43 : DAY TEN
Jaemin schläft auch eine Weile, aber es ist ihm zu laut dafür – nicht dass die schlafenden Fußballer ein Problem wären, und selbst die wenigen, die nicht schlafen, sind nicht laut, aber der Bus ist es und ein bisschen hat er auch Angst, dass Jenos Kopf von seiner Schulter rutscht, deshalb bleibt er lieber wach und verrenkt sich ein bisschen den Hals, nur damit sein Freund so sitzen bleiben kann wie jetzt.
Als sie das erste Mal halten, wird Jeno davon wach und hebt orientierungslos den Kopf von Jaemins Schulter, aber er ist so schwer, dass er gleich wieder an die Lehne sinkt.
"Hey", begrüßt Jaemin ihn mit einem Lächeln, "ich würde mir noch einen Kaffee holen, willst du auch was?"
Jeno fährt sich übers Gesicht. "Energy?"
"Einen bestimmten?"
"Nee, hauptsache nicht fünfhundert. Milliliter. Red Bull sonst, wenn du dir nicht sicher bist. Rot oder blau oder..." Er zuckt mit den Schultern und Jaemin haucht ihm lächelnd einen Kuss auf die Wange.
"Okay. Sonst noch was?"
"Nee, danke." Jeno versucht sich an einem Lächeln, aber ist dafür einfach noch zu müde, deshalb schickt Jaemin ihm nur noch eine Kusshand, ehe er wie ein paar der anderen aus dem Bus aussteigt und die Tankstelle ansteuert. Er nimmt extra die Dose aus dem Kühlregal für Jeno, und während die Kaffeemaschine läuft, betrachtet er das Regal mit Süßigkeiten. Zwei Proteinriegel stehen schon auf seiner Liste, aber abgesehen davon weiß er überhaupt nicht, was Jeno gerne isst.
"Worüber denkst du nach?" Renjun erscheint neben ihm und bedient sich am zweiten Schalter des Automaten.
"Was Jeno essen mag", gibt Jaemin peinlich berührt zu, "ich will ihm was mitnehmen, aber ich weiß nicht was."
"Er mag salzig meistens lieber als süß." Auch Renjun lehnt sich an die Anrichte und scannt die Auswahl ab. "Vielleicht die Wasabinüsse?"
"Dann kann ich ihn nicht mehr küssen."
Jaemin wird rot, während Renjun gluckst. "Okay, schlechte Idee, seh ich ein. Chips werden ihm hundertprozentig von Hyuck weggefuttert, außer du nimmst die scharfen."
Der Jüngere seufzt. "Ich mach mir wohl Milch in den Kaffee."
"Klingt nach einer Idee", schmunzelt Renjun. Jaemins Kaffee ist zuerst fertig, also kippt er etwas Milch und Zucker nach, bevor er ihn zudeckelt. Renjun tut es ihm gleich darauf nach, sodass sie gemeinsam vor dem Regal stehen und ihren Freunden Chips mitnehmen. Jaemin ergreift noch die Proteinriegel und eine Tüte Gummibärchen für sich selbst, sowie Kaugummis an der Kasse, dann reicht es ihm und er nimmt den Bon gar nicht erst mit, um den Preis nicht ertragen zu müssen.
Jeno lehnt mit geschlossenen Augen am Fenster, aber öffnet sie, als Jaemin neben ihn fällt.
"Hier", sagt er und legt die Mitbringsel in Jenos Schoß.
"Oh." Sein Lächeln ist müde, aber ehrlich. "Danke, Jaem."
"Nicht dafür." Jaemin stopft selbst nur die Gummibärchen in die Tasche, Jeno gleich alles und lehnt sich wieder an seinen Freund.
"Keinen Hunger?", fragt der, sacht durch seine Haare streichend.
"Ist noch zu früh für solchen Kram."
"Seh ich ein", schmunzelt Jaemin. "Bist du fertig mit Schlafen?"
"Schon." Ganz sicher weiß er es nicht, weil Jaemin doch so gemütlich ist.
"Sollen wir dann was machen? Ich hab ein paar Filme runtergeladen, wenn du magst."
"Da wird mir so schnell schlecht", murmelt Jeno.
"Oh, okay. Ich meine, wir können auch einfach hier sitzen und Musik hören?"
"Ja."
Jaemin muss lächeln. "Okay."
Sie graben also beide nach ihren Kopfhörern und richten sich gleichzeitig auf, weshalb sie grinsen und sich küssen.
Chenle steht mit verschränkten Armen auf dem Gang, als sie sich lösen.
"Und wann sollte ich das erfahren?", mault er. "Das ist ja mal so frech."
Jeno lacht leise. "Sorry, Lele. Wir haben es niemandem gesagt, du bist nicht allein."
"Trotzdem! Das hast du mir zu verdanken, weil ich nicht auf das Zimmer mit dir bestanden habe!"
"Was ich dir immer noch nicht verziehen habe, also spiel dich hier nicht so auf." Sie strecken sich gegenseitig die Zunge heraus, danach muss Chenle Platz machen und geht betont beleidigt einfach gleich zu seinem Sitz.
"Ist er sauer?", fragt Jaemin leise, aber Jeno schüttelt sofort lächelnd den Kopf.
"Er tut nur so. Vielleicht ein bisschen enttäuscht, dass er es nicht bemerkt hat und uns damit doch so gut hätte nerven können."
"Pff." Jaemin nippt an seinem Kaffee, während er mit der anderen Hand nacheinander seine Kopfhörer einsteckt. Jeno spielt noch mit seinen, bis der Jüngere aufsieht.
"Wollen wir zusammen hören?", fragt er zögerlich, und Jaemin muss lächeln.
"Gerne."
Sie suchen zusammen eine Playlist von Jaemin heraus, starten eine Session und hören zusammen, bis sie das nächste Mal halten. In der Zwischenzeit haben sie gefrühstückt und ihre Getränke geleert, weshalb sie gemeinsam den nächsten Mülleimer aufsuchen, auf Toilette gehen und sich neue kaufen, bevor sie zurückgehen.
"Die Hälfte haben wir schon", murmelt Jeno mit einem Blick auf sein Handy. Jaemin lässt sich nach ihm auf seinen Sitz fallen und spielt nervös mit dem Case seiner Kopfhörer. Jeno bemerkt es nicht, zum Glück, aber gleichzeitig wünscht er sich, er würde es bemerken und ihn beruhigen. Die Angst vor der Rückkehr in sein normales Leben und dem Platzen der David Cup-Blase wird immer größer. Jeno scheint sie nicht zu haben, also ist sie vielleicht unberechtigt, aber er kann nichts dagegen tun und steigert sich stattdessen noch mehr in sie hinein.
Jeno ist überrascht, als Jaemin so plötzlich die Arme um ihn schlingt.
"Hey", er erwidert es trotzdem, "Wofür ist das denn?"
"Nichts, ich... muss bloß eine Woche ohne dich aushalten." Nicht ganz gelogen, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit.
"Das holen wir nach", verspricht Jeno ihm und auch sich selbst, seine Hand in Bewegung setzend, was Jaemin dabei hilft, sich zu entspannen. Nicht dass er sich dadurch jetzt weniger Gedanken macht, aber wenigstens rasen sie nicht mehr so sehr und lassen mehr Platz für seine Schmetterlinge und Jeno, und das reicht für den Moment.
↯
Die Verabschiedung von Jenos Team fällt recht kurz aus, da sie ihren Zug kriegen müssen, und die wenigen Meter von der Bushaltestelle zum Bahnsteig rennen sie, aber sie sind noch rechtzeitig. Der Zug ist auch nicht zu voll, sodass sie schnell einen Platz finden und sich keine Gedanken darüber machen, ob sie Händchen halten können oder nicht, sondern es einfach tun. Beide sind ziemlich erschlagen, weshalb sie aneinandergelehnt Musik hören, und diesmal ist es Jaemin, der zuerst wegnickt, aber lange hält es nicht.
"Ich werd heute Nacht so gut schlafen", murmelt er, den Kopf zum Gähnen von Jenos Schulter hebend, der daraufhin lächelnd den Arm um ihn legt.
"Ich auch."
Jaemin sinkt wieder gegen ihn und verschränkt unauffällig die Finger mit Jenos an seiner Seite. "Warum... sind wir eigentlich nicht bei dir geblieben?"
"Weil ich dich nach Hause bringen wollte, schätze ich?" Er zuckt mit den Schultern. "Bin irgendwie gar nicht auf die Idee gekommen, dabei wär das ja näher dran gewesen."
"Eben."
"Ist jetzt so. Mama freut sich, dann kann sie mich auf der Rückfahrt wieder zum Fahren zwingen."
Jaemin braucht einen Moment, um es zu verstehen, richtet sich dann aber wieder auf. "Auto fahren?"
"Ja?", schmunzelt Jeno.
"Oh." Er blinzelt. "Dann hast du deinen Führerschein schon?"
"Nee, Mama lässt mich ohne fahren. Klar hab ich den schon." Jeno kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Was, ist das so überraschend?"
"Nein, macht voll Sinn, ich hab nur irgendwie nicht... Ich steh noch auf der Warteliste und Jisung darf ja erst nächstes Jahr, das hat nicht Klick gemacht. Dann darfst du ja schon einfach... fahren..."
"Korrekt." Jeno drückt ihm einen Kuss auf die Lippen. "Wenn du bei mir bist, fahr ich dich überall hin."
Jaemin wird rot. "Okay."
"Ich hol dich vom Bahnhof ab und dann fahren wir durch die Gegend und nachts irgendwo auf einen Feldweg und gucken in die Sterne."
"Au ja." Er lehnt sich wieder an Jenos Schulter und schließt einen Moment die Augen, während Jeno seine Finger sanft drückt.
19.11.2022
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