Kapitel 55
Mittlerweile ist meine gefährliche Surf-Aktion zwei Tage her und ich habe eingesehen, dass es vielleicht keine so kluge Entscheidung war, während eines heftigen Sturmes im Meer herum zu plantschen.
Das habe ich gegenüber meinem Bruder natürlich nicht ausgesprochen, aber ich glaube, dass er weiß, dass ich etwas an Einsicht erlangt habe.
Wir haben und gestern Abend kurz unterhalten und mehr oder weniger ausgesprochen.
Allerdings lief unser Gespräch eher so ab:
Leon: Tut mir leid, wegen gestern.
Ich: Kein Ding, tut mir auch leid.
Dabei tut es mir nicht leid, denn alles was ich zu ihm gesagt habe, entspricht der Wahrheit, auch wenn es schwer einzugestehen ist.
Eigentlich will ich nur das, was Jason und Chiara haben. Eine ganz normale, friedliche Geschwisterbeziehung.
Aber wahrscheinlich haben Leon und ich dafür zu viele Chancen verpasst und Eigentore geschossen.
Fürs Erste soll unser klärendes Gespräch, aber reichen, sodass wir uns nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen.
Gerade sitzen wir alle zusammen am Strand und genießen die Hitze auf unserer Haut. Nur Chiara nicht, denn sie ist bereits nach oben gegangen um das Mittagessen vorzubereiten.
Zwar haben wir sie gefragt, ob sie unsere Hilfe benötigt, allerdings hat sie lachend abgewunken und nur gemeint, dass wir später nachkommen können.
Genau genommen stehen wir nicht am Strand, sondern befinden uns auf einer sieben Meter hohen Klippe und veranstalten eine Art Springwettbewerb.
Gerade nimmt Chris Anlauf, springt ab und macht einen doppelten Salto.
Dadurch, dass seine Bewegungen teilweise unkoordiniert sind, ziehe ich ihm vier Punkt ab und auch der Absprung hätte sauberer sein können. Chris kommt wieder zu uns nach oben geklettert und ich teile ihm meine Meinung mit.
„Sechs Punkte. Absprung und die Saltoübergänge sind ausbaufähig", grinse ich ihn an, woraufhin er die Augen verdreht.
„Mach's besser."
„Nö", sage ich schlicht und Chris zeigt mir einen Vogel.
„Denn ich werde es am besten machen!"
Chris wendet sich an die anderen und Leon und Jason schließen sich mir an.
„Du bekommst gerade mal vier", widerspricht Felix uns allen kopfschüttelnd. „Ich meine seid ihr blind? Das war furchtbar."
„Furchtbar? Furchtbar? Erinnere mich das nächste Mal daran, wenn du was von mir brauchst." „Akzeptiere es einfach", gluckst Felix, klopft ihm auf die Schulter und tritt dann an den Rand.
„Mach doch deine fünf Saltos hintereinander", murrt Chris ihm hinterher, aber Felix schüttelt den Kopf.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier 2,6 Sekunden lang falle."
Ohne Vorwarnung lässt er sich fallen und dreht sich anmutig in der Luft, bevor er für drei Rückwärtssaltos ansetzt und dann grazil in das Wasser eintaucht. Als er wieder an der Wasseroberfläche erscheint, schüttelt er sich grinsend die Harre aus dem Gesicht, sodass die Wassertropfen nur so fliegen.
„Versucht das mal zu überbieten", feixt er, während er mit gekonnten Manövern die Wand hochklettert. Jason lacht und klopft ihm anerkennend auf den Rücken.
„Ja", räumt Chris missmutig ein.
„Solide, nicht schlecht Felix. Das sind acht Punkte", entgegne auch ich und lege den Kopf schief. „Von mir kriegst du neun", meint Leon und Felix grinst. „Dann bin ich jetzt wohl dran. Macht euch darauf gefasst, dass ihr gleich das epischste Springmanöver zu Gesicht bekommen werdet, was ihr jemals gesehen habt", macht Jason auf dich aufmerksam und in seinen Augen liegt das verräterische Glitzern, dass mir sofort signalisiert was er vorhat.
„Okay Leute, wir können einstecken. Ich weiß jetzt schon, dass Jason gewinnen wird."
Jason grinst boshaft, was eigentlich absolut nicht zu ihm passt, weswegen ich eine Grimasse schneide. Jase nimmt Anlauf, stößt sich ab und legt einen doppelten Überschlag mit einer 360° Schraube am Ende an den Tag.
Jeder Einzelne von uns weiß, dass er der Einzige ist, der die hintereinander und vor allem ohne Patzer kann.
wie ein Delfin gleitet er schließlich zuerst mit den Armen und dem Kopf in das Wasser ein, dann folgt der Rest seines Körpers. Er macht ein paar kräftige Schwimmzüge und gleitet tauchend unter der Wasseroberfläche entlang.
„Gewinner", grölt er von unten und winkt uns überheblich zu. Seine Selbstbewunderung steht ihm ins Gesicht geschrieben, doch darüber kann ich nur schmunzeln. „
Du eingebildeter Sack", ruft mein Bruder ihm entgegen, als sein Kopf über dem Rand der Klippe erscheint.
„Du hast tatsächlich zehn Punkte geholt. Jetzt kann ich dich ja gar nicht mehr überbieten." „Das hättest du so oder so nicht geschafft", widerspricht Jase mir und erntet daraufhin einen festen Schlag gegen den Oberarm. Ich sehe zu Leon herüber und nicke zum Rand der Klippe.
Du oder ich?
Mein Bruder bedeutet mir mit einem Kopfnicken, dass er mir den Vortritt lässt.
„So", ich erhebe mich und reibe mir die Handflächen. „Dann zeigt euch der Profi mal, wie man das richtig macht. Schaut zu und lernt!" Natürlich ist alles nur Spaß, weshalb ich es den Jungs auch nicht übel nehme, dass sie mich auspfeifen.
„Viel Glück, du Profi", vernehme ich noch hinter mir, bevor ich an den Rand trete und herunter sehe. Das Meerwasser klatscht gegen die Steine und erzeugt einen unregelmäßigen Rhythmus. Angestrengt überlege ich, was ich springen soll, damit ich meine zehn Punkt bekomme.
„Was ist? Keine Ahnung was du machen sollst Profi? Glaubst du, du schaffst es wenigstens meine schwachen sechs Punkte zu überbieten?"
Chris' Stimme lässt mich lachend herumfahren, aber dabei trete ich gefährlich nah an den Abgrund und verliere den Halt.
Mein rechter Fuß rutscht ab und ich rudere mit meinen Armen in der Luft um bloß nicht zu fallen.
Mein Lachen erstirbt jäh, als mein Verstand realisiert, dass ich jeden Moment nach hinten kippen werde.
Entsetzt springt Chris auf und rennt auf mich zu.
Gleichzeitig erheben sich auch die anderen. Chris streckt seine Hand aus, greift nach meiner und Erleichterung flutet durch meinen Körper, als ich ihm ebenfalls meine Hand reichen möchte.
Doch meine verschwitzten Fingerspitzen rutschen an Chris' Hand ab und ich greife in die Leere. Kalter Schweiß bricht mir aus und ich spüre, wie die Schwerkraft allmählich einsetzt.
Mir bleibt nur eine Millisekunde um zu handeln.
Mit einer ungeschickten Drehbewegung stoße ich mich an dem Gestein ab, um nicht auf jeden Zentimeter der Klippe treffen zu müssen.
„Fabian", gellt eine Stimme über mir, da fährt auch schon der erste Schmerz durch meinen Körper.
Ein Schrei entrinnt meiner Kehle, gefolgt von einem Keuchen. Sofort folgt der nächste Schlag.
Diesmal auf den Kopf und der Aufprall ist so heftig und schmerzhaft, dass ich für einen Moment alles um mich herum vergesse.
Vergesse was passiert.
Vergesse wo ich bin.
Vergesse selbst wer ich bin.
Dann setzt mein Verstand wieder ein und ich höre ein Gewirr aus Stimmen über mir. Erneut bohrt sich die Wand in meine Haut und zieht an meiner linken Seite entlang. Der Schmerz betäubt mich beinahe und ich habe das Gefühl mich jeden Moment übergeben zu müssen.
„Verdammt", zerreißt ein Schrei die wabernde Stille.
Er gehört meinem Bruder.
Dann zerberste ich auf der Oberfläche des Meeres.
Ich schnappe nach Luft, als ich auf die unruhige Meeresoberfläche pralle und fühle wie jeder einzelne Knochen meines Körpers, angesichts des Zusammentreffens mit der steinharten Betonwand, bestehend aus Wasser, zu bersten scheint.
Gleichdarauf entweicht die Luft urplötzlich aus meinen Lungen und ich versinke im Meer.
Das tosende Wasser rauscht an meinen Ohren, während ich gleichzeitig auch jede einzelne Zelle in meinem Körper spüre, ebenso wie den pochenden Schmerz, den der Sturz verursacht hat.
Die Zeit scheint wie festgefroren und jede einzelne Sekunde zieht sich in quälender Langsamkeit dahin. Vergeblich versuche ich gegen die Ohnmacht und die in mir aufsteigende Panik anzukämpfen, welche durch die mangelnde Luftzufuhr verursacht wird.
Ich strecke meine Arme in die Höhe und will der Oberfläche entgegenkommen, doch das Gefühl der Machtlosigkeit steigt in mir auf und mit Schrecken stell ich fest, dass ich langsam auf den sandigen Meeresboden sinke.
Erfolgslos versuche ich gegen den Druck auf meiner Brust zu stämmen, doch letztendlich muss ich die Arme sinken lassen.
Was hat es denn für einen Wert weiter zu kämpfen?
Weshalb soll ich mich abmühen an die Oberfläche zu gelangen, wenn ich weiß, dass es aussichtslos ist?
Welchen Unterschied macht es, ob ich weiter lebe oder einfach aus dieser Dimension verschwinde?
Mein Körper wird von Minute zu Minute schwerer und mich begrüße die Kälte, welche mich einladend hier unten empfängt. Hinter meinen Lidern flackert es und die vorherige Dunkelheit macht Platz für ein gleisendes Licht, welches meine Sehstärke trübt.
Die wunderschöne Helle scheint von allen Seiten und schlagartig wird mir von einem Moment auf den anderen ganz warm und ich fühle mich sicher.
Geborgen von der prachtvollen Umgebung. Bevor ich genug Zeit habe um zu realisieren was hier gerade geschieht, erscheint eine Hand und streckt sich mir liebevoll entgegen.
„Komm", raunt mir eine glockenhelle Stimme das Wort ins Ohr und erschrocken fahre ich herum. Doch hinter mir steht niemand. Lediglich die Hand befindet sich vor mir und da erfasst mich ein elektrisierendes Kribbeln.
Es jagt meine Wirbelsäule herunter und erneut fordert mich die Stimme auf, ihr zu folgen. Sie ist atemberaubend, glockenhell und bestimmt, zugleich zart. Es hört sich an, als ob ein Engel mit mir redet.
Die Hand streckt sich mir weiter entgegen, reckt sich weiter vor, diesmal fordernder als zuvor. Zögerlich sehe ich die Hand an, welche aus flutendem Licht zu bestehen scheint, von welcher man auch nur die Umrisse erkennen kann.
Gedanklich wäge ich meine Möglichkeiten ab, weiß aber nicht ganz welche Entscheidung ich treffen soll.
Zitternd strecke ich nun meinerseits die Hand aus und lege sie in die, die mir hingehalten wird. Prickelnde Wärme erfasst mich im Nu und auf meinen Lippen breitet sich ein Lächeln aus. Von jetzt auf gleich erscheint eine winzige Tür in der Ferne, hinter welcher es so hell leuchtet, dass ich die Augen zusammenpressen muss.
„Komm mit", erklingt die Stimme auf ein Neues und sanft zieht mich die Hand mit. Wir steuern geradewegs auf die Tür zu. Mit jedem Meter welchen wir den Abstand zu der Tür verringern werde ich schneller, zeitgleich fühlt sich alles so viel leichter an.
Fast schon rennend, steuern wir auf die Tür zu und ich fühle mich mittlerweile, als würde ich fliegen. Abrupt stoppt die Hand und mit einer gebieterischen Bewegung bedeutet sie mir zu warten.
Vorsichtig, ganz langsam öffnet sich die Tür wie von Geisterhand und der Glanz dahinter umhüllt mich komplett. Mein Geist beginnt zu prickeln, er steht komplett unter Strom und mein Körper in Flammen.
Ich kann nicht mehr klar denken.
Auf einmal weiß ich genau, was gleich mit mir passieren wird. Ich befinde mich gerade im Prozess mich aufzulösen, bis nur noch meine Seele übrig bleibt und sonst nichts.
Doch verwunderlicher weise steigt keine Angst in mir auf, denn ich weiß, dass ich nicht sterben werde. Ich werde nur in einer anderen Form, in Form einer Seele, weiterleben.
Vielleicht werde ich diese Welt verlassen, aber mir bleibt weiterhin die Möglichkeit auf das Geschehen der Erde herabzublicken.
Wie aus dem nichts schließen sich zwei starke Arme um mich und ziehen mich gewaltsam zurück.
Der Schmerz schießt so unerwartet durch mich hindurch, dass ich aufkeuchen muss.
Pulsierende Krämpfe erfassen mich und ich winde mich im Griff der Hände.
Die Tür knallt mit einem donnernden Schlag zu und durch den Druck schleudert sie mich zurück.
Zurück nach hinten.
Zurück in die Dunkelheit.
Und ich falle.
Der freie Fall in das Endlose raubt mir meine Sinne, meinen Verstand, einfach alles. Zwei warme Hände umfassen mein Gesicht, schütteln verzweifelt meinen Körper und versuchen mich in die Gegenwart zurückzubringen.
Jemand zieht mich hinauf und ich spüre wie mein Kopf durch die Wasseroberfläche stößt, wäre aber sofort wieder zurück nach unten gesunken, wenn da nicht jemand wäre, der mich halten würde.
Zu gerne will ich etwas sagen, mir Gehör verschaffen, doch ich bin nicht Herr meiner Sinne. Nicht mal die Augen kann ich öffnen, denn der Schmerz, der auf mir lastet bringt mich schier um. Etwas dringt durch mein Trommelfell, aber um keinen Preis kann ich sagen um was es sich dabei handelt.
Ich werde an einen warmen Körper gezogen und fühle Hände um meinen Oberkörper, die mich von meinem Sturz ins Bodenlose bewahren. Durch die Gegenkraft merke ich, dass ich irgendwo hin gezogen werde.
Die Kälte zieht sich immer weiter zurück, bis sie schließlich gänzlich verschwindet. Mein Körper sinkt gegen die Brust und ganz langsam beginnt es hinter meinen Lidern zu flackern.
Es ist wie eine Aufforderung meine Augen zu öffnen.
Das Erste was ich wahrnehme, ist das besorgte Smaragdgrün, was mir entgegen sticht und sich förmlich in meine Augen bohrt.
„Gott, du lebst", stößt mein Bruder atemlos und mit krächzender Stimme hervor. Sein sonst so gebräuntes Gesicht ist weiß wie die Wand und der Atem Leons geht stoßweise.
Ich kann nichts darauf erwidern, denn es fühlt sich an, als ob ich auf der Stelle schwanke, auch wenn ich mich eigentlich in Leons Armen befinde und somit nicht stehen kann.
Stattdessen fülle ich meine Lunge zunächst wieder mit Sauerstoff, dann erst presse ich meinen Kopf gegen Leons Körper.
„Atme ganz ruhig und versuch wach zu bleiben", meint Leon beruhigend und ich versuche ihm die Bitte mit einem Nicken zu erfüllen, wenn nicht gar zu versprechen, aber die Taubheit raubt mir jegliche Möglichkeit auch nur irgendetwas zu tun.
„Leon-", würge ich den Namen meines Bruders hervor, aber es ist mehr ein heiseres Flüstern, welches mich selbst schockiert.
Mein Bruder geht in die Knie und legt mich auf ein weiches Handtuch.
Sorgevoll starrt er mich an, aber es mischen sich noch andere Stimmen in die Stille ein.
Ein blonder Haarschopf erscheint in meinem trüb verschwommenen Sichtfeld und ich erkenne Chris. Er sagt irgendetwas, seine Lippen bewegen sich, aber meine Augen fallen zu.
Sekunden später kippt mein Kopf auf die Seite.
Ein Schmerz schießt durch meinen erschlafften Körper. Die Enge in meinem Inneren erhöht sich immer mehr. Ruckartig schieße ich hoch, reiße meine Lider auf und ehe ich mich versehe, packt mich der Würgreiz.
Schnell drehe ich mich auf die Seite, stütze mich auf meinen Armen ab und erbreche das geschluckte Salzwasser in den lauwarmen Sand.
Keuchend ringe ich nach Atem und lasse mich auf die Ellenbogen fallen. Erneut verspüre ich den Drang das Wasser auszuspucken und muss wiederholt würgen. Meine Kraft lässt nach, meine Arme zittern, mein gesamter Körper ist geschwächt.
Auf einmal schmecke ich eine metallische Flüssigkeit in meinem Mund und fasse an meine Wange.
Meine komplette Hand ist mit Blut verschmiert.
„Er muss sofort ins Krankenhaus", ertönt eine Stimme über mir und trotz der Schwäche hebe ich den Blick.
Mein Bruder und Felix reden miteinander, während Jason mit einem Handtuch gegen meine linke Seite drückt und dadurch versucht die Blutung zu stoppen. Chris sitzt zu meiner linken und öffnet gerade den Deckel einer Desinfiktionsflasche.
Wo er diese her hat, ist mir ein Rätsel, aber wirklich interessieren tut es mich auch nicht.
„Das brennt jetzt vermutlich etwas, aber die Wunde muss wenigstens ein bisschen gesäubert werden. Sonst wirst du mit einer Entzündung rechnen müssen", informiert er mich, obwohl sein Gesichtsausdruck dabei entschuldigend aussieht.
Gequält schneide ich eine Grimasse und kneife meine Augen zusammen, als ich spüre wie Chris das Desinfektionsmittel in meine Wunde spritzt.
Mein Kiefer mahlt aufeinander, denn er hat mit seiner Warnung stark untertrieben.
Es brennt nicht nur ein bisschen, sondern verdammt stark!
„Fertig", meint mein Freund in dem Moment und ich öffne meine Augen wieder einen Spaltbreit.
„Kannst du aufstehen?", erkundigt sich Leon bei mir und ich nicke benommen, wenn gleich auch schwach. Langsam setzte ich mich auf, doch als ich auf die Beine komme, sehe ich schwarze Pünktchen vor meinen Augen tanzen. Schnell halte ich mich an Felix' Schulter fest.
„Wieso muss mir auch so ein Scheiß passieren?", murmel ich leise vor mich hin und versuche zeitgleich mich auf den Beinen zu halten.
„Sei froh, dass du noch lebst", widerspricht Jason mir nur kopfschüttelnd. „Das hätte verdammt böse enden können. Ich will gar nicht daran denken was passiert wäre, wenn du auf die Felsen gefallen wärst..."
„Hast recht", gebe ich zu und mache probehalber einen Schritt vorwärts.
Sofort ist mein Bruder an meiner Seite um mich zu stützen, während Chris dies zu meiner Rechten tut. Qualvoll kommen wir so im Schneckentempo voran und schlussendlich ziehen sie mich beinahe den Pfad zu der Villa hoch, denn meine Kraft reicht nicht mehr aus, mich aufrecht zu halten.
Ich weiß nicht, wie wir es bis nach oben geschafft haben, denn das Einzige was ich spüre ist meine schmerzende Seite, mein dröhnender Kopf und mein wild klopfender Herzschlag, weil ich vor Erschöpfung kaum mehr stehen kann.
Irgendwann befinden wir uns dann aber doch auf der Terrasse neben dem Pool und ich sinke auf eine der Liegen. Mein Kopf kippt auf meine Schulter, das Pochen an meiner Seite ist kaum auszuhalten und ich spüre wie mir warmes Blut über den Bauch läuft.
Zwar hat Jason versucht die Blutung zu stoppen, doch anscheinend ist er sehr daran gescheitert, denn die Wunde ist zu groß. Auch meine Kopfschmerzen schwellen immer mehr an und ich höre alles dumpf.
Plötzlich ertönt ein Knall, als jemand die Schiebetür zur Terrasse aufreißt und auf mich zustürmt. Ich öffne die Augen und sehe wie eine zutiefst besorgte, gleichzeitig auch wütende Chiara vor mir steht.
„Verdammt Fabian! Was um Himmels Willen ist mit dir passiert?"
Die nächste Frage richtet sie an die anderen.
„Was zum Teufel habt ihr mit ihm gemacht?"
„Was?!", ungläubig sieht mein Bruder sie an.
„Wieso sollten wir ihm etwas angetan haben? Du hast sie doch nicht mehr alle."
„Er ist von der Klippe gefallen", meint Felix beschwichtigend und schlägt meinem Bruder leicht auf die Schulter.
„Du bist was?", hackt sie schockiert nach. „Das ist doch jetzt hoffentlich ein Scherz oder!?" Schwerfällig schüttele ich den Kopf.
„Nein das ist kein Scherz, aber hör bitte auf hier so zu schreien. Mein Kopf explodiert gleich."
„Ich hole jetzt Verbände und danach musst du sofort ins Krankenhaus", meint Chiara und erhebt sich. Die anderen folgen ihr nur Chris bleibt bei mir sitzen und nimmt sein Handy in die Hand.
Kurz darauf bestellt er ein Taxi her.
Erschöpft schließe ich die Augen und fühle eine kühle Hand auf meiner Stirn.
„Es tut mir leid. Wenn ich dich nicht angesprochen hätte, wäre das alles nicht passiert", murmelt Chris und ich höre an seiner Stimme, dass ihn die Schuld plagt.
„War nicht deine Schuld", widerspreche ich ihm.
„Du wolltest ja nicht, dass es so kommt, also kannst du auch nichts dafür. Mach dich nicht dafür verantwortlich."
„Trotzdem-"
„Hör auf mit mir zu diskutieren", knurre ich und öffne die Augen.
Chris grinst verlegen und ich funkel ihn nur böse an.
Da kommt Chiara auch schon wieder zu uns und ehe ich mich versehe, hat sie mir ein riesiges Pflaster auf meine Seite geklebt.
Chris verlässt derweil die Terrasse, um mir ein paar Klamotten zu holen, weil ich schlecht nur mit einer Badehose bekleidet in das Krankenhaus spazieren kann.
„Das sieht echt übel aus", merkt sie an und schüttelt besorgt den Kopf. Ich antworte nicht und beobachte sie aus halb gesenkten Lidern.
„Hör auf zu starren", murmelt sie mir zu und verlegen beiße ich mir auf die Lippen. Zum Glück sind wir hier draußen alleine, sonst wäre das äußerst unangenehm.
„Wieso könnt ihr auch absolut nicht auf euch auspassen?", Chiara schüttelt den Kopf und tupft mit einem Taschentuch auf meine am Kopf.
„Ich muss es positiv sehen. Jetzt werde ich von einer hübschen Krankenschwester verarztet", gebe ich zurück und wackel mit den Augenbrauen.
„Sag mal, wie stark war der Schlag auf deinen Kopf?", schmunzelt Chiara und ich zucke mit den Schultern, dann grinse ich.
„Sagen wir einfach mal: Ich habe einen kleinen Filmriss, weil ich mich nicht an den kompletten Sturz erinnern kann, aber seit dem du in meinem Leben bist, steht alles Kopf."
Chiara schluckt trocken und lässt ihren Arm sinken.
Wir sehen uns an, aber von der spielerischen Art von eben ist nichts mehr übrig.
Langsam nähert sie sich meinem Gesicht.
Aus dem Nichts erscheint Felix und wir schrecken auseinander.
„Das Taxi ist da."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top