❇Kapitel 4: Draal Der Tödliche❇

Du darfst Bular nicht zu früh töten. Diese Warnung hämmerte auch am nächsten Abend weiterhin durch seinen Kopf, als er durch die Luft flog. Sekunden nachdem die Faust des Gumm-Gumm Prinzen mit seiner Rüstung kollidiert war. Weitaus eleganter als beim ersten mal landete er im Kanal, ehe er abwehrend sein Schwert vor sich hielt. Nicht wenige Drohungen flogen über seinen Kopf hinweg, allerdings ignorierte er sie geflissentlich, während er auswich und versuchte seinen Kopf zu behalten, ohne mehr als Amateurhaft zu wirken. Wie sollte er denn auch bitte erklären, dass er fortgeschrittener war, als ein fünfzehnjähriger sein sollte. Das ganze lief fast exakt so ab wie beim ersten mal. Davon abgesehen, dass er sich nicht erinnerte wie genau er sich geduckt hatte beim ersten mal. Andererseits... Hauptsache er war am leben.

Der erste Abend in Trollmarkt lief ab wie beim ersten mal- Tobi machte Fotos, die Trolle wirkten nicht allzu begeistert... und als Draal auftauchte wollte er das Amulett. Anders als beim letzten mal war Jim jedoch nicht allzu eingeschüchtert. Er kannte Draal's Stärken und Schwächen. "Das Amulett hat gewählt" meinte Arrrgh hinter ihm, während er selbst die Rüstung mit einem stummen Befehl beschwor. "Ich verstehe das du nicht erfreut über die Situation bist... aber es gibt nichts, was man hieran ändern kann" stellte er langsam und vorsichtig klar, während er beschwichtigend seine Hände hob. Der blaue, stachlige Troll spuckte jedoch nur vor ihn auf den Boden. "Wir werden sehen was Vendel dazu sagt" brummte er nicht allzu begeistert.

Der Zeichendeuter war genauso schrecklich wie er ihn in Erinnerung hatte. Anders als beim ersten mal fand er sich jedoch plötzlich in der eigenartigen Zwischenwelt wieder. Und vor ihm standen Deya und Kanjigaar, mit dem geflüstere verschiedener Trolljäger im Hintergrund. "James Lake Jr." Kanjigaar trat einen Schritt vor. "Wir haben dich beobachtet" Deya folgte dirket hinter ihm. Der schwarzhaarige lächelte nervös und winkte vorsichtig. "Das... habe ich befürchtet" gab er zu. Das würde dann wohl erklären, was er hier tat und wieso ihn beide so ansahen, als wüssten sie nicht was sie sagen sollten. "Du willst mit einem Gestaltwandler zusammen arbeiten" stellte Kanjigaar düster fest, zur Missgunst nicht weniger Trolljäger-Geister, die wütend aufheulten und ihre beschwerden Laut machten. Jim stieß ein seufzen aus während er zuhörte. "Ihr müsst mir einfach vertrauen" bat er nach kurzem schweigen, entschlossen. "Ich habe die Welt einmal auf meine Weise gerettet, ich schaffe es nochmal" beteuerte er, das misstrauen der verstorbenen Jäger ignorierend, während er besonders Kanjigaar und Deya ansah. Kanjigaar wirkte... fast schon erschüttert. Womöglich aufgrund dessen, was er Douxie alles erzählt hatte. "Draal wird kein zweites mal sterben. Das lasse ich nicht zu" meinte er fest. Sekunden später fand er sich in seiner Welt zurück.

Wieso war alles nur so chaotisch?

~

Stricklander stieß ein seufzen aus während er seinen Kragen zurecht rückte. Barbara Lake... hatte wahrscheinlich keine Ahnung davon, was ohne ihr Wissen geschah. Er klopfte vorsichtig. Als sie die Tür öffnete lächelte er höflich, während er sie kurz etwas in Augenschein nahm. Er kannte Barbara, länger schon. Immerhin war er nicht nur ein Mitglied des Ordens, sondern gleichermaßen ein Geschichtslehrer. "Ich würde gerne mit ihnen über Jim reden" erklärte er und sah freundlich zu ihr, versuchend so seine Nachricht an sie und sein auftauchen zu erklären. Die rothaarige nickte leicht, während sie ihm die Tür öffnete und ihn rein bat, mit sorge in ihrer Stimme. Das er auch gekommen war, weil er sie sehen wollte, wagte er nicht laut auszusprechen. Über Jim musste er ja wirklich mit ihr reden. "Natürlich, kommen sie doch herein, Herr Strickler" meinte sie und schloss die Tür hinter ihm, während sie sich auf den weg zur Küche machte. "Möchten sie etwas trinken? Kaffee? Tee?" wollte sie wissen und sah kurz zu ihm. Aufrichtig, freundlich, ahnungslos. Wenn sie die Wahrheit wüsste... wohl kaum würde sie sich so ruhig verhalten.

"Tee wäre nett" meinte er und setzte sich auf einen freien Stuhl. In Gedanken ließ er sich das Treffen mit Jim durch den Kopf gehen. Einmal, zwei mal... so lang bis Barbara sich ihm gegenüber setzte. "Also... sie wollten über Jim reden?" Strickler nickte, während er nachdachte. Sollte er ihr die Wahrheit anvertrauen? Nein, sie würde nur Panik schieben und ihn rauswerfen. "Wussten sie, dass Jim die Rolle des Romeos im Theaterstück der Schule hat?" wollte er schließlich wissen, und beobachtete wie Barbara ihn überrascht ansah. "Ich wusste nicht das er überhaupt vorgesprochen hat, er hat mir nichts erzählt" gab sie zu und schüttelte ihren Kopf, verwirrt über diese Tatsache. Strickler zwang sich ein lächeln auf. "Nun, Frau Janneth war äußerst begeistert über sein Vorsprechen. Auch wenn sie nicht sicher war, wo er den Text gefunden hatte" meinte er schließlich und lachte ein klein wenig über diese Tatsache. Es war ein ernst gemeintes lachen, und unwillkürlich erinnerte es ihn an das Gespräch. Wenn dir irgendwas an den Menschen, deinem Job, deinem Leben und... und meiner Mom liegt dann vertrau mir, hatte er gesagt.

Walter Strickler, unter den Gestaltwandlern üblicherweise als Stricklander bekannt, vertraute selten jemanden wahrlich. Als Gestaltwandler fürchteten ihn die Menschen, während die Trolle ihn verachteten. Doch dieser Trolljäger, ein gewöhnlicher Mensch, hatte weder Furcht noch Verachtung in seiner Stimme gehabt. Es war recht interessant, doch wie könnte er sich dem Trolljäger anschließen, ohne befürchten zu müssen von Bular gefressen zu werden? Er zog es gar nicht erst in Erwägung. Rein gar nicht. Überhaupt nicht.

(Barbara lächelte ihn kurz an, blaue Augen aufrichtig, freundlich und völlig ahnungslos, mit einem Hauch von etwas, dass ihn automatisch zurück lächeln ließ.)

Oder doch ein winziges bisschen.

~

Das Duell mit Draal war definitiv nicht seine liebste Erinnerung. Doch diese durfte er nun zum zweiten mal durchleben. Es war wohl eher der Instinkt der dafür sorgte, dass er sich besser schlug als beim ersten mal. Viel, viel besser. Er wich aus, allerdings traf er den anderen absichtlich kein einziges mal. Zumindest bis er realisierte, was er tat, und sich unkonzentriert stellte. Die unbändige Wut des Trolls sorgte allerdings für einen recht gewaltigen Schlag, der ihn quer durch die ganze Heldenschmiede fliegen ließ. Erst mehrere Meter weiter schlug er wieder in den Boden ein und rollte mehrere weitere Meter, bevor er schließlich zum stehen kam und einen Moment lang liegen blieb. Nicht mal schauspielernd. Der Schmerz in seinen Rippen war beinahe dem Schmerz nahe kommend, den er nach dem Kampf auf dem Zug gegen Bellroc verspürt hatte- trotz der Rüstung.

Er hatte keine wirkliche Zeit zum Luft holen, als er bereits von einer blauen Faust gepackt und hochgehoben wurde, über den Rand der Heldenschmiede. Eher absichtlich ließ er die Rüstung verschwinden und versuchte sich so aus seinem griff zu befreien, wurde allerdings sofort fester gepackt. "Ich könnte dein mickriges Leben sofort beenden, aber ich denke... allzu lange werde ich nicht mehr warten müssen" knurrte der Troll leise, während er ihn verächtlich fallen ließ. Da er die Rüstung nicht mehr trug, wurde dem schwarzhaarigen erst mal die Luft aus den Lungen gepresst beim Aufprall. Allerdings erinnerte es ihn abrupt daran, wieso Draal nicht geeignet war für die Stellung als Trolläger.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top