35 : DAY EIGHT
mentioned homophobia?
Kaum sind sie wieder in ihrem Zimmer angekommen, zieht Jeno Jaemin an sich und küsst ihn so innig, dass ihm ganz schwindelig wird. Jaemin legt die Arme um seine Schultern und hält ihn fest, bis sie Luft brauchen.
"Ich muss duschen."
"Ist das eine Einladung?", grinst Jeno, die Arme noch weiter um ihn schlingend.
"Bei aller Liebe, Jeno, ich kann's nicht zweimal an einem Tag mit dir treiben." Es ist Jaemin fast selbst ein bisschen peinlich, das so direkt zu sagen, aber es ist Jeno, der rot anläuft und sich in seiner Halsbeuge versteckt.
"Daran hab ich gar nicht gedacht", murmelt er zurück, "aber ich schätze, es ist wirklich besser, wenn wir's gar nicht erst darauf anlegen."
"Richtig. Deshalb lässt du mich jetzt auch los, damit ich schnell duschen und wieder bei dir sein kann." Wobei Jaemin selbst gerade nur ungern gehen will, weil er Jeno so süß findet.
"Und wenn nicht?"
"Dann bekommst du keine Massage."
Jeno seufzt schwer. "Tja, ist es mir das jetzt wert?"
"Nein." Jaemin schiebt ihn von sich und wird dafür angeschmollt, aber er muss ihn nur küssen, damit er aufhört. "Ich bin doch gleich wieder da."
"Hoffe ich doch." Trotzdem sieht Jeno ihm beleidigt hinterher, bis Jaemin sich umdreht und ihm eine Kusshand zuwirft, bevor er die Tür hinter sich zuzieht und Jeno sich die Hände vors rote Gesicht schlägt.
Jetzt bloß nicht daran denken, was Jaemin hinter ihr macht.
Als er wieder aus dem Bad kommt, liegt Jeno am Handy im Bett, aber er pfeffert es sofort zur Seite und sieht auf, als er ihn bemerkt.
"Darf ich dich jetzt wenigstens noch küssen, bis ich losmuss?" Er lässt den Blick über Jaemins nackten Oberkörper gleiten, der sofort vergisst, dass er sich etwas überziehen wollte, und stattdessen direkt auf Jeno zugeht.
"Nur küssen", sagt er leise und wird schon von seinem Freund auf dessen Schoß gezogen.
"Nur küssen", versichert Jeno ihm und verbindet schon ihre Lippen miteinander.
Beinahe vergessen sie die Zeit, aber sind noch rechtzeitig – Jaemin hat sich entschlossen, gleich mit- statt nachzukommen, hauptsächlich um dem Telefonat mit Jisung und der Nachricht seiner Mutter aus dem Weg zu gehen. Wenn er auch nur an eine der beiden Sachen denkt, wird ihm unwohl, also spart er sich das lieber und lenkt sich mit Jeno und seinem Team ab.
Zumindest ist das der Plan, der die ersten Minuten des Aufwärmens gut geht.
"Jaemin?" Ihm gefriert das Blut in den Adern, als er sich umdreht und nicht nur einen seiner Mitspieler, sondern glatt sein halbes Team vor sich erblickt. Ihre Gesichtsausdrücke geben nichts von ihren Absichten preis, und in den nächsten Sekundenbruchteilen fällt jegliche Panik über ihn her.
Haben sie das von Jeno und ihm mitbekommen? Wollen sie es jetzt ausnutzen, dass Jeno beschäftigt ist und ihm, selbst wenn er es mitbekommen sollte, nicht helfen kann? Wo ist Alex? Warum sind sie alle hier? Warum kommen sie zu ihm, wo sie sonst außerhalb des Trainings kein Wort mit ihm wechseln? Sind sie ihm gefolgt?
"Was?", krächzt er also, schwächer als er wünschte, die Arme vor der Brust verschränkend, und Erleichterung macht sich in ihm breit, als sie ihm den Abstand lassen, den er einnimmt, als er noch einen Schritt zurückgeht. Einen Moment gehen Blicke in dem Grüppchen hin und her, bis einer von ihnen leise seufzt und sich über die Schulter seines Vordermanns lehnt.
"Wir wollten uns entschuldigen." Es ist wie ein Schlag in Jaemins Gesicht, bei dem er beinahe die Kontrolle über seine Mimik verliert. Aber er zwingt sich, seine Maske der Kälte aufrecht zu halten und nicht verrutschen zu lassen. "Ist irgendwie voll scheiße, und deshalb wissen wir auch nicht, wie wir's anstellen sollen. Ähm, Felix?"
Rückennummer 12 taucht ganz hinten auf und schiebt sich vorsichtig nach vorne durch, bis er Jaemin direkt gegenübersteht. Diesmal sieht er ihm in die Augen.
"Können wir's dir erklären?"
Jaemin hebt die Augenbrauen. "Bitte."
"Uns ist über die Zeit hier klar geworden, dass wir Arschlöcher waren. Sind, ehrlich gesagt. Und falls die Herleitung komisch ist, sorry, aber– Also ehrlich gesagt hat das mit Jeno angefangen, weil er ja auch schwul ist–"
"Kannst du gar nicht wissen", klingt es von jemandem, Jaemin kann es nicht ausmachen, aber so rasch, wie das Feuer der Wut in ihm entfacht wurde, verglüht es wieder.
"Okay, stimmt. Sorry." Felix starrt doch für ein paar Sätze auf seine Schuhe. "Er trägt 'ne Regenbogenbinde. Wir dachten dann halt, dass er schwul ist. Oder halt was anderes, wir kennen uns da alle nicht so aus. Und er ist ja irgendwie voll cool, obwohl Alex und... Sam uns immer was anderes gesagt haben."
Allein der Name löst in Jaemin Übelkeit aus, aber er schluckt sie herunter. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen kann, ist an seinen ehemaligen Kapitän zu denken. "Und weiter?", presst er also nur hervor, weiterhin mit dem Blick stechend auf Felix gerichtet, der darunter langsam in sich zusammensinkt.
"Ein paar von uns haben dann nachgedacht und festgestellt, dass... Naja, dass du eigentlich auch cool bist. Irgendwie. Beziehungsweise, dass wir dir nie eine Chance gegeben haben, weil uns eben einfach gesagt wurde, dass wir es nicht sollen. Und es ist richtig kacke, dass wir einfach mitgemacht haben, aber ehrlich gesagt, also ich zumindest hab echt einfach nicht gecheckt, was wir damit angerichtet haben."
"Vor allem hat Alex die letzten Tage echt übertrieben." Der Torwart überragt Felix locker, aber versteckt sich trotzdem halb hinter ihm. "Das ist uns auch aufgefallen. Zum Beispiel, als er Jeno gefoult hat, obwohl du direkt neben ihm warst, oder generell, dass er dich so komplett ignoriert. Wenn wir mit dir spielen würden, hätten wir es– mehr mit Jenos Team aufnehmen können. Und das tut uns leid."
Jaemins Herz schlägt ihm bis zum Hals, aber er drückt die nach oben steigenden Flammen der Wut wieder nach unten. "Wirklich? Euch allen?" Tatsächlich nickt die ganze Gruppe. "Und was wollt ihr jetzt von mir? Dass ich euch einfach so vergebe?"
"Nee", erwidert Felix sofort, "also, ehrlich nicht. Das ist voll verständlich, dass du das nicht kannst oder willst oder whatever, erwartet auch keiner von uns von dir. Du sollst nur wissen, dass es uns leidtut, und dass wir jetzt versuchen, besser zu sein. Ah, und dass du uns sagen sollst, wenn wir doch wieder Scheiße bauen, und dass wir die anderen, die jetzt nicht hier sind, auch noch dazu kriegen wollen."
"Wir haben auch, wenn wir wieder zuhause sind, schon ein Gespräch mit unseren Trainern geplant", klingt es wieder über Felix' Kopf hinweg, "ohne Alex. Weil wir nicht mehr wollen, dass er unser Kapitän ist. Und eigentlich wollen wir ihn auch nicht mehr im Team haben."
"Sorry, Jaemin." Es wird gleich mehrfach gemurmelt, und der Angesprochene bohrt sich die Fingernägel in den Arm, um ruhig zu bleiben.
"Ich hoffe, ich störe eure Teambesprechung nicht?" Jaemin könnte heulen, als er Jenos Stimme hinter sich hört.
"Muss Jaemin sagen", gibt Felix nach ein paar Momenten Stille zurück.
"Habt ihr mir noch was zu sagen?"
Er kratzt sich am Hinterkopf. "Fürs Erste nicht. Vielleicht nochmal, wenn wir mehr drüber nachgedacht haben. Was... ist mit dir?"
"Nichts", presst Jaemin hervor, "weil ich gerade einfach nur wütend auf euch bin und das aber rational angehen will."
"Okay. Ähm, du kannst immer einfach auf uns zukommen, oder auch nur auf mich oder so... Wir nehmen auch gerne einen Trainer oder so dazu, keine Ahnung. Vielleicht hilft's uns aber mal, drüber zu reden, so ganz ehrlich, weiß nicht. Bieten wir dir auf jeden Fall an, aber müssen wir auch nicht. Ich weiß auch nicht, ob wir für's letzte Jahr noch eine Teamdynamik hinbekommen, auch wenn das natürlich cool wär. Das kannst du aber entscheiden, ehrlich. Wenn du gar nicht mit uns reden willst... ja. ...Okay. Sorry nochmal."
"Jap." Jaemin sieht noch zu, wie sie sich im Rudel langsam zurückziehen; ein paar beginnen kleine Gespräche, die meisten bleiben still. Noch bevor sie ganz weg sind, dreht er sich schon zu Jeno um und presst das Gesicht in dessen Trikot.
"Was wollten sie?", fragt er sofort, Jaemin umarmend, und der Jüngere klammert sich an ihn.
"Sich entschuldigen", flüstert er. Als seine Finger anfangen zu zittern, bohrt er sie in Jenos Rücken.
"Ist das nicht gut?" Jeno streicht sanft über seinen, was ihn wenigstens ein bisschen beruhigt.
"Keine Ahnung." Jaemins Stimme bebt, nur leicht, aber Jeno drückt ihn trotzdem fester an sich. "Sie kamen so plötzlich und– ich hatte Schiss, aber jetzt weiß ich nicht–" –was ich denken soll. Es bleibt ihm mit den Tränen im Hals stecken.
"Nana", seine Sicht verschwimmt, "ich verspreche dir, dass du noch mit mir darüber reden kannst, aber jetzt muss ich in die Kabine zurück. Wenn du magst, machen wir's in der Pause, oder nach dem Spiel, aber ich will, dass du dir Zeit nimmst, und die haben wir gerade einfach nicht." Jeno schiebt ihn sacht von sich und streicht ihm mit einem liebevollen Lächeln über die Wangen. "Tut mir leid."
Jaemin schüttelt den Kopf, nach seinen Händen greifend. "Ist nicht deine Schuld."
"Nachher bin ich für dich da, okay? Und in der Pause finde ich Zeit für dich."
"Danke", wispert er. Jeno drückt ihm noch einen Kuss auf die Lippen und den Handrücken, bevor er ihn wieder allein lässt, und Jaemin vergräbt sich in seinem Hoodie, um nicht in Tränen auszubrechen.
Wenigstens lenkt das bald darauf beginnende Spiel ihn tatsächlich ab. Hauptsächlich sieht er Jeno zu, manchmal Chenle, manchmal den Gegnern. Der leichte Nieselregen, der nach zehn Minuten einsetzt, geht schnell wieder vorüber, und es kommt sogar noch die Sonne in der ersten Halbzeit hinter den Wolken hervor und schenkt Jaemin noch etwas Wärme, wegen der er Renjuns Tor beinahe verpasst, weil er die Augen geschlossen hat und gerade rechtzeitig wieder hinsieht.
Das bleibt die letzte Aktion der ersten 45 Minuten, und Jaemin verspürt etwas Aufregung, als Jenos Team mit ihrem 1:0 in der Umkleide verschwindet.
09.10.2022
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