück: „Ein Bier? Ich könnte eine ganzes Fass vertragen." 

Er legte einen Arm um meine Schulter und beugte sich etwas vor, damit uns niemand hören konnte: „Sobald das alles vorbei ist, verduften wir. Die Runde geht auf mich."

Na das klang doch motivierend. Wir betraten nach einer Stunde das großzügige Gebäude, in dem die Verleihung stattfinden sollte. Als Liam Sophias Hand ergriff und Zayn sich Perrie widmete, blieb ich stehen. Harry und Louis begrüßten Ed und ich sah mich um. 

Wo zur Hölle blieb Jane so lange? 

Hatte man uns nicht gesagt, wir sollten uns auf dem roten Teppich zusammen zeigen?

Taylor ging an mir vorbei und ich nutze die Chance. „Hey Tay, ich-", ihre komische Begleitung sah mich an, als wollte er mich erschießen. 

Kurz darauf rieselte eine Gänsehaut über meinen Rücken, denn sie lächelte süßlich und sprach: „Simon, wie wäre es, wenn du uns ein Gläschen Sekt organisierst? Ich komme sofort nach."

Der möchte gerne Punk Rocker ließ uns alleine. Ich runzelte die Stirn und wollte etwas sagen, aber Taylor hob die Hand: „Verkneif es dir, ich weiß, dass er nicht alle Murmeln in der Büchse beisammen hat." Falls er überhaupt Murmeln im Schädel hatte. 

Ich wandte mich ihr zu und fragte: „Wo ist Jane?"

Überrascht hob Taylor ihre fein geschwungenen Augenbrauen und spielte mit der kleinen silbrigen Tasche in ihren Händen. Zuerst sah sie auf den Boden, sie schien zu zögern. „Vielleicht... solltest du sie anrufen." 

Sie wich meinen Blick aus und entschuldigte sich damit, dass sie zurück zu Simon musste. Doch als sie ging, bemerkte ich deutlich, dass sie sich noch einmal umdrehte.

Verwirrt darüber, tastete ich nach dem Handy in meiner Jackentasche und zog es hervor. Dabei entdeckte ich, dass ich eine Nachricht auf meiner Mailbox hatte. Um sie in Ruhe abhören zu können, trat ich an den Rand des großen Empfangsraumes. 

Es dauerte, die Computerstimme erzählte mir das Übliche. Sie haben eine neue Nachricht von Rufnummer - blablabla.

»Hallo... Niall... du bist sicher gerade beschäftigt mit dummen Fragen.«

Janes Stimme brachte mich zum lächeln, es war, als hätte sie vorausgesehen, dass ich mich auf den roten Teppich langweilen würde. Eine Pause ertönte, was dann passierte veränderte mein Verhältnis zu ihr für immer.

»Du wirst mittlerweile gemerkt haben, dass ich nicht da bin. Tut mir leid, dass ich dich versetze und das nicht nur für heute.« 

Was meinte sie damit? 

»Ich... habe den Vertrag vorzeitig gekündigt. Weißt du, als ich den Vertrag ein ging, da dachte ich, ich spiele für ein paar Monate oberflächlich deine Freundin und ich verbringe ein bisschen Zeit mit einem überbezahlten, abgehobenen Boybandfurzi.«

Ich hörte sie lachen, doch es klang traurig. Im Hintergrund waren Autos zu hören, etwas, was mir sagte, dass sie sich draußen befand.

»Aber du warst nicht abgehoben, sondern knurrig, schlecht gelaunt und... nein, eigentlich warst du nicht einmal das. Du warst nur schrecklich einsam und verletzt.«

Was redete sie da? Ich wurde von Minute zur Minute verwirrter. Worauf wollte Jane hinaus? Harry rief nach mir, aber ich winkte, dass sie vorgehen sollten.

»Ich bin dir dankbar für die Tage, die wir zusammen verbracht haben. Die Wasserschlacht, der Besuch im Kino, die ganzen anderen kleinen Dinge, ich habe sie gerne mit dir gemacht und würde sie jeder Zeit wiederholen.«

Prompt musste ich an die Momente denken, als wir in den Pool stürzten, ich im Kino kaum die Augen offen halten konnte und - ich erinnerte mich an die Bilder aus dem Fotoautomaten. Ich hatte die Fotos noch in meiner Geldbörse. Sofort tastete ich nach ihr, bis ich begriff, dass ich sie nicht bei mir hatte.

»Du hast dafür gesorgt, dass ich mich so unheimlich lebendig gefühlt habe, so unsagbar glücklich, wie schon lange nicht mehr. Ohne, das ich überhaupt wissen konnte, dass man sich so fühlen kann.«

Ich wollte ihre Stimme nicht weiter hören, die Vorahnung nahm mir die Luft zum atmen, denn Jane klang, als würde sie Lebewohl sagen wollen.

»Ich...«, sie zögerte und ich schluckte. Nein, bitte nicht, lass sie es nicht sagen. »... habe mich in dich verliebt.«

Mein ganzer Körper fühlte sich plötzlich taub an. Es traf mich mit einer ungeahnten Wucht. Die Umwelt verschwand.

Warum hatte ich das nicht bemerkt?

Wieso sagte mir das jetzt so feige am Telefon?

»Das habe ich nicht geplant, wirklich nicht. Aber immer wenn ich dich sah, schlug mein Herz schneller. Wenn du lächelst, dann ist es wie Sonne, alles wird wärmer und alles macht plötzlich Sinn, obwohl es nicht immer einen gib.«

Ihre Stimme überschlug sich und dann hörte sie auf zu reden und schwieg. Ihr Schweigen machte mich nervös und ich bemerkte, dass ich den Atem angehalten hatte. Meine Handflächen waren feucht von Schweiß, meine Beine bewegten sich keinen Millimeter, selbst wenn ich es gewollt hatte. Ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren, als auf ihre Stimme.

»Nun ja... ich bin nicht dumm, schließlich weiß ich, dass du... bereits jemanden gefunden hast und nur darauf wartest, dass sie bei dir ist.« Ihre Stimme wurde immer leiser. »Ich will, dass du glücklich bist.«

Wenn ich je geglaubt hatte, dass mich einmal ein solches Geständnis in eine andere Dimension katapultieren würde, dann war zumindest jetzt der Zeitpunkt, indem es wirklich passierte.

Es war furchtbar.

»Und wenn das heißt, dass ich dich gehen lassen muss, damit du glücklich bist, dann werde ich das tun. Ganz egal, ob es einen Vertrag gibt, oder nicht.«

Der Vertrag. Daran hatte ich lange keinen Gedanken mehr verschwendet. Zu beschäftigt war ich damit gewesen darüber nachzudenken, wie ich das ganze Chaos um Barbara lösen könnte. Doch jetzt rückte all dies in weiter Ferne.

»Ich danke dir für die Zeit, Niall.«

Die Nachricht endete und ich ließ das Handy in meiner Hand sinken. Sie dankte mir für die Zeit? Das war alles? Wollte sie das wirklich alles so abhaken? Wollte sie mich mit diesem Wissen einfach so stehen lassen?

„Niall?"

Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und drehte mich langsam um. Der Empfang hatte sich etwas geleert und ich musste schlucken, bevor ich wahrnahm, dass Liam hinter mir stand. „Ist alles in Ordnung?" Ich sah ihn an und dann log ich ihm zum ersten Mal ohne Hemmungen ins Gesicht.

„Ja, alles okay."



E l e a n o r│ 04.02.2017 │London



Die Arme vor der Brust verschränkt, schritt ich durch die leeren Räume. Vor meinen Augen sah ich bereits, wie ich sie einrichten würde, welche Farbe an die Wände gehörte und wie wunderbar alles aussehen würde, was ich mir vorstellte. Die Fenster waren hoch und ließen viel Licht ins Innere. Der Parkerboden war ein Traum. Die ganze Wohnung war buchstäblich perfekt. Sie hatte nur einen einzigen Harken.

Sie war zu teuer.

Ich würde sie mir nicht leisten können, besonders nicht, wenn ich auf der Arbeit etwas kürzer treten musste. Im leeren Wohnzimmer setze ich mich auf den Boden und betrachtete den Blick nach draußen. 

Es war ein wunderbarer Ausblick auf Baumkronen. Wenn der Frühling kommen würde, dann... ach ich sollte aufhören darüber nachzudenken. Denn hier würde ich nicht einziehen.

„So toll die Bude auch ist, wenn man sie nicht bezahlen kann, dann ist sie nicht die Richtige." Charlie setzte sich neben mich. Er war mir eine unheimlich große Stütze, viel mehr, als er vielleicht ahnte. „Schokoriegel?" 

„Wenn du den mit Karamell hast, dann ja." Wir gönnten uns den Moment der Ruhe. Ich packte den Riegel aus und überflog die Dokumente, die Charlie mir gab. Er hatte schon recht, mit dem was er sagte.

„Sind wir mal ehrlich, ich werde nie etwas finden, dass sich in London befindet und meinen Vorstellungen entspricht", legte ich die Karten frustriert auf den Tisch. Bislang hatte ich schon drei Wohnungen besichtigt. 

Eine war in einem fatalen Zustand, die zweite in einem schlechten Viertel und die dritte würde mich an Renovierungen in die Armut treiben.

Charlie öffnete eine Dose Cola, zum Glück waren wir alleine. Er streckte die Beine aus und sprach: „Du solltest Louis sagen, dass es seine Pflicht ist, dir ein bisschen unter die Arme zu greifen, was deine Wohnsituation angeht. Ich meine, es ist ja nicht so, als wäre es nicht offensichtlich."

Innerlich zählte ich stumm bis zehn, denn Jane, Perrie, Sophia, Lani und all meine anderen Freunde, selbst meine Eltern hatten mir diesen Rat auch schon gegeben. Aber niemand verstand, worum es mir wirklich ging. „Ich will kein Geld von ihm."

„Aber es steht dir zu. Mit dem Kind hat er Verantwortung."

Nun explodierte ich innerlich und stand schlecht gelaunt auf. Hastig packte ich die Papiere zusammen und zwang mich, nicht zu schnippisch zu antworten: „Genau das ist es, was ich nicht will. Louis soll sich aus all dem raushalten! Machen, was er immer getan hat und so tun, als wäre das nicht seine Angelegenheit."

Charlie kämpfte sich auf die Beine und sah mich mitleidig an, alleine deshalb hätte ich schon wieder kotzen können. Stattdessen schob ich ihn aus der Wohnung und warf, wie abgemacht den Schlüssel in den Briefkasten. 

Wir gingen zurück zu seinem Auto und als er sich auf den Fahrersitz fallen ließ, sagte er genau das, was ich nicht hören wollte: „Ellie, du solltest aufhören von Louis Dinge zu erwarten, wo du ganz genau weißt, dass er sie nicht tun wird. Er ist nicht das verantwortungslose Arsch, der sich aus etwas heraushält, was so wichtig ist, wie ein Kind. Mag sein, dass er sich Zeit gelassen hat, aber-"

Unreif streckte ich mir je einen Finger in die Ohren, damit ich kein weiteres Wort mehr verstand. Charlie startete seufzten den Motor und ich blickte stumm aus dem Fenster. So sehr ich mich auch bemühte, ich schaffte es einfach nicht, dass Louis genau das tat, was ich wollte. 

Ich wartete nur darauf, dass er mich enttäuschte, dass er wieder verschwand und zugab, das er all das nicht wollte. Aber er tat genau das Gegenteil.

Die Wochen war er ständig bei mir aufgekreuzt und hatte eiskalt den Haustürschlüssel behalten. Er kaufte ein, räumte meine kleine Wohnung auf, da ich häufig für die meisten Dinge einfach zu erschöpft war und reagierte wütend, wenn ich nicht da war. 

Zwar schaffte ich meine reguläre Arbeit fast immer zu Hause, aber die gesamte Schwangerschaft zerrte an meinen Kräften, obwohl ich gerade einmal den dritten Monat erreichte.

Louis hatte aufgehört zu rauchen, es war mir bei seinem zweiten Besuch sofort aufgefallen. Er verzichtete auf Aftershave und alles, was strenge Gerüche hatte. Er kam mir entgegen und dafür hasste ich ihn noch mehr.

Charlie brachte mich nach Hause, ich bedankte mich, dass er mich begleitet hatte. Als ich die Treppen nahm wurde mir erst bewusst, wie müde ich war. Schwerfällig schlüpfte ich aus meinen Schuhen und sah meinen Anrufbeantworter blinken. Während ich mich in bequeme Kleidung warf und kurz darauf den Kühlschrank öffnete, um mir ein Sandwich zu machen, hörte ich mir die Nachricht an.

»Hier spricht Mr Whitecloud von der Kanzlei Dunn & Turner, Sie hatten meinen Vorgesetzten Mr Dunn letzten Mittwoch aufgesucht und Fragen bezüglich einer Rechtslage gehabt. Er hat mir Ihren Fall zugetragen, da Familien- und Kindschaftsrecht in meinen Bereich fallen. Ich würde gerne einen Termin mit Ihnen ausmachen, um mich persönlich mit Ihnen über ihr Anliegen auszutauschen. Bitte rufen Sie mich doch zurück, wenn weiterhin eine Nachfrage besteht.«

Ich lehnte mich gegen den Küchentisch und ließ die Neuigkeit auf mich wirken. Es war nicht fair von mir, aber ich hatte mich dazu entschlossen einen Anwalt zur Rate zu ziehen. Die Worte, die ich zu Louis gesagt hatte, meinte ich ernst. Ich wollte ihn nicht dabei haben, er sollte einfach gehen und aus meinem Leben verschwinden. 

Er sollte sein eigenes Leben leben. Weiter Millionen von Fans glücklich machen und in diese ganz andere Welt abtauchen. Als Star galten andere Regeln und ich wusste, das Louis diese ganzen Extras genoss. Aber für ein Kind wollte ich das nicht.

Mein Kind sollte nicht damit aufwachsen, dass ständig ein Pulk an Fotografen uns folgten. Das es aus der Zeitung erfuhr, was sein Vater gerade trieb. 

Das wir in den Promi-Nachrichten sonstige Eskapaden verfolgen konnten und es mich dann fragen musste, ob es wirklich stimmte. Mir wurde übel bei dem Gedanken, dass mein Kind wie eins dieser schrecklich abgestürzten Promikindern werden könnte.

Das Drogen, Alkohol und Depressionen ein Teil von ihm werden könnten und die Gefahr war war einfach unheimlich groß, wenn es ins Licht der Öffentlichkeit gezogen wurde. Ich dachte mit Grauen an den Hate zurück, den ich bekommen hatte, als ich mit Louis zusammen gekommen war. Es war furchtbar gewesen. Nach der Trennung war es nicht viel besser verlaufen.

Die Stimmen, dass ich Louis nicht zu schätzen gewusst hätte, oder ich nur auf sein Geld scharf gewesen sei, waren unheimlich laut gewesen. Mein Kind sollte dem nicht ausgesetzt werden und ich würde das mit aller Macht zu verhindern wissen. 

Auch wenn das hieß, dass ich Louis aus unseren Leben vertreiben musste. Es mochte kalt klingen, doch für mich fühlte es sich nach der absolut richtigen Entscheidung an. Wenn ich mit Mr Whitecloud gesprochen hatte, würde ich sicher mehr wissen.

Ich biss zweimal in das Sandwich und trank ein paar Schlucke vom Fruchtsaft. Dabei fielen mir fast die Augen zu. In meinem Schlafzimmer stellte ich den kleinen CD-Player an und wenig später erfüllte mein Lieblingsalbum von den Backstreet Boys leise den Raum. 

Müde löschte ich das Licht und warf mich in mein Bett. Ich drehte mich auf die Seite und lauschte den angenehmen Stimmen, dann glitt ich in einen oberflächlichen Schlaf hinab. Die letzten Wochen hatte ich sowieso Probleme meine Ruhe zu finden.

Erschöpft hatte ich mich in meine Decke gekuschelt und hörte die Autos von draußen. Irgendwann vernahm ich Schritte, doch ich schrak nicht auf. Am Klang erkannte ich, dass es Louis war. Er machte etwas in der Küche, ich hörte Geschirr klappern. 

Die BRIT Awards hatte ich im Fernsehe verfolgt und One Direction hatte ordentlich abgesahnt. Von vier Nominierungen hatten sie drei gewonnen, für sie war es ein erfolgreicher Abend gewesen.

Das Bett bewegte sich. Noch immer sangen die Backstreet Boys leise. Ich ließ die Augen geschlossen und dann vernahm ich, wie Louis sich auf die Seite drehte. Er zog mir sanft die Decke über die Schulter, schließlich spürte ich, wie er mir zärtlich durch die Haare strich. Diese kleine Geste brachte mich dazu, dass ich innerlich hätte heulen können.

Er sollte damit aufhören sich um mich zu kümmern und sollte sich mit seiner Wut nicht mehr zurückhalten. Denn das er wütend und verletzt war, dass sah ich ihm an. Immer dann, wenn er glaubte, ich würde es nicht bemerken. 

Es waren kleine Augenblicke, wenn er die Kisten mit den Babykleidern sah, oder ich das Spielzeug, das Charlie mir überlassen hatte, sortierte. Dieser hauchfeine Moment, in dem Louis zögerte, ließ mich wissen, wie es in ihm aussah.

Er wollte das alles nicht und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. Weshalb es ihm also nicht leichter machen?

Aber wenn er, so wie jetzt, mir so furchtbar nahe war, dann wollte ich mehr davon. Ich wollte der Illusion verfallen, dass schon alles gut werden würde. Doch wenn ich das tat, dann war ich verloren und sobald die Seifenblase platzen würde...

... würde ich aus dem schwarzen Loch der Realität nicht mehr herausfinden. Meine einzige Chance bestand darin Louis von mir fern zu treiben. Ihn so sehr zu verletzten, dass er ging und nicht wieder kam.

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