Suzanna
Meine Freundin Suzanna hatte sich schon vor längerer Zeit aus einer unglücklichen Beziehung gelöst, die ihr nichts als Leid eingebracht hatte. Ich konnte von ihrem reichen Erfahrungsschatz zehren. Sie war es auch, die mich in einen Club schleppen wollte, damit ich mal wieder unter Leute kam. So richtig überzeugt war ich von der ganzen Sache noch nicht, wollte aber auch keinen Rückzieher machen.
Ich war ja wirklich ausgehungert, wollte mal wieder von jemanden begehrt werden. Jemanden an meiner Seite haben, der mir zeigte, dass ich "noch etwas wert war", kurz und knapp, wollte ich meinen "Marktwert" testen. Doch so wie ich aussah, konnte ich mir das abschminken. Suzanna war eine rassige Schönheit, mit einem schlanken Körper, irrsinnig langen Beinen, einer perfekten Oberweite und Haaren, die rötlich schimmerten.
Früher hätte man sie dafür auf einen Scheiterhaufen verbrannt, weil man gedacht hätte, sie sei eine Hexe. Und wer war ich: eine bieder erscheinende, trotzdem schlanke junge Frau, die einfach lange Zeit nichts mehr aus sich gemacht hatte. Ich war einfach langweilig geworden und eine Ausstrahlung hatte ich da auch nicht mehr.
Suzanna stellte mich vor einen Spiegel und fragte mich: "Was siehst du, wenn du in diesen Spiegel blickst? Aber sei mal ganz ehrlich!" und ich schluckte kurz: "Eine biedere Person mit zerzausten Haaren, müden Augen, zwar schlank, aber nicht wirklich interessant gekleidet. Nicht wirklich eine Augenweide!". Über so viel Ehrlichkeit musste selbst Suzanna staunen:
"Und was möchtest du werden?", fragte sie weiter: "Eine junge Frau, mit einer sexy Ausstrahlung, selbstbewusst, redegewandt, klug, die weiß was sie will und die sich nichts mehr gefallen lässt! Eine, die Spaß am Leben hat und mit der man gern zusammensein will...die man lieben kann!". Ich war wirklich so was von ehrlich zu mir selbst und wollte jetzt diese drei Monate nutzen, um mich innerlich und äußerlich zu verändern, wollte mir ein eigenes Leben aufbauen.
Schritt Nummer 1: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.!Abgehakt.
Schritt Nummer 2: Ab zum Friseur und eine Totalveränderung
Schritt Nummer 3: Neue Kleidung auswählen und mich darin wohlfühlen!
Schritt Nummer 4: Um glücklich zu sein, muss ich mich selbst lieben können!
Schritt Nummer 5: Ab auf die Piste und sehen, was passiert!
Schritt Nummer 6: Sich von niemanden mehr herumschubsen lassen!
Schritt Nummer 7: Selbstsicherheit ausstrahlen und auch danach handeln!
Schritt Nummer 8: Nicht gleich mit dem Erstbesten ins Bett steigen und sollte es doch im Rausch der Gefühle passieren, niemals ohne Schutz!
Schritt Nummer 9: Wirf den Typen spätestens nach dem Frühstück aus deiner Wohnung! Er wird wiederkommen, wenn er dir verfallen ist!
Schritt Nummer 10: Nicht mehr so viel an Jason denken, er wollte ja die offene Beziehung!
Schritt Nummer 11: Einfach glücklich sein!
Doch die besten Pläne konnte man haben, die Realität war meist doch ein wenig anders. Aber dieser Spickzettel hing fortan in meinem Zimmer. Ob ihn Jason las, war mir egal. Er tat auch was er wollte, sollte nun auch mit den Konsequenzen leben. Schließlich musste ich schon länger mit den seinen leben. Nur durch einen Zufall war herausgekommen, dass er mich mit einer gewissen Julia betrog. Es war wie in einem kitschigen Roman: Er hatte ihr eine SMS geschrieben, nur dummerweise nicht an ihre Nummer, sondern an meine geschickt. Sicher in der Hitze des Gefechts. Sein Pech, erwischt. Nun sollst du mal sehen, wie es ist. Ich war zu jeder Schandtat bereit. Nun wurde also Schritt 2 in Angriff genommen: Ab zum Friseur. Suzanna hatte mir bei ihrem Friseur des Vertrauens einen Termin gemacht und als der meine zerzausten Haare sah, schlug er die Hände über den Kopf. "Na, Herzchen, was hast du denn mit deinen Haaren angestellt?", fragte der um mich herumtänzelnde junge Mann. "Gar nichts!", war meine platte Antwort für ihn. "Das sieht man aber!", gab er mir prombt zurück. Zugegeben, ich hatte mich schon damit angefreundet, dass er mir meine Haare ein ganzes Stück kürzen muss. Zuviel Fitz in den Haaren und auch sonst konnte ich sie nicht mehr ersehen, wollte frech und jung wirken. Da gab es nur eins: Radikalkur. Ich erhielt eine schicke Kurzhaarfrisur, die ich mit wenigen Handgriffen jederzeit verändern konnte. Ich brauchte nicht mal viel dafür, außer vielleicht Haarspray, Haarwachs oder Haargel und was jetzt ganz neu für mich war: Haarpuder. Auch das Schminken musste ich noch über mich ergehen lassen, obwohl ich es lieber Natur pur liebte. Doch zu meinem frechen Kurzhaarschnitt passte einfach kein langweiliges "Ich-hab-da-mal-schnell-Rouge-aufgelegt" mehr. Ein bisschen mehr musste es ab sofort schon sein und so hatte ich dann auch gleich das komplette Schminkpaket mit dazubekommen,"für gute Kunden", wie man mir sagte. Denn von jetzt an musste ich ja regelmäßig zum Nachschneiden und Färben kommen. Und wieder zückte ich Jasons Kreditkarte. "Tja, mein Lieber, dein Fehler, für den er jetzt blechen durfte! Das war meine kleine Rache, die ich mir gönnte. Und ich kostete es so richtig aus. Auch meine Nägel wurden modelliert und in Form gebracht: Kunstnägel, damit konnte ich mich nur schwer anfreunden. Aber wenn schon verändern, dann aber so richtig. Und auch die Füße wurden pedikürt und jeder Nagel bekam einen "Anstrich". Als ich dann in den Spiegel blickte, sah ich eine ganz Andere: einen ganzen anderen Typ Frau. Bisher war mir nicht klar, dass man das innerhalb weniger Stunden bewerkstelligen konnte. Ich dachte einfach nicht darüber nach. Doch jetzt sollte sich das ändern. Ich erhielt einen schicken Kalender, wo man bereits für die nächsten Monate die Termine eingetragen hatte. Sollte es mal nicht passen, brauchte ich nur anzurufen und man würde schon einen neuen Termin finden. Schließlich kannte man Suzanna und wusste, dass sie nur aufgestylt was unternehmen wollte, und dass galt ja nun auch für mich. Es wurde praktisch zum Gesetz! "Tja, mein lieber Jason, das wird noch richtig teuer für dich werden!", dachten wir beide und mussten lachen. Morgen würde sich zeigen, ob ich nicht nur mit meinem Aussehen überzeugen konnte, sondern auch mit einer neuen Art, wie ich mit Menschen umging. Ich musste egoistisch sein, wollte aber nicht rücksichtslos wirken. Es musste also alles geschickt verpackt sein. Billig wollte ich auch nicht wirken. Schließlich war ich ja keine "Bordsteinschwalbe", sondern jemand, der endlich mal wieder als Frau umworben werden wollte. Noch ahnte ich nicht, dass ich meinem eigenen Mann im gleichen Club begegnen würde, in den wir morgen gehen wollten.
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