61
Linus
Man sah die Striemen vom Gürtel auch noch Tage später und ich musste mir überall eine neue Ausrede einfallen lassen woher sie stammen.
Bis auf Jay ahnte keiner von wem oder was diese stammen könnten.
In der Schule schaute Marlon mich immer unauffällig an und grinste, wenn er meinen Hals sah.
Zugegeben, ich fand es ein wenig heiß, wenn er mich so ansah.
"Marlon?", fragte ich ihn, als ich die Küche betrat.
"Ja?"
"Hast du Zeit und Lust Joggen zu gehen?"
Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Gerne. Ich zieh mir nur schnell was anderes an."
Ich nickte und atmete tief durch. Das war für mich nicht einfach, aber ich glaube ich bin bereit dafür.
"Gehst du Joggen?", fragte meine Mom mich, welche gerade aus dem Garten kam.
"Ja, mit Marlon."
"Es freut mich zu sehen, dass ihr euch immer besser versteht."
"Ja, das tun wir wirklich."
"Also seid ihr jetzt befreundet? Oder warum macht ihr soviel zusammen?"
Weil wir zusammen sind und vögeln.
"Ja, denke schon. Keine Ahnung. Kannst du mir Geld leihen für einen Smoothie? Ich hab nichts zuhause.", lenkte ich vom Thema ab.
Mom nickte und reichte mir einen Schein. "Die Smoothies gehen auf mich. Viel Spaß euch beiden."
"Smoothies?", fragte Marlon, als er wieder in die Küche kam.
"Siehst du dann.", sagte ich und zusammen liefen wir nach draußen.
Wir blieben noch kurz vor dem Haus stehen und ich erklärte Marlon welche Strecke ich joggte.
"Alter, das ist eine ganz schöne Strecke."
"Hast du Angst es nicht zu schaffen?", neckte ich ihn.
"Nein. Das kriege ich hin. Und wenn nicht, lass mich einfach auf dem Boden liegen."
"Am Ende der Joggingrunde gibt es eine Belohnung."
"Ernsthaft? Das klingt-"
"Nicht so.", meinte ich, weil ich wusste, dass er an etwas anderes als einen Smoothie dachte.
"Ich bin gespannt."
Und somit liefen wir los. Durch die Siedlung, am Straßenrand vorbei, durch den Park. Marlon hielt mit mir Schritt und ich genoss es nicht mehr alleine zu sein. Ich schaute heimlich immer wieder zu ihm. Es löste etwas in mir aus, dass er nun mein Joggingspartner war und nicht mehr Dad. Doch das war etwas Gutes. Es gab mir ein gutes Gefühl.
Wir kamen am Hafen an und hier verlangsamte ich meine Schritte.
"Such dir einen Smoothie aus.", meinte ich zu ihm, als wir vor dem Stand standen.
"Das ist die Belohnung?"
"Ja."
"Das ist... richtig geil!"
Wir setzten uns auf eine Bank und ich schaute zum Wasser.
"Das kann nicht lecker sein.", meinte Marlon und schaute meinen Smoothie an.
"Natürlich ist er das."
"Alter, da ist Gemüse drin. Das kann nicht schmecken!"
"Probier.", sagte ich und hielt es ihm unter die Nase.
Er sah meinen Smoothie abfällig an, nahm jedoch einen Schluck.
"Schmeckt scheiße.", meinte er. "Wie ich es mir gedacht habe."
Sofort verfiel ich ins Lachen, weswegen Marlon mich fragend ansah.
"Dad hat das auch immer gesagt. Er hat es auch nie verstanden, warum ich den mag."
Marlon legte eine Hand auf meinen Oberschenkel. "Wie geht es dir?"
"Gut.", sagte ich lächelnd.
"Wirklich?"
"Ja, ich finde es schön, dass wir zusammen hier sind. Weißt du... Du ähnelst meinem Vater ein wenig."
"Wie meinst du das?"
"Du findest immer die richtigen Worte um mich aufzumuntern, du schaffst es immer mich zum Lachen zu bringen und du... hast genauso wenig Ahnung von Smoothies."
"Das Letzte prangere ich an. Aber ich bin froh, dass ich dir helfen kann."
"Kommst du ab jetzt immer mit?"
"Gerne. Das macht Spaß."
Ich erklärte Marlon, dass mein Dad und ich am Ende immer noch einen Sprint eingelegt haben. Dies taten wir dieses Mal auch und ich gewann diesen Sprint.
"Beim nächsten Mal gewinne ich.", sagte Marlon außer Atem.
"Das werden wir ja sehen.", lachte ich und schloss die Tür auf.
"Ich werde heimlich üben. Dann schaffe ich das."
(...)
Die Wäsche war gemacht, mein Zimmer war aufgeräumt und die Hausaufgaben hatte ich auch fertig. Jetzt hieß es entspannen bis Jay kam um mich abzuholen.
Marlon ließ sich neben mich auf das Sofa plumsen.
"Was hast du heute noch so vor?", fragte er mich.
"Wir treffen uns mit den üblichen Idioten, trinken was und gehen vielleicht noch feiern."
"Macht ihr eigentlich auch was anderes?"
"Straßenrennen anschauen."
"Was?", fragte er geschockt.
"Wir schauen ja nur."
"Weißt du wie gefährlich die Scheiße ist?"
"Ja... Aber wir machen ja nicht mit."
"Noch nicht."
"Dein Boxen ist auch nicht besser."
"Bin eh am überlegen das zu lassen."
"Echt? Wieso?"
Marlon zuckte mit den Schultern. "Ich will das einfach nicht mehr machen. Ich werde es David heute sagen. Es macht mir keinen Spaß mehr."
"Meinst du er wird das verstehen?"
"Vermutlich nicht, aber was soll er tun? Er kann mich ja nicht zwingen. Außerdem sind wir jetzt schon zweimal fast aufgeflogen, ich hab keinen Bock, dass ich nachher noch in den Knast muss."
"Aber heute kämpfst du noch?"
"Ein letztes Mal."
"Vielleicht komm ich ja vorbei und schaue mir das an. Deinen letzten Kampf kann ich als dein größter Fan nicht verpassen."
Marlon lachte und strich mir durch die Haare. "Doch, kannst du. So toll ist es auch nicht, sich die Kämpfe anzuschauen."
Ich zuckte mit den Schultern. "Das stimmt. Ehrlich gesagt hab ich immer ein wenig Angst, dass dir was passiert."
"Nein, keine Sorge."
Marlon schaute auf sein Handy und erhob sich vom Sofa. "Ich muss los. Viel Spaß dir."
"Dir auch."
"Melde dich."
"Du auch."
Er gab mir einen schnellen Kuss und verschwand dann.
Ich legte meine Füße auf den Couchtisch und beschäftigte mich mit meinem Handy.
"Wie oft soll ich noch sagen, dass du deine Füße darunter nehmen sollst?", fragte Luise genervt.
"So lange, bis es mich interessiert."
"Den kannst du putzen!"
"Deine Mutter putzt den."
"Hör auf über meine Mutter zu reden."
"Ich mach was ich will."
"Dann kann ich ja auch so über deinen Vater reden."
"Mach das und du wachst im Krankenhaus auf. Hast du eigentlich mittlerweile einen neuen Füller?"
"Du warst das doch!"
"Richtig.", lachte ich. "Ist dein neuer auch teuer gewesen? Das macht Spaß den dann auch kaputt zu machen."
"Das werde ich Dad sagen!"
"Mach doch du Petze."
Ich stand auf und lief an ihr vorbei.
"Ich hasse dich!", rief sie und lief mir hinterher.
"Ja, ich dich auch."
"Ich wünschte du wärst nie hier eingezogen."
"Ich auch."
Obwohl das nicht mehr ganz stimmte. Wären wir nie eingezogen, hätte ich Marlon nie kennengelernt.
"Du machst alles kaputt! Marlon ist immer nur sauer auf mich! Und das nur, weil er in dich verknallt ist!"
"Wer hat dir den Bullshit denn erzählt?"
"Das weiß ich. Weil ihr euch einmal geküsst habt!"
Ich verdrehte nur die Augen und sagte nichts. "Wehe du fängst was mit ihm an."
"Was sonst?"
"Dann werden Mom und Dad dich bestimmt rausschmeißen."
"Hör auf meine Mom auch Mom zu nennen."
"Das ist sie jetzt aber. Sie haben geheiratet also sind wir eine Familie."
"Fuck, sie ist bestimmt nicht deine neue Mom."
"Doch!"
Ich atmete tief durch um nicht auszurasten.
"Okay.", sagte ich ruhig. "Soll ich dir was sagen?"
Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Ich lutschte den Schwanz von deinem Bruder immer noch."
Damit verschwand ich und ließ Luise einfach zurück. Sie wird es Steve und Mom nicht sagen, weil sie weiß wie ich dann reagieren werde.
Mit einem Grinsen auf den Lippen lief ich Jay auf der Auffahrt entgegen.
"Warum grinst du so dumm?"
"Egal. Lass uns einfach feiern und den Abend genießen."
Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, dass ich den Abend genießen kann.
Doch schon bald sollte meine Welt zusammenbrechen.
Erneut.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top