Kapitel 24 (Halloween Special 8/9)
00:40 Uhr:
Ich zitterte so sehr, dass ich den Schlüssel erst nicht ins Schloss bekam. Ob vor Kälte oder vor Wut, wusste ich nicht so genau. Als ich es geschafft hatte, zog ich meine Schuhe aus und schlich die Treppe nach oben. Ich versuchte, so leise wie möglich zu sein, da meine Mum und Maja sicher schon im Bett lagen. Oben angekommen, sah ich, dass die Zimmertür von Maja einen Spalt offen stand und bläuliches Licht in die Dunkelheit des Flurs drang. Sie musste mich gehört haben, denn ich hörte sie im Flüsterton meinen Namen rufen.
Ich öffnete die Tür ein Stück weiter und blieb im Türrahmen stehen. Meine Schwester lag schon im Bett, auf einem kleinen Tischchen neben ihr stand ihr Laptop. Vermutlich schaute sie noch einen Film.
„Wie war die Party?", flüsterte sie, „komm rein und mach die Tür zu, damit Mama nicht aufwacht."
Ich tat, was sie sagte und meinte dann: „Na ja, eigentlich sehr cool, aber dann wiederum auch gar nicht." Ich musste wieder an die Situation mit Andrew denken und fühlte mich verzweifelt. Maja schien direkt zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. Sie knipste ihre Nachttischlampe an. Der Raum wurde in warmes Licht getaucht. „Komm her", sagte sie und klopfte mit der flachen Hand auf ihr Bett. Sie richtete sich auf, ich setzte mich neben sie und schon wurde ich in eine liebevolle Umarmung gezogen.
Jetzt gab es kein emotionales Halten mehr. Der Kloß in meinem Hals war nicht mehr zu ignorieren. Der ganze Abend, die coolen und auch schönen Erlebnisse, dann die unheimlichen und obendrauf die Sache mit Andrew – das war einfach alles viel zu viel für einen Abend. Ich spürte, wie mir die erste Träne warm über die kalte Wange rann und dann bahnte sich auch schon der erste Schluchzer einen Weg aus meiner Kehle.
„Ach Brudi", sagte meine Schwester nur und drückte mich noch fester an sich, „ich bin ja da. Jetzt wird alles wieder gut." Ihre liebevollen Worte führten dazu, dass ich nun richtig losheulen musste. Ich vergrub mein Gesicht an ihrer Schulter und ließ alles raus, was sich die letzte Nacht und vermutlich auch die letzten Wochen in mir angestaut hatte. Und irgendwie fühlte sich das ganze sehr befreiend an.
Erst als ich mich langsam wieder beruhigt hatte, mich aus ihrer Umarmung löste und mir die Tränen und den Rotz an meinem Hemdärmel abwischte, fragte sie mich: „Magst du mir erzählen was passiert ist, oder lieber nicht?"
Ich überlegte kurz und dann erzählte ich ihr alles, was vorgefallen war, die schönen Momente, dass Timothy und ich uns näher gekommen waren, bis zu dem Punkt, als seine Geschwister ihn abgeholt hatten. Die Sache mit den Zähnen ließ ich aus. Das war verrückt und ich war mir inzwischen sicher, dass ich es mir eingebildet hatte.
Maja lächelte, als ich ihr den tollen Teil der Party erzählte, doch dann kam ich zu dem Teil mit Andrew. Ihre Miene verfinsterte sich immer mehr. Als ich Andrews Worte wiederholte, spürte ich schon wieder die Wut und die Tränen in mir aufsteigen. Sie nahm mich wieder in den Arm.
„So ein homophobes Arschloch", flüsterte sie nur und ich spürte auch die Wut in ihrer Stimme. Dann nahm sie mich an den Schultern und sah mich an: „Tristan, du weißt, dass Andrew nicht das Recht hat, dir oder Timothy irgendwas vorzuschreiben. Ihr seid beide genau richtig, so wie ihr seid. Und wenn ihr euch ineinander verliebt, dann ist das vollkommen in Ordnung."
„Das weiß ich doch, Maja", sagte ich, immer noch schluchzend. Trotzdem quälte mich ein Gedanke und sie sprach ihn laut aus: „Die Frage ist nur, ob Timothy das auch weiß." Ich nickte und fing schon wieder an zu weinen.
Sie nahm ein Taschentuch von ihrem Nachttisch und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.
„Vielleicht ist es besser, wenn wir morgen nochmal in Ruhe darüber reden und du jetzt lieber schlafen gehst."
„Ich glaube, ich kann gerade nicht schlafen. In meinem Kopf schwirrt es."
„Willst du mit mir noch Nightmare on Elm Street fertig schauen?"
Ich hatte den Horrorfilm schon hundertmal gesehen, aber vielleicht war er deshalb genau passend. Ich nickte und legte mich neben sie. Beruhigend streichelte sie mir noch über den Arm.
Es half wirklich. Langsam wurden die wirren Gedanken in meinem Kopf leiser und ich spürte, wie die Müdigkeit in den Vordergrund trat. An den regelmäßigen Atemzügen hörte ich, dass Maja schon eingeschlafen sein musste, als mir plötzlich ein Gedanke kam.
„Maja", flüsterte ich leise, „schläfst du schon?"
„Hmm?", kam es von ihr.
„Bei den Vampirbüchern, die du früher gelesen hast ...? Warum konnte der Vampir-Typ auf einmal ihrem Blutgeruch widerstehen?"
Maja dachte kurz nach und antwortete dann schläfrig: „Weil er sich verliebt hat."
Ich schluckte und biss mir auf die Unterlippe. Weil er sich verliebt hat ...?
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Letztes Halloween-Special-Kapitel kommt um 04:00 Uhr
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