Kapitel 30

Jason wird dich hassen.
Jason wird dich hassen.
Jason wird dich hassen.

Dieser Satz wiederholt sich in meinem Kopf die ganze Zeit seit ich die Villa verlassen habe. Gleichdarauf wird mir bewusst, dass diese Tatsache komplett nebensächlich ist.

Chiara liegt hier irgendwo am Hafen, hat starke Schmerzen und sorge mich darum, dass ihr Bruder mich möglicherweise hassen könnt.

Ich gehe zügig die Straße entlang und erreiche nach sieben Minuten die Promenade. Suchend schaue ich mich um, kann aber niemanden erkennen.
Fuck!

In meinem Kopf rattert es und ich überlege fieberhaft wo sie sein könnte. Entschlossen laufe ich die Rue de Fortune entlang und gucke währenddessen ununterbrochen nach links und rechts.

Ich kann es mir nicht leisten, dass ich sie vielleicht übersehe.
Fabian, du bist so ein Arsch, schießt es durch meinen Kopf und ich muss meiner inneren Stimme leider Recht geben.

Ich bin schuld!
Ich bin an all dem gesamten Scheiß schuld!

Wenn der Ball damals nicht an Chiaras Kopf geknallt wäre, dann hätte diese Situation höchstwahrscheinlich vermieden werden können.

Eigentlich weiß ich nicht genau ob meine Prinzessin wirklich wegen diesem Basketball, wegen mir, solche Schmerzen hat, aber für mich wären das irgendwie zu viele Zufälle.

Warte!
Meine Prinzessin?
Na ja, auch das ist gerade egal.

Ich brauche nur eine minimale Antwort um mich zu vergewissern, dass ich dafür verantwortlich bin. Ein kleines „ja" wird reichen um mir vor Augen zu führen was für eine schreckliche Person ich bin.

Ich, Fabian Grace, habe dazu beigetragen, dass Chiara jetzt wegen mir diese Schmerzen ertragen muss.

Ich bin ein Monster.

Frustrierend lasse ich meinen Blick schweifen und erkenne einen knieenden Jungen neben einem langen Etwas.
Mein Herz setzt aus und ich glaube das tut mein Verstand auch.

Zu nächst laufe ich normal weiter, aber als ich erkenne was neben dem Typ liegt fange ich an zu rennen. Ohne Rücksicht auf die anderen Leute hier auf der Promenade zu nehmen, boxe ich mich vorwärts um so schnell wie möglich zu ihnen zu kommen.

Nur noch ein paar Meter trennen mich von Chiara und dem jungen und ich fliege praktisch auf sie zu. Als der Junge meine Schritte bemerkt, hebt er den Kopf und ich sehe Erleichterung in seinem Gesichtsausdruck.

„Gott sein Dank! Du bist da", sagt er und schaut mich verzweifelt an.

Mittlerweile komme ich zum Stehen und blicke nach unten zu Chiara. Ich strauchel und lasse mich fallen: „Prinzessin bitte", murmel ich und greife nach ihrer Hand.

„Sie ist kurz nach unserem Telefonat bewusstlos zu Boden gesunken. Ich konnte nichts mehr machen. Wirklich! Ich habe alles versucht, aber es hat nicht funktioniert", beteuert er und schaut mich bekümmert an, aber ich schüttel nur den Kopf, denn meine Augen ruhen auf Chiara.

„Schon okay", flüstere ich heiser und drücke Chiaras Hand. „Weißt du was sie hat?", fragt er weiter und ich zucke wage mit den Schultern: „Ich habe nur eine Vermutung."

Wie Chiara gerade da liegt zerbricht mir das Herz.
Ihre Brust hebt und senkt sich minimal, sodass es fast so aussieht als atme sie gar nicht.
Chiaras Gesicht ist eine gequälte Grimasse und ihre Haut ist porzellanweiß.

Sachte lege ich meine Finger an ihr Handgelenk und fühle nach dem Puls. Vor Erleichterung könnte ich weinen, als ich diesen nach wenigen Sekunden tatsächlich verspüre. Zwar schlägt er nur sehr schwach, aber immerhin besser als nichts.

Mir kommt eine Idee und ich beuge mich über sie. „'tschuldigung im Voraus", murmel ich Chiara zu und hole mit meiner Hand aus.

Doch dann lasse ich sie wieder sinken, denn ich kann kein Mädchen schlagen und schon gar nicht Chiara!

Nach kurzem Zögern berühre ich dann sanft ihre Wange und klopfe leicht dagegen. Keine Reaktion...
„Was soll ich tun? Wie kann ich dir nur helfen?", ich starre verzweifelt auf Chiara runter und spüre wie mir die Tränen kommen.

„Soll ich euch in das Krankenhaus fahren?", bietet der Blonde mir an und ich überlege. Danach zucke ich mit den Schultern: „Keine Ahnung. Vielleicht wacht sie auch gleich auf...Hoffe ich."

Der Junge nickt und ich drücke die Hand von Chiara erneut. „Wie heißt du?", geistesabwesend richte ich mich an ihn, aber dieser Smalltalk dient eigentlich nur zur Ablenkung.

Irgendwie muss ich mich von Chiaras Anblick losreißen, aber ich weiß selbst, dass dieses Unterfangen nahezu unmöglich ist. „Ich hieße Louis und du?", will der Junge, Louis, wissen.

„Fabian", knapp antworte ich ihm und wende meinen Blick dabei nicht von Chiara ab. „Seid ihr zusammen oder so?", hakt Louis nach und ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke.

Hustend schaue ich zu ihm rüber und er mustert mich verständnislos. „Ähm alles gut?", vergewissert er dich dann. „Klar, ich war nur...gelinde gesagt...etwas nun – ja... überrascht", lasse ich ihn wissen und er schmunzelt.

„Also du bist nicht ihr Freund? Vielleicht Bruder? Na ja, wobei du ihr nicht besondesr ähnlich siehst", macht er weiter und ich schüttel den Kopf.

„Weder noch. Sie hat zwar einen Bruder, aber der bin ich nicht. Und na ja...Freund. Wenn ich ehrlich bin, ich weiß selbst nicht so ganz genau, was ich für Chiara bin", schließe ich leise und streiche über ihre Wange.

„Aber du wärst gerne ihr Freund?", grinst Louis von der Seite und ich muss schlucken.

Will ich das etwa?

„Nein...ähm – ich... keine Ahnung...irgendwie...vielleicht, aber nur", stammel ich rum wie ein Idiot und Louis lacht. „Okay, okay ich denke mal das ist Antwort genug", kichert er und ich spüre wie die Hitze in mir aufsteigt.

„Muss dir nicht peinlich sein", fährt er dann fort und schweigend schauen wir wieder auf Chiara runter. „Ich glaube ich bringe sie nach Hause", murmel ich leise und betaste ihren Kopf.

Erst da fällt mir auf, dass ihre Haut eiskalt ist, obwohl es hier alles andere als kalt ist.
Im Gegenteil.
Wir haben hier momentan 31 Grad und brüllende Hitze.

„Okay, mach das. Könntest du mir noch deine Nummer geben? Ich würde gerne wissen wie es ihr geht, wenn sie aufwacht?", auf seine Frage hin nicke ich und gebe ihm mein Handy um unsere Nummern auszutauschen.

Währenddessen schiebe ich meinen einen Arm unter den Nacken von Chiara und hebe sie leicht hoch. Mit dem anderen Arm greife ich unter ihre Kniekehlen und vergewissere mich ob sie nicht doch ein Zeichen der Reaktion von sich gibt.

Bedauernd muss ich feststellen, dass das nicht der Fall ist und ich stöhne enttäuscht auf. Vorsichtig stehe ich von dem Boden auf und hebe Chiara dabei hoch.

„Hier", Louis streckt mir mein Handy entgegen und ich bedeute ihm es in meine Hosentasche zu stecken, denn ich kann es gerade schlecht an mich nehmen. „Ach Fabian. Hier ist noch ihre Tasche", erklärt mir Louis da und hebt Chiaras Umhängetasche hoch.

„Leg sie einfach auf sie drauf", seufze ich und betrachte Chiara dabei. Sie hängt schlaff in meinen Armen und rührt sich nicht.

Scheiße verdammt!
Was habe ich hier nur angerichtet?

„Melde dich bitt Fabian. In Ordnung?", stellt Louis nochmal klar und ich nicke nur. „Mach ich und danke für deine Hilfe. Ich weiß nicht was passiert wäre, wenn du nicht da gewesen wärst...", traurig lächel ich ihn an und wahrscheinlich liegt in meinen Augen der Kummer den ich im Moment empfinde.

„Kopf hoch. Sie wird schon wieder", aufmunternd schaut er mich an, wendet sich ab und geht dann in die entgegengesetzte Richtung.

Unschlüssig starre ich ihm noch einige Sekunden hinterher bis ich mich schließlich besinne und meine Aufmerksamkeit wieder Chiara schenke.

Ich laufe die Promenade entlang und halte sie eng an meiner Brust gedrückt in meinen Armen.

Fast hoffe ich darauf, dass ich ihr dadurch einen Teil meiner Lebensenergie geben kann und sie aufwacht, aber das ist lächerlich.

Schweigend gehe ich weiter und schaue alle paar Sekunden auf Chiara runter. „Prinzessin", raune ich ihr zu und ziehe sie noch enger an meine Brust.

„Bitte mach die Augen wieder auf.
Tu mir das nicht an!
Bitte!
Du bist in den letzten Tagen ein enorm riesiger und auch wahnsinnig wichtiger Teil meines Lebens geworden, obgleich wir davor fast nichts miteinander zu tun hatten!

Du machst mich glücklich, selbst wenn du nur schweigend neben mir stehst. Ich mag dich sehr Chiara Hayden. Möglicherweise sogar mehr als nur eine Freundschaft wie zwischen dir und Nico. Ich werde alles für dich tun das verspreche ich dir, aber bitte, bitte wach auf", murmel ich nahe an ihrem Ohr und meine Sicht verschwimmt etwas.

Heftig blinzel ich und wahrscheinlich sieht das ziemlich blöd aus, doch ich fände es weitaus schlimmer hier heulend durch eine menschenüberfüllte Straße zu laufen.

Ich habe schon öfter von dem Phänomen gelesen, dass wen man mit den Leuten, die im Koma liegen, redet, sie dann aufwachen und ich bete inständig, dass das auch bei Chiara funktioniert.

Allerdings hätte mich auch weiter mit einer Wand unterhalten können, denn Chiara regt sich nicht. Nach ein paar Augenblicken erreiche ich das Ende des Hafens und biege in eine um einiges ruhigere Nebenstraße ein.

Jetzt kann es nicht mehr lange dauern bis wir die Villa erreichen, höchstens fünf Minuten. Auf einmal regt sich Chiara in meinen Armen und ich stoppe augenblicklich um genau sehen zu können ob sie sich wirklich bewegt.

„Jason?", flüstert Chiara rau und mein Herzschlag verdoppelt sich.
Sie ist wach!

„Nein Prinzessin", erwidere ich mit einer heiseren Stimme und beobachte Chiara.
Sie hat die Augen noch geschlossen, aber genau da hebt sie ihre Lieder in langsamem Tempo und versucht ein Lächel: „Fabian."

„Ja. Wie geht es dir?", besorgt schaue ich sie an und selbst in diesem schrecklichen Zustand ist sie bildhübsch!

„Kopfschmerzen", murmelt sie und hält sich demonstrativ ihren Kopf. Diesen vergräbt sie sogleich auch an meiner Brust und ihre Hände legen sich um meinen Nacken.

Ein Zittern durchfährt ihren Körper und instinktiv presst Chiara ihr Gesicht stärker an mein Shirt. „Alles ist gut. Ich bin bei dir, okay? Gleich sind wir da", aufmunternde Worte sprudeln aus meinem Mund, aber sie sollen nicht nur Chiara, sondern in erster Linie auch mich beruhigen.

Vor ihr möchte ich im Moment keine Schwäche vorzeigen, denn sie ist es schließlich, die hilflos in meinen Armen hängt, schwach und kraftlos, und nicht ich.

„Halte durch. Noch ein paar Minuten und dann ist alles gut", wispere ich in ihre Haare und ihr entfährt ein leises Wimmern.

Was hat sie bloß für starke Schmerzen?
Da schießt mir ein Gedanke durch den Kopf und lässt mich erstarren.

„Du musst deine Schmerzen nicht vor mir unterdrücken.
Chiara bitte, ich verurteile dich für rein gar nichts.
Schäm dich nicht!
Du kannst es raus lassen, alles. Nur versteck es nicht meinetwegen", bestürzt über ihre Scham gucke ich auf das Mädchen in meinen Armen, welches kaum wiederzuerkennen ist.

Zwischenzeitlich hat sich Chiara von meiner Brust gelöst und ihre grünen Augen schauen mich wachsam an. „Bitte", füge ich noch hinzu und sehe sie traurig an.

Wie auf das Stichwort legt sie ihre Hände an die Schläfen und sie lässt ein schmerzerfülltes Aufkeuchen kos.

Oh Gott!

Was habe ich hier nur angerichtet?

„Alles wird gut das verspreche ich dir" hilflos laufe ich weiter und rede beruhigend auf Chiara ein, die ungleichmäßig atmet und sich in meine Armen windet. „Gleich sind wir da", flüstere ich vor mich hin und gehe mit schnellen Schritten die Auffahrt zu unserer Villa hinunter.

Ich haste an dem Tor vorbei und wenige Augenblicke später bleibe ich vor der Haustür stehen. Wie soll ich bitte die Tür öffnen, wenn ich den Schlüssel nicht aus der Tasche nehmen kann?

„Kannst du stehen?", will ich von Chiara wissen, aber gleich darauf erscheint mir die Frage komplett überflüssig, denn meine Prinzessin hat die Augen nicht offen und ihr Gesicht ist vor Leid qualvoll verzogen.

Deshalb drehe ich mich etwas zur Seite und drücke dann mit meinem Ellenbogen auf die Klingel. Angespannt warte ich, dass jemand die Tür öffnet und ziehe Chiara dabei schützend enger in meine Arme.

Da vernehme ich auch schon schnelle Schritte und ein Schlüssel wird umgedreht. Vor mir steht ein geistesbleicher Jason und schaut mich sauer an.

Als sein Blick auf seine Schwester fällt, kommt ein undefinierbarer Laut aus seiner Kehle und er streckt wortlos die Arme nach ihr aus.

„Chiara", wispert Jason und umklammert seine Schwester schützend.

Ohne etwas zu sagen trete ich über die Schwelle, ziehe meine Schuhe aus und schließe die Tür hinter mir. „Was ist passiert?", fragt mich Jason und durchdringende meergrüne Augen funkeln mich an.

Er hat exakt dieselben wie seine kleine Schwester.

Doch schon nach ein paar Sekunden werden sie schlaff und von der selbstsicheren Forderung bleibt nicht mehr viel übrig.

„Ich weiß es nicht", sage ich leise und füge noch hinzu: „zumindest nicht ganz." Stumm kehrt er mir den Rücken zu und verschwindet in der Richtung in der das Wohnzimmer liegt.

Wortkarg folge ich den beiden und betrete in einem sicheren Abstand zu den andere den Raum. „Was ist passiert? Chiara!?", ruft Leon bestürzt und ich lege meinen Finger an die Lippen.

Ich bedeute ihm leise zu sein und er versteht, denn ich weiß nicht wie schlimm es um Chiara steht. „Ist sie wach oder was ist mit ihr?", erkundigt sich Nico bei mir und ich kann nur nicken, denn zu mehr bin ich nicht fähig.

Jason lässt sich auf der Couch nieder und hält Chiara dabei die ganze Zeit fest in seinen Armen umschlungen. Sie sieht noch gebrechlicher in den Armen meines Freundes aus, als sie ohnehin schon ist.

Ich lasse mich auf den Boden fallen und fixiere Chiara, die erschöpft ihren Kopf an Jasons Oberkörper drückt. „Mach das nie wieder. Hast du mich verstanden?", will Jase schroff wissen und sie bringt ein erschöpftes „Ja" hervor.

So sitzen wir da und beobachten die beiden Geschwister bis Chris das Schweigen bricht und seinen Kopf zu mir dreht: „Fabian was ist passiert?"

Unverzüglich wenden sich alle zu mir um, bis auf Jason, dem Chiara momentan weitaus wichtiger erscheint als eine nutzlose Erklärung von mir.

„Ich weiß nicht alles, weil ich Chiaras Perspektive nicht kenne und so genau hat mir Louis den Vorfall nicht geschildert, aber anscheinend hatte sie einen Zusammenstoß mit ihm und seitdem geht es ihr so schlecht.
Aber ich würde lieber warten bis Chiara wieder fähig ist zu sprechen, denn dann könnten wir euch das zusammen erklären", entgegne ich müde und lasse Chiara dabei nicht aus den Augen.

„Wer ist Louis?", konfus schaut Felix mich an und gedanklich klatsche ich mir gegen die Stirn.

„Das ist der Junge, der Chiara geholfen und hier angerufen hat", steuere ich bei und Felix nickt nachdenklich. Bei dem Gedanken an Louis ziehe ich mein Handy hervor und tippe rasch eine Nachricht an ihn.

Hey Louis, danke nochmal für deine Hilfe. Chiara ist gerade eben aufgewacht. Ich weiß noch nicht genau wie es ihr geht, aber falls es sich verbessert beziehungsweise verschlechtert gebe ich die Bescheid.
–Fabian

Prompt erhalte ich eine Antwort.

Zum Glück ist alles gut. Na ja deinen Worten entnehmend weitgehend...richte ihr gute Besserung aus und wenn es ihr besser geht dann würde ich gerne mit ihr reden, wenn das möglich wäre.
–Louis

Klar ist das möglich. Sobald alles wieder gut ist lasse ich es dich wissen.
–Fabian

In Ordnung und danke.
–Louis

Nach diesem kurzen Austausch packe ich mein Smartphone achtlos auf die Seite und umschlinge mit meinen Armen meine angezogenen Knie.

Ich kann die Blicke meiner Freunde deutlich auf mir spüren, aber ich lege nicht den geringsten Wert darauf. Da werde ich schlagartig auf ein kaum hörbares Geräusch aufmerksam und ich spähe zu Jason herüber.

Ich erkenne wie sein Körper stumm von Schluchzern geschüttelt wird und er vergräbt seinen Kopf an Chiaras Schulter.

Die Hände von Chiara bewegen sich über die Schultern von Jase und versucht ihn zu beruhigen.

Mit einem schnellen Blick zu den anderen, vergewissere ich mich, dass die Jungs nichts gemerkt haben und das ist auch besser so.

Ich möchte nicht, dass Jason seine Gefühle und Ängste um die kleine Schwester, die er so liebt, verbirgt, aber ich nehme an, dass er dazu gute Gründe hat.

Eine lange Zeit sitzen wir so da und hängen alle unseren eigenen Gedanken nach, bis Jason von dem Sofa aufsteht.

Er trägt Chiara aus dem Zimmer, aber dabei ist sein Gesicht gesenkt so als wollte er um jeden Preis vermeiden, dass wir ihn so besorgt und traurig sehen.

Jason Hayden schämt sich unseretwegen!

Diese Erkenntnis trifft mich wie einen Faustschlag in die Magengrube.

Jason war schon immer ein wahnsinnig großes Vorbild für mich und das ist er auch immer noch. Sein Verhalten, sein Charakter und die Verbindung zu seiner Schwester.

Er ist immer freundlich und zieht nie über jemanden her. Und jetzt hat er Angst, dass wir ihn für irgendetwas verurteilen.

In diese Hinsicht ist er genau wie Chiara.

Mit einem Kopfnicken in Richtung Flur bedeutet Jason mir ihm zu folgen und dieser Bitte komme ich nach. Fast kommt es mir so vor, als würden die Jungs Jasons und mein Verschwinden überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen.

Fragend schaue ich meinen Freund an als wir und in dem Gang, der in das obere Stockwerk führt, gegenüber stehen. „Kannst du Chiara in ihr Zimmer bringen?", bittend fleht er mich an und ich nicke sofort ohne zu zögern.

„Was hast du vor?", erkundige ich mich vorsichtig.

„Ich muss an die Luft. Nachdenken und das am besten alleine", erläutert er mir und senkt seinen Kopf. „Alles klar. Wenn du reden möchtest dann komm einfach, okay", biete ich ihm an und er nicht, doch noch immer weicht er meinen Blicken aus.

Ich trete einen Schritt auf Jason zu und nehme ihm Chiara aus den Armen. Sogleich wendet er sich ab und geht über den Balkon zu dem Strand.

Wahrscheinlich setzt er sich auf die Klippen und schaut auf das Meer. Diese Vorstellung hat etwas. Bestimmt ist das sehr romantisch und ich würde das gerne mal mit einer bestimmten Person machen.

Ich schaue herunter und lächele das Mädchen in meinen Armen an.

Genau, mit dir Chiara.

Ruhig setzte ich mich in Bewegung und steige mit Chiara in den Armen die Treppe hoch. Die Tür zu ihrem Zimmer stoße ich geräuschvoll auf und gehe danach eilig auf Chiaras Bett zu.

Sanft lege ich sie hin und decke sie fürsorglich zu.
Was ist nur aus mir geworden?

Kurz zögere ich, aber schon rutsche ich neben sie und nehme ihr Hand. Sie fühlt sich klein und zerbrechlich an.

„Danke, dass du heute gekommen bist und mich geholt hast", durchbricht Chiara die Stille und verblüfft schaue ich auf. „Bitte, aber ich dachte du schläfst", gebe ich zurück und sie probiert ein müdes Lächeln.

„Schlaf jetzt Prinzessin. Danach geht es dir besser." „Bleibst du?", fragt sie hartnäckig und ich muss schmunzeln. „Sofern du das willst..."

Jetzt ist sie an der Reihe mit nicken und ich möchte sie schon in Ruhe schlafen lassen, da fällt mir noch etwas ein.
„Das mit dem Kopf und deiner Bewusstlosigkeit. Das ist wegen dem Basketball, oder? Der, der dich damals getroffen hat? Den, den ich geworfen habe?", hauche ich leise und meine Stimme wird holprig.

Bitte sag nein, bitte sag nein, schreit alles in mir drinnen, aber ich weiß, dass diese schwachen Beschwörungen zwecklos sind. Das Betteln bringt nichts.

„Ja das ist wegen dem Ball damals, wobei...na ist auch eigentlich egal", antwortet Chiara nach einer Schweigeminute und mein Kopf sackt auf meine Brust.

Ich habe es gewusst!
Eigentlich war es mir schon die ganze Zeit klar, dennoch wollte ich es nicht wahr haben!

Was bin ich nur für eine schreckliche Person?
Wie soll ich das jemals mit meinem Gewissen vereinbaren können?

Um Chiara nicht zu zeigen was in mir vorgeht, zwinge ich mich zu einem Lächeln und murmel ich ein beruhigendes „Schlaf". Kaum schließen sich ihre Augen, erlischt mein Lächeln und ich beiße die Zähne zusammen.

Ich bin schuld!

Diese drei Wörter dröhnen in meinem Kopf wie ein Echo und wollen nicht verschwinden. Allein dieser Gedanke bringt alles in mir zu einem Einsturz.

Wieso hat der Ball sie getroffen?
Wieso Chiara!?
Warum bin ich nur so ein Mensch?
Kann ich nicht einmal in meinem Leben etwas richtig machen ohne, dass ich jemanden verletze?
Nur ein einziges Mal?

Ich entziehe meine Hand aus Chiaras Griff, denn auf einmal habe ich das Gefühl, dass ich er nicht wert genug bin, dass ich ihre Hand halten darf. Die letzte Person, der das momentan erlaubt sein sollte bin ich.

Als ich das denke zieht sich alles in mir zusammen und ein Schauder durchzuckt meinen Körper.

Ich verdiene es nicht mal auf dieser Welt zu sein, denke ich bitter und rücke von Chiara ab bis ich am anderen Ende des Bettes sitze.

Ihre Nähe kommt mir unerträglich vor, aber das nicht weil ich sie nicht ausstehen kann, sondern weil sie viel zu gut für mich ist und jemand viel Besseren verdient hat al mich.

Chiara hat ein Recht auf ein stabiles Umfeld und soll sich nicht mit Leuten abgeben, die ihr grundlos Bälle an den Kopf knallen. Ich bin ihr schlichtweg einfach nicht würdig und daran wird sich nie etwas ändern.

So mies wie ich mich gerade fühle habe ich mich noch nie in meinem gesamten Leben gefühlt!

Und genau in dem Moment bricht alles heraus.
Meine Angst um Chiara, mein vermeintliches Player-Dasein, meine Selbstzweifel, die Streitereien mit meinem Bruder und die Schuld an einem Unfall des Mädchens, was mir die Welt bedeutet.

Ich kann mich selbst nicht mehr kontrollieren und die Tränen strömen in Bächen über meine Wangen. Das ist das erste Mal seit Jahren, dass ich weine und mich nicht dafür schäme.

Um genau zu sein, ist das letzte Mal mehr als sieben Jahre her.

Leise Schluchzer dringen aus meiner Kehle heraus und durchbrechen die drückende Stille. Unaufhaltsam kommen die Tränen aus meinem Körper, denn die Dämme in meinem Inneren sind gebrochen.

Es war nur eine Frage der Zeit bis all meine Sorgen an die Oberfläche geraten und alles hoch schießt. Ich weine wie in meinem ganzen Leben noch nie.

Ich weine um Chiara und mein Mitwirken an ihrem Unfall in der Schule.

Gleichzeitig verfluche ich mich.

Keine Ahnung wie lange ich hier da sitze.

Ob Stunden oder nur Minuten vergehen.
Ich weiß es nicht.
Es interessiert mich auch nicht.

Ich sitze einfach nur stumm da und lasse meinen Gefühlen freien Lauf.

So lange, bis sich zwei sanfte Arme um meinen Körper legen und mich nach hinten an einen zierlichen Körper ziehen.

Die Geste ist tröstend und deshalb lasse ich sie geschehen.

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Wahrscheinlich habt ihr mitbekommen, dass ich in letzter Zeit nicht besonders aktiv auf Wattpad war/bin.
Das liegt einfach daran, dass ich so viel Stress in der Schule habe und auch sonst nicht wirklich viel Zeit habe um online zu gehen und Bücher zu lesen/schreiben.
Das tut mir zwar wirklich leid, aber momentan geht es einfach nicht.
Ich hoffe ihr versteht deswegen auch, dass ich im Moment nicht auf Kommentare antworten, aber dies auf jeden Fall nachholen werde.
Danke, dass ihrm mich trotzdem gerade so unterstützt!!!

GLG Carmen

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