Kapitel 22

„Also wo willst du hin meine Liebste?", fragt Nico mich und wackelt scherzhaft mit den Augenbrauen, worauf ich nur mit einem schnaubenden Lachen antworte.

„Okay, ne Spaß bei Seite. Komm such es dir aus."

„Ehrlich?" Gespielt entnervt seufzt er: „Ja Chiara ehrlich. Glaubst du etwa ernsthaft, dass ich es mir jemals erlauben würde mich mit dir zu verscherzen? Das würde ich doch nie wagen..."

Ich weiß das alles nur Show ist und deswegen packe ich ihn an der Hand und ziehe ihn hinter mir her.

Ich habe schon lagen darauf gewartet mit Nico durch Nizza zu streifen und wieder unser Lieblingscafé zu besuchen. Schnell ziehe ich meinen besten Freund hinter mir her durch die Innenstadt und erreiche bald mein Ziel.

Entlang der Promenade entdecke ich mehrere kleine Boutiquen und ich erblicke auch das Café.

„Hab ich's doch gewusst", Nico zwinkert mir lachend zu und öffnet für mich die Tür. Drinnen sieht es noch genau so süß aus wie beiunserer ersten Begegnung.

Der Raum ist nicht besonders groß, aber dafür liebevoll ausgestattet. An der weiß gestrichenen Wand hängen schöne Bilder von dem Meer und verleihen dem Ganzen eine total persönliche Note.

Es gibt mehrere schwarze Tische mit weißen Stühlen und auf der Verkaufstheke stehen dutzende von französischen Leckereien.

Ich steuere auf unseren Stammplatz zu und Nico setzt sich mir gegenüber. Ich blicke mich um und strahle über das ganze Gesicht: „Oh man, ich habe es so vermisst hier zu sein. Ich kann gar nicht fassen, dass wir hier jetzt zu zweit sitzen. Ich hätte nie geglaubt, dass wir uns sehen, bevor wir die Schule beenden..."

„Was glaubst du wie ich froh ich bin,dass du endlich hier bist. Du weißt gar nicht wie sehr ich dich vermisst habe!"

„Oh doch. Ich glaube das weiß ich genau. Mir ging es damit nicht anders als dir", schiebe ich leise hinterher.

„Bitte werde jetzt nicht wieder sentimental! Lass uns lieber die Zeit genießen und nicht über die vergangenen Jahre trauern,da es eh reine Zeitverschwendung ist zu Mal wir jetzt hier sitzen."

Ich mussprusten. Diese Antwort ist so sehr Nico, dass ich nicht anders kann als aufzuspringen und ihn zu umarmen.

„Sagte ich nicht gerade, dass wir Gefühlsausbrüche vermeiden sollen", lacht Nico und seine grauen Augen blitzen, aber er erwidert die Umarmung und drückt mich ganz fest an sich.

„Nö. Du hast gesagt ich soll nicht sentimental werden. Von Gefühlsausbrüchen war nie die Rede", grinse ich frech zurück. „Na wenn das so ist..."

Eine junge Blondhaarige Bedienung kommt an unseren Tisch und fragt freundlich nach unseren Wünschen.

Ich entscheide mich für einen Double-Chocolate-Shakeund ein Himbeertörtchen mit Sahne. Nico bestellt einen Brownie mit Crème Brûlée und dazu einen Vanille-Shake.

Zufrieden lehne ich mich zurück und platze heraus: „Hast du wirklich eine Freundin?"„Bist du eifersüchtig?"

„Spinner", ich boxe ihm leicht gegen den Oberarm.Gespannt warte ich auf seine Antwort und er kneift die Augen zusammen: „Ja ichhabe eine Freundin."

„Wie heißt sie? Wie alt ist sie? Ist sie hübsch? Habe ich sie schon mal gesehen?", überhäufe ich ihn mit einer Wucht von Fragen und erhebt beschwichtigend die Hände.

„Okay wow chill mal. Geh nicht gleich auf 180!"

„Sorry"

„Aber jetzt erzähl schon", fahre ich fort. „Jaha." „Das ist nicht die passende Antwort. Also?" „Man, komm mal runter. So aufregend ist das jetzt auch nicht", versucht er meinen Enthusiasmus runter zu fahren.

WIE BITTE!?

Ich glaube ich habe mich verhört und verschlucke mich an meiner eigenen Spucke. Mein bester Freund ist zum ersten Mal verliebt und hat eine feste Freundin und das soll nicht aufregend sein?

Der spinnt doch!

„Das findest du nicht aufregend? Sag mal willst du mich eigentlich verarschen? Wenn deine Freundin das hört dann macht sie dich definitiv einen Kopf kürzer!"

„Okay, okay jetzt raste nicht gleich aus Chiara",versucht Nico mich erneut zu beruhigen, aber ich blicke ihn weiterhin missbilligend an.

„Du bist süß wenn du dich aufregst", lässt er mich wissen.„Und du bist ein Idiot", ich gucke ihn böse an.

„Warum und vor allem wie hast du dir eine Freundin verdient, wenn du so über sie redest?" „Du nervst", ist sein einziger Kommentar, doch noch bevor ich den Mund aufmachen kann ergänzter: „Ich meine nur, dass du nicht gleich so ausflippen musst! Ja klar ist es schön, aber noch lange kein Grund sich so aufzuregen..."

Mein Mund klappt bei seinen Worten auf. Wie es scheint haben wir beide eine ganz unterschiedlicheWahrnehmung bezüglich der Liebe.

„Beantwortest du jetzt trotzdem meine Fragen?"„Ja sweety. Man Chiara warum bist du immer noch so ungeduldig? Man sollte meinen, dass du dich in den letzten Jahren verändert hast", kopfschüttelnd lächelt er.

„Sei doch froh, DASS ich mich nicht verändert habe", gebe ich zurück.

In dem Moment kommt die Bedienung wieder und wir machen uns gierig über unsere Bestellung her. „Also wer ist deine Freundin?", löcher ich ihn zwischen zwei Bissen.

Mhm...

Genießerisch schließe ich die Augen und lasse mein Himbeertörtchen auf der Zunge zergehen. „Du musst mir schon zu hören, wenn du eine Frage stellst."

Erschrocken reiße ich die Augen auf. „Äh was", stammelich. „Ich war nur gerade in Gedanken sorry. Was hast du gesagt?"

„Ich habe gesagt, dass meine Freundin Leana heißt. Sie ist 17 Jahre alt geworden und ist total bezaubernd."

Ich lächele stumm und beobachte Nico genau, während er mir von dieser Leana vor schwärmt. Er hat dieses Grinsen im Gesicht, mit dem manf ast schon dämlich aussieht.

Wer hätte gedacht, dass Nico mal so über ein Mädchen reden wird?

Ich sicher nicht!

In diesem Zustand finde ich ihn wahnsinnig süß und grinse in mich hinein. „Aber jetzt erzähl du doch mal. Hast du einen Freund?", fordert mein bester Freund mich auf und ich verschlucke mich an meinem Shake.

Das ist das erste Mal, dass Nico und ich über das Thema Liebeso intensiv reden.

Er fängt an zu lachen während ich immer noch nach Atem ringe. Ich ersticke hier fast und diesem Idioten fällt nichts Besseres ein, als mich auszulachen.

Na vielen Dank auch!

„Aaaaaaalso...", fragt Nico gedehnt. „Nein ich habe keinen Freund. Und jetzt bitte Themawechsel", ich werde ernst und ohne dass ich es will fügen sich die Gedanken in meinem Kopf zu einem Satz.

Aber ich hätte gerne einen und zwar eine ganz bestimmte Person.

Doch Nico lässt nicht locker und bohrt weiter nach: „Wirklich niemand? Du würdest mir doch nichts verschweigen, oder?"

„Nein würde ich nicht", langsam bin ich etwas irritiert von seiner Beharrlichkeit.

Grinsend hebe ich eine Augenbraue, aber das Gesicht meines Freundes bleibt unbewegt. „Okay, was ist los?"

Gefühlte Jahre sagt er nichts und ich will ihn schon schütteln um eine Antwort zu erhalten, als er den Mund endlich öffnet: „Ich glaube dieser blondhaarige Typ von gestern Abend steht auf dich."

Das Ganze sagt er so harmlos, dass es mir schon fast wie der größte Witz des Jahrtausends erscheint!

Ich starre ihn fassungslos an und kann nicht verhindern, dass mir mein Kiefer herunter klappt. Er meint doch woh lnicht etwa

...Fabian!?

„Kannst du das bitte wiederholen?", krächze ich.

„Ich glaube der blondhaarige Junge von gestern Abend, der mich gestern indirekt gefragt hat ob ich eine Freundin habe, steht auf ich", sagt er erneut.

Ich kann nicht verhindern, dass mir der Löffel aus der Hand fällt und klirrend auf meinem Teller landet, aber das ist mir gerade herzlich egal.

Warum zum Teufel haben plötzlich alle das Bedürfnis mich mit Fabian zu verkuppeln?

Zuerst Bella, dann mein Bruder und jetzt auch noch mein bester Freund.

„Nico du spinnst",spreche ich meine Gedanken energisch aus. „Du würdest jetzt nicht so reagieren,wenn du nicht wüsstest, dass ich Recht habe", gibt er achselzuckend zurück und ich nehme die Farbe einer Erdbeere an.

Eigentlich wollte ich Fabian und vorallem unsere Begegnung von heute Vormittag mit Hilfe unseres Treffensvergessen, doch das will mir einfach nicht gelingen.

Warum holt er mich überall ein, egal wo ich gerade bin?

Das darf doch echt nicht wahr sein!

„Ich meine es ernst Nico. Hör auf mit so einem Scheiß", meine Stimme überschlägt sich fast.

Wieso bin ich auf einmal so nervös?

„Ist schon in Ordnung Angst vor seinen eigenen Gefühlen zu haben, ins besondere wenn es um die Liebe geht", meint Nico gedankenverloren.

Bitte WAS?

Ich habe mich da gerade wohl hoffentlich verhört.

„Ich habe keine Angst! Und schon gar nicht steht Fabian auf mich",wiederspreche ich entrüstet.

„Nun wenn das so ist", grinst er provokant und ich muss mich beherrschen ihn nicht an zu schreien.

Ich finde diese Situation momentan alles andere als witzig. Leider habe ich die Rechnung ohne Nico gemacht, denn er fügt hinzu: „Chiara, falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich bin ein Junge. Und das wiederrum bedeutet, dass ich weiß wie wir Männer uns verhalten, wenn wir verliebt sind oder ein Mädchen mögen.

Du hast dem armen Jungen gehörig den Kopf verdreht und er ist bis über beide Ohren in dich verliebt. Ganz einfache Psychologie. Das sieht selbst ein Blinder!

Hör auf zu grübeln und versteck deine Gefühle nicht, weil diese kannst du nicht wegsperren. Das funktioniert rein aus Prinzip nicht, verstehst du? Wir kennen uns schon seit Ewigkeiten und deswegen weiß ich genau was du denkst, magst, fühlst oder willst..."

Während Nico redet ich ihn nur stumm anstarren. Was bitte ist mitmeinem Freund passiert?

Eigentlich bin ich immer diejenige, die ihm schlaue und gefühlsreiche Vorträge hält.

Dass Nico überhaupt über so etwas nachdenkt ist mir neu und wirft mich gelinde gesagt etwas aus der Bahn. Wie hypnotisiert gucke ich ihn weiter an und er tätschelt meinen Kopf wie bei einem Hund.

Ich bin allerdings immer noch zu verblüfft um ihn zu Recht zu weisen.

Wie hat er es bitte geschafft sich so dermaßen weiter zu entwickeln, so dass er mir jetzt schlaue Ratschläge geben kann? Und das ohne mich!?

Hilfe!

Okay irgendwie ist das jetzt Abschweifungvon dem eigentlichen Thema. 

„Ich habe nichts mit Fabian! Er ist nicht mein Typ und noch dazu ist er ein Fuckboy, kapiert? So jemand wie er hat keine Gefühle!", ich schlucke hart doch ich verspüre etwas in meinem Inneren schmerzlich zusammenballt.

„Jetzt geh nicht gleich wieder auf 180. Ich meine das vollkommen ernst. Wirklich jeder um dich herum checkt, dass er in dich verknallt ist, nur du nicht."

Das ist definitiv zu viel für mich und beschämt senke ich den Kopf. Vieleicht hat er ja Recht?
Es klingt mehr nach einer Frage.

Aber selbst wenn möchte ich mich nicht in Fabian verlieben, sondern ich will Leon zurück.

Es war der größte Fehler meines Lebens, dass Fabian und ich uns heute so nahe gekommen sind.

Verdammt!
Das hätte nicht passieren dürfen!

Aber es ist geschehen und nur, weil-Warum eigentlich?

Auf diese Frage werde ich wahrscheinlich nie eine Antwort finden „Es könnte ja eventuell sein, dass du Recht hast", gebe ich nach einer Weile wiederstrebend zu.

„Ach echt?", Nico tut überrascht. „Also nur mit deiner Vermutung, dass er in mich verknallt ist. Ich bin aber definitiv nicht in ihn!"

Er murmelt etwas was ich nicht verstehen kann, aber es klingt verdächtig nach: „Klar und ich habe keine Augen im Kopf. Glaubst du echt ich bin so dämlich?", klingt, jedoch ignoriere ich es.

Das gelingt mir allerdings nicht so gut.

Plötzlich und ohne Vorwarnung platzt alles aus mir heraus. Angefangen von der Tatsache, dass ich ihn Leon verliebt bin und er eine Freundin hat, bis hin zu meinem Beinahekuss mit Fabian.

Es tut unendlich gut mal alles raus zu lassen und zu wissen, dass es auch jemanden gibt, der sich für meine Probleme interessiert und mir zu hört.

„Das klingt etwas, wie soll ich sagen...verwirrend?", Nico ist sichtlich überfordert von meinem abrupten Redeschwall und auch von meinem Dilemma. Ich kann es ihm auch nicht verübeln, denn bitte was soll man in so einer Situation machen?

Abwarten und Tee trinken?

Auf gar keinen Fall!

Ich werde ganz sicher nicht warten, bis irgendetwas passiert.

Ob gut oder schlecht...

Aber was habe ich denn sonst für eine andere Wahl?

Soll ich zu Leon gehen und sagen: „Hey, weißt du ich habe mich in dich verliebt und deswegen brech bitte deine Beziehung mit Amy ab?"

Der hält mich jafür komplett bescheuert und dazu könnte ich ihm danach nie mehr unter die Augen treten. Das wäre viel zu peinlich.

Nachdem wir fertig essen, verlassen wir das Café und laufen schweigend nebeneinander die Promenade entlang. Nico legt einen Arm um mich und ich blicke auf, in seine stürmischen Augen.

„Du musst einfach abwarten und zusehen wie sich die Dinge entwickeln", spricht er leise.

Dieser Rat wird mir schon zum zweiten Mal in wenigen Tagen vorgeschlagen. Doch das ist leichter gesagt als getan!

„Aber wie denn? Das ist so hoffnungslos!", quengelich wie ein kleines Kind. Ich kuschel mich an meinen besten Freund.

Ach scheiß doch auf Fabian und Leon!

Ich möchte die Zeit mit meinem aller besten Freund genießen. „Ich wusste, dass meine Chiara irgendwann wieder zurückkommt",schmunzelt er, als ich mich strahlend von ihm löse.

Wir laufen Hand in Hand weiter in Richtung Stadt, wo wir uns ins Getümmel stürzen.

Vergessen sind meine Sorgen bezüglich der beiden Brüder!


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