Linus

Ich hatte meiner Mom gestern zumindest noch besoffen geschrieben, dass ich bei Zarah übernachte.
Sie hat mir darauf zwar nicht geantwortet, weil sie wahrscheinlich extrem pissed ist.
Ich trat gerade in den Hausflur und das erste was ich sah, war ein nackter Marlon vor mir. Naja, fast nackt. Um seine Hüften war ein Handtuch geschlungen. Doch das Handtuch hing so tief, dass man seine V-Line sehen konnte.
"Deine Mom ist echt sauer auf dich.", meinte Marlon schadenfroh.
"Aha."
"Sei froh, dass sie gerade nicht da sind. Sie helfen beim Aufräumen."
"Hab ich gefragt?"
"Ich hätte dich schon lange von die Tür gesetzt."
"Du bist aber nicht meine Mutter."
"Aber ich würde es geil finden, wenn du mich Daddy nennst."
Ich schaute mir geschockten Gesicht in sein dummes Grinsendes.
"Wenn du nicht endlich aufhörst mich anzumachen, verstümmle ich deinen Schwanz."
"Ich wusste, dass du ihn anfassen willst."
Ich atmete tief durch um nicht auszurasten. Er bekommt seine Strafe schon noch. Mit solchen dummen Sprüchen ist er bei mir an der falschen Adresse, das wird er schon noch merken.
"Bist du jetzt sprachlos?"
Ich schaute angepisst zu ihm und sah im Augenwinkel, dass.... oh mein Gott... ich sah seine Beule. Ich fühlte mich jetzt einfach nur noch unwohl. Ein Kribbeln ging durch meinen Magen, welches ich nicht kannte. Es war ein unwohles Gefühl, doch eher, weil ich es einfach nicht zuordnen konnte.
"Ich lass mich einfach nicht auf dein Niveau runter.", antwortete ich ihm und lief in mein Zimmer.
Dort ließ ich mich auf mein Bett nieder. Aber nicht lange. Denn ich will endlich Rache an Marlon nehmen. 
Meine Mom war wütend auf mich, weil ich gestern einfach abgehauen bin. Aber ihre Wut wird bestimmt verblassen, wenn Steve Marlon Ärger gibt, weil er irgendwas kaputt gemacht hat.
Aber wie stell dich sowas am Besten an?
Ich könnte ein Brandloch in das Sofa machen und die Zigaretten dann in Marlons Jackentasche stecken.
Doch das wäre zu auffällig. Die Show mit Zigaretten kann ich kein zweites Mal machen. Obwohl streng genommen, war Jay beim ersten Mal Schuld.
Ich dachte an die kleine Porzellanstaute, welche im Flur stand. Keine Ahnung ob Steve diese wichtig war, aber es wird ihn bestimmt ärgern, wenn er sie kaputt im Mülleimer finden wird und keiner die Eier hatte es ihm zu sagen.
Mit einem selbstgefälligen Grinsen, ging ich aus dem Flur und spähte in Marlon Zimmer. Die Tür stand offen. Sein Bett war direkt zur Zimmertür gerichtet. Er lag auf diesem und als er mich sah, fing er an zu Grinsen.
"Komm her.", sagte ich leise und erst jetzt sah ich, dass er sich befriedigte. "Du kannst helfen."
Ich ging schnell an seiner Zimmertür vorbei und schüttelte den Kopf. Das kann nur ein Fiebertraum sein.
Im Vorbeigehen schnappte ich mir die Porzellanstatue und ging damit auf die Terrasse. Wenn ich sie im Haus zerstöre, wird das zu laut werden und Marlon könnte Verdacht schöpfen. Ich ließ die Statue klirrend zu Boden fallen, hob die Scherben wieder auf und warf sie in den Müll. Ein paar der kleineren Scherben behielt ich um sie dort zu platzieren, wo vorher die Statue stand. 
Und jetzt hieß es abwarten.

(...)

Durch lautes Stimmengewirr wurde ich aus meinem Mittagsschlaf gerissen.
Es war so weit. Steve hatte die kaputte Statue gefunden.
Ich lief schnell die Treppen hinunter und tat so als würde ich mir einfach etwas zu Trinken holen wollen.
"Ich sag's dir nochmal, Dad. Linus war das.", sagte Marlon.
"Was war ich?"
"Die Porzellanstatue. Hast du sie kaputt gemacht?"
"Welche?", fragte ich gespielt unschuldig.
"Die im Flur stand.
"Das Ding? Ne, wie kommt ihr darauf?"
"Weil sie im Müll liegt und anscheinend will es keiner gewesen sein."
"Also ich bin erst vor ein paar Stunden nach Hause gekommen und hab mich direkt Schlafen gelegt. Wenn ich das gewesen wäre, hätte ich mir nicht mal die Mühe gemacht das aufzuräumen. Wofür habt ihr denn den Staubsaugroboter."
"Okay, ist mir auch egal wer es war.", erhob Steve das Wort. "Ich will nicht mehr, dass ihr euch alle so benehmt wie es euch gerade passt. Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen. Ich weiß für uns alle ist das eine neue Situation."
Ich stöhnte genervt. "Muss ich mir das anhören?"
"Linus!", rief meine Mutter drohend.
"Aber ihr benehmt euch jetzt oder wir werden härter durchgreifen."
Jaja, leck mich am Arsch Steve. Wer denkst du, wer du bist? Dass du hier einen auf Vater machen kannst?
"Sorry Dad.", entschuldigte Marlon sich.
"Sorry.", entschuldigte auch Luise mich.
Ich zuckte nur mit den Schultern und verschwand.
Doch meine Ruhe hatte ich dabei nicht. Denn meine Mom kam mir hinterher und stellte sich mir in den Weg.
"Warst du das?"
"Nein. Wieso glaubst du mir nicht? Immer fällt der erste Verdacht auf mich. Steves Kinder können auch mal was gemacht haben."
"Aber Steves Kinder benehmen sich wenigstens und versuchen, dass diese Patchworkfamilie klappt. Und du strengst dich jetzt auch ein bisschen an."
"Und wenn ich es nicht tue?"
"Dann wirst du deine Freunde für eine lange Zeit nicht wiedersehen."
"Dann schleiche ich mich halt heimlich raus."
"Das wollen wir ja sehen, ob du das machst, Freundchen. Benimm dich Linus."
Gott, Mom klang wie Marlon. Das war unheimlich.
"Ich habe in den letzten Wochen nichts angestellt. Das waren alles Luise und Marlon."
"Steve hat mir erzählt, dass seine Kinder vorher nicht so waren. Sie haben nie etwas kaputt gemacht oder geraucht."
"Da kann ich doch nichts für, dass sie jetzt versuchen mir alles in die Schuhe zu schieben, nur weil sie sich daneben benehmen."
"Steve wird mit den Beiden auch noch reden. Wir wollen einfach, dass ihr euch versteht. Das ist weniger Stress für uns alle. Tue es mir zu Liebe. Ich bin wirklich glücklich mit Steve. Bitte..."
Ich seufzte. "Okay."
"Danke, Schatz."
Sie tätschelte mir die Wange, bevor sie mich die Treppen passieren lässt. 
Tränen brennen in meinen Augen, doch ich ließ sie erst frei, als ich die Zimmertür schloss.
Alles wäre soviel einfacher gewesen, wenn Dad noch leben würde.
Ich will nicht, dass das hier klappt. Ich will diese verfickte Familie nicht.
Ich will mein altes Leben zurück.
Gute Noten, kein Schulstress, kein Stress zuhause.
Einen Dad.....