Quidditchtraining

Noch nie bin ich morgens so gerne aufgestanden wie in dieser Woche. Ich hoffe jedes Mal Cedric zu sehen, wenn ich im Schloss oder auf den Ländereien unterwegs bin. In der Großen Halle habe ich meistens Glück. Schließlich sitzen wir am selben Haustisch.

Meistens ist Cedric allerdings von seinem gigantischen Freundeskreis umgeben. Sie sind alle viel älter und vor allem beliebt und cool. Ich traue mich einfach nicht, mich zu ihnen zu gesellen und ein Gespräch mit Cedric zu beginnen. Aber er kommt trotzdem fast jedes Mal zu mir, um zu reden. Beim Essen lächelt er mir hin und wieder zu. Manchmal wartet er sogar, bis ich fertig gegessen habe und begleitet mich dann zu meiner nächsten Stunde. Es kommt mir zwar unbegreiflich vor, aber anscheinend verbringt Cedric tatsächlich genauso gerne Zeit mit mir, wie ich mit ihm.

Die Zeit vergeht, und es  ist schon Samstag. Ein Tag vor dem großen Quidditchspiel um den Hauspokal. Ich sitze mit meinen Freundinnen beim Frühstück und kaue langsam auf einem Stück Schinken-Käse Toast herum. Meine Gedanken sind bei dem Spiel morgen. Hufflepuff hat wirklich gute Chancen auf den Sieg: Cedric ist ein fantastischer Sucher und ein strukturierter Mannschaftskapitän. Sicher hat er eine gute Strategie ausgetüftelt. Das größte Problem stellen die Rennbesen der Slytherins dar. Keine andere Mannschaft ist auch nur annähernd so gut ausgestattet wie sie - Dank dem blöden Malfoy, der sich ins Team gekauft hat. Ich bin mir sicher, Cedric schafft es ihn zu schlagen und fängt den Schnatz. Aber die Slytherins spielen brutal und unfair... Sie werden versuchen möglichst viele Spieler, allen voran Cedric, auszuschalten. Mir graut es bei dem Gedanken.

In diesem Moment greift ein Paar Arme von hinten nach mir und zieht mich in einer kurzen Umarmung an sich. Ich erkenne Cedric's Stimme sofort, als er mir anschließend "Guten Morgen" wünscht. Vollkommen überrascht zucke ich zusammen und stoße dabei das Glas mit Kürbissaft vor mir um. Zum Glück ist Susan aufmerksam und reagiert, bevor sich die Pfütze ausbreiten und mir auf den Schoß laufen kann. Mit einem Wisch ihres Zauberstabs entfernt sie die Flüssigkeit.

"Oh, habe ich dich erschreckt?" fragt Cedric gespielt schuldbewusst und mit einem herausfordernden Grinsen auf dem Lippen.

Ich spüre, dass ich rot werde, aber Cedric scheint sich an meinem ungeschickten Auftreten nicht weiter zu stören. Er quetscht sich neben mich auf die Bank und schiebt mir eine Strähne auf dem Gesicht, wobei seine Finger sanft über meine Wange streichen.

Hat er das grade tatsächlich getan? Mein Herz rast in meiner Brust und mein Gesicht glüht vor Freude. Ich hoffe es fällt ihm nicht auf. Er sitzt so nah bei mir, dass unsere Hände sich beinahe berühren.

Cedric lächelt unaufhörlich und sieht mich eine Weile nur wortlos an. Schließlich fragt er: "Heute Abend um sechs ist die letzte Quidditchprobe vor dem Spiel morgen. Möchtest du vielleicht zusehen?" Innerlich mache ich einen Luftsprung. Glücklicher Weise habe ich aber endlich meine Fassung zurückerlangt. "Gerne." antworte ich entspannt und er verabschiedet sich mit einem Lächeln und "Bis später!".

Der Tag zieht sich unendlich lang und geht gleichzeitig viel zu schnell vorbei. Ich freue mich darüber, mich wieder alleine mit Cedric treffen zu können. Auf der anderen Seite bin ich dadurch, dass es dieses Mal ein angekündigtes Treffen ist, unglaublich aufgeregt. Die vorherigen Treffen sind alle zufällig entstanden- Jetzt macht es mich ein bisschen verrückt. Letztendlich bin ich abends ein bisschen spät dran und muss mich wirklich beeilen. Ich renne den gesamten Weg vom Gemeinschaftsraum bis zu zum Quidditchfeld - Nur das letzte Stück gehe ich im normalen Tempo. Es muss ja nicht sein, dass Cedric mich wie eine Idiotin rennen sieht und ich vollkommen außer Puste ankomme. Als ich das Quidditchfeld erreiche, sind die Spieler schon auf ihren Besen. Ich suche mir einen Platz auf den mittleren Rängen. Außer mir ist nur noch eine kleine Gruppe von Ravenclaw- Mädchen dort. Unter ihnen erkenne ich die Sucherin des Ravenclaw Quidditchteams, Cho Chang. In der Ferne kann in Cedric ausmachen, der mir zuwinkt. Ich erwidere den Gruß freudig und spüre auf einmal die Blicke der Ravenclaw-Mädchen auf mir ruhen. Die Feindseligkeit in ihren Augen verunsichert mich. Ich versuche mich nicht ablenken zu lassen und beobachte das Training- Die Spieler scheinen gut in Form zu sein. Ich bin jetzt noch optimistischer, was die Chancen auf den Sieg angeht. Auch Cedric scheint zufrieden. Doch er beendet das Training erst nach zwei Stunden, als es langsam dunkel wird. Ich bin ziemlich dankbar dafür, denn ich beginne in meiner dünnen Jacke zu frieren. Das Team verlässt den Platz und zieht sich um. Ich weiß währenddessen nicht genau, wohin mit mir. Sind Cedric und ich für später noch verabredet? Soll ich auf ihn warten oder hoch zum Schloss? Etwas unschlüssig mache ich mich sehr langsam auf den Weg zu den Ausgängen. Vielleicht habe ich ja Glück und Cedric ist dann fertig mit dem Umziehen. Die Ravenclaw-Mädchen drängen sich unsanft an mir vorbei und schubsen mich dabei beinahe von den Rängen. Ich werfe ihnen einen bösen Blick zu und warte, bis sie verschwunden sind. Als ich nach einer kleinen Ewigkeit das Feld verlasse, sehe ich, dass die Ravenclaw- Mädchen Cedric schon in Beschlag genommen haben. Die anderen Spieler sind allesamt auf dem Weg zum Schloss. Als ich sehe, wie Cho Cedric ein bewunderndes Lächeln zuwirft, verspüre ich wirklich wenig Lust, mich ihrer Gruppe anzuschließen. Wenn Cedric ohnehin seinen Fanclub eingeladen hat, hätte er mich doch eigentlich nicht zusätzlich gebraucht! Meine gute Laune hat sich nun längst in Luft aufgelöst. Missmutig mache ich mich auf den Weg zum Schloss. Nach kurzer Zeit höre ich schnelle Schritte hinter mir.

"Hey, Maja!" ruft Cedric. "Wieso läufst du weg? Hat das Training dich gelangweilt?" Er sieht so enttäuscht aus, dass mein Ärger fast wie weggeblasen ist.

"Nein, natürlich nicht! Ihr seid klasse gewesen! Ich bin zwar kein Profi, aber ihr gewinnt morgen sicher!" antworte ich schnell.

Cedric lächelt mich dankbar an. "Das freut mich zu hören! Ich hoffe du hast recht." Dann zieht er erneut die Augenbrauen leicht zusammen und fragt möglichst beiläufig "Aber wenn es dir gefallen hat, warum bist du dann einfach ohne ein Wort aufgebrochen?".

"Tut mir Leid... Ich dachte du bist beschäftigt. Diese ganzen Mädchen standen um dich herum und naja, ich hatte das Gefühl, du bist mit Cho Chang verabredet gewesen. Ist sie... deine Freundin?" Ich halte vor Anspannung den Atem an. Vielleicht habe ich Cedric's Verhalten falsch gedeutet. Vielleicht mag er eigentlich Cho. Ich traue mich nicht, ihn dabei direkt anzusehen. Nachdem ich geendet habe, riskiere ich einen kleinen Seitenblick.

Cedric sieht ziemlich perplex aus. "Meinst du das ernst?" fragt er. Er deutet meinen Blick richtig und lacht dann, halb belustigt, halb entrüstet, auf. "Natürlich ist Cho nicht meine Freundin! Sonst würde ich mich doch nicht mit dir treffen wollen!".

Ich atme erleichtert durch und lache erleichtert. Nach einer kurzen Denkpause füge ich hinzu: "Ich glaube, sie mag dich."

Cedric ist kurz still. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er das selbst schon gemerkt hat. Dann grinst er mich herausfordernd an und legt mir seinen Arm um die Schultern. "Vielleicht mag ich aber eine Andere...". Er lässt seinen Arm liegen und streichelt mit seinen Fingern leicht meinen Hals. Auf meinem ganzen Körper breitet sich eine Gänsehaut aus und mein Herz beginnt mal wieder zu rasen. Cedric legt seine Hand flach an meinen Wange und umfasst anschließend meine Hände. Seine sind so groß, dass meine Hände vollkommen darin verschwinden.

 "Maja du bist ja eiskalt. Wieso sagst du nicht, dass du frierst?" Ein wenig erstaunt stelle ich fest, dass er recht hat. Mir ist gar nicht wirklich aufgefallen, wie kalt es tatsächlich geworden ist. Ich war viel zu sehr in meine wirren Gedanken vertieft. Sofort zieht Cedric seinen Schal und seine Jacke aus und reicht mir beides.

"Nein, behalt die Sachen, Cedric. Du hast morgen ein wichtiges Spiel! Du darfst auf keinen Fall krank werden!" lehne ich empört ab. 

Cedric legt mir die Hand unters Kinn und zieht mein Gesicht näher zu seinem heran. "Keine Sorge, ich bin abgehärtet. Ich musste dieses Jahr bei jedem Wetter trainieren. Und ich brauche dich morgen unbedingt als Unterstützung im Publikum!" Er grinst mir zu.

Ich wundere mich ein wenig, wie natürlich diese körperliche Nähe zwischen uns schon geworden ist. Ich fasse mir ein Herz und berühre zaghaft mit meinen Fingern seine Hand, die unter meinem Kinn liegt. "Ich schlage dir einen Kompromiss vor- Du behältst die Jacke und ich nehme dafür deinen Schal!"

Cedric lächelt und wickelt mich dann in seinen Schal ein. "Einverstanden. Und ich wärme dich - Keine Widerrede!" fügt er hinzu. Dann drückt er mich so eng wie möglich an sich und wir laufen zum Schloss.

Im Gemeinschaftsraum reden wir nur noch kurz, schließlich wollen wir beide, dass Cedric morgen in Bestform ist. Den anderen Schülern scheint es auch so zu gehen, denn es herrscht bereits gähnende Leere. Trotzdem begleitet er mich noch vor meinen Schlafsaal. Aber bevor ich die Tür zu meinem Zimmer öffnen kann, hält Cedric meinen Arm fest. Sanft drückt er mich mit dem Rücken gegen die Wand und lehnt sich dann an mich. Er hält mein Gesicht in seinen Händen und beugt sich langsam zu mir herunter. Meine Gedanken beginnen zu rasen. Ich weiß, dass ich in Cedric verliebt bin und nichts macht mich glücklicher als die Gewissheit, dass er mich küssen will. Aber trotzdem fühle ich mich in dem Moment noch nicht bereit. In letzter Sekunde drehe ich meinen Kopf ganz leicht weg und drücke stattdessen mein Gesicht in einer Umarmung  gegen ihn. Ich bin froh, dass er mein Verhalten richtig deutet und nicht noch einmal versucht, mich zu küssen. Als wir uns schließlich nach einer kleinen Ewigkeit, aber trotzdem viel zu früh, aus der Umarmung lösen, lächelt er mich neckisch an. Mit seinem Daumen fährt er über meine Lippen.

„Ich hoffe, ich sehe dich morgen vor dem Spiel noch. Falls wir gewinnen, kommst du doch sicher zu der Siegesfeier, oder nicht?"

„Sicher! Ich suche dich beim Frühstück!" antworte ich breit grinsend.

Er wünscht mir eine Gute Nacht und drückt mich erneut an sich. Erst als ich dabei bin, mich später in meinem Zimmer auszuziehen, merke ich, dass ich noch immer seinen Schal trage. Lächelnd lege ich ihn neben mein Kopfkissen und schlafe dann so gut wie die letzten Wochen noch nicht.

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