7
Linus
"Du bist so ein eingebildetes Arschloch.", fluchte Luise.
"Erzähl das deinen Teddys."
"Irgendwann hau ich dir eine rein."
"Traust du dich sowieso nicht.", lachte ich und schlürfte meinen Energy an der Küchentheke.
Luise stand mir gegenüber und wischte gerade die Theke ab.
Ich kippte einen kleinen Schluck aus meiner Dose auf die Theke. "Du hast da eine Stelle vergessen."
"Was soll das!", schrie sie und warf mich mit dem Lappen ab.
Das ließ ich mir natürlich nicht gefallen und warf ihr den Lappen wieder entgegen, welchen sie fing. Klar, darauf war sie vorbereitet.
Worauf sie jedoch nicht vorbereitet war, ist meine Energydose.
Diese schubste ich mit Schwung um, sodass der Inhalt auf ihren Pullover und ihre Hose fiel.
Sie schrie auf und sofort kamen meine Mom und Steve angerannt.
"Was ist passiert?", fragte meine Mutter.
"Linus hat mich mit der Energydose abgeworfen!"
"Was?", fragte ich gespielt geschockt. "Das hab ich nicht. Luise hat sie umgestoßen, als sie mit dem Lappen dagegen gekommen ist."
"Das stimmt nicht!", schrie sie.
"Warum sollte ich dich damit denn abwerfen? Ich will das doch trinken."
"Luise, wieso unterstellst du Linus sowas?", fragte Steve.
"Er hat das getan!"
"Luise, es reicht.", sagte Steve streng. "Du wirst ihn nicht einfach für etwas beschuldigen. Geh dich umziehen."
Eingeschnappt stapfte Luise davon, während ich innerlich in mich hineingrinste und einen neuen Lappen nahm um die Sauerei sauber zu machen.
"Tut mir leid, dass Luise dich beschuldigt hat.", sagte Steve.
"Schon gut. Ich glaube, sie will mich einfach nicht hier haben."
"Nein, das ist Quatsch.", sagte meine Mutter. "Sie muss sich einfach daran gewöhnen."
"Genau.", sagte Steve. "Ich kenne Luise so gar nicht. Sie ist eigentlich immer höflich zu jedem. Es ist wahrscheinlich einfach eine neue Situation für sie."
Ich nickte und wischte den Rest vom Energy weg, bevor ich mir eine neue Dose nahm.
Tja, Steve. Ich habs ja gesagt, ich werde die bösen Seiten deiner Kinder rausholen.
(...)
Ich konnte nicht schlafen. Ich öffnete die Tür zum Balkon und zündete mir eine Zigarette an.
Mom wusste nicht, dass ich rauche. Ich würde jahrelang Hausarrest bekommen, wenn sie es wüsste.
Dad hat mich mal erwischt, aber er hat sich nur zu mir gesetzt, mir die Zigarette abgenommen und sie selbst geraucht.
Aber er hat es mir nie verboten. Er meinte, dass er das sowieso nicht beeinflussen kann und ich es auch ohne seine Zustimmung tun werde.
Ich sah einen Schatten im Augenwinkel. Es war Marlon, welcher sich neben mich setzte.
"Hey. Wie geht's?", fragte er.
Ich antwortete ihm nicht und schaute wieder nach vorne.
"Darf ich?", fragte er weiter.
Ich schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, gab ihm aber die Schachtel und das Feuerzeug. "Danke."
"Hätte nicht gedacht, dass du rauchst."
"Wieso? Sehe ich dafür zu brav aus?", lachte er.
Brav sah Marlon nicht aus, er sah aus wie der typische Mädchenschwarm. Naja... in seinem Fall vielleicht eher Jungenschwarm.
"Ne, aber du benimmst dich so."
"Ich weiß wenigstens wie man sich benimmt."
Ich würdigte ihm einen wütenden Blick, dabei fiel mir der Knutschfleck auf seinem Hals auf. Ich lachte kurz und wandte meinen Blick wieder ab.
"Was ist?", fragte Marlon.
"Wie alt sind Julian und du? Ein Knutschfleck? Wirklich?"
"Vielleicht ist es ja auch ein Würgemal."
"Ekelhaft."
"Mal ausprobiert?"
"Hör auf."
Das tat Marlon auch. Zwei Züge lang schwiegen wir uns nur an, bevor ich das Gespräch wieder aufnahm: "Wie lange seid ihr schon zusammen?"
"Nicht lange. Zwei Monate."
"Ist er dein erster Freund?"
"Nein, ich hatte vor ihm schon eine Beziehung. Hielt aber nur ein Jahr. Und wie sieht es bei dir aus? Niemand in Sicht?"
"Kein Bock mich festzulegen."
"Kann ich verstehen."
"Du bist ja voll von deiner Beziehung begeistert.", lachte ich.
"So meinte ich das nicht. Ich verstehe aber, dass du dich lieber ausprobierst. Vor Julian habe ich das auch getan."
"Mit Mädchen und Jungs?"
"Ne, nur Jungs."
"Und wie lange weißt du das schon?"
Keine Ahnung warum ich ihn sowas frage. Aber ich war gerade sehr entspannt und ich fand mit Marlon konnte man sich gut unterhalten. Nur, weil ich seinen Vater und seine Schwester nicht mag, heißt das ja noch lange nicht, dass ich ihn auch nicht mag.
Obwohl mögen ein großes Wort ist. Ich kenne ihn nicht und genieße gerade einfach ein lockeres Gespräch.
"Seit ich vierzehn bin. Eigentlich schon länger. Aber mit vierzehn hab ich mich geoutet. Dad hat es ganz locker aufgenommen. War ihm eigentlich egal."
Nach seiner Mutter fragte ich nicht, weil ich nicht weiß was mit ihr ist. Ich bin zwar oft ein Arschloch und respektlos, aber jetzt nach seiner Familiengeschichte zu fragen geht zu weit.
"Kennt man deinen Exfreund?", fragte ich weiter.
Marlon überlegte und zuckte mit den Schultern. "Kann sein. Sagt dir Lias was?"
Ich schaute Marlon mit großen Augen an. "Der Lias den ich denke? Er wurde doch von der Polizei abgeholt in der Schule."
"Ja... Genau der. Kurz vorher hatten wir uns getrennt."
Unwillkürlich fing ich an zu lachen und verschluckte mich fast in meinem Zigarettenrauch.
"Was fandest du denn an dem?"
"Keine Ahnung.", stimmte Marlon in mein Lachen mit ein. "Aber ich schwöre ich wusste nichts von seinen Drogen."
"Ist er nicht auch wegen Diebstahl verhaftet worden."
"Ja... Davon wusste ich."
"Wow und du hast ihn nicht verpfiffen? Du bist ein ganz schöner Badboy. Lass mich raten, danach bist du dann der Vorzeigesohn geworden."
"Der war ich schon immer."
"Langweilig."
Es entstand erneut eine kurze Stille. Ich drückte meine Zigarette an der kalten Wand hinter mir aus.
"Du bist nicht gerne hier oder?", fragte Marlon dann.
"Scheiße, nein. Wenn ich könnte würde ich hier sofort ausziehen."
"Deine Mom ist glücklich."
"Ja und mich hasst sie."
"Nein, ich glaube sie macht sich Sorgen um dich, weil du so... aufmüpfig bist."
Ich lachte schon wieder und schaute zu Marlon. "Hat sie selbst Schuld dran. Statt direkt in dieses Loch zu ziehen hätten wir beide auch einfach in eine andere Wohnung ziehen können. Aber stattdessen vergisst sie Dad einfach und schleppt mich hier mit her um einen auf happy Family zu machen."
"Und damit ist sie bei dir an der falschen Adresse. Das hab ich schon bemerkt."
"Richtig."
Marlon seufzte und stand auf. "Benimm dich besser Linus."
"Was sonst?"
Er schüttelte nur mit dem Kopf. "Deine Mutter liebt dich. Versau das nicht."
Damit ging er.
Ich verdrehte nur die Augen wegen seiner melodramatischen Rede.
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