Kapitel 38

Benommen öffnete ich meine Augen und brauchte ein paar Wimpernschläge, um mir ins Bewusstsein zu rufen, wo ich war und was passiert ist. Doch dann fluteten die Erinnerungen mein Gedächtnis mit solch einer Wucht, dass ich mich ruckartig aufrichtete und scharf die Luft einzog.

Um mich herum waren orange gestrichene Wände, an denen vereinzelt ein paar Bilder hingen, die augenscheinlich von Kindern gemalt wurden. Links von mir erstreckte sich eine große Fensterfront, die den Blick auf ein Stück des Krankenhausgeländes freigab. Ich musste mich im zweiten, höchstens dritten Stock befinden, denn ich hatte eine gute Sicht auf den kleinen Innenhof mit seinen gefrorenen Sträuchern und Bänken.

Trotz der idyllischen Aussicht, konnte ich nicht verhindern, dass ich mich direkt unwohl fühlte. Alles hier erinnerte mich an meine Mom und den Unfall. Bilder, die ich zuvor erfolgreich verdrängt hatte, kamen nun wieder in mein Bewusstsein und damit auch die Trauer, die ich nicht zulassen wollte.

Ich schüttelte den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen, wobei mein Blick auf einen blonden, verwuschelten Haarschopf fiel, der neben meinen Beinen auf der Matratze lag. Genau in dem Moment richtete er sich brummend auf und gähnte ausgiebig.
„Alenia", sagte Collin lächelnd mit rauer Stimme und räusperte sich im nächsten Augenblick, was dafür sorgte, dass sich eine Gänsehaut meine Wirbelsäule entlang ausbreitete. Ich hätte nicht gedacht, dass er seine Worte von heute Nacht so ernst gemeint hatte. Es musste schon mindestens Nachmittags sein.

„Schön, dass du wach bist. Ich hatte schon Angst, die hätten dir sonst was verabreicht, so lange wie du geschlafen hast." Mit einem Quietschen rückte er seinen Stuhl näher zu mir. „Wie fühlst du dich?"
„Ähm..."

Ich wusste nicht ganz, was er von mir hören wollte.
Die Ereignisse der letzten Nacht hallten noch immer in mir nach und die Gefühle, die durch seinen Verrat in mir ausgelöst wurden, waren noch immer eine klaffende Wunde in meinem Inneren, die ich erst verarbeiten musste. Selbst wenn ich wollte, konnte ich das alles nicht so schnell vergessen.

Abwartend schaute er mich an.
„Meine Arme kribbeln noch ein wenig, aber es ist schon in Ordnung", war meine verspätete Antwort, nur dass ich überhaupt etwas gesagt hatte.
Er nickte nachdenklich. „Ja, vorhin war der Arzt von gestern da. Er meinte, sie haben dir eine Betäubung an beiden Armen gegeben und dass sowas einige Stunden dauern kann, bis es völlig abgebaut ist. Er hat übrigens auch von ein paar Fachbegriffen geredet, die ich erstmal gegoogelt habe, als er weg war." Lachend zog er sein Handy aus der Hosentasche. „Ich konnte ja schlecht zugeben, dass ich kein Plan habe, was er da eigentlich sagt. Aber warte... ich hab's mir extra aufgeschrieben, dass ich's dir dann alles erzählen kann."

Seine Worte lösten einen leichten Stich in meiner Brust aus. Mein Gehirn, oder wohl eher mein Herz, wollte noch immer nicht begreifen, wie jemand gleichzeitig so süß, aber auch so ein Arschloch sein konnte. Dennoch hob sich mein linker Mundwinkel, ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte.

„Hier. Er hat was von mittelschwerer externer Hämorrhagie gesagt, was er genäht und mit Kompressen und Verband versorgt hat. Ich denke, damit meinte er deine Blutungen an den Armen, das hat Google jedenfalls gesagt und es macht Sinn. Und außerdem noch was mit Hypothermie in Stadium eins, das müsste Unterkühlung sein."

Missmutig blickte ich auf meine Finger hinab, die nervös mit dem Zipfel der Decke spielten. Die Schuldgefühle, die ich gegenüber meiner Familie und Collin fühlte, kamen zurück. Dass sie das alles mit ansehen und erleben mussten, würde ich mir niemals verzeihen. Ich wusste durch den Unfall meiner Mutter, wie schwer so etwas sein konnte.

Meine Augen wurden feucht und ich gab mir Mühe, die aufkommenden Tränen schnell weg zu blinzeln. Ich machte mir riesige Vorwürfe, ihnen so etwas angetan zu haben. Der ganze Stress, die Umstände.
„Hey." Collin kam noch ein Stück näher und hob mein Kinn mit seinen Fingern an. „Es tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, dass es noch zu früh für all das ist." Sein Gesichtsausdruck wirkte geknickt und nachdenklich. „Manchmal bin ich ein Idiot."
Wir wussten beide, dass er nicht nur von gerade eben sprach.

Ein schiefes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Eins von der Sorte, dem kein Mädchen widerstehen konnte, mir eingeschlossen. Normaler Weise jedenfalls.
Langsam legte ich eine Hand auf seine, die er noch immer unter meinem Kinn hatte. Unser Augenkontakt verstärkte nur die Gänsehaut auf meinem Rücken. Sein Blick schien mich gefangen zu nehmen und ich musste mich zur Ordnung rufen, ihm nicht nachzugeben.
Er hatte mit mir gespielt. Um mich gewettet. Mich ausgenutzt.

Ich seufzte. „Collin." In seinen Augen konnte ich erkennen, dass er wusste, was nun folgte.
Bedauernd schloss er die Lider, nahm seine Hand zurück und lehnte sich nach hinten.
„Alles was ich gestern auf dem Friedhof zu dir gesagt habe, meinte ich auch so. Du weißt gar nicht, wie leid mir die ganze Sache tut. Ich...", planlos schüttelte er den Kopf, „Ich bin manchmal einfach ein riesiges Arschloch." Er lachte einmal laut auf, als hätte er es soeben erst begriffen.
Eine Träne rollte meine Wange hinunter. „Das ist keine Rechtfertigung für dein Verhalten." Zu meinem Glück klang meine Stimme nicht so kläglich wie ich mich fühlte.

„Ich weiß, das ist es nicht." Er setzte sich aufrechter hin und sah wieder zu mir. „Und ich weiß auch, dass keine Entschuldigung rückgängig machen kann, was ich getan habe. Aber bitte glaube mir, dass ich das nicht gewollt habe."
„Wieso hast du es dann getan?" Die nächste Frage kam mir nur schwer über die Lippen: „Liebst... du sie noch? Vivienne?"

Geschockt schnaufte er und zog die Augenbrauen zusammen. „Gott, nein! Der einzige Grund unserer Beziehung war unser Beliebtheitsstatus! Ich habe sie nie wirklich gemocht! Deswegen hat sie mir auch die Wette vorgeschlagen. Sie meinte, dass ich nie wieder jemand Besseren als sie finden würde und mich nichtmal jemand wie..." Abrupt brach er ab und sah mich nervös an.
Ich fühlte mich, als würde auch der letzte Krümel Hoffnung zerbröseln. Abwesend fixierte ich einen Punkt vor mir.
„Sag es ruhig. Jemand wie ich. Nichtmal jemand wie ich, würde dich haben wollen."

Weitere Tränen verließen meine Augen und bahnten sich ihren Weg mein Gesicht hinab.
Stumm nickte Collin und sah beschämt auf den Boden. Ein Gefühl der Taubheit machte sich in mir breit und mit jedem elenden Herzschlag schien die Enttäuschung und der Schmerz weniger zu werden. Stattdessen fühlte ich mich einfach schwer. Als würde ein Zementblock mich an meinen Gliedmaßen unter Wasser ziehen.

„Es hat nicht lange gedauert, da habe ich diese Wette verflucht. Aber ich war schon so tief drinnen, dass ich nicht mehr aussteigen konnte. Ich hatte Angst, dass Vivienne dir die Schule zur Hölle machen würde und das wollte ich nicht riskieren."
Behutsam griff er nach meiner Hand, wogegen ich mich nicht wehrte. „Bitte verzeih mir."

Ich konnte nicht einschätzen, ob er es ernst meinte oder einfach nur ein verdammt guter Schauspieler war. Es hörte sich an, wie eine schlechte Ausrede, denn Vivienne behandelte mich schon zwei Jahre lang wie den letzten Dreck und machte mir somit die Schule zu einem Ort, den ich zu meiden versuchte.

Die letzten Wochen hatten mir zur Genüge bewiesen, dass ich meinem Bauchgefühl nicht trauen konnte. Womöglich war das alles nur ein weiterer genialer Schachzug von ihm, weil er so kurz davor war, die Wette zu gewinnen und nun alles für einen Sieg geben würde. Immerhin stand sein Ruf und Beliebtheitsgrad auf dem Spiel. Ich wusste, wie wichtig solche Dinge für Leute wie ihn waren. Ich hatte es die letzten Jahre beobachtet.

Verunsichert zog ich meine Hand unter seiner hervor und wich ein Stück zurück. „Bitte geh jetzt, Collin." Ich brachte es nicht über mich, ihm dabei in die Augen zu sehen.
„Aber-"
„Bitte", verlangte ich, diesmal einen Hauch flehender und mit mehr Nachdruck. Ich stand kurz vor einem Heulkrampf und wollte einfach nur meine Ruhe haben. Die zwölf Stunden Schlaf hatten sich in Luft aufgelöst und mein Körper fühlte sich völlig ausgelaugt an.

Schweigend saß er da.
„Na gut. Ich verstehe, dass du jetzt erstmal Zeit für dich brauchst", entgegnete er nach einer quälend langen Minute. Mit aufeinander gepressten Lippen richtete er sich auf, griff nach seiner Jacke und wandte sich zum Gehen.
„Bis morgen, Alenia."
Eine Antwort brachte ich nicht zu Stande. Mit angehaltenem Atem wartete ich darauf, bis das Schloss in die Tür fiel und holte dann tief Luft.

Allerdings hatte ich keine Zeit, mich in Selbstmitleid zu suhlen, denn kaum war die Tür zu, ging sie auch schon wieder auf. Leise schniefte ich und trocknete meine Wangen mit der Bettdecke ab. Mit zittrigem Atem zog ich meine Beine in einen Schneidersitz und strich meine Haare hinter die Ohren.

„Hey, Süße", hallte Francescas Stimme fröhlich durch den Raum. Gefolgt von Robin marschierte sie schnurstracks auf mich zu und ließ sich auf dem grauen Stuhl nieder, auf dem noch Sekunden zuvor Collin gesessen hatte.
„Was machst du nur für Sachen? Ich habe mir schon Sorgen gemacht, als du heute nicht in der Schule warst und auf keine meiner Nachrichten reagiert hast."

Beschämt beobachtete ich den Schwarzhaarigen dabei, wie er sich den zweiten Stuhl, der noch an dem kleinen, viereckigen Tischchen an der Wand stand, heranzog und sich neben Francesca setzte. Schweigend sah er mich an, doch in seinen Augen erkannte ich, dass auch er besorgt war, was meine Schuldgefühle nur noch mehr anfeuerte.

„Können wir wann anders darüber reden?", fragte ich schließlich und rang mir ein Lächeln ab.
„Aber klar! Sag mir bloß, dass es dir soweit wieder gut geht." Mitfühlend legte meine Freundin mir eine Hand auf den Arm und zog die Augenbrauen forschend zusammen.
Brav nickte ich. „Ja, alles gut."

„War das gerade Collin, der da aus deinem Zimmer gekommen ist? Wir haben ihn nur noch von hinten gesehen, aber es sah verdammt danach aus", wollte Robin plötzlich wissen und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen nach hinten.
Ich spürte, wie ein nervöses Kribbeln durch meinen Körper schnellte und meinen Herzschlag drastisch in die Höhe schnellen ließ.
„Ja, er..." Fieberhaft suchte ich nach einer logisch klingenden Antwort, die nicht zu weit von der Wahrheit entfernt war.

„Alenia!", ermahnte mich Francesca. „Wehe du suchst jetzt nach einer Ausrede!" Auch Robin zog wartend die Augenbrauen hoch.
Ein resigniertes Seufzen entwich mir und ich schloss kurz die Lider. „Gestern habe ich ein Gespräch zwischen ihm und Vivienne mitbekommen." Ich senkte den Blick, ehe die anderen mitbekamen, dass meine Augen erneut feucht wurden. „Es ging um eine Wette. Ich...", meine Stimme wurde brüchig und ich spürte, wie sich meine Kehle zusammen schnürte, „Ich war die Wette."

Die Worte glichen einem Flüstern oder Krächzen. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich war mir nicht sicher, ob ich kurz davor war zu weinen, weil mich das alles so fertig machte, oder weil mich die Tatsache, dass ich heute ständig heulen musste, nervte. Vermutlich spielte beides eine Rolle.

„Wie meinst du das? Was soll das bedeuten?", wollte meine Freundin wissen. Ich zwang mich dazu, ihnen in die Augen zu sehen, während ich sprach: „Vivienne hat mit Collin gewettet, dass er es nicht hinbekommt, dass ich mich in ihn verlieben werde!"
Tränen rollten meine Wangen hinab.
Darüber nachzudenken war schlimm gewesen. Aber es laut auszusprechen war einfach nur fürchterlich! Jedes einzelne Wort fühlte sich an, als würde ich mir in vollem Bewusstsein einen Dolch in die Mitte stoßen. Ganz langsam, Zentimeter für Zentimeter.

„Alenia." Sofort zog Francesca mich in eine feste Umarmung. Dankbar erwiderte ich diese, schloss meine Augen und ließ meinen Tränen freien Lauf. In diesem Moment war mir alles egal, denn sie gab mir das Gefühl, als wäre es okay, wie ich mich fühlte. Als wäre es gerechtfertigt, dass ich so wütend und verletzt war.

Ich konnte spüren, wie auch ihr Körper zitterte und sich nach und nach ein nasser Fleck an meiner Schulter bildete.
„So ein Arsch!", nuschelte Robin und legte seine Arme um uns.

Nachdem wir einige Minuten zu dritt im Stillen Collin und seine beschissene Aktion verflucht hatten und die Tränen verebbt waren, lösten wir uns voneinander. Robin stand auf und brachte uns jedem ein paar Tücher zum Nase putzen aus dem angrenzenden Badezimmer.

„Dieser Typ ist echt das Letzte! Morgen werd ich's ihm zeigen!", meinte er dabei und zog seine Augenbrauen wütend zusammen.
„Nein, keine Gewalt! Hast du schon mit ihm darüber geredet? Ich habe nicht alles mitbekommen, aber auf mich hat sein Verhalten ehrlich gewirkt. Wie ihr euch im Kino angesehen habt, das war doch nicht gespielt!", hielt Francesca dagegen.

Niedergeschlagen zuckte ich mit den Schultern. „Vorhin haben wir das Thema kurz angeschnitten, ja. Er hat sich auch oft entschuldigt und gemeint, dass alles echt war, aber ich weiß nicht, ob ich ihm glauben soll... Immerhin hat er mir das mit der Wette die ganze Zeit verschwiegen und mit meinen Gefühlen gespielt."

In dem hinterletzten Eck meines Gedächtnisses regte sich etwas. Eine Erinnerung ploppte auf einmal vor meinem inneren Auge auf. Ein Gespräch zwischen Aron und Collin, in dem es um mich ging. Ich rechnete eins und eins zusammen und plötzlich spürte ich alle Farbe aus meinem Gesicht entweichen.

„Was ist los?", fragte Robin sofort und beugte sich zu mir vor.
„Ich... Ich glaube, ich habe von der Wette schonmal etwas mitbekommen." Und ich war zu dumm gewesen, es zu erkennen. Verblendet von Collins Charme und seinem beschissenen Macho-Lächeln!

„Wie meinst du das?", wollte nun auch Francesca wissen.
„Ich habe mal ein Gespräch zwischen Collin und Aron gehört, in dem Aron meinte, dass ich die Wahrheit erfahren muss und es mit der Zeit nur schlimmer wird, oder so ähnlich." Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Das war doch eindeutig! Ich hätte es damals schon erkennen müssen!" Ungläubig schüttelte ich den Kopf und gab ein schnaubendes Lachen von mir.
„Gib dir nicht selbst die Schuld! Du wusstest doch davon gar nichts, wie hättest du es da erkennen sollen?" Robin seufzte laut und schaute wütend aus dem Fenster.
„Du meinst, Aron wusste davon? Unser Aron?" Francesca hatte die Augen vor Schock weit aufgerissen und sah mich ungläubig an. „Nein! Sowas würde er doch nicht... Niemals!"

„Mit was für Leuten gebt ihr euch denn ab?" Robin schien sichtlich verwirrt von der ganzen Situation. „Ich dachte, ihr habt eine gute Menschenkenntnis, aber da habe ich mich ja wohl gründlich geirrt!"
„Glaub mir, das dachte ich auch", war alles, was ich dazu sagte.

Mein Kopf überlegte ununterbrochen, ob es noch mehr Anzeichen gab. Noch mehr Hinweise, die ich bisher einfach übersehen hatte. Noch mehr Dinge, die ich mir zum Vorwurf machen und für die ich mich schlecht fühlen konnte.

Stille kehrte ein. Alle hingen wir unseren Gedanken nach. Noch nie hatte ich Francesca so ruhig erlebt, so in sich gekehrt. Ich hatte mitbekommen, dass sie Aron lieb gewonnen hatte und auch Collin schien ihr nicht unsympathisch zu sein. Deshalb verstand ich nur zu gut, dass sie der Betrug ebenfalls verletzte. Denn die beiden hatten nicht nur mir etwas vorgespielt und ich war darauf hereingefallen, sondern Francesca auch.

Langsam wurde mir das alles zu viel. Nach dem ganzen Stress brauchte ich unbedingt Ruhe und Zeit zum Nachdenken.
„Ähm, Leute... Ich will euch ja nicht rausschmeißen, aber ich glaube, ich würde gerne etwas alleine sein", sagte ich, nachdem es mich enorme Überwindung gekostet und mein Herz sein Tempo verdoppelt hatte.
Beide nickten synchron und betrachteten mich mit demselben mitleidigen Blick.

„Ich hoffe, dir geht's bald wieder gut genug, dass du zurück in die Schule kommst", meinte Robin und stand von seinem Stuhl auf, den er sofort zurück an das kleine Tischchen schob. „Denn ganz ehrlich, ohne dich ist es echt ziemlich langweilig im Unterricht." Seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln, dass ich erwiderte.
„Ich werde mir Mühe geben", entgegnete ich.

Francesca hatte sich ebenfalls erhoben und schaute auf die Uhr, die gegenüber meines Bettes an der Wand hing.
„Trifft sich ganz gut, ich muss eh in einer Stunde arbeiten." Sie lächelte, doch konnte die Enttäuschung in ihrem Blick nicht ganz verbergen.
„Erhol dich gut und zerbrich dir nicht zu sehr den Kopf über alles. Ich glaube, Collin ist ein guter Mensch und ihr passt wirklich gut zusammen. Wir kennen uns zwar noch nicht so lange, aber selbst ich sehe, dass er dir gut tut."

Tröstend drückte sie meine Hand. „Ich will nicht sagen, dass jeder eine zweite Chance verdient, aber manchmal machen Menschen Fehler und das ist okay. Es ist menschlich. Wichtig ist, dass man daraus lernt und ich finde, wenn er das tut, dann solltest du dir das mit der zweiten Chance überlegen."
Sie lächelte mich aufmunternd an.

Ihre Worte trafen einen wunden Punkt in mir, denn zweite Chancen implizierten auch, dass man Leuten erneut sein Vertrauen schenkte, obwohl sie es bereits ausgenutzt hatten. Und das war wirklich nicht meine Stärke.
Trotzdem erwiderte ich ihr Lächeln und winkte den beiden hinterher, als sie das Zimmer verließen. Die Gedanken in meinem Kopf bewegten sich schneller als ein verdammter Wirbelsturm.

Ausgelaugt lehnte ich mich an die Wand und beobachtete durch die Fensterfront, wie der eisige Wind an den Ästen des kahlen Baumes zerrte. Einsam stand er inmitten des kleinen Parks, um ihn herum nichts als die letzten gefrorenen Reste des vergangenen Schneefalls. Es hatte etwas Beruhigendes, denn irgendwie fühlte ich mich mit ihm verbunden.
Genauso einsam, genauso entblößt.

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