Kapitel 24
Zögernd betrachte ich das bimmelnde Handy in meiner Hand und will am liebsten auflegen,aber ich traue mich nicht.
Wieso zur Hölle ruft Amy mich an?
Hab ich ihr nicht deutlich mit meiner letzten WhatsApp zu verstehen gegeben, dass sie mich in Frieden lassen soll.
Was ist an Hör auf Amy! Lass uns etwas auf Abstand gehen! Nicht zu verstehen?
Ist die dumm? Wer ist bitteschön so blöd trotzdem zurück zu kommen und mich hartnäckig zu nerven bis ich nicht mehr anders kann als ihr zu reden.
Kurz will ich warten bis mein Handy aufhört zu klingeln, aber aus Erfahrung weiß ich, dass diese Masche bei Amy nicht zieht.
Sie wird danach jede Minute anrufen und das rund um die Uhr, bis ich abnehme. Schließlich seufze ich auf und nehme das Gespräch an:„Was gibt's?"
Ich weiß, dass ich unhöflich bin, danke! Aber wenn ich auf jemanden gerade überhaupt keinen Bock habe, dann ist das eindeutig Amy!
„Schatzi, was ist los?", will sie aufgeregt wissen und ich höre ein leises Schniefen im Hintergrund. „Heulst du etwa?"
„Nein, wie kommst du denn darauf?",schreit sie ironisch in den Hörer und ich halte mein Handy so weit wie möglich von meinem Ohr weg.
„Wir sind zusammen und ich bin deine Freundin! Ich dachte ich bin dir wichtig und du würdest mich nie fallen lassen!
Und jetzt schreibst du mir auf einmal so komische Nachrichten und auf meine Whats App reagierst duauch nicht.
Was ist los mit dir? Warum bist du so?"
Das kann ja lustig werden...
Hör mal Amy", fange ich völlig genervt von ihrer Szene an „Ich habe keinen Bock mehr auf diesen Scheiß. Ich mach Schluss.
Wir waren nie ein richtiges Paar und das weißt du auch. Du hast mich nur darum gebeten, dass ich deinen Freund SPIELE und nicht dein Freund BIN.
Das ist ein gewaltiger Unterschied, meine Liebe. Also hör auf zu nerven und lass mich endlich in Ruhe.
Ich hätte dir das schon viel früher sagen sollen und du weißt so gut wie ich, dass ich mich unter einer Bedingung darauf eingelassen habe und zwar, dass nie etwas Ernstes daraus wird!
Kapiert?
Außerdem kann man es nicht mal Schluss machen nennen, weil wir nie richtig zusammen waren...
Also bekomm das jetzt in deinen Kopf rein. Wir sind durch miteinander! Punkt und fertig! "
Endlich, endlich habe ich ihr das gesagt!
Ich glaube ich habe mich noch nie so frei gefühlt.
Wie ich diesen Beziehungsscheiß hasse! Na ja, dabei ist es nicht mal eine richtige Beziehung.
Amys Eltern wollten sie mit irgendwem verkuppeln und das passte ihr überhaupt nicht.
Sie kam total verzweifelt zu mir und bat mich ihren festen Freund zuspielen, damit ihre Eltern aufhören sie zu nerven.
Ich stimmte zu, weil wir in einer Stufe sind und wir uns schon lange kennen. Doch jetzt weiß ich, dass ich nie hätte zu stimmen dürfen!
Wie es aussieht hat sie sich in mich verliebt oder war es schon von Anfang an und ich bescheuerter Idiot habe all das nicht bemerkt!
Mittlerweile kann ich mir sogar vorstellen, dass diese Story mit ihren Eltern erlogen ist, denn wie unglaubwürdig ist das denn bitte!?
Das stickt bis zum Himmel hoch.
Aber ich bin ja so naiv, dumm und gutgläubig, habe es ihr abgekauft und dabei alles links liegen lassen.
„Es ist vorbei", neutral spreche ich weiter und will auflegen.
Das kannst du doch nicht machen", heult Amy undschluchzt vor sich hin.
Jetzt heult sie definitiv!
„Man Amy. Du weißt doch genau, dass wir nie zusammen waren. Wir passen schlichtweg einfach nicht zu einander. Versteh das doch einfach.
Außerdem war das zwischen uns nur total harmlos und es tut mir leid, wenn du dich in mich verliebt hast, aber ich liebe dich nun mal nicht. Daran wird sich nie etwas ändern.
Ich habe mich in jemand anderes verliebt und das wirst du wohl oder übel akzeptieren müssen. Es tut mir wie gesagt leid, aber ich hoffe für dich, dass du irgendwann darüber hinweg kommst und mich vergisst.
Denn es bringt nichts mir hinterher zu trauern, weil sich an meinen Gefühlen nie, hörst du, nie etwas ändern wird!"
Meine Stimme wird immer leiser, aber ich mache das richtige das weiß ich und ich hätte es schon so viel früher tun sollen.
Eine Ewigkeit herrscht Schweigen und ich will schon auflegen, weil ich annehme, dass Amy weg ist, aber dann bohrt sie nach:„Wer ist es?"
Ich kann ihr nicht ganz folgen, aber sie erläutert sofort was sie meint: „Ist es Chiara? Diese Schlampe, in die du dich verliebt hast?"
Eineunbändige Wut schießt in mir hoch und ich knurre:
„Chiara ist keine Schlampe! Nenn sie noch ein einziges Mal so und du hast ein ewiges Problem! Wenn hierjemand eine Schlampe ist, dann ja wohl du."
Wie kann sie es wagen, so über Chiara herzuziehen!?
Das wird sie noch bitter bereuen.
Ohne zu zögern nehme ichdas Handy von meinem Ohr und drücke auf den rotten Button.
So eine bescheuerte Kuh!
Und nur wegen ihr verliere ich Chiara vielleicht jetzt.
Mein Blick fällt wieder auf den Grill den ich während des Telefonats komplett außer Acht gelassen habe. Shit!
Schnell hole ich das Fleisch herunter und lege es auf einen Teller, damit es nicht verbrennt.
Nachdem das Feuer erlischt, begebe ich mich zurück in das Haus und gehe zu Chiara in die Küche.
„Hey, ich bin fertig",lasse ich sie wissen und sie dreht sich nicht mal zu mir um.
„Cool", erwidert sie kühl. „Stell das auf den Tisch. Ich bin auch gleich fertig und die Jungs sollten eigentlich auch jeden Moment kommen."
Autsch!
Diese Abfuhr habe ich wahrscheinlich wieder verdient, aber ich kann nicht anderes als sie in diesem eifersüchtigen Zustand süß zu finden.
Ich räuspere mich und versuche die Wogen zu glätten: „Kann ich dir noch irgendwie helfen?"
„Nein", kommt es einsilbig zurück. Trotz ihrer Ablehnung greife ich nach Tellern und Besteck um den Tisch zu decken.
„Ich habe mich übrigens von Amy getrennt", durchbreche ich nach einigen Minuten die unangenehme Stille.
Kurz bemerke ich eine flüchtige Reaktion und kann so was wie Freude und Erleichterung in Chiaras Gesicht erkennen.
„Ach echt?", vergewissert sie sich mit Neugier in der Stimme und ich muss ein selbstsicheres Grinsen unterdrücken.
„Wieso?", wahrscheinlich soll es möglichst beiläufig klingen, aber es gelingt ihr nicht besonders gut.
„Ja, wir passen einfach nicht richtig zusammen und auf Dauer funktioniert so etwas nicht. Eigentlich hätte ich von Anfang an wissen sollen, dass es falsch ist",erkläre ich schulterzuckend und decke den Tisch weiter.
„Das ist toll-ähm...ich meine natürlich...tut mir leid für dich, äh euch", stottert sie und wird rot.
„Du klingst nicht so, als würde es dir sonderlich viel ausmachen", stelle ich lachend fest und Chiara wird noch eine Spur röter, falls das überhaupt noch möglich ist. „Also wenn ich ehrlich sein soll..."
„Ich bitte darum", falle ichihr schmunzelnd in ihr Wort.
Jetzt kommt es!
„Wenn ich ehrlich bin, dann tut es mir überhaupt nicht leid was ich gesagt habe, denn ich konnte Amy noch nie leiden und nichts für ungut, aber meiner Meinung nach war das Ganze ein totaler Griff ins Klo.
Wenn du verstehst was ich meine...", beendet sie ihren Satz.
Ich bin verblüfft, dass Chiara keine Hemmungen hat mir ihre Sicht der Dinge anzuvertrauen. Gleichzeitig muss ich dümmlich vor mich hin lächeln angesichts ihres starken Willens.
Wie mich dieses Mädchen immer wieder überrascht!
„Hier riecht es ja lecker", platzt Jason mitten in unser Gespräch als er die Küchebetritt. Ich funkel ihn sauer an, aber er bleibt wie angewurzelt stehen und blickt ungläubig zu uns herüber.
Fragend hebe ich eine Augenbraue, schaue dann hilfesuchend zu Chiara und erst da verstehe ich was mein Freund meint.
Chiara und ich stehen so nah an einander, dass ich die Wärme ihrer Haut spüren kann und ich müsste mich nur noch wenige Zentimeter vorbeugen um sie zu berühren.
Eilig sehe ich zu, dass ich an Abstand gewinne und ich kann von Glück, Schicksal oder was weiß ich reden, dass mein Bruder in diesem Moment nicht im Raum ist, denn sonst wäre ich jetzt garantiert tot.
„Leon und ich haben das Mittagessen vorbereitet", bemerkt Chiara nur und stellt scheinbar ungerührt den Salat und die Kartoffeln auf den gedeckten Tisch.
„Genau", stimme ich ihr zu. „Was gibt es denn?", will mein Bruder wissen, als er das Wohnzimmer betritt.
Wenn man von dem Teufel spricht oder denkt...
„Kartoffeln, Salat und Steaks", kommt es wie aus der Pistole geschossen aus der Richtung von Chiara. „Lecker", sagen meine Freunde wie auf einen Knopfdruck und gleiten auf die Stühle.
„Was auch immer das gerade zwischen dir und meiner kleinen Schwester war...Ich warne dich! Wehe du brichst ihr auch nur ansatzweise das Herz, denn danach bist du ein toter Mann Grace, glaub mir!", mit gefährlich leiser Stimme läuft Jason an mirvorbei und ich schaue ihn belustigt an.
„Oh hängst du jetzt etwa den Beschützer raus? Jetzt kriege ich aber Angst."
Wir lachen dumm und schließlich sage ich:„Ne okay, Spaß bei Seite. Ich kann dir selbst nicht ganz erklären was dasgerade war, aber ich werde es schon nicht verbocken."
Ähm Leon, okaaay...was redest du da gerade für einen Müll?
„Hahahaha", lacht Jason los, brüllt vor Lachen und erntet daraufhin einen verwundeten Blick von mir.
„Ähm-Jason...?", leicht besorgt wende ich mich zu ihm und er verdreht die Augen.
„Mann! Das war einWitz! Wo ist denn dein Humor hin? Du hättest dein Gesicht sehen sollen...einfach nur erstklassig!"
Ich schlage ihm mit der Faust auf die Schulter, aber auch ich kann ein Lachen nicht unterdrücken.
„Was ist so witzig?", fragt Fabian und runzelt die Stirn.
Ausgerechnet er!
„Stimmt. Wir würden gerne mit lachen", ergänzt Nico grinsend und ich grinse zurück.
Der beste Freund von Chiara ist mir total sympathisch, auch wenn es mich ein bisschen stört, dass sich Nico und sie so nah stehen.
„Also ich kann es mir schon denken", überlegt Chris laut und Felix setzt hinzu: „Hm, ja..." Ich werfe ihm noch einen warnenden Blick zu, aber dennoch spricht er weiter:„...Chiara."
„Danke Bro, echt", sage ich zu Felix, doch der zuckt nur mit den Schultern und mit den Augen rollt. „Was? Stimmt doch!"
Ja, leider!
„Grandios",meldet sich mein Bruder zu Wort und steht auf, so dass sein Stuhl fast nach hinten kracht.
Überraschenderweise kann ich Schmerz und Angst in den Augen meines Bruders deuten und deswegen stelle ich mich ihm in den Weg.
Doch er umrundet mich geschickt und will schon den Raum verlassen, als ich ihn an seinem Handgelenk packe und ihn zu mir drehe.
„Was?", fragt er tonlos und gebrochen schaut er mich an.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass in meinen Augen der Schock liegt den ich gerade empfinde.
Was fühlt mein kleiner Bruder für Chiara?
Allein dieser Gedanke versetzt mir einen Stich und ich mustere Fabian erneut durchdringend.
„Lass mich los Leon, bitte", bittet Fabian und ich gehorche.
Mit hängenden Schultern, dennoch stolzem Gang will er den Raum verlassen, aber er rechnet nicht mit Chiara.
Sie hält ihn an der Hand fest und fragt zuckersüß: „Wohin des Weges?"
„Nach oben in mein Zimmer", gibt mein Bruder von sich und schaut sie bedauernd an. Ich kann seine Blicke nirgendwo einordnen.
„Nein. Du setzt dich jetzt sofort wieder hin, denn wir essen jetzt und wir haben nicht umsonst gekocht. Also keine Diskussionen!"
Trotz ihrer harten Ansage versteckt sich hinter ihrem barschen Ton eine sanfte, fürsorgliche Stimme, was mich rasend macht.
Sie schauen sich lange in die Augen und vollführen ein scharfes Blickduell, welches Chiara haushoch gewinnt. „Na gut", murmelt Fabian geschlagen und verdrückt sich wieder an den Tisch.
Kurz bin ich der Auffassung ,dass Chiara die Hand meines Bruders drückt, doch das geschieht in Sekundenschnelle, sodass ich mir sicher bin, dass das Einbildung ist.
Alle gucken ihn an und die Blicke wechseln zwischen mir, Fabian und Chiara.
Chris rempelt Fabian scherzhaft an: „Na, eifersüchtig?"
Er flüstert es so leise und glücklicherweise hört die Schwester von Jason das nicht.
Als Antwort schnaubt mein Bruder nur geräuschvoll und wendet sich dann seinem Essen zu. Stumm schaufelt er es in sich hinein und beachtet die Blicke der anderen nicht, die auf ihm ruhen.
„Was?",fragt er nach einer Weile genervt. „Habt ihr keine anderen Hobbys, als mir beim Essen zuzugucken? Hört auf zu gaffen und fangt lieber an zu essen, sonst wird es kalt."
Chiara lacht und bekommt von meinem Bruder ein winziges Lächeln geschenkt.
Als er die Aufmerksamkeit wieder seinem Teller zu wendet, wird sein Gesichtsausdruck wieder hart. Ich höre wie Nico zu Chiara sagt: „Siehst du. Was habe ich dir gestern gesagt?", und ihr zu zwinkert.
Sie wirft den Kopf in den Nacken und stöhnt auf.
Liebend gerne würde ich wissen was er meint, aber ich hacke nicht nach, denn streng genommen geht es mich nichts an!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top