06. Süßigkeiten

♪ No Judgement – Niall Horan


M I L O


Lächelnd blickte ich durch die riesige Fensterfront des Flughafencafés in Mexiko City, während ich mir den Kaffee schmecken ließ. Stark und heiß, wie ich ihn am liebsten mochte. Nachdem ich einige kleine Schlucke der dunklen Flüssigkeit zu mir genommen hatte, holte ich mein Handy hervor. Endlich hatte ich wieder einen gescheiten Empfang, konnte mit Gillian telefonieren.

„Gillian, endlich gehst du ran", begrüßte ich meine Freundin nach dem dritten Versuch, sie zu erreichen.

„Ich war unter der Dusche", kam es zurück

Ihre Stimme zu hören tat gut, aber noch viel besser war der Gedanke, sie bereits in einigen Stunden wieder in meinen Armen halten zu können. Obwohl wir eine Beziehung führten, bei der wir nicht wie die Kletten aneinander hingen, fehlte sie mir doch, sobald ich mich einige Tage geschäftlich außer Landes aufhielt.

„Ohne mich? Das ist sträflich", griff ich die vorangegangenen Worte meiner Verlobten auf, die sogleich einen Konter parat hatte: „Da du körperlich nicht anwesend bist, musste es ohne dich gehen. Aber vielleicht schickst du mir das nächste Mal einen Klon vorbei."

„Einen Clown?", stellte ich mich dumm und wie auf Kommando lachten wir beide laut los.

„Ach, Milo, ich kann es kaum erwarten, bis zu wieder zuhause bist. Und oh, bevor ich es vergesse, ich habe mit Niall gesprochen."

Aufmerksam hörte ich zu, denn es ging um den Termin des Junggesellenabschieds. Das Datum sollte ich lieber gleich in meinem Kalender vermerken, damit nichts anderes dazwischen kam.

„Sonst liegt nichts an, oder?", erkundigte ich mich.

„Nein, wir können tun und lassen, was wir wollen, wenn du wieder zuhause bist."

Das war eine Antwort, so ganz nach meinem Geschmack.

„Wir sehen uns in ein paar Stunden, ich muss langsam zur Sicherheitskontrolle", verabschiedete ich mich. Gillian wünschte mir einen guten Flug und ich trank den Kaffee aus, bevor ich mich auf den Weg machte.

All diese Dinge wickelte ich routiniert ab, da ich gezwungenermaßen häufig das Flugzeug als Transportmittel nutzte. Pass und Flugzeugticket hatte ich stets griffbereit und auch bei der Handgepäckkontrolle benötigte ich nicht länger Zeit als nötig, um die Utensilien, die der Sicherheitskontrolle zum Opfer fielen, hervorzuholen.

Nachdem ich all dies hinter mich gebracht hatte, machte ich mich mit entspannten Schritten auf den Weg zum Gate. Bis zum Boarding hatte ich noch ein wenig Zeit, wollte diese jedoch nutzen, um gleich den Bericht anzufertigen, den ich meinem Vater vorlegen durfte. Dazu kam ich aber nicht, da mein Handy sich plötzlich meldete. Zu meiner Überraschung war es Niall, der mich zu sprechen wünschte.

„Hey, Milo, ich hoffe, ich störe dich nicht."

„Nein, nicht so wirklich. Ich sitze gerade am Flughafen von Mexiko City und habe mit Gillian gesprochen."

„Oh, dann weißt du ja sicher schon bezüglich des Termins Bescheid."

„Klar und der ist schon dick und rot in meinem Kalender eingetragen", ließ ich unseren Hochzeitsplaner wissen.

Um die Feinheiten zu planen, wie Niall sich ausdrückte, benötigte er die Anzahl der Personen, die ich gerne dabei haben wollte. Mein Bruder, zwei meiner besten Freunde und natürlich Harry und Liam sollten dabei sein. Nachdem ich Niall dies mitgeteilt hatte, stellte er die Frage, ob es okay wäre, wenn er Doppelzimmer in einem Hotel buchen würde und ich bejahte sofort.

„Ich schlafe mit meinem Bruder in einem Zimmer, meine beiden Kumpels in einem und Liam und Harry im anderen."

„Gut, dann brauche ich nur ein Einzelzimmer für mich", kam es von Niall zurück.

„Also wenn du möchtest, kannst du gerne noch einen Kumpel mitbringen", meinte ich.

„Echt?"

„Natürlich. Aber nur, wenn er keine Spaßbremse ist", scherzte ich, denn ich glaubte nicht, dass Niall sich mit Personen umgeben würde, die keinen Humor besaßen.

„Keine Sorge, mein Kumpel Louis hat Humor für zehn", lautete seine Antwort und somit war die Sache geritzt. Als ich vorschlug, dass wir alle vorher mal zusammen etwas trinken gehen könnten, zwecks gemeinsamen Kennenlernens, zögerte Niall kurz, sagte aber dann: „Okay, können wir machen. Dann fliege ich eben von Vermont nach Texas. Das ist ja kein Problem."

„Ach Mist, ich habe ganz vergessen, dass du ja nicht mehr hier wohnst", entfuhr es mir, während ich mir mental gerade selbst gegen die Stirn klatschte. „Ich würde dir den Flug natürlich bezahlen, Niall."

Das war das Mindeste, was ich für ihn tun konnte und deshalb war es für mich selbstverständlich, das anzubieten. Aber Niall wollte davon nichts wissen, sondern meinte, er würde dann eben seinen Kumpel Louis besuchen und das als Privatreise sehen. Darüber war das letzte Wort noch nicht gesprochen, denn er würde nicht verhindern können, dass ich ihm zum Schluss einen extra Scheck ausstellte.

Es wurde zum Boarding aufgerufen, weshalb ich mich von Niall verabschiedete und mich in die kleine Schlange der Businessfluggäste einreihte. In nur zwei Stunden und fünfzig Minuten würde ich in Dallas landen, um dort in den Privatjet meines Vaters einzusteigen, der mich direkt zum Flughafen Odessa bringen würde. Mitunter zeichneten sich die normalen Flugverbindungen zwischen Dallas und Odessa durch umständliche Zwischenlandungen und horrende Preise aus, sodass der Privatjet die vernünftigste Alternative darstellte. Natürlich auch, um Zeit zu sparen und das tat ich liebend gerne.

Wie ich Gillian kannte, hatte sie vermutlich vergessen, welcher besondere Tag heute war, aber das nahm ich ihr nicht wirklich übel. Schließlich vergaß meine Verlobte ständig Termine, auch die wichtigen.

Glücklicherweise ging der Flug schnell vorüber, ich trank einen weiteren Kaffee und begann konzentriert, den Bericht auf meinem Laptop zu schreiben. Er war fertig, als der Landeanflug erfolgte und deshalb packte ich alles mit gutem Gewissen ein, als man uns dazu aufforderte. Der Abend würde Gillian und mir gehören, sobald ich nach Hause kehrte.

~~~

„Gill, bist du da?" Grinsend wartete ich auf eine Antwort, als ich unser Apartment im großen Haus der Dearings betrat.

„Milo!" Ihre Stimme quietschte vor Freude und kaum zwei Sekunden später hing sie an mir. Wir versanken in einem langen Kuss und während ich mit den Fingern durch ihr Haar strich, nestelte ich an ihrem Bademantel, das einzige Kleidungsstück, das sie trug.

„Warum bist du nicht angezogen?", wisperte ich ihr ins Ohr.

„Weil ich duschen war, das weißt du doch."

Lachend löste ich mich von ihr. „Das war vor Stunden, als wir miteinander telefonierten."

Gillians Antwort überraschte mich in keiner Art und Weise, entsprach es doch genau ihrem Wesen, was sie mir offenbarte: „Ich habe einfach die Zeit vergessen, weil ich einen Artikel über Oldtimer las."

„Nur einen?", zog ich sie auf, küsste sie erneut auf den Mund und nahm ihren frischen Duft in mir auf. Sie erwiderte meinen Kuss und kurz darauf tanzten unsere Zungen erneut miteinander. So lange, bis ich das innige Zusammensein unterbrach.

„Du solltest dich anziehen, während ich schnell unter die Dusche springe."

Überrascht lag der Blick ihrer braunen Augen auf mir: „Wieso denn das? Ich dachte, wir machen uns eine gemütlichen Abend zu zweit."

„Nein, wir gehen essen."

Nach diesen Worten ließ ich sie los und verschwand in Richtung Badezimmer.

Es war sieben und ich hatte den Tisch für acht Uhr bestellt, weshalb ich mich beeilte. Das kleine Restaurant lag etwas außerhalb von Odessa und vielleicht würde Gillian von selbst darauf kommen, wenn wir in diese Richtung fuhren.

Tatsächlich begrüßte sie mich in angezogenem Zustand, in einem hübschen Kleid und Pumps, als ich aus der Dusche kam. Diese Schuhe trug sie selten, da sie ihr meist zu unbequem vorkamen, wie sie immer wieder betonte. Aber mich störte es nicht, dass meine Verlobte lieber mit bequemem Schuhwerk durch die Gegend lief. Genau damit hob sie sich von all den anderen Frauen ab, die ich kannte. Gillian war besonders und dafür liebte ich sie.

Schnell schlüpfte ich in eine leichte Stoffhose, zog mir ein Hemd über und Band meine Sneakers zu, bevor ich die Autoschlüssel in die Hand nahm.

Noch immer schien Gill keinen blassen Schimmer zu haben aber an ihrem Gesicht konnte ich ablesen, dass sie darüber nachdachte, wohin es wohl gehen sollte und ob sie vielleicht etwas Wichtiges vergessen hatte.

Amüsiert steuerte ich den Wagen über die große Auffahrt, bog am Ende der Privatstraße nach links ab, in Richtung Odessa.

„Sag mal, ist heute was Besonderes?" Unruhig rutschte Gillian auf dem Beifahrersitz hin und her.

„Vielleicht", erwiderte ich grinsend und trat kräftig aufs Gaspedal, sodass der Motor des Wagens richtig röhrte.

Sogleich rümpfte Gillian ihre süße Stupsnase: „Du und deine Geheimniskrämerei."

Je näher wir dem Restaurant kamen, desto mehr begann meine Verlobte zu überlegen. „Sag mal, dieses Lokal besuchen wir meist nur einmal im Jahr", sprach sie, als ich den Wagen auf dem Parkplatz abstellte.

„Richtig."

Stirnrunzelnd schaute sie mich an. „Welcher Tag ist heute?"

„Freitag." Ich wusste genau, dass ich sie damit auf die Palme brachte und amüsierte mich über ihre brüskierten Worte: „Das meine ich nicht, Milo! Welches Datum?"

„Der vierte April", antwortete ich wahrheitsgetreu und bemerkte im gleichen Augenblick, wie ihr Gesicht sich rötete und sie sich gegen die Stirn schlug.

„Oh mein Gott! Heute sind wir fünf Jahre zusammen und ich habe es total vergessen! Das tut mir so unendlich leid."

Lachend küsste ich sie auf die Nasenspitze. „Aber mir nicht. Mir tut es gar nicht leid, dass wir vor fünf Jahren zusammen gekommen sind."

Das Glitzern in ihren schokoladenbraunen Augen wirkte stets anziehend auf mich und auch heute verfehlten Gillians Blicke ihre Wirkung nicht. Ich verzieh ihr, dass sie nicht daran gedachte hatte, ihre Gedanken vermutlich so sehr bei den alten Autos waren, in ihrer eigenen Welt, in der sie nur zu gerne versank.

„Ich liebe dich", flüsterte sie und im nächsten Moment küssten wir uns.

„Ich dich auch, Gill", erwiderte nach der nach der Unterbrechung des Kusses. „und jetzt lass uns reingehen, ich habe nämlich Hunger."

Hand in Hand liefen wir zum Eingang, wurden dort nett begrüßt und zu unserem Tisch geleitet. Jeden Augenblick des Abends genießend, wanderten meine Blicke immer wieder zu Gillian, die wirklich bezaubernd aussah. Ich konnte es nicht erwarten, bis sie meine Frau wurde, bis wir eines Tages Kinder haben würden, die wir gemeinsam liebevoll aufzogen. Wir hatten bereits darüber gesprochen, aber wollten uns nach der Hochzeit noch Zeit damit lassen. Mit ihr das Leben zu genießen, glich einem Abenteuer, eines, das ich jedoch nie bereuen würde.

Wir ließen uns das hervorragende Essen schmecken, Gillian trank Wein und ich alkoholfreies Bier, da ich noch fahren musste. Selbst einen Nachtisch gönnten wir uns, hielten unsere Hände, als wir alles aufgegessen hatten und ließen unsere Blicke sprechen. Manchmal waren Worte einfach fehl am Platz und in unserem Fall genügte oftmals ein Blick oder eine einfache Geste, um dem anderen verständlich zu machen, was man gerade fühlte.

Wir waren Seelenverwandte.

Das Essen wurde durch einen außergewöhnlichen Nachtisch gekrönt. Ich hatte Gillians Lieblingsfrüchte in Form einer dreistöckigen Torte bestellt: Erdbeeren. Sie lagerten in einer Creme, die nach weißer Schokolade schmeckte und meine Verlobte zeigte sich entzückt darüber.

Dieser Abend sollte besonders werden, nur uns beiden gehören und deshalb fuhren wir nach dem Essen gleich nach Hause. Es gab keinen Umweg in den Salon, sondern den direkten Weg in unser Schlafzimmer. Ich wollte sie verwöhnen, ihr zeigen, wie sehr ich sie liebte und begehrte.

Gillians weicher Körper schmiegte sich an meinen, mit den Lippen ertastete ich ihre zarte Haut, ließ meine Finger durch ihr Haar gleiten. Nur ein kleines Stöhnen reichte aus und mein Herzschlag beschleunigte. Nach und nach verschwanden die störenden Klamotten, formten einen Berg vor dem Bett und ich ließ meine Hände immer weiter über ihren wundervollen Körper wandern. Manchmal fand sie sich zu dick, wie lächerlich, denn die Rundungen befanden sich genau an den richtigen Stellen, hinterließen ein fiebriges Gefühl in meinem Innersten, wenn ich darüber streichelte.

Erneut kam Gillian mir entgegen, presste sich förmlich in meine Hände und forderte alles von mir. Und ich gab es ihr.

Wir genossen, wir schwebten, wir taumelten und tauchten in einen Strudel voller Gefühle, aus dem wir keuchend hochkamen. Auf der ganzen Welt gab es kein besseres Gefühl, als die Frau, die ich liebte, glücklich und befriedigt in meinen Armen zu wissen. Und für nichts auf der Welt würde ich das aufgeben.

~~~

Am nächsten Morgen entschlossen wir uns dazu, gemeinsam mit der Familie zu frühstücken. Das war samstags zwar Tradition, aber man wurde nicht dazu gezwungen, was ich wiederum gut fand. Strenge Regeln mochte ich ebenso wenig wie Gill, da waren wir uns einig.

„Hey, ihr beiden Pappnasen", begrüßte Liam uns grinsend. Es wunderte mich, dass er nicht bei Sophia war, aber als ich ihn danach fragte, erklärte er, heute Abend mit ihr verabredet zu sein.

Harry reichte mir den Kaffee und Charlize tischte Rührei mit Speck auf, während Flora eine in Stücke geschnittene Melone direkt vor meiner Nase abstellte. Dazu hatte ich noch nie nein sagen können, weshalb ich mich ohne Umschweife darüber hermachte.

„Ich finde es immer wieder bewundernswert, dass du beim Frühstück zuerst mit dem Nachtisch anfängst", meinte Gillian lächelnd.

„Naja, ich weiß nicht, ob man das Obst in diesem Fall als Nachtisch bezeichnen kann", ließ Flora sich vernehmen. „Es gehört einfach dazu und es ist doch egal, in welcher Reihenfolge man es isst."

Das fand ich auch und stopfte die Melone ungeniert in mich hinein. Für das Rührei war später noch immer Platz.

„Wir war es in Mexiko, Milo?", richtete Ken seine Frage an mich, während er sein weichgekochtes Ei auslöffelte.

„Bestens, alles hat gut geklappt. Die Maschinen laufen wieder einwandfrei", erwiderte ich.

„Ach, hör doch auf mit dem Ölgeschäft", brummte Mortimer, „mich interessiert vielmehr, ob du meine Lollis mitgebracht hast."

„Natürlich, sie liegen noch im Apartment, ich hole sie gleich nach dem Frühstück", ließ ich den Großvater wissen. Seine Lieblingslollis, die es nur in Mexiko zu kaufen gab, schmeckten nach Mango und Chili, da sie Chilipulver enthielten. Der alte Herr war süchtig danach und bei jedem Trip nach Mexiko brachte ich welche für ihn mit.

Ich hatte mal einen probiert und danach brannte mir der Hintern, weshalb ich mich stets fragte, wie Gillians Großvater die Dinger verkraftete.

Wie versprochen, suchte ich nach dem Frühstück unsere Räumlichkeiten auf, während Gillian weiterhin bei ihrer Familie blieb. Ich ließ die Tür zu unserem Apartment offenstehen, denn ich wollte nur schnell die Süßigkeiten für Mortimer holen, doch als ich mich über den halb ausgepackten Koffer bückte, vernahm ich Schritte, die sich rasch näherten.

„Hey, Milo, darf ich dich kurz stören?"

Liam stand im Türrahmen, die Hände in den Hosentaschen der Jeans vergraben. Ein schiefes Lächeln zierte sein Gesicht.

„Klar, worum geht es?"

Liam setzte sich in Bewegung, trat näher an mich heran und senkte seine Stimme ein wenig: „Ich wollte dich fragen, ob du in zwei Wochen Zeit hast, etwas mit Harry und meiner Wenigkeit zu unternehmen. Nur wir drei."

Lächelnd holte ich Mortimers Süßigkeiten aus dem Koffer.

„Klar, warum nicht? Wir haben schon lange keinen mehr draufgemacht. Wer fährt?"

„Ich fahre und du kannst gemeinsam mit Harry was trinken."

Wenn Liam mir so etwas anbot, konnte ich unmöglich nein sagen.

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Hallo meine Lieben, hier ist nun das neue Kapitel von Tüll&Torten.

Hattet ihr Spaß beim Lesen?

Ich hatte auf jeden Fall Spaß beim Schreiben, denn ich mag Milo sehr gerne. Wie seht ihr das? Mögt ihr ihn ebenfalls?

Das war übrigens ein Aufbaukapitel, weshalb nicht allzu viel passiert ist.

Danke an alle, die noch dabei sind und fleißig lesen, voten und kommentieren. Diese Reise wird noch auf und ab gehen, das verspreche ich euch.

LG, Ambi xxx

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