Kapitel 43


Nervös klopfte ich an Michas Tür. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt heute nochmal herzukommen, aber bei Timothy wollte ich auch nicht bleiben. Schnell öffnete ich die Tür und schlüpfte ins Zimmer. Der Typ, der mich sonst so gerne mobbte, grinste mich süffisant an. Ich ging auf ihn zu und er kam mir rasch auf halbem Weg entgegen. 

Mitten im Raum trafen wir aufeinander, wo er mein Gesicht mit beiden Händen nahm und mich genüsslich küsste. Ich erwiderte den Kuss und für eine Sekunde konnte ich Timothy vergessen. 

Dann drückte ich Micha von mir weg. Er schaute mich fragend an. 

„Was sollte das vorhin?", fragte ich ihn wütend. 

„Was meinst du?"

„Als ich im Schnee gestürzt bin und du mich als Opfer bezeichnet hast?"

„Ach so, na ja, die anderen hätten sich sonst gewundert." 

Ich funkelte ihn böse an. „Du bist echt ein Wichser!" 

„I know", meinte er nur grinsend und zog mich dann wieder in einen Kuss. Langsam schob er mich Richtung Bett, wo ich nach einigen Schritten rücklings hineinfiel. Er ließ nicht von mir ab und war nun über mir. Wir küssten uns immer intensiver. Meine Hand streichelte über seinen Schädel. 

Die kurz rasierten Stoppeln fühlten sich ganz anders an als Timothys blonde Locken. Süße, blonde Locken. Schnell schob ich den Gedanken weg und widmete mich wieder meinem Gegenüber. Seine Hand war ebenfalls in meinen Haaren vergraben. Die andere Hand hingegen streichelte über meinen Körper und wanderte kaum merklich immer weiter nach unten. 

Dann schob er sie unter mein T-Shirt. Ein elektrisierendes Gefühl riss mich aus dem Kuss, als seine Hand meine nackte Haut berührte. „Nein", flüsterte ich ganz außer Atem. Das ging zu weit. Micha war eine willkommene Ablenkung, aber mein Erstes Mal wollte ich ganz sicher nicht mit ihm erleben. 

Er zog die Hand wieder weg und ließ sich dann neben mich ins Bett fallen. „Na, rummachen können wir aber trotzdem", grinste ich. Sein Atem ging ebenfalls schnell und er erwiderte mein Grinsen. 

„Na ja, wenn ich jetzt nicht aufhöre, platze ich noch", meinte er und zwinkerte zweideutig. Meine Wangen wurden ganz warm. „Du bist süß, wenn du immer rot wirst." Seine Aussage machte es nicht besser. „Wollen wir 'nen Film schauen?", fragte er dann. 

„Ja, warum nicht", antwortete ich. Wir kuschelten uns unter die Decke und waren gerade dabei einen Film auszusuchen, als plötzlich mein Magen laut grummelte. Peinlich!

Er sah mich skeptisch an, stand dann auf, ging zu seinem Rucksack und zog eine Tüte Chips und zwei Müsliriegel hervor. „Oh mega!", grinste ich und riss ihm die Tüte regelrecht aus der Hand, als er wieder bei mir war. „Ich hab' dich heute kein einziges Mal beim Essen gesehen. Hast du heute noch gar nichts gegessen?", fragte er. 

Ich schüttelte den Kopf, während ich mir die erste handvoll Chips gierig in den Mund stopfte. „Willst du irgendwie darüber reden, was bei dir los ist, oder so?", fragte er und wirkte angespannt auf mich. 

Ich schüttelte den Kopf. „Vielleicht kannst du mich einfach nur ablenken", meinte ich, worauf er mich anlächelte und mich in seinen Arm zog. Ich lehnte mich an ihn und er wählte einen Action-Film an seinem Smartphone aus. Ich futterte die Tüte Chips und die beiden Müsliriegel allein auf. Dann stoppte ich den Film. 

Ich musste einen Gedanken loswerden, der mir die ganze Zeit im Kopf herum surrte, seit wir nicht mehr knutschten. Er schaute mich fragend an. 

„Micha? Ich ähm ... Also das hier ... Also, dass ich hier bei dir bin ..." 

„Alles gut, Emoboy", unterbrach er mich, „du musst dich nicht erklären. Ich weiß, dass ich gerade nur dein Trostpflaster bin."

„Oh ... Ich ähm ... Tut mir leid." 

„Passt schon", meinte er und drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Ich genieße es einfach, solange du da bist. In der Schule muss ich dich dann halt wieder mobben." 

Ich entfernte mich von ihm und funkelte ihn empört an. 

Er lachte. „Ich werde mich zurückhalten, aber wenn ich plötzlich komplett damit aufhöre, hätten Raffi und Leon vielleicht 'nen Verdacht." 

„Weiß außer mir niemand, dass du auf Jungs stehst?" 

„Also erstens stehe ich auf Jungs und auf Mädels und zweitens kann ich es niemandem erzählen." 

„Warum?" 

„Meine Familie ist ziemlich religiös. Ich halte davon zwar nichts, aber würde ich einen Jungen mit heimbringen, würden sie vermutlich einen Priester rufen, der den Teufel aus mir austreibt." Er versuchte es, als Witz rüberzubringen, aber ich erkannte die Ernsthaftigkeit in seinen Augen. 

„Oje, okay und Raffi und Leon?" 

„Ach, keine Ahnung. Ich weiß auch nicht. Ich schäme mich ..." Er tat mir leid und ich zog ihn zu mir. 

„Du brauchst dich nicht zu schämen. Es ist ganz normal." 

„Nicht in meiner Welt ...", seufzte er. Wir saßen eine Weile lang still da und ich streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Dann räusperte er sich. „Tut mir übrigens leid." 

„Was genau?", fragte ich und schaute ihn an. 

Er wich meinem Blick aus und murmelte: „Dass ich dich so lange so mies behandelt habe." 

„Ja, danke. Ich bin mir nur nicht sicher, wie schnell ich dir das verzeihen kann. Ich denke, du musst mir erst beweisen, dass es in Zukunft anders ist." 

„Verstehe", meinte er nur, „und tut mir auch leid, wegen damals nach dem Sportunterricht." Ich antwortete nicht mehr darauf. Ich hatte keine Lust auf das nächste emotionale Gespräch. Schließlich war ich hier, um mich abzulenken. 

„Schauen wir den Film weiter?", fragte ich stattdessen. Er nickte und nahm sein Smartphone wieder in die Hand.

Zwanzig Minuten vor Zwölf war es wieder so weit. Auch diesmal hielt er mich an der Tür auf, um mich zu küssen. „Schade, dass es schon wieder vorbei ist", meinte er wehmütig und drückte seine Lippen auf meinen Mund. 

„Mhm", meinte ich nur und drückte ihn dann von mir. Ich musste jetzt wirklich los, wenn mich niemand hier erwischen durfte. Ich schlich mich raus und dann zurück zum Zimmer. Als ich die Tür öffnete, war das Licht noch an und Timothy saß in seinem Bett. Er schaute von seinem Handy auf und rümpfte die Nase. Sein skeptischer Blick traf mich mitten ins Herz. 

„Was guckst du so blöd?", fragte ich ihn immer noch trotzig. 

„Fick dich!", kam es von ihm zurück. Ich ließ mir nichts anmerken und ging ins Badezimmer. Dort klappte ich den Klodeckel nach unten, setzte mich darauf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich musste mich beherrschen, nicht laut loszuheulen. Die Tränen rannen unaufhaltsam über mein Gesicht und hinterließen dunkle Flecken auf meiner ausgeblichenen schwarzen Jogginghose, als sie darauf tropften. 

Nach ein paar Minuten schaffte ich es, mich zu beruhigen. Ich ging ans Waschbecken und wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser. Ein Blick in den Spiegel zeigte mir meine verheulten Augen. Sie waren rot vom vielen Weinen die letzten Tage und boten einen interessanten Kontrast zum Eisblau meiner Regenbogenhaut. 

Ich wusste, dass ich mich hier nicht ewig verstecken konnte, doch als ich mich endlich aus der kleinen Nasszelle traute, war das Licht im Zimmer schon aus. Timothy wollte genauso wenig noch mehr darüber reden wie ich.


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Hahahaha, sorry, dass ich euch so foltere. Bitte steinigt mich nicht! ^^

Es wird wieder besser ... irgendwann ... versprochen!

Hoffe trotzdem ich bekomme ein paar Votes und freue mich auf eure Kommentare, auch wenn ihr in diesen vermutlich gerade mein Grab neben dem von Andrew schaufelt! xD

Hab euch lieb!
Eure Elena <3

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