Kapitel 10

Ich habe schon seit langer Zeit den Verdacht, dass Chiara sich in meinen Bruder verliebt hat, doch ganz sicher bin ich mir nicht.

Als ich jedoch den bestürztenund schockierten Blick in ihren meergrünen Augen erkenne wird mir alles klar.

Sie sieht aus, als hätte ihr jemand ins Gesicht geschlagen. Zitternd verlässt sie dieTanzfläche und ich folge ihr hinauf in ihr Zimmer.

Sie steht auf einem Balkon zu ihrem Zimmer und ich kann deutlich sehen, wie ihre Schultern beben.

Ein leises Schluchzen ertönt und in meiner Brust zieht sich ein kleiner Teil schmerzlich zusammen. Ich trete über die Schwelle und atme die kühle Nachtluft ein.

Mit einem leisen Räuspern mache ich mich bemerkbar und Chiara zuckt erschrocken zusammen.

Wie eingefroren steht sie da und ich erkenne wie sie sich verzweifelt mit ihren Händen an das Gelände festklammern, sodass ihre Knöchel weiß hervortreten.

Ohne sich umzudrehen krächzt sie: „Hau ab und lass mich in Ruhe." Doch ich gehe weiter auf sie zu und lehne mich an das Geländer.

„Brauchst du etwas?" „Lass mich allein. Dich interessiert es doch einen Dreck was ich brauche oder wie es mir geht. Geh wieder runter und amüsier dich weiter!", kommt es patzig zurück.

Das ist nicht fair, aber ich weiß dass sie Recht hat mit der Anspielung auf die ganzen Mädchen dort unten.

Allerdings hat sich das geändert. „Chiara, ich meine es ernst", füge ich deshalb noch leise hinzu.

Das ist anscheinend der ausschlaggebende Satz für Chiara und sie fängt an hemmungslos zu weinen.

Langsam und ganz vorsichtig lege ich meinen Arm um ihre Schulter. Sie spannt sich an und ich habe schon die Befürchtung, dass sie mich zurückweist, aber eher das Gegenteil ist der Fall.

Sie lässt locker und lehnt sich in meine Arme.

Ich bin etwas überrumpelt, von ihrer stürmischen Art, doch gleichzeitig erfreut und ziehe sie fest an meine Brust.

„Was ist passiert?",frage ich vorsichtig. Eigentlich weiß ich es ja, aber ich will es nur als Bestätigung, dass mein Bruder schon wieder so etwas abzieht.

Chiara will irgendetwas erzählen, doch sie wird von vielen heftigen Schluchzern geschüttelt. Es tut mir erstaunlich weh einem so starken Menschen beim Weinen zuzusehen.

„Schsch es ist schon gut. Lass dir Zeit", flüster ich in ihre weichen Haare.

Sie vergräbt ihren Kopf an meinem Schlüsselbein und lässt ihrenTränen freien Lauf.

Sie wird es später bereuen, das weiß ich genau, doch das ist momentan nicht wichtig.

Da nehme ich eine Bewegung in Chiaras Zimmer wahrund muss schlucken.

Jemand blickt zu uns herüber, aber ich kann nicht herausfinden wer das ist. Die Gestalt blickt noch kurz zu uns herüber und verlässt dann das Zimmer.

Ich widme meine Aufmerksamkeit wieder Chiara und streiche ihr in sanften Kreisen über den Rücken.

Ich spüre, wie ihre Tränen einen feuchten Fleck auf meinem Hemd hinterlassen, aber auch das ist mir relativ egal. Das einzige was gerade zählt ist, dass ich Chiara irgendwie helfen kann.

Ich lege mein Kinn auf ihren Kopf und flüstere ihr aufmunternde Worte ins Ohr. Sie presst ihren Körper an meinen und ich spüre wie sie zittert.

Fest schließe sie in meine Arme und hoffe, dass ich sie dadurch irgendwie wärmen kann, denn ihr Kleid besteht aus einem dünnen Stoff.

Hoffentlicher kältet sie sich nicht!

Langsam ebbt ihr Weinen ab und schließlich versiegen ihre Tränen ganz. Doch trotzdem weicht sie nicht aus der Umarmung zurück.

Ich unterdrücke den Impuls meinen Kopf in ihren Haaren zu vergraben und schaue stattdessen in den Himmel hinauf.

Zärtlich und sehr vorsichtig drücke ich sie an mich, weil ich Angst habe, dass ihr zierlicher Körper jeden Moment an meiner Brust zerbricht.

Langsam dreht sie den Kopf und ihre Augen suchen die Meinen.

„Geht's wieder?", erkundige ich mich und meine Stimme klingt beinah erstickt.

„Ja", flüstert sie und lehnt ihre Stirn an meine Brust. Erst jetzt nehme ich ihre Hände wahr, die sich an meinen Rücken klammern.

Kaum merklich bewegt Chiara ihre Hände hinauf zu meinem Nacken und verschränkt sie dort. Ich halte den Atem an, als sie den Kopf hebt.

Mir wird schwindelig und ich habe Mühe aufrecht stehen zu bleiben.

„Danke", krächzt sie. Ich nicke ihr nur zu, denn zu mehr bin ich nicht im Stande. Mein Kopf ist wie leer gefegt.

Was passiert gerade mit mir?

Was ist so anders an Chiara Hayden? Auf einmal lehnt sich Chiara zurück und rückt von mir ab.

War ihr das etwa zu nah? Ich sehne mich wieder zurück in diese Umarmung, doch ich verschränke meine Arme vor der Brust um keinen Fehler zu begehen.

„Ich...ich danke dir", stammelt sie nochmal verwirrt.

„Bitte", murmel ich leise und zugleich etwas traurig. Sie deutet auf mein Hemd:„Es tut mir leid, dass ich dir dein Hemd vollgeheult und dir den Abend versaut habe", entschuldigt sie sich bei mir.

Bestürzt blicke ich ihr entgegen: „Um Gottes Willen nein, du musst dich doch nicht entschuldigen." S

ie schaut mich ganz merkwürdig an und ich beiße auf die Innenseite meiner Backe.

Super Fabian, echt klasse gemacht, denke ich.

„Ich meine nur, dass es nicht schlimm ist, dass du so hinüber bist und mir angeblich den Abend versaut hast, denn das hast du nicht...", im Gegenteil, du hast ihn gerettet, füge ich gedanklich hinzu.

Chiara zuckt lustlos mit den Schultern und ich bemerke wie sie sich verstohlen eineTräne aus dem Augenwinkel wischt.

Als ein paar Weitere folgen hebt sich mein Arm wie von selbst und sanft streiche ich mit dem Daumen über ihre Wange.

Überrumpelt schaut sie mich an, lässt es aber geschehen.

Auch ich bin etwas verwirrt. Was ist nur mit mir los?

Ein kleines Lächeln umspielt ihre Lippen und auch ich bin erleichtert als auf mein Gesicht ein Lächeln schleicht.

„Sollen wir wieder runtergehen? Die Anderen wundern sich bestimmt schon wo du bleibst. Außerdem hast du so viel Arbeit in die Party gesteckt. Das solltest du dir nicht von meinem...meinem bescheuertem Bruder verderben lassen!"

Kaum sehbar nickt sie schließlich: „Ich glaube das ist das Beste", erwidert Chiara leise.

Kurz schauen wir beide hinauf in den Nachthimmel. Sterne funkeln dort oben und ich erkenne wie eine Sternschnuppe über den Himmel zuckt.

Neben mir bewegt sich Chiara und ich stoße mich von dem Geländer ab. Wir durchqueren das Zimmer und sie greift schon nach dem Türgriff, als mir etwas einfällt.

Ich greife wie von Sinnen nach ihrer Hand und kann einen überraschten Ausdruck um ihre Züge schleichen sehen.

„Ich habe dir noch das Anmeldeformular vorbei gebracht. Du hast es gestern nach unserer, nun ja, Auseinandersetzung mir gegeben, aber ich finde du hast es dir verdient! Also hab ich es auf deinen Tisch gelegt", ich habe keine Ahnung was ich da gerade stammel und merke erst jetzt wie idiotisches klingt.

„Ich hätte gestern nicht so reagieren dürfen, ich war einfach sauerund gestresst und hab es an dir ausgelassen. Das tut mir leid. Und außerdem hast du Recht! Ich bin oberflächlich."

Der letzte Satz ist nur ein heiseres Flüstern.

Wenn schon, denn schon jetzt kann es ja auch nicht mehr schaden. Ich fühle mich elend und warte angespannt auf ihre Antwort. Sie tritt auf mich zu, legt ihre Hand auf meinen Arm und drückt ihn.

Den Blick mit dem sie mich ansieht kann ich nicht deuten.

„Das freut mich Fabian", wispert sie und an der Art wie sie meinen Namen sagt, regt sich etwas in mir und ich habe Mühe mich von ihr fernzuhalten.

„Du bist nicht oberflächlich! Ich war auch nicht besonders nett zu dir. Ich schätze ich wollte da einfach dein Ego, Stolz oder sonst was verletzen", setzt sie noch hinzu.

Verwundert verliere ich mich in ihren Augen, doch Chiara wendet sich bereits zur Tür um und ich folge ihr schweren Herzens hinunter in den Raum voller Leute.

Hallihallo das ist das neue Kapitel! Wie gefällt es euch? Wir findet ihr das Verhalten von Fabian?

Am Donnerstag/Freitag kommt das neue Kapitel dann online. Seid gespannt, denn das ist noch nicht das Ende dieses nervenaufreibenden Abends...  ;)

-Carmen

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