Kapitel 13 | Nietzsche
Ein strahlendes Licht blendete seinen Schlaf. Genervt öffnete Snape seine Augen, um sich dann irritiert aufzusetzen und die Stirn zu massieren. Murrend stieg er aus seinem breiten Bett, berührte mit seinen nackten Füßen seinen kalten Steinboden und war hellwach.
Einzelne Fetzen seines Erinnerungsvermögens drangen in sein Bewusstsein, während er kaltes Wasser in sein Gesicht spritzte. Albus. Granger. Horkrux.
Nachdem Granger seine Wohnräume verlassen hatte, musste er sich zusammenreißen, um sich auf seine bevorstehende Mission zu konzentrieren. Er durchstöberte sein Bücherregal, bis er endlich das Buch fand, nachdem er gesucht hatte. „Geheimnisse der dunkelsten Kunst". Das Buch über jegliche Art von schwarzmagischen Zaubern. Ein dunkles, schwarzes, schweres Buch, voller unverzeihlicher Flüche. Unter anderem über Horkruxe.
Herzrasend hatte er die Kapitel gelesen, in denen es sich um die Berührung schwarzmagischer Gegenstände handelte. Seine schlimmsten Befürchtungen schienen wahrgeworden zu sein, auch wenn er sie schon seit einiger Zeit vermutet hatte. Tom Riddle hatte seine Seele gespalten. Anscheinend war Dumbledore auf der Suche nach einem seiner Horkruxe gewesen.
Kopfschüttelnd stieg der alte Tränkemeister nach kurzem Überlegen unter die Dusche. Das warme Wasser beruhigte seine Nerven ein wenig, auch wenn er äußerlich vollkommen ruhig erschien, innerlich tobte ein Gefühlschaos.
Er versuchte seine aufkeimenden Gefühle zu verdrängen, kam er nicht umhin zuzugeben, dass er die Gesellschaft von Granger genoss.
Es war absurd, unrealistisch und falsch, aber er hatte keinerlei Kraft, sich gegen diese Gefühle zu wehren. Er musste seine ganze Energie aufbringen, um seiner Aufgabe als Doppelagent gerecht zu werden. Die neueste Bitte von Albus stieß an die Grenzen seiner Fähigkeiten. Er würde seinen einzigen Vertrauten niemals umbringen. Diesen Gefallen würde er Dumbledore nicht tun. Egal, was passieren würde. Eher würde er dafür sterben.
Ein wenig entspannter und einige Zeit später, saß Snape auf seinem Sofa und schlürfte an einer Tasse schwarzem Kaffee. Er verspürte an diesem Sonntagmorgen keinerlei Ambitionen die große Halle aufzusuchen und sich mit seinen inkompetenten Kollegen abzugeben. Er hasste sie. Jeden einzelnen von ihnen.
Seufzend schlug er den Tagespropheten auf, den die Hauselfen vor wenigen Stunden in seine Privaträume gebracht hatten. Er las einige unbedeutende Schlagzeilen und stockte plötzlich.
Etliche Todesfälle, Festnahmen, Verletzte. Anschläge. Es schien, als wäre außerhalb dieser Mauern ein Krieg ausgebrochen. Schluckend starrte er auf diverse Namen. Niemanden, den er kannte.
Ruhig atmend schloss er seine Augen. Wenn sich die Lage zuspitzen würde, dann würde der Dunkle Lord seine Todesser rufen. Sein dunkles Mal würde brennen. Doch es hatte noch nicht gebrannt.
Sobald er den Tagespropheten zu Ende gelesen hatte, seufzte er theatralisch. Nach dem Mittagessen hatte er einen Termin mit Minerva und Albus, um den Erste Hilfe Kurs für den bevorstehenden Apparierkurs vorzubereiten. Er hatte sich mit jeder Faser seines Körpers dagegen gewehrt, doch nichts schien die alte Hauslehrerin davon abzubringen, ihm diese unverfrorenen Bengel auch noch in seiner Freizeit aufzuhalsen. McGonagall und er würden nächsten Donnerstag die Gryffindor Biester und seine Slytherins unterrichten, Professor Slughorn und Professor Sprout am Freitag die Ravenclaws und Hufflepuffs.
Sofort verdrängte er den aufkeimenden Gedanken an Granger, die immer wieder in seinem Unterbewusstsein umherschwirrte. Ihr unschuldiges, schlafendes Gesicht, ihr ruhiger Körper, wie er sich hob und senkte, wenn sie atmete.
Stopp! Verflucht, die Lage spitzte sich immer mehr zu, Albus bat ihn, ihn zu töten und er verschwendete seine Gedanken an die notorische, kleine Besserwisserin? Was geschah hier mit ihm?
Entnervt erhob er sich müde von seinem Sofa und setzte sich an seinen Schreibtisch. Bis zum Mittagessen hatte er noch genug Aufsätze zu korrigieren.
***
„Ron, Harry, seht! Die Termine für den Erste Hilfe Kurs wurden veröffentlicht!", rief Hermine laut und winkte die beiden Jungs zu sich. Sie zeigte auf das plakatgroße Pergament, mit der Aufschrift: „Verbindlicher Erste Hilfe Kurs! Gryffindor und Slytherin der 6. Klasse, Donnerstag, 17:00, Quidditch Feld. Aufseher: Professor McGonagall und Professor Snape. Ravenclaw und Hufflepuff der 6. Klasse, Freitag, 17:00, Quidditch Feld. Aufseher: Professor Slughorn und Professor Sprout."
Ein Glücksgefühl breitete sich in der jungen Hexe aus. Professor Snape! Schon seit Donnerstag hatte sie ihren Lehrer nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die große Halle mied er, zu den Essenzeiten war er nie anwesend und auch auf den Korridoren traf man ihn nicht. Sie hatte das Buch von Nietzsche nach wenigen Stunden ausgelesen und in sich aufgesaugt. Gestern war sie kurz davor gewesen, bei ihm anzuklopfen und ihm das Buch zurückzugeben, doch sie wollte keineswegs aufdringlich erscheinen. Zudem hatte sie Ginny versprochen, mit Ron, Dean, Harry und ihr in Hogsmeade etwas trinken zu Gehen. Auch wenn Ginny und Dean erst seit kurzem ein Paar waren, lief die Beziehung nicht sonderlich gut. Anscheinend war Ginny unglücklich und genervt, über seine aufdringliche Art. Wieso, das konnte sie Hermine auch nicht erklären.
„Wen interessiert so ein Mist?", nörgelte Ron kopfschüttelnd und fing sich damit einen wütenden Blick seitens Hermine ein.
„Ein Erste Hilfe Kurs ist unglaublich wichtig! Wer weiß, wozu wir ihn noch gebrauchen können, Ron!"
„Jaja.", gab er mürrisch zu. Sie seufzte innerlich. Seit wann ging ihr Ron eigentlich so dermaßen auf die Nerven?
„Mine hat Recht, Ron. Wer weiß, ob wir uns beim ersten Apparieren nicht selbst zerstückeln!", grinste Harry schelmisch, was ihr ein überraschtes Kichern entlockte. Anscheinend ging es Harry weitaus besser, als gestern Nachmittag. Über die Treffen mit Dumbledore verlor der Auserwählte jedoch immer noch kein Wort.
„Los Leute, lasst uns etwas Essen, ich sterbe vor Hunger!", rief Ron und riss sie damit aus ihren Gedanken.
„Das Frühstück ist erst ein paar Stunden her.", bemerkte sie gereizt. Harry nickte ihr mitfühlend zu. Zusammen gingen die drei in die große Halle, wo schon ein riesiger Tumult herrschte. Die 6. Klässler unterhielten sich angeregt über den Erste-Hilfe Kurs und den in wenigen Wochen stattfindenden Apparierkurs, den sie so lange herbeigesehnt hatten.
Auch Hermine freute sich darauf. Eine Lizenz zum Apparieren würde vieles einfacher machen und sie hatte schon etliche Bücher über das Apparieren verschlungen, um auch gut vorbereitet zu sein. Die Tatsache, dass nun Snape Aufseher bei den Vorbereitungen sein würde, steigerte ihre Freude um hundert Prozent.
In der großen Halle duftete es nach den unterschiedlichsten Gerichten. Ein wunderbar gefüllter Tisch mit allerlei Köstlichkeiten empfing das goldene Trio und Ron machte sich sofort über ein paar Klöße her, die er mit brauner Soße übergoss.
Augenverdrehend nahm Hermine neben Ginny Platz, dessen Gesicht wutverzerrt war.
„Ginny, alles in Ordnung?", begrüßte sie ihre beste Freundin, was ihr nur einen kurzen Blick einbrachte.
„Alles super.", antwortete sie tonlos. Was war denn mit ihr los?
„Hey, was ist los?", bohrte sie nach, denn auch wenn Ginny nicht reden wollte, brauchte ihre Freundin augenscheinlich Hilfe.
„Ich habe mit Dean Schluss gemacht.", murmelte Ginny resigniert.
„Was, wirklich?"
Gestern noch hatte sie ihr erzählt, dass sie versuchen würden, die Wogen zu glätten, doch anscheinend hielt dieser Versuch nicht lange an.
„Er geht mir so auf die Nerven und nun schau – „, knurrte sie erbost, zeigte mit dem Finger auf Seamus, Dean und Cormac und zog ihre Stirn in Falten." Jetzt erzählt er irgendeinen Mist über mich!"
Mitleidig schaute Hermine sie von der Seite aus an.
„Er ist wohl verletzt.", versuchte sie Ginny zu beruhigen.
„Na und? Dann muss man doch trotzdem keine Gerüchte verbreiten!", giftete sie zornig zurück, wandte den Kopf ab und widmete sich ihrer Schweinshaxe.
„Willst du nicht nochmal mit ihm reden?", setzte Hermine hilflos nach. In Beziehungsfragen war sie definitiv der falsche Ansprechpartner.
„Nein, ganz sicher nicht!"
Dieser Entschluss schien endgültig.
Seufzend packte Hermine sich einige Klöße auf den Teller und schenkte sich Wasser ein. Ron war mittlerweile schon bei seiner zweiten Schweinshaxe, Harry stierte auf seinen Teller und verzog leicht angewidert sein Gesicht.
„Was ist das?", fragte er verwundert, fischte etwas Fleisch auf seine Gabel und betrachtete es eingehend.
„Dasch ischt Schweinschhaxsche!", nuschelte Ron genüsslich, während sein Mund kauend den großen Bissen Klöße zu verarbeiten versuchte. Harry schaute noch irritierter drein, als vor seiner Bemerkung.
„Schweinshaxe.", erklärte Ginny knapp und dankbar lächelte er ihr zu. Doch sie hatte schon wieder murrend ihren Kopf gedreht und beobachtete die zusammengesteckten Köpfe von Dean und Seamus.
In zwei Monaten würde Ron volljährig werden und er verhielt sich immer noch wie ein kleines Kind. Hermine hatte es aufgegeben, ihm hinterherzurennen oder an ihm herumzunörgeln. Sie versuchte seit dem Gespräch mit Ginny ein wenig auf Abstand zu gehen, da sie sich nicht sicher war, ob Ron tatsächlich mehr in ihr sah, als eine bloße Freundin. Sie wollte ihn auf keinen Fall verletzen oder ihm falsche Hoffnungen machen.
„Was steht heute an, Mine?", fragte Harry kurze Zeit später, als er immer noch in seinem Essen herumstach und keinen Bissen von dem Fleisch in seinen Mund gesteckt hatte. Lediglich die Klöße hatte der junge Zauberer aufgegessen, genauso wie Hermine.
„Lernen, Harry! In wenigen Wochen haben wir unseren ersten Apparierkurs und hast du vergessen, wie viele Hausaufgaben ihr beiden noch nachholen müsst?", erwiderte sie streng. Harry und Ron schauten sich vielsagend an.
„Hermine...", begann Ron.
„Wir wollten dich fragen...", setzte Harry das Gespräch fort.
„Nein.", antwortete Hermine knapp. „Ihr hattet die ganze Woche über Zeit!"
Tadelnd schüttelte sie ihren Kopf und Ginny neben ihr schnaubte.
„Ich musste zu Dumbledore, Hermine! Ich habe eine wichtige Mission zu erfüllen! Anders als Ron...", protestierte Harry aufgebracht.
„Was? Dein Ernst, Alter?", rief Ron empört. „Du fällst mir in den Rücken?"
„Schluss jetzt! Keiner von euch beiden wird eure Hausaufgaben bei mir abschreiben!"
Wenn sich Ron ausschließlich mit Quidditch beschäftigte und Harry zu seinen geheimnisvollen Treffen mit Dumbledore ging, wieso sollten die beiden nicht genug Zeit haben, in ihrer Freizeit ihre Hausaufgaben nachzuholen? Schließlich schafften es ihre Mitschüler auch!
Die Gesichter der beiden Jungs ließ die junge Hexe grinsen. Ihr Gesichtsausdruck glich der einer Zitrone.
Sofort wanderten ihre Gedanken wieder zu Professor Snape. Heute Abend würde sie ihm sein Buch zurückbringen. Dafür müsste sie sich aber erstmal von den beiden Jungs loseisen. Und da sie anscheinend nicht gewillt waren, sich mit ihren Hausaufgaben zu beschäftigen, schien dies schwieriger, als erhofft.
***
Letztendlich hatte Hermine, Harry und Ron doch abschreiben lassen. Auch wenn sie festentschlossen war, diesmal standhaft zu bleiben, ließ sie sich weichklopfen. Die beiden konnten einem aber auch auf die Nerven gehen! Und da sie sowieso vor hatte sich von ihnen loszueisen, kam ihr die Gelegenheit nach dem Abendessen wie gerufen. Nach einem langen Tag, in dem sie sich immer wieder in der Bibliothek verschanzt hatte, um Harry und Ron abzuwimmeln und vielen Grübeleien, war sie immer noch entschlossen, Snape sein Buch zurückzubringen. Auch beim Abendessen fehlte der Hauslehrer für Slytherin, was sie jedoch nicht verwunderte.
Nervös ging sie nun den dunklen Korridor entlang und lachte kurz auf. Ein Déja Vú. Zuerst würde sie es in seinem Büro versuchen, schließlich war es erst 20 Uhr. Es konnte also gut sein, dass er immer noch Aufsätze korrigierte.
Sie atmete tief ein und aus, hob ihre Hand und klopfte zaghaft an die dicke Holztür.
Keine Reaktion.
Grade als sie sich umdrehen wollte, um es in seinen Privatgemächern zu versuchen, auch wenn der Gedanke an seine Drohung, sie solle ihn nie wieder dort belästigen, in ihrem Kopf hämmerte, riss er seine Bürotür auf und starrte Hermine wütend an.
„Miss Granger!", fauchte er erbost und sie riss erschrocken ihre Augen auf. Ihr Professor sah überhaupt nicht gut aus. Wenn sie schon gedacht hätte, im betrunkenen Zustand sähe er heruntergekommen und erschöpft aus, so beunruhigte sie sein nüchterner Zustand umso mehr.
„Professor...", begann sie zweifelnd, das Buch von Nietzsche festumklammert.
„Was kann ich für sie tun, Miss Granger?", zischte er bedrohlich. Anscheinend hatte sie ihn gestört.
„Sie – sie sehen nicht gut aus."
Verdammt nochmal, was sagte sie da?
In seinen Augen konnte sie für einen Moment ein überraschtes Blitzen erkennen. Doch es erlosch sogleich wieder.
„Was für eine bemerkenswerte Auffassungsgabe Sie doch haben, Miss Granger.", rief Snape zynisch und verdrehte gespielt theatralisch seine Augen. Vielleicht war er nicht betrunken, aber in Hermines Augen führte er sich definitiv so auf.
„Professor, ihr Buch.", stieß sie hervor. Snape kniff seine Augen zusammen und starrte auf das umschlungene Buch, dass er ihr vor wenigen Tagen ausgeliehen hatte.
„Und, wie fanden Sie es?", fragte er interessiert, wobei er seine zornige, wütende Maske für einen kurzen Moment ablegte.
„Ein wirklich tolles Buch, Sir. Ich habe schon viele Bücher von ihm gelesen, aber seine Auffassung zur Moral ist immer wieder amüsant.", erzählte sie vorsichtig, da ihr sein Blick immer weniger behagte. Die emotionslose Maske hatte wieder Besitz von ihm ergriffen. Was war er nur für ein Mann?
„Sie haben aber lange gebraucht, Miss Granger."
Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.
Ungläubig musste sie einige Male blinzeln, um seinen plötzlichen Hass erneut zu verstehen.
Hermine wurde wütend. Mittlerweile war sie sich nicht mehr sicher, ob er tatsächlich nüchtern war oder doch ein Glas Whiskey intus hatte. Wieso tat er das? Wieso betrank er sich?
„Was ist mit Ihnen los, Sir?", fragte sie leise, fast schon lautlos, doch Snape hatte sie durchaus verstanden.
„Das geht Sie nichts an, Miss Granger!", keifte er zornig, baute sich bedrohlich vor ihr auf und streckte seine Hand aus. „Das Buch."
Seine Distanz tat weh. Auch wenn sie versuchte, ihren Gefühlen nicht zu viel Bedeutung beizumessen, so machte seine Anwesenheit sie verrückt. Seine tiefe, raue Stimme, seine Ausstrahlung, seine Aura. Alles an ihm begehrte Hermine, sowohl körperlich, als auch psychisch. Seine Intelligenz, sein Wissen, seine Autorität. Er imponierte ihr. Schon immer.
„Miss Granger!", wiederholte Snape ungeduldig, als sie keinerlei Anstalten machte ihm das Buch auszuhändigen, sondern einfach nur dastand und ihn anstarrte. „Verflucht, geben Sie mir das blöde Buch!"
Jetzt erwachte die junge Hexe wieder zum Leben. Wie ließ sie sich eigentlich von ihm behandeln? Zuerst ließ er sich auf ihre Avancen ein, dann stieß er sie weg, dann half er ihr, zeigte ihr seine sympathische Art und ließ sie fast glauben, er wäre ein vollwertiger Mensch. Und nun, behandelte er sie erneut wie Dreck!
Egal, was Snape momentan auch für Lasten zu tragen hatte, sie würde sich nicht wie ein Kind behandeln lassen, mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte!
„Sie benehmen sich vollkommen daneben, Professor!", sagte sie wütend, während ihre Hände unkontrolliert anfingen zu zittern. „Ich lasse mich nicht wie einen Fußabtreter behandeln! Wieso tun Sie das? Wieso sind sie plötzlich so nett, so hilfsbereit und stoßen mich dann wieder von sich? Was ist bloß los mit Ihnen?" Ihren letzten Satz schrie sie ihm fast ins Gesicht.
Vielsagend starrte Snape in ihr aufgewühltes Gesicht, während er ruhig seine Hände vor der Brust verschränkte und sie nicht aus den Augen ließ.
„10 Punkte Abzug für Gryffindor, Miss Granger.", säuselte er ölig. Nach ihrem Gesichtsausdruck nach, hätte ihn am liebsten ermordet. „Wagen Sie es nie wieder, in solch einem Ton mit mir zu sprechen!"
Und damit riss er ihr das Buch aus den Händen, drehte auf dem Absatz kehrt und schlug mit voller Wucht die Tür vor ihrer Nase zu.
Wie angewurzelt blieb Hermine stehen, unfähig sich zu bewegen, irgendetwas zu denken oder zu sagen, so sehr schmerzte seine Zurückweisung.
Bevor sie etwas dagegen unternehmen konnte, liefen einige Tränen über ihre, vor Wut geröteten Wangen, und schnell wischte sie sie weg. Sie drehte sich um, rannte aus dem dunklen, kalten Kerker und hielt einige Korridore vor dem Gryffindorturm inne. Sie verlangsamte ihre Schritte und versuchte den Schmerz zu ignorieren, der sie durchzuckte. Er nahm sie nicht ernst. Er hatte sie nie ernst genommen. Für ihn war sie immer nur das kleine, nervige Schulmädchen gewesen, das in seinem Unterricht permanent mit ihrem Wissen angeben musste. Es hatte sich nichts verändert. Wie naiv war sie bitte gewesen? Wie konnte sie nur denken, Snape würde sie nun viel freundlicher behandeln? Er war ihr Lehrer. Natürlich war es seine Pflicht, bei einem derartigen Übergriff wie den von Cormac, einzugreifen. Aber er hätte sie nicht verarzten müssen. Er hätte ihr nicht so nahe kommen müssen. Aber er hatte es getan! Spielte er einfach nur ein Machtspiel, von dem die junge Hexe keinerlei Ahnung hatte, wie es funktioniert? Wollte sie eine Schachfigur in seinem Spiel sein? Nein! Sie war eine Frau. Sie hatte sich verändert.
Doch auch, wenn sie versuchte ihre Gefühle immer wieder zu verdrängen, so tauchte sein Gesicht in ihrem Inneren auf, sein Geruch, das Gefühl, von ihm berührt zu werden, das Feuer, was sie verspürte – aber auch die Geborgenheit, die sie in seiner Gegenwart umfing und ihr ein Gefühl von Sicherheit gab. Sie wischte ihre Tränen weg, reckte ihr Kinn in die Höhe und schluckte merklich.
Sie würde ihn vergessen. Sie hatte sich das alles nur eingebildet. Er war ein Arschloch. Ein mieses, hinterhältiges Arschloch. Dann schritt sie auf das Portrait der fetten Dame zu, um den restlichen Sonntagabend mit ihren Freunden zu verbringen.
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