41. Camping
♪ Whatever you want – Status Quo
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„Was soll das heißen, du hast am Wochenende keine Zeit?"
Ein wenig fassungslos starrte Liam mich an und wenn ich ehrlich war, gefiel mir das.
„Ja, ich bin übers Wochenende von einer Frau eingeladen worden", trieb ich meine Aussage auf die Spitze.
„Was?! Das glaube ich einfach nicht! Was soll das Niall? Willst du mir eine reinwürgen, nur weil ich mit Sophia ausgehe und dich somit schütze?" Liams braune Augen glühten regelrecht, als er mit die Worte an den Kopf warf. Aktuell benahm er sich wie ein eifersüchtiger Gockel, wobei ich ihn noch ein wenig schmoren ließ.
„Ich bitte dich, nur weil ich etwas mit einer Frau unternehme, heißt das noch lange nicht, dass ich dich betrüge, Liam. Du musst mir schon vertrauen."
Als er sich räusperte, fügte ich noch einen Satz hinzu: „So, wie ich dir bei Sophia vertraue."
Liams Schnauben ließ mich insgeheim schmunzeln, jedoch zeigte ich das nicht, sondern tat weiter auf cool.
„Weißt du, vielleicht ist es ja ganz gut, wenn wir uns ab und zu mal mit anderen Leuten treffen. Ein Wochenende Odessa und eines, wo wir beide quasi eine Auszeit voneinander nehmen. Somit bekommst du keine Probleme, wenn du Sophia datest."
Absichtlich wählte ich diesen Begriff und wie zu erwarten, brachte es ihn auf die Palme: „Ich date sie nicht! Das sind Fake-Dates und das weißt du genau!"
Aufgebracht strich er sich durch das braune Haar und spornte mich somit nur noch mehr an.
„Das mag ja sein, aber mein Treffen würde ich nicht mal als Fake-Date bezeichnen. Es ist einfach eine nette Unternehmung, nicht mehr und nicht weniger."
Ich würde den Teufel tun und ihm verraten, dass ich dieses Wochenende mit seiner Cousine verbrachte. In meinen Augen schadete es ihm nicht, ein wenig in Eifersucht zu baden, die seiner Selbstgefälligkeit einen kleinen Dämpfer verpasste.
„Also gut, dann widme ich mich den Fake-Dates mit Sophia", lenkte Liam schließlich ein und prompt spürte ich einen Kloß in meiner Kehle. Ich fand das Sophia gegenüber nicht fair, denn sie wusste von gar nichts und dachte wahrscheinlich, dass Liam echtes Interesse an ihr hatte. Letztendlich blieb das jedoch Liams Problem, denn er würde sich eines Tages ihr gegenüber erklären müssen, nicht ich.
Nachdem wir die getrennten Wochenendunternehmungen geklärt hatten, schnappte ich meine Gitarre und bereitete mich mental auf den anstehenden Auftritt bevor. Liam verließ den Backstagebreich des Hemmingway, um sich unter die Gäste zu mischen, die gleich meiner Darbietung lauschen würden.
Liams Auftauchen hier wirkte absolut unverfänglich, denn schließlich handelte es sich um einen öffentlichen Ort, den jeder besuchen konnte, wie es ihm beliebte. Genau aus diesem Grund hatte ich ihn hierher bestellt, damit wir die Sache klären konnten.
Nach der Warmlaufphase betrat ich die Bühne, stellte mich ans Mikrofon und legte los. Bereits nach den ersten Klängen auf der Gitarre versank ich in der Musik, ließ meine Stimme ertönen und freute mich, weil das Publikum euphorisch mitging. Auch Liam klatschte im Takt und lächelte mir zu, was ich mit einem Augenzwinkern quittierte.
Wirklich böse konnte ich ihm nicht sein, aber ich wollte die Dinge in die richtige Richtung lenken und ihm klarmachen, dass ich nicht ewig seine heimliche Liebschaft bleiben wollte. Irgendwann sollte er Nägel mit Köpfen machen und sich outen, zumindest seinen Freunden und Gillian gegenüber.
Als ich an die junge Frau dachte, schlich sich unweigerlich ein Lächeln auf meine Lippen. Ich freute mich bereits riesig auf das Wochenende, denn wir wollten zwei Nächte in der Wildnis campen, was sicher aufregend sein würde.
~~~
Während ich am Freitag gegen Nachmittag meine Sachen für den Campingtrip zusammenpackte, stand Louis am Herd, um Pfannkuchen zu backen.
„Möchtest du welche mitnehmen, Niall? Man kann die auch kalt essen", rief er mir zu, als ich meinen Schlafsack aus meinem Zimmer holte.
„Das wäre super, denn ich weiß nicht, wie unsere Verpflegung aussieht."
In der Tat hatte Gillian irgendwas von Lagerfeuer und Dosen erzählt, da konnte es sicher nicht schaden, ein paar selbstgemachte Pfannkuchen dabei zu haben.
Wie eine Mutter packte Louis reichlich davon in luftdichte Plastikbehälter, nachdem er ein wenig Puderzucker darüber gestreut hatte.
Einen der leckeren Pancakes kostete ich, bevor mich auf den Weg machte und sprach ihm mein Lob aus: „Die schmecken super, Louis. An dir ist echt ein guter Koch verloren gegangen."
Verschmitzt grinsend erwiderte er: „Warte mal ab, was ich für mein zukünftiges Kind alles in der Küche zaubern werde."
„Darauf wette ich."
Wir verabschiedeten uns und Louis ließ einen Satz los, der mich zum Lachen brachte: „Lass dich nicht von den Kojoten fressen, Niall."
„Keine Sorge, das wird nicht passieren."
Gillian hatte mir geschrieben, dass sie gleich vor unserem Haus stehen würde und demnach schulterte ich meinen Rucksack, nahm den Schlafsack in die Hand und lief die Treppen nach unten.
Tatsächlich parkte Rusty bereits vor unserem Haus, als ich die Tür aufstieß und Gillian sprang aus dem Oldtimer, um mich freudig zu begrüßen.
„Es ist toll, dass wir zusammen campen gehen", sprudelte sie hervor und ließ sich von mir umarmen. Der Duft ihres dezenten Parfums kroch in meine Nase, zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht und ohne darüber nachzudenken, hauchte ich einen Kuss auf ihre Wange.
„Es ist mir eine Ehre, Gill."
„Mir auch", nuschelte sie in meine Halsbeuge, bevor sie mir ebenfalls einen Kuss auf die Wange gab. Ihre Lippen fühlten sich sehr zart an, ihre Umarmung herzlich und es dauerte eine Ewigkeit, bis wir uns wieder voneinander lösten.
„Lass uns die Sachen einladen, wir sollten da sein, ehe es dunkel wird", sprach Gillian und strich sich eine der dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Zu Befehl, Miss Dearing", erwiderte ich und lud meine Sachen auf Rustys Ladefläche, bevor ich auf dem Beifahrersitz Platz nahm.
Wir fuhren gut zwei Stunden, dabei unterhielten wir uns über das Campen allgemein, sowie über die Tatsache, dass Milo kurzfristig von seinem Vater dazu abberufen worden war, geschäftlich nach Austin zu fliegen.
„Weißt du, ich kann damit leben, weil ich es einfach gewöhnt bin", erklärte die junge Frau, die ihren Oldtimer sicher über die Landstraße steuerte. „Man kann auch eine gute Beziehung führen, ohne dass man wie die Kletten aneinander klebt."
„Da stimme ich zu", lautete meine Antwort, wobei ich sofort an Liam dachte. Allerdings gehörte es meiner Meinung nach auch dazu, dass man zu seinem Partner stand.
Je weiter wir uns von der Stadt entfernten, desto schöner wurde die Landschaft. In der Tat hatte Texas einiges zu bieten und ich war froh, ein wenig mehr entdecken zu können, als ich es bisher getan hatte.
Die Gegend um Odessa, beziehungsweise zwischen Midland und Odessa, kannte ich inzwischen recht gut, aber Gillian entführte mich in ein Territorium, das mir bisher gänzlich verborgen geblieben war.
Sanfte Berghügel tauchten in der Ferne auf, denen wir uns rasch näherten und die weite Prärie begleiteten uns links und rechts des schmalen Weges, in den Gillian einbog.
„Wir sind gleich da", sagte sie lächelnd. „Ich hoffe, es gefällt dir, Niall, denn das ist mein absoluter Lieblingsplatz."
Gespannt wartete ich auf den Moment, bis sie Rusty parkte, im Hintergrund die rötlichen Berge, um uns herum die einigermaßen ebenen Flächen, die durch allerlei Pflanzen gesäumt wurden.
„Oh, wow, das ist absolut toll hier", kommentierte ich ehrlich überrascht.
„Das sind die Ausläufer des Palo Duro Canyon", erklärte Gillian. „Im Canyon selbst gibt es einen Campground, aber es macht keinen Spaß auf den offiziellen Plätzen zu nächtigen. Viel schöner ist es doch, die Natur in ihrem puren Wesen zu erleben."
Ihre Anschauung fand ich interessant und war gespannt, ob ich diese nach dem Campingtrip teilen würde.
„Als erstes müssen wir ein Lagerfeuer machen", bestimme Gillian, während ich unsere Rucksäcke auslud. „Ich habe von Großvater gelernt, wie das funktioniert."
„Feuer anmachen und gut?", stellte ich die rhetorische Frage, worauf Gillian laut zu lachen begann.
„Fast, Niall. Du bist hier in der Wildnis, wo es auch windig ist und ein Feuer kann da leicht ausgehen. Deshalb benötigt man ein paar Tricks."
Steine sammeln gehörte dazu, ebenso die Stelle, in der das Feuer brennen sollte, ein wenig zu vertiefen. Ich ließ mir alles genau erklären und half dabei, so gut ich konnte.
Es dauerte nicht lange und die Flammen züngelten munter vor sich hin. Derweil kramte Gillian in ihren Vorräten und das erste, was sie mir unter die Nase hielt, war eine Packung Marshmallows.
„Die können wir über dem Feuer rösten", meinte ich grinsend, was Gillian mit einem Nicken bekräftigte.
Schlafen würden wir auf Rustys Ladefläche, weshalb wir begannen, die Schlafsäcke dort auszubreiten. Alles sollte vorbereitet sein, bevor die Dunkelheit hereinbrach, denn mit Taschenlampen und dem fahlen Mondlicht sahen wir nur noch halb so viel.
Eine Stunde später saßen wir vor dem Lagerfeuer, aßen gebackene Bohnen mit Speck, den Gillian in einer alten Pfanne geröstet hatte. Die einfache Mahlzeit schmeckte hervorragend, dazu gab es Brot und später verdrückten wir Louis' Pfannkuchen als Nachtisch.
„Oh das ist super, dann bleiben die Marshmallows für morgen übrig", meinte Gillian und stopfte sich Teile des letzten Pfannkuchens in den Mund. Ihre herrlich erfrischende Art nahm mich wie so oft gefangen und es machte mich glücklich, ihr den Wunsch nach einem gemeinsamen Campingtrip erfüllen zu können.
Direkt nach dem Essen unternahmen wir einen kleinen Spaziergang, der aber nicht allzu lange dauerte, da wir das Feuer nicht ewig unbeaufsichtigt lassen wollten. Gillian erklärte mir die Namen der Pflanzen, die ringsherum wuchsen, aber machte mich ebenso auf die Tiere aufmerksam, die man in der Wildnis finden konnte.
„Das Feuer hält die wilden Tiere fern, auch die Kojoten", erklärte sie ohne auch nur eine Spur von Angst in ihrer Stimme.
„Was ist mit Klapperschlangen?", fragte ich vorsichtig nach.
„Keine Sorge, die kommen eher nicht freiwillig in die Nähe der Menschen. Ein einziges Mal sahen Großvater und ich ein besonders großes Exemplar. Und das auch nur, weil wir damals ein wenig zu tief in die Wildnis eingedrungen sind."
Sie warf mir einen seitlichen Blick zu. „Und zu Rusty kommen sie erst recht nicht."
Meine leichte Schlangenphobie hatte ich bisher nicht wirklich ablegen können, aber Gillians Aussage beruhigte mich einigermaßen.
Die Augen in den wundervollen Sternenhimmel gerichtet, lagen wir später in den Schlafsäcken. „Ist das nicht wundervoll?", seufzte Gillian und ich stimmte uneingeschränkt zu.
„Der schönste Sternenhimmel, den ich jemals gesehen habe."
Rusty bot ganz locker Platz für uns beide, dennoch rückten wir ein wenig näher zusammen, da es langsam kühler wurde. Zum Schlafen war es noch zu früh, weshalb wir uns weiterhin unterhielten. Ich stellte eine Frage, die mir schon lange auf der Zunge brannte und wartete gespannt auf die Antwort: „Wo hast du Milo eigentlich kennengelernt?"
„Das war auf Tarzans legendärer Party. Ich war damals zum ersten Mal dort, aber es war nicht so wie du vermutlich glaubst."
„So, so", neckte ich sie, „was denkst du denn, was ich glaube?"
Wie aus der Pistole geschossen erfolgten ihre Worte: „Dass wir uns sahen, tanzten und es Liebe auf den ersten Blick war."
Grinsend kuschelte ich mich im Schlafsack ein: „Dann erzähl mal, wie es wirklich gewesen ist."
Die Geschichte konnte man fast schon als filmreif bezeichnen, denn Milo stolperte und fiel gegen den Barhocker, auf dem Gillian saß. Dabei riss er eine Laufmasche in ihre Strumpfhose und als er versuchte, sich an Gillian festzuhalten, zerfetzte er fast ihr Kleid. Trotz aller Bemühungen landete er auf dem Boden und prellte sich ein Schienbein.
Ich kam aus dem Lachen nicht mehr heraus und keuchte: „Das ist spitze. Und du hast dich trotzdem in ihn verliebt?"
Vehement nickte sie. „Ja, als er irgendwann anfing mich bei den Autorennen zu besuchen. Damit eroberte er mein Herz."
Das Lächeln, das über ihr Gesicht glitt und das auch ihre Augen erfasste, ließ sich mühelos im Mondlicht ausmachen. Es gab mir ein angenehmes Gefühl, nämlich ein tolles Paar als Hochzeitsplaner betreuen zu dürfen.
„Ich mag keine Machos oder Männer, die glauben sich alles erlauben zu können, weil sie gut aussehen", gab Gillian unverblümt zu. „Milo weiß, dass er gut aussieht, aber er spielt das niemals aus und das mag ich so an ihm."
Ich mochte diesen Wesenszug ebenfalls, auch an Gillian, die ihrem Verlobten dahingehend in nichts nachstand. Sie war gutaussehend, aber gab sich niemals eingebildet.
„Wie sieht es bei dir eigentlich in Sachen Liebe aus?", holte mich Gillians Frage aus den Gedanken. Ich wollte ihr zumindest einen Teil der Wahrheit nicht vorenthalten und da ich sie als tolerant einschätzte, legte ich die Karten auf den Tisch.
„Ich bin bisexuell, Gillian und im Moment ist mein Beziehungsstatus als kompliziert einzustufen."
Vorsichtig richtete Gillian sich auf, blickte direkt in meine Augen und sprach: „Ich finde es toll, wie offen du bist und schon alleine deshalb möchte ich weiter mit dir befreundet sein. Auch, wenn die Hochzeit vorbei ist."
„Das möchte ich auch", erwiderte ich lächelnd.
Sie rückte ein Stück näher an mich heran, sodass unsere Körper sich leicht berührten. „Mann oder Frau?", lautete ihre Frage, auf die ich ehrlich antwortete: „Ein Mann."
„Sieht er gut aus?"
„Ja, also zumindest in meinen Augen."
„Oh mein Gott, das ist so aufregend. Ist er jung, also in deinem Alter?"
„Ja, ich stehe nicht auf Ältere."
Auch auf ihre Frage, wann ich gemerkt hätte, dass ich nicht nur auf Frauen stand, antwortete ich wahrheitsgetreu: „Während ich studierte."
Es war kein Verhör, sondern echtes Interesse, das konnte ich spüren und dies gab mir das Gefühl einer tiefen Freundschaft.
Einer außergewöhnlichen Freundschaft, die Gillian und mich verband und die hoffentlich noch lange Bestand haben würde, egal wie die Sache mit Liam und meiner Wenigkeit ausging.
Es dauerte eine Weile, ehe ich in dieser Nacht einschlief. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, den Geräuschen zu lauschen, die um mich herum in der Dunkelheit zu hören waren. Dabei stellen Gillians regelmäßig Atemzüge noch die angenehmsten Töne dar. Das Heulen der Kojoten erklang in der Ferne, lieferte sich ein Duell mit dem Jammern des Windes und jegliches Rascheln um uns herum versetzte mich anfangs leicht in Panik.
Dass Gillian bei all dem so ruhig schlafen konnte, fand ich durchaus beachtlich, aber irgendwann fielen auch mir die Augen zu und ich driftete ab in den Schlaf.
Am nächsten Morgen weckten uns die ersten Sonnenstrahlen und als ich mich aus dem Schlafsack schälte, fühlte ich mich frisch und erholt. Gillian war bereits aufgestanden. Sie saß vor der Feuerstelle und kochte Kaffee in einer speziellen Kanne, die extra für solche Fälle gedacht war.
Entgegen meiner Befürchtungen schmeckte der Kaffee himmlisch, sodass ich noch eine zweite Tasse verlangte.
„Du bist für das Campen gemacht, Niall", meinte sie, begleitet durch ein Augenzwinkern.
„Glaubst du?"
„Ja, du hast ruhig geschlafen, mich nicht geweckt und bist unproblematisch was die Verpflegung angeht."
Stumm schmunzelte ich vor mich hin, ließ ihren Anblick, einschließlich der verstrubbelten Haare, auf mich wirken, bevor Gillian mir erneut eine Tasse dampfenden Kaffee reichte. Kurz stellte ich diese ab, um mein Handy zu checken, denn es gab hier tatsächlich einen relativ guten Internetempfang. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich die Nachricht las, die Liam mir geschrieben hatte: „Ich vermisse dich. Was machst du gerade?"
Eine Weile wollte ich die Karten noch nicht auf den Tisch legen und deshalb textete ich ziemlich neutral zurück: „Ich frühstücke gerade." Allerdings konnte ich es nicht lassen, einen kleinen Seitenhieb zu verteilen: „Wie war der Abend mit Sophia?"
Ein kurzes „Ganz nett", erfolgte als Antwort und ich beließ es dabei.
Eigentlich sollte eine andere Frau kein Thema zwischen uns sein, aber sie war es doch. Die Frage, inwieweit Sophia auf unser beider Leben zukünftig Einfluss haben würde, stellte ich mir, seit Liam sich mit ihr traf. Noch hatte ich keine Antwort darauf, doch ich hoffte, diese bald zu finden.
Als Gillian mich fragte, ob ich Lust hätte, den Palo Duro Canyon zu erkunden, stimmte ich sofort zu. Allerdings legten wir die Strecke bis zum offiziellen Eingang des Naturparks mit Rusty zurück. Gillian bezahlte den Eintritt, doch als ich ihr die Hälfte des Betrages geben wollte, lehnte sie ab.
„Du bist eingeladen, Niall, schon vergessen?"
Auf meine Bemerkung: „Das war so nicht abgemacht", grinste sie lediglich und zuckte mit den Schultern.
„Man nennt diesen Canyon auch den Grand Canyon von Texas", erklärte Gillian, bevor wir aus dem Wagen stiegen, um uns ein wenig die Gegend anzuschauen. Kleine Wanderwege taten sich vor uns auf und wir beschlossen, zumindest ein Stück des Pfades entlang zu wandern.
Durch das Vogelgezwitscher umsäumt, genossen wir die wundervolle Aussicht und ich war dankbar, dass sie mich hierher gebracht hatte. Ich schoss unzählige Fotos mit meinem Handy, natürlich auch von Gillian, wie sie in der Landschaft stand.
Insgesamt hielten wir uns fast drei Stunden im Canyon auf, aßen zwischendurch von unserem mitgebrachten Proviant und machten zum Abschluss ein Selfie von uns beiden, das rötliche Gestein im Hintergrund.
„Das Bild schicke ich Milo, damit er sich richtig ärgern kann, was er verpasst", meinte Gillian mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.
„Kann es sein, dass du ein klein wenig gehässig bist?", zog ich sie lachend auf, worauf sie mir zuzwinkerte.
„Nur minimal, aber im Ernst, Milo liebt diesen Canyon über alles. Sicher wäre er gerne mitgekommen, wenn die Arbeit ihn nicht davon abgehalte hätte."
„Vielleicht können wir irgendwann mal einen Trip zu viert machen", sinnierte meine hübsche Begleitung.
Leicht runzelte ich die Stirn: „Zu viert?"
„Ja, wir könnten Liam mitnehmen. Ihr beiden versteht euch doch gut, oder nicht?"
Es war mehr als das, aber das konnte ich ihr nicht sagen. Damit würde ich Liam verraten und es oblag immer noch ihm, wem gegenüber und wann er sich outete.
„Ja, klar, die Idee finde ich super", erwiderte ich stattdessen völlig unverfänglich.
Am Nachmittag kehrten wir wieder zu unserer ursprünglichen Lagerstelle zurück. Das Feuer wurde neu entfacht, die Schlafsäcke auf Rustys Ladefläche ausgerollt und das Essen zubereitet. Am meisten freute ich mich auf den Nachtisch, die Marshmallows, die wir auf Holzstöcken aufspießten und über dem Feuer rösteten.
Sie wurden alle, wir verdrückten tatsächlich eine ganze Tüte zu zweit und ich hatte das Gefühl, mich kaum noch rühren zu können. Gillian, der es ebenso erging, schlug vor, noch einen kleinen Spaziergang zu machen.
„Einmal um den großen Felsbrocken", lautete ihre Devise, die wir auch durchzogen. Danach wurde es langsam Zeit, sich in die Schlafsäcke einzukuscheln und wie schon am Abend zuvor, begannen wir zu reden.
Sie klagte mir ihr Leid bezüglich der Wohltätigkeitsveranstaltungen, die zurzeit von ihrer Mutter ausgerichtet wurden: „Ich muss da helfen und es ödet mich einfach nur ein."
„Kann das nicht jemand anders machen?"
Seufzend schüttelte sie ihren Kopf. „Nein, das muss in der Familie bleiben und es ist den Frauen vorbehalten. Tante Flora bleibt als Einzige außen vor, weil sie gemeinsam mit meinem Vater in der Geschäftsführung von Dearing Oil tätig ist. Sie kann sich nicht auch noch darum kümmern."
„Verstehe."
Mein Blick glitt über Gillians hübsches Gesicht und ich fühlte prompt mir ihr. Schon immer fand ich es schrecklich, wenn man in seinem Leben Dinge tun musste, die einem gänzlich widerstrebten, deswegen verstand ich Gillian zu hundert Prozent.
„Gibt es denn gar keine Chance, daraus zu entkommen?", formulierte ich meine Frage.
Wie aus der Pistole geschossen erfolgte ihre Antwort: „Doch, wenn Liam mal eine Frau findet."
Mir blieb fast die Spucke im Hals stecken, was hätte ich auch sagen sollen? Dass er mich inoffiziell datete und Sophia nur für die Öffentlichkeit? Dass ihr Cousin vielleicht niemals mit einer Frau zusammen sein oder gar heiraten würde?
Die Bürde dieses Wissens trug ich im Moment ganz alleine, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie zu schwer werden würde und ich unter der Last zusammenbrach.
„Ist alles okay, Niall?", mischte sich Gillians Stimme in meine Gedanken.
„Ja, klar, ich dachte nur gerade darüber nach, ob ich dir vielleicht helfen kann."
Das sanfte Lächeln, das sich daraufhin auf ihren Lippen zeigte, wärmte mein Herz und ihre Worte berührten etwas in mir: „Du bist ein wahnsinnig toller Mensch, Niall. Ich glaube, wenn ich nicht mit Milo verlobt wäre, könnte ich dir verfallen."
Sie rückte näher an mich heran und drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Wenn ich deine Hilfe brauchen sollte, dann melde ich mich", wisperte sie leise.
„Ich werde da sein, wenn du rufst", flüsterte ich zurück und hauchte einen Kuss auf ihre Stirn.
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Hallo meine Lieben, endlich ein neues Update mit ganz vielen Nillian-Momenten. Ich weiß, den Niam-Shippern wird das nicht gefallen...
Was sagt ihr zum Camping-Ausflug? Oben im Bild ist übrigens ein Teil des Canyons abgeblidet, den Nillian besucht haben.
Mochtet ihr Liams Eifersucht?
Denkt ihr, es wird eine Zukunft für Niam geben?
Ich danke euch allen für euren Support und freue mich auf eure Kommentare, die leider sehr abgenommen haben. Wie immer weiß ich nicht warum. Vielleicht könnt ihr mir das sagen. Ich wäre dankbar dafür, weil das als Autorin für mich wichtig zu wissen ist.
LG, Ambi xxx
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