Kapitel 27

Ich werde durch das Kitzeln von Sonnenstrahlen auf meiner Haut geweckt. Verschlafen blicke ich mich um und brauche eine gefühlte Ewigkeit bis ich mich zu Recht finde.

Erst auf den zweiten Blick nehme ich wahr, dass ich halb auf einer nackten Brust liege. Langsam hebe ich den Kopf und schaue in das Gesicht von Fabian.

Wie immer umrahmen die Konturen sein Gesicht perfekt. Selbst wenn er schläft sieht er so unverschämt gut aus.

Irgendwie ist das unfair.

Was mir ebenfalls ins Auge sticht ist sein Gesichtsausdruck. Selbst im Schlaf ist sein Mund stolz verzogen und es sieht aus, als ob er genau weiß was er will.

Es ist meiner Meinung nach diese Mir-ist-alles-scheiß-egal Miene.

Gleichzeitig sieht er in diesem Zustand so lieb, einfach so verletzlich aus und ich frage mich, wie viele Menschen ihn wohl schon so gesehen haben?

Bestimmt nicht viele...

Allerdings kann ich nicht anders als ihn im Schlaf süß zu finden.

Verdammt süß!

„Fabian", raune ich leise und streichele seine Wange, doch er brummt nur. Er dreht sich zur Seite, so dass ich von ihm runter falle.

„Wir müssen aufstehen, sonst kommen die anderen noch hoch", belustigt schaue ich ihn an.

„Sollen sie doch", murmelt Fabian in mein Ohr und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren, weswegen mir ein Schauer über den Rücken fährt.

Müde öffnet Fabian nun seine Augen und legt seinen Arm träge um mich. Schmunzelnd schüttele ich den Kopf und probiere mich aus der Umklammerung zu befreien, doch schließlich lasse ich mich von meinen Gefühlen leiten und presse mein Gesicht an seine wärmende Haut.

Ich ziehe seinen Geruch ein und mein Verstand wird benebelt.

Fabian riecht immer noch leicht nach dem Rauch des gestrigen Lagerfeuers, vermischt mit einer leichten Meerbriese.

Wie in einem Rausch umarme ich Fabian und mein Herz hämmert wie verrückt.

Plötzlich vernehme ich ein lautes und vor allem nachdrückliches Klopfen an meiner Zimmertür, woraufhin Fabian und ich sofort auseinander schießen. Ich werde rot und um meine Verlegenheit schnell zu überspielen springe ich aus dem Bett.

„Sieht so aus, als könnten es die Jungs gar nicht mehr ohne uns aushalten", kichert Fabian während ich mich entscheid, was ich anziehen soll.

Einen dunkelblauen Jumpsuit oder einen Jeansrock mit einem schlichten weißen Oberteil? Fragend drehe ich mich zu Fabian um und warte auf seine Entscheidung.

Ähm, warum genau tue ich das?
Wieso um Gottes Willen interessiert mich seine Meinung und ich lege Wert darauf?

Ich weiß es selbst nicht...

„Nimm den dunkelblauen Jumpsuit. Der betont deine langen Beine", nach einer kurzen Überlegung antwortet er und ich bin erstaunt. „Ja ich weiß was mir gefällt. Ich habe auch von etwas Ahnung", lacht Fabian und ich grinse ertappt.

„Sweet", kommentiert er und wird dann auf einmal schlagartig ernst.

Das ist das zweite Mal, dass es mich süß nennt.

Ich strahle ihn vielsagen an, aber er schaut in die Leere. „A-alles in Ordnung?", verunsichert luge ich auf meine Füße und wende mich meinem Kleiderschrank zu.

Auf einmal bin ich wieder so verklemmt!
Was macht Fabian Grace nur mit mir?

Eigentlich ist er der total harte Typ, aber hier im Urlaub taut er komplett auf. Ehrlich gesagt verstehe ich gerade gar nichts mehr...

Zwei starke Arme umschließen meinen Oberkörper und ich werde eng an eine muskulöse Brust gezogen. „Alles bestens", raunt Fabian in mein Ohr und ich lehne mich an ihn. Er beugt sich zu mir herunter und mustert mich eindringlich.

Er beäugt mich prüfend und unvermittelt werde ich wieder unsicher. „Was?", fordere ich tonlos von ihm.

Er räuspert sich und sagt dann mit samtiger Stimme: „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wunderschön bist."

Eine Gänsehaut des Glücks überzieht meinen Körper wie eine dünne Eisschicht.

Nicht sexy, nicht hübsch, sondern wunderschön.

Nie hätte ich geglaubt, dass Fabian mir mal so ein Geständnis machen würde. Wenn mir das jemand vor einem Jahr prophezeit hätte, dann hätte ich ihn todsicher ausgelacht.
Fabian bindet sich an kein einziges Mädchen.

Er nutzt sie nicht aus, aber er will von keiner was und das reizt die ganzen Weiber noch mehr. Sie fliegen auf ihn wie Mücken auf Blut, um Fabian wortwörtlich auszusaugen.

„Ähm...danke", stottere ich verlegen und spähe auf seine Brust. „Tut das eigentlich noch sehr weh", erkundige ich mich leise und deute auf seinen Bluterguss.

Fabian seufzt und sagt: „Es ist zum aushalten. Auf jeden Fall ist es nicht so schlimm wie vor ein paar Tagen, auch wenn es nicht so aussieht."

Ich nicke und Fabian entlässt mich aus seinen Armen. „Ich gehe mich umziehen", Fabian wendet den Kopf ab und will schon gehen, aber er dreht sich noch einmal zu mir um. „Bis gleich Prinzessin", murmelt er mit blitzenden Augen und küsst meine Stirn.

Ohne ein weiteres Wort verschwindet er und ich sehe ihm kopfschüttelnd hinterher. Ich ziehe mir mein Shirt aus und schlüpfe in den Jumpsuit, für den sich Fabian entschieden hat.

Meine Haare frisiere ich zu einem unordentlichen Pferdeschwanz, aus welchem ein paar Strähnen heraushängen. Schnell suche ich noch meine Uhr und stelle kurz darauf fest, dass es bereits zehn ist.

Mist!

Ich greife noch nach ein paar silbern schimmernden Armbändern und streife diese über mein Handgelenk. Dann verlasse ich mein Zimmer. Auf dem Flur begegne ich natürlich Fabian und lächel ihn schüchtern an.

„Warum nennst du mich eigentlich immer Prinzessin?", wende ich mich neugierig an ihn. „Ich kann dich auch verliebtes Häschen nennen, wenn dir das besser gefällt", gluckst Fabian und ich schlage ihm auf den Arm, woraufhin er sich schmerzend eine Hand an die Brust hält und dramatisch die Augen schließt.

„Oh Gott! Wie kannst du mir das antun?" Ich krümme mich haltlos vor Lachen und halte mir den Bauch.

„Du bist echt nicht ganz dicht", bringe ich nur mühsam hervor und ringe nach Fassung. Als ich mich weitgehend beruhigt habe kassiere ich von Fabian einen merkwürdigen Blick, den ich nicht deuten kann.

„Du schuldest mir immer noch eine Erklärung", erinnere ich ihn und er löst sich prompt aus seiner Starre.

„Stimmt", er schaut mir tief in die Augen und spricht leise: „Du bist so wunderschön wie eine Prinzessin. Das ist der Grund warum ich dich so nenne. Abgesehen davon passt es irgendwie zu dir."

Ich bin gerührt und umarme ihn stürmisch.

Er lacht in mein Ohr, wirbelt mich herum und stellt mich wieder auf dem Boden ab.

„Kommt ihr jetzt mal her? Bewegt eure Ärsche hier runter! Wir wollen nicht ewig warten", brüllt eine laute Stimme und ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich dabei um meinen Bruder handelt.

Ich verdrehe meine Augen demonstrativ und werde von Fabian die Treppe runter geschoben. „Ich kann auch selbst laufen." „Ich weiß", gibt Fabian zurück und wir lachen gleichzeitig.

„Man wieso zur Hölle braucht ihr so lange?", fragt Nico als wir das Erdgeschoss betreten. „Ja Entschuldigung! Ich musste mich noch umziehen", patzig blicke ich zu ihm herüber.

„Wow Miss 70C. Kein Grund jetzt gleich auszurasten." Als ich ganz in den Raum trete pfeift Chris anerkennend und erntet auch von mir einen vernichtenden Blick.

„Siehst gut aus", lacht Chris und Jason ermahnt ihn sofort. „Hey, jetzt mal ganz langsam hier, okay! Das ist immer noch meine kleine Schwester um die es hier geht, kapiert mein Freund?"

Das ist alles nur gespielt, das weiß ich, dennoch werfen die Jungs Chris feixende Blicke zu. Er zieht daraufhin nur einen Schmollmund. „Ach werd doch erwachsen", brumme ich und gehe zu dem Kühlschrank.

Ich hole mir meinen veganen Kokos-Joghurt und gebe ihn in eine Schüssel. Hinein kommen noch ein paar Heidelbeeren und zu guter Letzt kleckse ich ein bisschen Honig darauf.

Das alles verrühre ich und setzte mich dann auf die Anrichte um so weit wie möglich von diesen kindischen Blödmännern entfernt zu sein.

Leon und Felix sind so vertieft in ihre hitzige Diskussion über Sport, dass sie unserem Gepläkel nebenbei gar nicht folgen. „Das ist du zum Frühstück?", will Nico von mir wissen und schaut mich entgeistert an.

Ich starre genauso zurück und stelle sachlich klar: „Nicht jeder ist so verfressen wie..." Ich mache eine ausladende Handbewegung um ihm dadurch zu signalisieren was ich meine.

„Werd nicht frech Prinzessin", lacht Fabian und droht mir scherzhaft mit dem Zeigefinger. „Okay Papa. Ich werde es mir merken", Nicos, Jasons' und Chris' Blicke wandern von mir zu Fabian und wieder zurück.

„Prinzessin. Im Ernst jetzt!?", Jason lacht wie verrückt und den anderen beiden fällt die Kinnlade herunter. „Himmel, seid ihr nervig!", knurre ich und schiebe mir einen Löffel in den Mund.

Chris steht auf und holt sich eine Flasche Wasser. Dabei läuft er nah an mir vorbei, grinst und wackelt mit den Augenbrauen.

„Nahhh, noch Jungfrau?" Ich verschlucke mich an meinem Joghurt und fange an zu husten. Chris grinst wie verrückt.

Wahrscheinlich denkt er, dass er ins Schwarze getroffen hat. Die Gespräche am Tisch verstummen und alle schauen verwirrt zu mir.

Ich huste ein letztes Mal und schnappe atemlos nach Luft. „Bist du eigentlich bekloppt?", fahre ich ihn wütend an, aber Chris hat nichts Besseres zu tun als mich anzustarren.

Ruckartig knalle ich meine Schale auf die Anrichte, weswegen Joghurt raus spritzt, aber das ist mir in dieser Sekunde völlig egal.

„Sag das noch einmal", raunze ich und er besitzt tatsächlich die Dreistigkeit seine Frage erneut zu stellen. Außer mir hebe ich die Hände und verschränke sie vor meiner Brust, denn ich muss mich wirklich beherrschen um ihm keine zu knallen.

„Rede keinen Scheiß! Wenn du nicht weißt um was es geht, dann halt einfach nur dein beschissenes Maul, verstanden?

Und wehe du redest noch ein einziges Mal so einen Müll, denn dann wirst du mich richtig kennenlernen! So einen Schwachsinn muss ich mir echt nicht anhören. Außerdem hat es dich einen Dreck zu interessieren, ob ich noch...du weißt schon was bin.

Ach ja, und im Übrigen, selbst wenn ich es nicht mehr wäre, was ich zum Glück noch bin, dann würde es dich rein gar nichts angehen.

Verstanden? Es ist nicht deine Angelegenheit!", knirsche ich und deutlich erkenne ich wie der Freund meines Bruders zurück weicht.

Wahrscheinlich ist er ziemlich geschockt von meinem Ausbruch, genauso wie alle anderen.

„Ach fuck, ihr könnt mich alle mal sowas von", wutschnaubend stampfe ich an dem Esstisch vorbei. Bevor ich den Raum verlasse, greife ich noch nach meiner Handtaschen und meinem Handy.

Dort werfe ich dann noch Kopfhörer, Geld, Schlüssel und eine Sonnenbrille rein. Aus dem Schuhschrank hole ich mir meine schwarzen knöchelhohen Vans und drehe mich ein letztes Mal zu den Jungs um die mich sprachlos beobachten.

„Schönen Tag noch", schnauze ich sie an und stolziere damit aus dem Zimmer.

„Chiara, jetzt warte doch mal. Es tut mir leid. Das war dumm", höre ich Chris noch hinter mir rufen. Während ich meine Schnürsenkel binde gebe ich kühl zurück: „Steck es dir sonst wohin!"

Dann ziehe ich die Tür auf und lasse sie lautstark hinter mir zufallen.
So ein Depp!

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