24. Wahrheit

♪ Falling – Harry Styles


L I A M


Wie ein Peitschenhieb trafen mich Gillians Worte.

Ein gewaltiger Hieb, der eine tiefe, breite Strieme auf meiner Seele hinterließ. Schmerzvoll, brennend, mich an den Rand des Wahnsinns treibend.

Niall im Krankenhaus zu sehen, hatte mir mehr zugesetzt, als ich es jemals zugeben wollte. Mir selbst gegenüber nicht und jemand anderem gegenüber schon gar nicht.

Verzweiflung machte sich in mir breit, als meine Cousine mir die Wahrheit ins Gesicht schmetterte.

Sie wusste alles.

Meine Kehle fühlte sich trocken an, mein eigener Speichel versiegte in einem Meer von Sand und beinahe krächzend kamen die Worte über meine Lippen: „Woher weißt du das?"

„Von Niall selbst. Er hat mir alles erzählt."

Abstreiten war zwecklos und ich fuhr nervös mit den Fingern durch mein Haar. Zeit, mir die passenden Sätze zurechtzulegen blieb mir nicht, denn meine Cousine ließ ihren Unmut sofort heraus.

„Was spielst du hier für ein Spiel, Liam? Warum hast du Niall so sehr verletzt? Und was ist mit Sophia? Du trampelst auf den Gefühlen zweier Menschen herum und dich kümmert es einfach nicht! Was glaubst du, wer du eigentlich bist?"

Hochrot leuchtete mir ihr Gesicht entgegen, sie wirkte unglaublich aufgebracht.

„Ich- ich", stotterte ich hilflos, „ich habe ihn nicht absichtlich verletzt."

„Nicht absichtlich?" Mit dem wütenden Blick einer Bache, die ihr Junges verteidigte, stemmte Gillian die Hände in ihre Hüften und ging einen Schritt auf mich zu. „Sag mal, brennts bei dir? Du hältst ihn hin, sagst ihm, dass du ihn liebst und vögelst dann mit Sophia. Wie würdest du dich denn fühlen, wenn jemand das mit dir gemacht hätte?"

„Niall hat sich für Vermont und gegen mich entschieden", würgte ich hervor. „Ich hätte das mit Sophia beendet, wenn er hiergeblieben wäre."

In diesem Moment hasste ich mich für das, was ich getan hatte. Was ich Niall und auch was ich Sophia antat. Und letztendlich mir selbst. Tränen schossen aus meinen Augen, liefen meine Wangen hinunter und tropften auf meine Arme. Verschwommen sah ich Gillian vor mir, so verworren wie mein ganzes verdammtes Leben.

„Du bist nicht ganz dicht", warf meine Cousine mir vor. „Du kannst du nicht einfach mit den Gefühlen zweier Menschen spielen, die dich lieben. Das ist nicht fair Sophia gegenüber und Niall gegenüber schon gar nicht."

Schwer atmend griff ich nach der Wasserflasche, die auf dem Wohnzimmertisch stand, öffnete diese und nahm einen großen Schluck. Gillian beobachtete mich schweigend und schließlich setzte ich die Flasche wieder ab.

„Ich habe es mir nicht ausgesucht, mich in einen Mann zu verlieben", brachte ich hervor.

„Liam, das ist doch gar nicht der Punkt. Mir ist es doch egal, wen du liebst. Hauptsache du bist ehrlich dir selbst gegenüber und auch dieser Person gegenüber."

Für einen Moment trafen sich unsere Blicke und sie sagte leise: „Bring das in Ordnung. Bitte. So, wie ich das mit Milo in Ordnung gebracht habe."

Anschließend drehte sie sich um und verließ den Raum. Ich hörte, wie die Eingangstür zum Apartment zufiel und fühlte mich plötzlich unendlich einsam.

Niemand ahnte, wie sehr ich litt, keiner wusste, wie mir zumute war. Nialls blauen Augen tauchten vor meinem Gesicht auf, so traurig und doch so wunderschön. Mein Puls beschleunigte bei dem Gedanken an den Mann, der mir unendlich viel bedeutete. Doch meine Erkenntnis kam zu spät. Sicher würde er mich abweisen, zumal ich keinerlei Versuche unternommen hatte, ihn von meiner Liebe zu überzeugen.

Ich hatte den leichteren Weg gewählt, der mir die Zukunft ebnete: Sophia.

Aber wollte ich das wirklich? Wollte ich mein Leben lang mit einer Lüge und mit Koks vor dem Sex leben? Und mit einem gebrochenen Herzen?

Wie schnell das Blatt sich im Leben wenden konnte, hatte ich nun bei Großvater gesehen. Im Augenblick wusste niemand, ob er überleben würde.

Klar, Großvater war bereits achtzig, aber ich wünschte mir, dass er hundert Jahre alt werden sollte und uns mit seinem schrägen Humor erfreute.

Angst umklammerte mich, als ich im Badezimmer stand und mein Antlitz im Spiegel betrachtete. Wie sollte es nun weitergehen? Was sollte ich tun?

Der Klingelton meines Handys riss mich aus den Gedanken. Es lag auf der Ablage über dem Waschbecken und ich griff sofort danach.

„Mum?"

Ich hatte schreckliche Panik, dass sie mir sagen würde Großvater sei gestorben. Zitternd lauschte ich ihren Worten: „Er ist aufgewacht, Liam. Und erkennt mich."

Für einen Moment schloss ich voller Dankbarkeit meine Augen, während ein kleines Schmunzeln meine Lippen umspielte. Großvater war ein zäher, alter Knochen. Der sprang dem Totengräber voller Elan von der Schippe.

„Gott sei Dank", seufzte ich erleichtert. „Ich komme sofort ins Krankenhaus."

Meinen Opa wach zu sehen, gab mir an diesem Tag einen ungeheuren positiven Schub. Auch die Tatsache, dass er mich sofort erkannte.

„Liam", krächzte er, wobei seine Stimme ein wenig schwach klang. „Mein Junge. Jetzt werde ich deine Hochzeit mit Sophia wohl doch noch erleben dürfen."

Dieser Paukenschlag dröhnte schmerzvoll in meinen Ohren, ließ mich innerlich taumeln und wieder zurück in meine eigene Depression verfallen.

Sophia und Hochzeit – das waren die Worte, die ich nicht hören wollte. An die ich nicht glaubte und die sich entsetzlich falsch anfühlten. Aber wer konnte es dem alten Herrn verdenken? In seiner Welt gab es vermutlich keine schwulen Männer und ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie er sich verhalten würden, wenn ich die gottverdammte Wahrheit auf den Tisch knallte.

Ich wollte nicht, dass Großvater sich aufregte und deshalb schob ich diesen Gedanken weit von mir. Wieso hätte ich das auch tun sollen? Niall und ich waren nicht mehr zusammen, somit gab es keinen Grund, ein Outcoming zu starten.

Es reichte, dass Gillian informiert war. Ich hatte ihr nichts versprochen und doch fühlte ich mich unglaublich schlecht ihr gegenüber. Bestimmt war sie mächtig enttäuscht von mir und es gab nichts, was diesen Zustand verbessern würde.

Eine Weile saß ich mit Mum und Tante Charly bei Großvater. So lange bis eine der Schwestern auftauchte und uns anwies, das Zimmer zu verlassen, da der Doktor einige Untersuchungen vornehmen wollte.

Während Tante Charly mit Cheyenne telefonierte, verabschiedete ich mich von meiner Mum: „Ich bin dann mal unterwegs. Wir sehen uns später."

Mir die Birne freizufahren war mein Plan. Zum Glück besaß ich ein schnelles Auto, das mich binnen kürzester Zeit auf den Highway brachte. Die Autobahn, die nach Odessa führte.

Zufall oder Unterbewusstsein?

Es war mir nicht ganz klar und erst als ich vor dem Hotel stand, in dem ich so viele glückliche Stunden mit Niall verbrachte hatte, fiel die Erstarrung von mir ab. Hemmungslos begann ich zu weinen, sah dabei sein Gesicht vor mit, fühlte seine weichen Lippen auf meinen, seine Hände, die zärtlich über meinen Körper streichelten, mich an Stellen berührten, die zuvor noch nie ein Mann liebkost hatte.

Verloren, vom Weg abgekommen, das Herz an die Wand gefahren, Menschen verletzt. Ich wusste weder ein noch aus, wollte mich so dringend jemandem anvertrauen.

Jemandem, der mich nicht verurteilen würde.

Jemand, der zuhören konnte und mir immer die Wahrheit sagen würde.

Eine Frau, die mir als junges Mädchen ihre Unschuld gab.

Zwanzig Minuten brauchte ich von Odessa nach Midland und als ich vor dem Gebäude parkte, in dem sie arbeitete, atmete ich tief durch. Esra hatte um vier Uhr Feierabend und es war erst zwanzig nach drei. Direkt gegenüber befand sich eine Einkaufsstraße, in der ich mir die Zeit vertrieb. Ich kaufte Limonade und Esras Lieblingstee, eine Mischung aus Zitrone und Melissa und während ich die Straße entlang schlenderte, legte ich mir den ersten Satz zurecht, den ich nachher aussprechen wollte: „Ich liebe einen Mann und habe ihn verletzt."

Das klang furchtbar easy und doch besaß dieser Satz ein enormes Gewicht. Mindestens eine Tonne, die mich nach unten drückte und regelrecht in die Knie zwang.

Wie zu erwarten besaß Esra super gute Laune, als mir auf dem Parkplatz entgegen lief. „Hey, Liam. Ich habe gerade erfahren, dass es deinem Opa wieder besser geht", begrüßte sie mich, bevor wir uns umarmten und auf die Wangen küssten.

„Hast wohl mit Gillian geschrieben, oder?" Ich ließ sie wieder los und sie antwortete mit einem einfach: „Klar."

Galant hielt ich ihr die Tür zu meinem Wagen auf und Esra stieg ein. Sie zog den Gurt zu sich, klickte diesen ein und betrachtete mich von der Seite. „Du wirkst so ernst."

„Darf ich das nicht sein?"

Langsam ließ ich den Wagen vom Parkplatz rollen, gab erst richtig Gas, als wir uns auf der Straße befanden.

„Doch, natürlich", erwiderte die junge Frau mit den schwarzen Haaren. „Es ist nur sehr ungewöhnlich für dich."

Vermutlich hatte sie recht mit dieser Aussage. Meistens besaß ich gute Laune oder besser gesagt, ich ließ mir nicht gerne in die Karten schauen. Esra wusste, dass ich ab und zu kokste und genauso war es ihr bekannt, dass ich für mein Leben gerne um die verrücktesten Dinge wettete.

„Eines Tages verwettest du noch deinen eigenen Hintern", lautete ihr permanenter Spruch diesbezüglich, worauf stets mein Konter erfolgte: „Besser als meinen Schwanz zu verwetten."

Nun, den hatte ich zwar nicht verwettet, aber an einen Mann vergeben, den ich nicht aus meinem Kopf und aus meinem Herzen bekam.

Niall.

„Ich habe nur Tiefkühlpizza zuhause", sprach Esra. „Also, wenn du richtig Hunger hast, können wir was bestellen."

„Schon okay. Essen hat Zeit."

In der Tat verspürte ich keinen Hunger, sondern wollte nur das Gewicht in meinem Inneren loswerden. Diese Tonne, die mich in die Tiefe zog, die mir die Luft abschnürte und mich fast überrollte.

In Esras Wohnung angekommen, kochte sie türkischen Pfefferminztee aus echten Minzblättern und servierte diesen in kleinen Gläsern, die ihre Eltern aus der Türkei mitgebracht hatten.

„Hier, nimm."

Nachdem sie das Glas abgestellt hatte, nahm sie im Schneidersitz ihren Platz auf dem dunkelgrünen Sofa ein, während ich im Sessel saß. Wir prosteten uns zu und ich trank den heißen Tee in kleinen Schlucken. Pfefferminztee mit echter Minze belebte Geist und Seele. Es fühlte sich an wie ein Energieschub, der durch meine Venen raste und mir einen Kick verpasste.

Genau diesen Kick brauchte ich.

„Also, was liegt an?", horchte Esra nach und ich hob den Kopf. Ein Blick in ihre vertrauten braunen Augen genügte, um mich zum Reden zu bringen.

„Ich liebe einen Mann und ich habe ihn verletzt."

Stille umhüllte mich, dann hob Esra die rechte Augenbraue an.

„Wie lange hast du diesen Satz auswendig gelernt?"

„Einmal."

Ich beobachtete, wie sie nach ihrem Glas griff und daran nippte. Unruhig rutschte ich im Sessel hin und her. „Jetzt sag doch was, verdammt."

„Was soll ich dazu sagen? Du willst mir doch die Geschichte erzählen, oder nicht? Ich bin hier, um zuzuhören, Liam."

Damit brachte sie die Mauer in mir zum Einstürzen. Alles, was sich angestaut hatte, brach aus mir heraus. Die Tränen, die Wut, die Angst, die Liebe.

Ich erzählte ihr alles von Anfang an, jede Kleinigkeit, das was ich fühlte und das, was ich falsch gemacht hatte. Dabei kamen mir die Tränen und ich spürte Reue in mir aufsteigen.

Was hatte ich Niall und Sophia bloß angetan?

„Du bist ja völlig am Ende, Liam." Esra nahm mich in den Arm und ich heulte hemmungslos.

„Ich bin ein Arschloch", brachte ich hervor, „ein gottverdammtes Arschloch. Aber ich wusste nicht mehr weiter. Ich habe einfach nur Angst."

Behutsam streichelte sie über meine Wangen. „Angst wovor? Dass deine Familie dich verstoßen könnte?"

„Auch das." Schniefend wischte ich mir die Tränen aus den Augen. „Aber am meisten, dass Niall mich nicht mehr will."

„Liam." Esra schaute mich an. „Glaubst du wirklich, dass deine Mutter dich verstoßen würde, weil du einen Mann liebst? Ich meine wir reden hier von einer aufgeschlossenen Frau, die einen Mann hat, der zwanzig Jahre jünger ist als sie. Denkst du echt, Flora würde es kümmern, dass du das Bett mit einem Kerl teilst?"

Kurz schluckte ich, versuchte mir vorzustellen, wie meine Mutter wohl reagieren könnte. Aber sie war nicht die Einzige in der Familie. Da gab es Onkel Ken, der das sicher nicht gutheißen würde. Ein Mann, der seine eigene Tochter verleugnete, weil sie kurz vor der Hochzeit verschwand. Von dem konnte ich rein gar nichts erwarten.

Am meisten Schiss hatte ich jedoch davor, von Niall abgewiesen zu werden, wenn ich ihm meine Liebe gestand und ihn um Verzeihung bat. Eigenartigerweise glaubte ich, dass die Sache mit Sophia einfacher zu klären war.

„Was soll ich denn nur tun?", murmelte ich angeschlagen.

„Reden. Die Wahrheit sagen." Esra tätschelte meine Hand. „Wenn du möchtest, kannst du über Nacht hierbleiben und ich würde auch zu deiner Mum mitkommen, wenn du das willst. Du solltest ihr die Wahrheit sagen, aber vor allem solltest du mit Sophia Schluss machen, bevor du mit Niall redest. Nur so wirst du eine Chance haben, dass er dir verzeiht. Denn ganz ehrlich, ein zweites Mal würde ich mich an seiner Stelle nicht hinhalten lassen."

Esra sprach immer Klartext aber genau das liebte ich so an ihr. Unverblümt stellte sie dar, was ich getan hatte: Niall hingehalten.

Voller Scham schlug ich die Hände vor das Gesicht. Ich hatte ihn so sehr verletzt, weil ich feige war und nicht zu mir selbst stand. Zu mir und meiner Liebe.

Den inzwischen leicht abgekühlten Tee trank ich ohne abzusetzen, bis das Glas leer war und stellte dieses anschließend auf dem runden Wohnzimmertisch ab.

„Ich würde gerne dein Angebot annehmen und über Nacht hierbleiben."

„Das ist ein Wort."

Wir bestellten Essen beim Thailänder und während wir darauf warteten, fragte mich Esra ein wenig über Niall aus. Bereitwillig erzählte ich von den Dingen, die wir unternommen hatten. Das Bullenreiten, unser erster Kuss, bei dem Gillian uns erwischte, wir dies aber mit einer Ausrede abtaten. Unsere Zeit in Odessa, doch auch der Druck, der stets auf mir lastete.

„Ich war damals einfach nicht soweit, mich zu outen und das hat mir schließlich das Genick gebrochen", beendete ich die Geschichte.

Esra nickte. „Aber jetzt bist du soweit, ich fühle das. Du hast es mir erzählt, aus freien Stücken. Und darauf kannst du stolz sein."

Ihre Worte beflügelten mich, gaben mir Kraft, brachten mich auf den richtigen Weg. Ich konnte nur hoffen, dass es noch nicht zu spät war.

Zu spät für Niall und mich.

~~~

Nach dem Abendessen sowie einer heißen Dusche schlief ich neben Esra ein. Ihr Bett war eins fünfzig breit und sie sehr schlank, sodass wir uns kaum in die Quere kamen. Dennoch verlief meine Nacht unruhig. Ich erwachte immer wieder und dachte an Niall, aber auch an meine Mutter, mit der ich unbedingt reden wollte.

Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Jalousien fielen, erwachte ich sofort. Esra schlief noch, ihr Wecker hatte sich noch nicht gemeldet und als ich auf mein Handy schaute, sah ich, dass es erst fünf Uhr war.

Vorsichtig kroch ich unter der Bettdecke hervor und tapste leise aus dem Schlafzimmer. In der Küche angekommen, setzte ich die Kaffeemaschine in Gang und ging dann zurück, um meine Klamotten zu holen, mit denen ich ins Bad verschwand. Da ich nicht wusste, wann Esras Wecker sie aus dem wohlverdienten Schlaf holen würde, verhielt ich mich weiterhin leise und checkte meine Nachrichten, während der Kaffee durchlief.

Mein Dealer hatte mir geschrieben, ob ich am Wochenende Stoff benötigte. Zögernd starrte ich auf die Zeilen. Ich wollte damit aufhören, hatte am vergangenen Wochenende schon nicht gekokst, da Sophia eingeschlafen war, bevor ich ins Bett ging. Mir war das nur recht und es schien ein Anfang zu sein, dem Zeug wieder abzuschwören.

„Nein, ich brauche nichts", textete ich zurück und fühlte mich gleich besser.

Der Kaffee war fertig und ich holte eine Tasse aus dem Hängeschrank über der Spüle. Genau in diesem Augenblick schlug Esras Wecker Alarm. Er war so laut, dass ich fast die Tasse fallen ließ und ich brüllte vor Schreck los: „Verdammte Kacke, das Ding ist ja mörderisch."

Kurz darauf erschien meine beste Freundin in der Küche. „Du bist schon auf?" Sie rieb sich die verschlafenen Augen und ich konnte nicht anders und küsste sie auf die Wangen.

„Ja, kleine Schlafmütze. Auch ohne den mörderischen Wecker."

„Der muss so laut sein, ich höre ihn sonst nicht", entgegnete sie, bevor ich ihr eine Tasse heißen Kaffee reichte. „Hier, dein Wachmacher."

Esra taxierte mich leicht von der Seite. „Und? Redest du mit deiner Mum?"

Entschlossen nickte ich: „Das habe ich fest vor. Ich muss das tun."

„Brav, ich bin stolz auf dich. Schaffst du es alleine oder soll ich mitkommen?"

„Ich schaffe das." Fest erklang meine Stimme und in diesem Moment wusste ich, dass mich nichts mehr davon abhalten würde.

Es war Zeit für mein Outing.

Ich konnte gar nicht schnell genug nach Hause fahren, erreichte die Dearing Farm, bevor überhaupt jemand auf die Idee kam, ins Büro oder woanders hin zu verschwinden.

Alle saßen am Frühstückstisch, als ich das Esszimmer betrat und schauten mich groß an. „Wo kommst du denn jetzt her?", wollte Onkel Ken wissen. „Ich dachte schon, du hättest die Besprechung heute vergessen."

Natürlich hatte ich das, aber im Moment war es mir scheißegal. „Um welche Uhrzeit ist die nochmal?", erkundigte ich mich.

„Um zehn."

„Na dann ist ja noch Zeit. Ich muss duschen und mich umziehen."

Seine Frage ließ ich unbeantwortet, denn es ging ihn einen feuchten Dreck an, wo ich meine Nächte verbrachte.

Nach einer Dusche schlüpfte ich in frische Kleidung und verließ mein Apartment, um die Räumlichkeiten aufzusuchen, in denen meine Mutter mit Harry lebte. Diese lagen im Stockwerk über mir aber bevor ich die Treppe erreichte, lief mir Harry über den Weg.

„Sag mal, Liam, was ist eigentlich los mit dir?", sprach er mich an.

„Wie meinst du das?"

„Ich bin nicht doof, auch wenn es manchmal den Anschein erweckt." Harry blickte mich durchdringend an. „Du hast irgendein Problem und das hängt nicht mit Mortimer zusammen."

„Sehr scharfsichtig", meinte ich und im gleichen Moment packte ich ihn am Arm. „Wir gehen jetzt zu meiner Mutter, denn ich möchte mit ihr reden. Und es kann nicht schaden, wenn du gleich dabei bist."

Ein wenig überrumpelt ließ Harry sich mitziehen und da er mittels des Fingerprints die Tür öffnen konnte, ersparte er mir das Klingeln.

„Flora, dein Sohn möchte mit uns reden", rief er und keine Sekunde später kam meine Mutter aus dem Wohnzimmer gelaufen. Prüfend schaute sie mich an: „Liam, ist alles in Ordnung mit dir?"

„Ja und nein." Ich holte tief Luft, um dann den Satz hervorzubringen, der mein ganzes Leben veränderte.

„Ich liebe einen Mann."

______________

Das war wirklich eine schwere Geburt! Aber nun ist sie da und ich hoffe, ihr freut euch, trotz des Cliffs am Schluss. Aber was wäre Ambi ohne einen Cliffhanger?

Mochtet ihr das Gespräch zwischen Liam und Esra?

Und denkt ihr Gillian war zu hart zu ihm?

Was glaubt ihr wie Flora und Harry reagieren werden?

Danke an alle, die so fleißig kommentiert und gevotet haben. Ich freue mich so, dass noch so viele Leser da sind. Ihr seid die besten!

LG, Ambi xxx

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