~ 28 ~
Dasma
Randon stützte Noryn, als sie von seinem Drachen abstiegen und in eine verborgene Höhle gingen, dessen Existenz nur sehr wenige Dasmanten kannten und er war froh, dass er zu diesen Wenigen gehörte, denn die schnelle und heimliche Reise nach Dasma war schon nervenaufreibend genug gewesen.
Noryn bedankte sich lächelnd, verzog dabei aber vor Schmerzen sein Gesicht und setzte sich vorsichtig auf ein schmales Bett, das an der Steinwand lag. Die Wachen hatten ihn ziemlich übel zugerichtet und Randon sah schuldbewusst weg, als er sich daran erinnerte, dass er nichts hatte tun können, um es zu verhindern.
Erschöpft lehnte Noryn sich an die Wand und atmete schwer, woraufhin Randon schnell wegeilte, um nasse Tücher für seine Wunden zu holen. Vorsichtig setzte er sich neben Noryn und errötete, als ihre Oberschenkel sich berührten. Schnell machte er sich daran, das Blut wegzuwischen und seine Wunden zu reinigen. Als er über seinen Mund strich, biss er sich auf die Lippe. ,,Ich hatte solche Angst.", flüsterte er so leise, dass er fast davon ausgegangen wäre, dass Noryn ihn nicht gehört hatte. Doch das hatte er sehr wohl, denn er öffnete die Augen und sah ihn direkt an. ,,Du konntest es nicht ändern. Du musstest in deiner Rolle bleiben. Es ist wichtig, dass du weiterhin Zugang zu deinem Vater hast.", flüsterte Noryn zurück und sah ihn aufmunternd an.
Randon nickte nur und lehnte sich nun auch neben ihm an die Wand. Noryn sah ihn betrübt an. ,,Wir werden die Hochzeit nicht mehr verhindern können, oder?" Randon nickte niedergeschlagen. ,,Wir haben es versucht. Mehr können wir nicht tun. Jetzt heißt es bloß: abwarten und das Schlimmste befürchten."
Noryn seufzte. ,,Ich bin davon überzeugt gewesen, dass die Königin uns helfen würde. Jetzt kann ich auch nachvollziehen, warum sie die Kalte Königin genannt wird.", sagte er verbittert und schüttelte enttäuscht den Kopf. Randon sah ihn mit gerunzelter Stirn an. ,,Ich weiß nicht so recht. Ich habe das Gefühl, dass sie keine andere Wahl hat." Die Königin schien sehr gequält zu werden - von meinem Vater, dachte er sich.
Noryn nickte, schien aber nicht sehr überzeugt zu sein. ,,Naja, das ist ja jetzt auch egal. Wir müssen uns für den Krieg rüsten. Die Zraonen und die Dasmanten der Geheimorganisationen müssen sich für einen Krieg bereit machen. Und ich hoffe sehr, dass Lelaenia Königin Nyxia dazu bringen wird, im Krieg mitzukämpfen. Alleine werden wir untergehen."
Randon schauderte beim Gedanken an einem kommenden Krieg. Er würde lügen, wenn er sagen würde, dass er keine Angst hätte. Während Noryn es einfach akzeptierte und Feuer und Flamme dafür war, Kydraen Blackfire in den Hintern zu treten, versuchte Randon sich bloß nicht in eine Ecke zu verkriechen. Er fühlte sich unglaublich feige - nicht, wie sich ein Thronfolger verhalten sollte und niemals, wie sich ein König verhalten sollte.
Randon versuchte, sich zusammenzureißen und räusperte sich. ,,Ich hoffe bloß, dass Königin Nyxia uns nicht überrascht und Lelaenia gar nicht erst helfen will.", murmelte er. Noryn nickte bedauernd. ,,Ich hoffe, dass es ihr gut geht.", antwortete er bedrückt. Randon verstand, wie Noryn sich fühlte. Sie würde ihm genau so sehr fehlen.
Es legte sich eine angenehme Stille zwischen dem Zraonen und dem Dasmanten. Beide schienen in ihren eigenen Gedanken versunken zu sein während außerhalb der Höhle ein Feuersturm wehte und die Sonne - die erste Königin von Dasma, Lelaenia- in einer schwarzroten Farbe schien, was ein Zeichen dafür war, dass es Nacht war.
Irgendwann flüsterte Randon so leise, dass Noryn es nur hören konnte, weil er direkt neben ihm saß: ,, Ich hatte solche Angst, dass du ... dass ich es nicht schaffen würde, dich zu befreien und zu retten." Er klang so verzweifelt und verloren, dass Noryn es nicht länger aushielt und sich zu ihm drehte, auch wenn ihm schwindelig dabei wurde.
Insgeheim freute Noryn sich unglaublich sehr darüber, dass Randon sich tatsächlich Sorgen um ihn gemacht hatte, doch er blieb ernst und nahm vorsichtig seine Hand. ,,Du hattest alles im Griff, Randon. Um ehrlich zu sein wünsche ich mir, ich hätte mehr geschafft, wäre mutiger gewesen. Vielleicht wäre nichts davon passiert, wenn ich die Wachen länger abgelenkt hätte.", sagte er schwermütig, woraufhin Randon jedoch entsetzt die Luft einzog, auch wenn er etwas errötete, da Noryn seine Hand nicht los ließ. Er wendete sich nun auch vollständig zu ihm und sah ihm in die Augen.
,,Noryn, ich kenne niemanden, der mutiger ist als du es bist! Du glaubst mir ja gar nicht, wie sehr ich dich für deinen Mut bewundere.", sagte er atemlos und bemerkte erst dann, dass er Noryn viel näher gekommen war, welcher ihn erst sprachlos, dann aber zärtlich ansah, bevor er ihm ebenfalls näher rückte. Verlangend starrte er auf Randons Lippen, welcher nicht anders konnte als zurückzustarren. Und als nur noch ein Blatt zwischen ihren Lippen passte, wachte Randon aus seiner Starre aur und bekam plötzlich Panik. Sein Herz schlug kräftig gegen seine Brust. Er wollte so sehr, aber er konnte nicht.
Also küsste Randon stattdessen schnell seine Wange, sprang auf und lachte nervös. ,,Ich gehe mal schnell frische Tücher holen.", stotterte er, verschwand aus dem Raum und ließ einen vollkommen verwirrten Noryn zurück. Denn er hätte ihn auch mit etwas Magie heilen können.
Ich wünschte, ich wäre bloß halb so mutig wie er, dachte Randon sich nur noch, als er sich an die Steinwand lehnte und verzweifelt die Augen schloss.
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Schwer atmend betrat Randon am nächsten Tag die Höhle und achtete auch darauf, dass niemand ihm gefolgt war. Als er Noryn auf dem Bett vorsichtig, da sein ganzes Gesicht wund war, essen sah, schluckte er. Er fühlte sich schuldig wegen gestern und er hoffte stark, dass Noryn es nicht ansprechen würde.
Noryn schien gar nicht mehr daran zu denken, denn er sah munter lächelnd auf, als er ihn erblickte, weshalb Randon nicht anders konnte als abrupt stehen zu bleiben und ihn anzustarren. ,,Ähm, ich war beim Palast. Mein Vater hat eine Rede vor den Dasmanten gehalten und wie ich erfahren habe, hat er eine ähnliche kurz nachdem wir verschwunden sind in Penoria gehalten.", schoss Randon einfach darauf los und merkte, wie sich seine Wangen erhitzten.
Verwirrt sah Noryn ihn an, weshalb Randon schnell fortfuhr. ,,Du und Lelaenia werden in ganz Penoria und Dasma gesucht. Es wurde ein großes Kopfgeld auf euch gesetzt. Und der Krieg wird schon früher beginnen als wir dachten. Da mein Vater genau weiß, dass Königin Nyxia Lelaenia gerettet hat, hetzt er nicht nur die Dasmanten auf Noxēn, sondern auch die Zraonen. Fast alle Zraonen, die sich Lelaenia angeschlossen hatten, um gegen meinen Vater zu kämpfen, haben die Seiten gewechselt, da sie tatsächlich davon ausgehen, dass Lelaenia eine Verräterin ist und Königin Drianas Magiequelle gestohlen hat. Und das Gleiche gilt für dich." Bedauernd sah Randon ihn an.
Noryn riss geschockt seine Augen auf und sprang auf, was er aber sofort bereute. Randon wollte ihm helfen, sich wieder hinzulegen, doch er ging nur zurück. ,,Das kann doch nicht wahr sein! Wie können sie uns so hintergehen!", rief er wütend. ,,Wie viele? Wie viele sind noch übrig?", fragte er dann verzweifelt und griff nach Randons Arm. Dieser brachte es kaum über sich, darauf zu antworten. ,,Etwa hundert.", murmelte er leise.
,,Hundert? Wie sollen wir mit hundert Zraonen und zweihundert Dasmanten einen Krieg gegen den mächtigsten Dasmanten aller Zeiten, der zwei ganze Völker hinter sich hat, kämpfen?" Entsetzt und von Panik erfüllt schüttelte Noryn seinen Kopf, woraufhin Randon beruhigend eine Hand auf dessen Schulter legte. ,,Wir wissen ja noch gar nicht, ob die Nyreanen uns helfen werden. Wenn wir erst einmal die Nyreanen auf unserer Seite haben, was wir ganz sicher haben werden, da sie angegriffen werden, haben wir Chancen, sie zu besiegen. Denn die Nyreanen sind ein sehr starkes, und vor allem unberechenbares Volk."
Noryn nickte daraufhin und beruhigte sich etwas. ,,Das ist nicht alles. Mein Vater redet nicht gerne in meiner Anwesenheit über seine Pläne im Krieg. Ich glaube, dass er so langsam argwöhnisch wird. Aber eine Sache hat er mir verraten: Um Noxēn zu besiegen, muss man den Zweispaltigen Nyreanen finden - und vernichten. Der Zweispaltige Nyrean ... Ich wusste, dass ich es schon einmal irgendwo gelesen habe. Ein Mythos, an das schon nach der Entstehung Trías geglaubt wurde. Der Zweispaltige Nyrean ist der Nyrean, der die Zwillingssterne in seinen Augen trägt.", sagte Randon vielsagend und merkte, dass er zum Ende hin immer lauter wurde.
,,Die Zwillingssterne?", fragte Noryn verwirrt, woraufhin Randon eifrig nickte. ,,Während alle anderen Nyreanen - bis auf die Königinnen selbstverständlich - einen Stern als Magiequelle haben, gibt es laut der Legende eine Person, die zu zwei Sternen gehört - den Zwillingssternen." Da Noryn trotzdem nicht verstand, worauf Randon hinauswollte, fuhr er schnell fort.
,,Als ich Lelaenia das aller erste Mal gesehen habe, sind mir ihre Augen - um genauer zu dein die zwei schwarzen Punkte in ihrer Iris - sofort aufgefallen. Ich wusste, dass ich schon einmal darüber gelesen hatte, aber mir war es nicht eingefallen."
Noryn zog seine Augenbrauen hoch und sein Mund klappte auf. ,,Du willst mir also sagen, dass Lelaenia keine Zraonin ist und dass Königin Driana somit gar nicht ihre Mutter ist?", fragte Noryn sicherheitshalber nach. Randon nickte schnell heftig. ,,Das würde alles erklären! Und dann haben wir auch Lelaenias wahre Mutter gefunden."
Noryn verstand und ging vor lauter Entsetzen einen Schritt zurück. ,,Denn nur mit königlicher Abstammung kann man so eine starke Magiequelle besitzen ... Königin Nyxia ist Lelaenias Mutter!"
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Ich hoffe euch hat es gefallen, auch mal wieder von Randon und Noryn zu hören :)
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