Kapitel 79. Jungfrau
Disclaimer: Sexuelle Handlungen in diesem Kapitel.
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„Wie viel Zeit habe ich?", fragte sie leise, nachdem sie zum dritten Mal einen Schritt zurück gemacht hatte. Da war sie nun, wusste nichts, und es geschah tatsächlich. Es geschah.
Beowulf stieß einen tiefen Seufzer aus. „Das zählt nicht!", rief sie. „Du kannst nicht einfach erwarten, dass ich – "
„Fürs Erste setzt du dich über meine Knie."
Turid erstarrte. „Wirst du nicht, also, hm – andersherum?"
Beowulf lachte und sie zuckte zusammen. Das lief nicht, wie sie sich es vorgestellt hatte. Ganz und gar nicht. Er würde ihr nicht erlauben, sich fortzudenken, würde sie nicht trösten und auch nicht dafür sorgen, dass es so schnell wie möglich vorbei war. „Ich habe nicht mal genug Kraft, um vor dir wegzukrabbeln. Wer hat hier die Erwartungen?", fragte er.
Turid sagte nichts.
„Was ist?"
Sie schüttelte den Kopf. Es beschlich sie das leise Gefühl, dass er dies alles für ein Spiel hielt. „Wenn du dich nicht so anstellen würdest..."
„Mein Zustand ist größtenteils Hadubrands und ein bisschen deine Schuld, am wenigsten meine."
„...hätte ich den sanften Beowulf und nicht den, der sich hinter dem einmauert, was auch immer ihm passiert ist", schloss sie.
Seine Worte blieben ihm im Halse stecken.
Sie kam und setzte sich. So, wie er es gesagt hatte, das hieß, sie ließ etwas Raum zwischen ihnen, um ihn nicht zu belasten. Trotzdem war sie ihm so nah wie nie und das sandte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Ihre Hand wanderte zwischen seine Beine und traf prompt auf die nächste Hürde: Er fühlte sich nicht so an wie vor ihrem Aufbruch. „Beowulf?", fragte sie unsicher, bevor sie es sich verkneifen konnte.
Er richtete sich ächzend auf und zog sie zu sich. „Was passiert ist,", sagte er schmerzlich. „Nun gut. Es begann damit, dass mich Sif in den Steinkreis lockte. Es war derselbe, in den all die anderen gekommen sind – auch du. Dort griff sie mich an. Ich hatte keine Ahnung."
„Du sagtest, sie hat dich nicht in den Schlund geworfen."
„Nein. Das hat sie nicht."
Turid erschauderte. „Dann bist du... gesprungen?"
„Was? Um Himmels Willen. Nein, als ich am Boden lag – "
Sie packte ihn links und rechts am Bart und küsste ihn auf die Stirn. Noch während sie ihn – den sie wohl etwas bestürzt hatte – festhielt, tastete sie ungeschickt mit der lädierten Hand nach unten.
Ja, jetzt spürte sie ihn und errötete. Nur nicht an den Eroberer denken.
„Turid...", flüsterte Beowulf unter ihrem Kinn. Ihre Finger streiften flüchtig sein Haar, dann ließ sie ihn los. „Verzeih", sagte er. „Du bekommst den Beowulf, den du verdienst. Wenn du mich nur ein bisschen heilen lassen würdest – "
„Wir haben eine Abmachung", schnitt sie ihm mit fester Stimme das Wort ab.
„Es ist zu früh. Sei vernünftig."
Ihre Hand ballte sich zur Faust.
„Ach Herrje. Wie konnte ich denken, dass du nicht darauf eingehst?", klagte er.
Schweigend gab sie die anstrengende Haltung auf und sank vorsichtig auf seine Oberschenkel. Weil das Messer in ihrem Hosenbund ihr in die Seite stach, musste sie es neben sich legen und kam sich noch verletzlicher vor. Ihr Magen rebellierte.
Weiter unten wurde es warm. Das Gefühl konnte sie nicht einordnen. Es war nicht gerade schlecht.
Beowulf entglitt ein Keuchen. „Vorsicht", sagte er. Er schob ihre Knie etwas zurück, weg von seinem Bauch, dann spürte Turid seine Hand an ihrem Hals. „Was tust du da?"
„Lass dich überraschen." Er wanderte auf ihrer Haut ihrem Kragen entgegen. Sie ergriff seine Finger auf halbem Weg.
„Keine Überraschungen", sagte sie ernst.
„Du wirst es mögen."
„Ganz sicher nicht."
„Turid – "
„Bitte lass es sein." Sie drückte ihn von sich.
Beowulf ließ sich rücklings nach unten sinken. Er hatte zu wenig Erfahrung, um sicher zu sein, dass das so in Ordnung war. Nun, es gab diese und jene, oder? Oder lag es daran, dass Turid – verdammt. Adalger hätte gewusst, was Sache ist, dachte er.
Bald würde sie ohnehin genug haben. Er tat besser daran, nachzugeben, bis es so weit war.
Turid ihrerseits befürchtete genau dies. Dann wäre es, wie er gedroht hatte, für immer vorbei, Albträume bis an ihr Lebensende. Nicht mit mir.
Sie holte tief Luft und fasste nach seinem Gürtel. Halb so wild. Das hatte sie schon einmal getan, um ihn vor Hadubrand zu retten.
Bis auf seinen Brustkorb, der sich rasch hob und senkte wie sonst nie, bewegte er sich nicht mehr, wahrscheinlich starrte er sie an. Turid sah weg. Öffnete die Schnalle. Das Klingen brachte ihr Erinnerungen und die Erinnerungen brachten ihr Schmerz. Sie versteinerte.
„Ich nehme alles zurück. Wir können später weitermachen", sagte er hilflos.
„Nein." Mechanisch zog sie die Lederriemen auseinander. In Beowulf schien eine Veränderung vorzugehen, deutlich hörte sie ihn schlucken.
Nach einem stillen Augenblick drückte er sie nach oben und wand sich unter ihr, Stoff raschelte. Turid nutzte die Zeit, um aus ihren Hosen zu schlüpfen. Als sie sich wieder auf seine Schenkel presste, war sie nicht mehr sie selbst. Das Gefühl von Haut an Haut war unfassbar. Sie hatte furchtbare Angst.
„Berühr mich", sagte er nur. Wie ihr nicht entging, rang auch er um Fassung.
Turid streckte die gesunde Hand aus und berührte ihn. Am meisten überraschte sie wohl, dass er sehr warm war. Und weich. Steif, ja, aber die Haut darüber war zart.
Beowulf stöhnte, als sie Finger um Finger um ihn schloss. Sie atmete schneller.
„Halt." Seine Muskeln spannten sich an. Sie schreckte hoch, ohne ihn loszulassen. „Du hast es bewiesen. Reicht doch."
Wie in Trance schüttelte sie den Kopf.
Er machte einen gequälten Laut. Ob es seine Verletzung oder ihre Berührung war oder nur der Augenblick, in dem ein Mann alles fallen lässt und sich seinem Schicksal fügt – er sagte: „Also gut. Hör zu. Ich sehe dir jetzt in die Augen, ja?"
Sie nickte.
„Wenn es schon nicht dafür reicht, dann lass mich dir eines sagen: Es ist ganz anders, wenn du Herr – Herrin der Lage bist. Nicht so wie bei ihnen. Versprochen."
„Wer sind ‚sie'?", fragte sie dumpf.
„Hmpf", machte Beowulf. Ihm war die Unterhaltung hörbar unangenehm – auf die eine wie die andere Weise. „Die Soldaten, Turid. Er und die Soldaten."
„Wie meinst du das?"
„Der Eroberer und seine Männer! Verflucht!"
„Wie bitte?!" Turid fuhr hoch, als hätte sie sich verbrannt. „Du glaubst noch nicht etwa – bist du noch ganz bei Trost? Ich bin Jungfrau!"
„Was?" Er japste vor Schreck, als Turid mit beiden Händen auf seiner Brust landete und ihm den Dolch an die Kehle drückte. „IN GOTTES NAMEN! RUNTER VON MIR!", brüllte er.
„Erst, wenn du mir sagst, wie du DARAUF kommst!"
„Er hat Gremholdshand gestürmt! Deine Familie getötet und dich in den Kerker geworfen! Du willst mir allen Ernstes erzählen, dass keiner dich gehabt hat?!"
Turid zuckte zusammen und wich zurück, sorgsam darauf bedacht, ihn nicht weiter zu berühren. „Deshalb hat er mich hingerichtet, Beowulf. Man hat mich für ihn aufgehoben und ich habe mich ihm verweigert. Ging lieber in den Tod."
Stille. Er atmete nicht mehr, bis sie ihm scheu auf das Knie tippte. „Aber hier?", brachte er heraus, sowie er die Stimme wiedergefunden hatte. „Er hat dich vergewaltigt."
„Beinahe." Sie erhob sich und ging einige Schritte zum Fluss hinüber. Sein Rauschen beruhigte sie. „Hadubrand hat mich gerettet", fügte sie leise hinzu.
„Oh... Turid."
Sie drehte sich um und ihre Augen wurden schmal. „Du glaubst mir nicht."
„Die Albträume..."
„Ja, da passiert es", fauchte sie. „Verstehst du jetzt, warum es sein muss?"
Beowulf sog die Luft ein. Endlich schien ihm ein Licht aufzugehen.
„Wie auch immer." Turid ließ den Dolch scheppernd zu Boden fallen. „Deine Zweifel werden sich geben." Bevor sie sich unsanft auf ihm niederlassen konnte, legte er die Hand auf ihr Bein und gebot ihr, langsam zu tun. Dabei machte er ein gepeinigtes Geräusch. „Wehe, du kommst noch einmal in die Nähe meiner Wunde."
„Ehre ist Ehre", sagte sie nur. Schon wappnete sie sich, wieder die Hand auszustrecken, da fragte er: „Warum sollte ich dir eine Lüge unterstellen, Turid? Entweder, du hättest es mir gesagt oder eben nicht."
„Das hat nichts mit Worten zu tun."
Irritiertes Schweigen.
„Aber weißt du denn nicht...?", fragte sie verdutzt. „Hattest du nie eine?"
„Eine Jungfrau? Nah. Wobei, kann schon sein."
„Kann schon sein?! Das hättest du gemerkt."
Er schnaubte. „Kläre mich auf, reife Frau."
Sie hielt den Atem an. „Da ist ein Hindernis. Der erste Mann zerreißt es." Sie fand, dafür, dass ihr das unmittelbar bevorstand, klang sie ziemlich gefasst.
Beowulf brach in schallendes Gelächter aus. „Wie ein Briefsiegel?"
Turid starrte ihn an.
„Mädchen, das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Und ich habe eine Menge gehört! Denk nur an Adalger, den stolzesten Stecher dieses Landes, der mir jeden Morgen von seinen Abenteuern berichtet hat."
„Es stimmt nicht?"
„Nie im Leben, davon hätte ich gewusst."
„Das glaube ich dir nicht."
„Dann steht Wort gegen Wort. Nur ein Denkanstoß: Wie sollte denn euer natürlicher Rhythmus vonstattengehen, hm?"
„Rhythmus?" Turid brauchte eine Sekunde. „Monatsblut!", schrie sie und presste sich die Hände vor den Mund. „Schwanger! Ich könnte schwanger werden!"
„Sh sh sh", machte er. Seine Fingerspitzen berührten ihren Ellenbogen. „Hast du es hier unten überhaupt gehabt?"
Die Hitze schoss ihr in die Wangen. Er sollte aufhören, mit ihr über diese Dinge zu sprechen. Sie wollte es doch nur hinter sich bringen. „Nein", sagte sie kaum hörbar.
„Dann kommst du auch nicht in andere Umstände. Zumal ich ohnehin nicht glaube, dass ich noch...", er räusperte sich. „Ach, entspann dich einfach." Erst mit diesen Worten schien er sich daran zu erinnern, dass sie ihn mit ihren nackten Beinen umklammerte und eine Miene zog, als hätte sie einen Geist gesehen.
„Turid?"
„Ja?"
„Noch immer?"
Sie zögerte. „Noch immer."
„Dann ist das der beste Rat: Entspann dich."
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