29 : DAY SEVEN

Auf dem Flur verabschieden sie sich noch normal von den anderen, doch kaum fällt die Zimmertür hinter ihnen zu, hat Jeno schon seine Lippen auf Jaemins gepresst, was mit so viel Druck erwidert wird, dass er selbst mit dem Rücken gegen das Holz stößt.

"Sorry, dass wir euch so fertig gemacht haben", murmelt Jeno noch in den Kuss hinein, während Jaemins Finger nach dem Schloss tasten und in einer schnellen Bewegung den Schlüssel hineinstecken und herumdrehen.

"Ich bin doch froh drüber", kommt es leise zurück, "jetzt hab ich meine Ruhe."

"Ich hoffe." Jeno zieht ihn so dicht an sich, Jaemin muss sich an seiner Brust abfangen, spürt dabei den rasenden Herzschlag unter seinen Fingern. Irgendwie will er etwas sagen, oder fragen, aber Jeno küsst ihn wieder und deshalb entfällt es ihm.

"Ihr habt toll gespielt, Jeno", flüstert er in einer Atempause, "du hast toll gespielt. Wirklich."

Trotz der einsetzenden Dämmerung sieht er, wie rot Jenos Ohren werden. "Ähm– Danke?"

Glucksend verbindet Jaemin ihre Lippen erneut miteinander.

"Übermorgen ist einfach schon der letzte Tag." Der Satz ist ein Schlag in Jenos Magengrube, er umklammert Jaemin noch fester. "Meinst du, ich überleb die Fahrt Sonntag mit einem angepissten Team?"

"Fahr doch bei uns mit." Jeno versteht sich selbst nicht, aber die Worte sprudeln einfach so aus ihm heraus. "Wir sitzen zusammen und ich pass auf dich auf und– und wir haben noch ganz viel Zeit füreinander, und ich bring dich nach Hause."

"Jeno", lächelt Jaemin leise, aber er ist noch nicht fertig.

"Du kannst auch einfach zu uns wechseln. Ich frag meinen Trainer, das kriegen wir hin, ganz unkompliziert. Ich bezahl auch die Fahrten für dich."

"Jeno."

"Es wird nicht passieren, aber wenn irgendwer– falls irgendwer dich dumm anmacht, dann kriegt er was von mir zu hören, ich versprech's. Ich dulde das nämlich nicht, okay, und sie hören auf mich, ich schwör's. Und– Und freitags nach dem Training kannst du mit zu mir kommen und bleiben, wenn du willst, und wir können dich auch wieder nach Hause fahren."

Jaemin hält ihm den Mund zu. "Jeno. Ich weiß das zu schätzen, wirklich. Aber dann würde ich nur zeigen, dass sie die Oberhand haben."

"Nein. Nein, damit hat das gar nichts zu tun, das ist für dich selbst, damit dein Talent anerkannt wird und deine Mannschaft keine Arschlöcher zu dir sind, das kann dich doch nicht glücklich machen."

"Ist schon okay." Jaemin lächelt sanft und streicht über seine Wange. "Ich kenn's doch mittlerweile."

"Ja, aber..." Jeno will eigentlich so viel sagen, nur um Jaemin zu überzeugen, dass das besser ist, aber die Augen des Jüngeren bringen seine Gedanken ganz durcheinander und er ist wohl auch nicht in der Position dafür, irgendeine Meinung dazu zu haben. Also sinkt seine Stirn an Jaemins, der sein Ausatmen auf den Lippen spürt.

"Ich will nicht, dass wir uns aus den Augen verlieren." Worte, mit denen Jaemin niemals gerechnet hätte, und die ihn jetzt auch gehörig aus der Bahn werfen.

"Was?", krächzt er deshalb.

"Du und ich, Jaemin." Jeno sagt es, als wäre es eine Tatsache. "Ich hab dich nämlich wirklich gern und– und du bist der erste Junge, bei dem ich so fühle, weißt du– und, ich meine, wenn du das so willst, okay, aber ich will dich nicht an meinen Alltag verlieren." Sein Blick huscht unruhig über Jaemins Gesicht, der ihn eine Weile nur anblinzelt, weil er keine Worte findet.

"Du willst in Kontakt bleiben?"

Jeno zieht die Augenbrauen zusammen. "Natürlich will ich das, du Idiot! Denkst du, die letzten Tage hab ich dich aus Spaß geküsst?"

Jaemin schluckt. "Schon."

Jeno rutscht das Herz in die Hose. "Sag doch was, Jaemin", flüstert er.

"Ja, was– Ich meine, wir haben ja nicht mal irgendwie drüber geredet, wir sind nicht zusammen oder sonst irgendwas, wir–"

"Jaemin. Jaemin Na." Jeno drückt in seine Seite, damit er ihn ansieht, aber Jaemin will ihn die Tränen in seinen Augen nicht sehen lassen.

Die ganze Zeit hat er es verdrängt, aber es deprimiert ihn unheimlich. Es ist aufregend; Jeno und er, das existiert nur in ihrem Zimmer, auf dem Flur sind sie wieder wetteifernde Fußballer aus gegnerischen Teams, und immerhin hat Jenos seins vor kaum einer Stunde in Grund und Boden gespielt, aber hier ist es egal. Dass sie sich seit sieben Tagen kennen, das ist auch egal, und eigentlich auch unwichtig. Aber Jaemin hat die ganze Zeit gewusst, dass es nach dieser Woche wieder vorbei sein würde, und dass es ihn fertig machen würde.

Oder eben doch nicht gewusst, denn Jeno umfasst seinen Kopf, damit er ihn ansieht.

"Jaemin", flüstert er, es lässt all die Schmetterlinge wieder auffliegen, "möchtest du mit mir zusammen sein?"

"Ja", wispert er zurück, ignoriert all die Zweifel, die in ihm hochkommen, und greift nur fester in Jenos Jacke, als dieser ihn küsst.

"Tut mir leid, dass ich nicht früher gefragt hab." Jenos Hände finden wieder zurück an seine Seiten, bringen ihn noch näher. "Ich wusste nicht, ob du... willst."

"Ich wusste nicht, ob du willst."

Sie müssen lachen. Jaemin sinkt an seine Schulter.

"Vielleicht... will ich wirklich bei dir mitfahren", haucht er.

"Okay." Jeno streicht über seinen Rücken. "Sollen wir gleich fragen oder morgen?"

"Morgen. Jetzt will ich nur noch duschen und ins Bett."

"Ich komm mit. Ins Bett", stammelt Jeno, als er sieht, dass Jaemin rot wird, und auch seine Wangen werden heiß, "sorry." Aber sie bleiben stehen und sehen sich nur an, bis Jaemin Jenos Griff löst, seine Hand nimmt und ihn mit sich ins Badezimmer zieht.

"Jaemin, ich bin ein hormonaler Junge und ich steh auf dich, ich glaube nicht, dass du mit mir duschen willst."

Jaemin schluckt. "Doch." Sein eigener hormonaler Teil sogar genau deswegen.

"Wir können nicht– Wir haben– Das– Jaemin." Jeno kann nicht wegsehen, als dessen Blick immer bittender wird, und er ist schon längst überzeugt, aber sagt nichts, weil ihm das Herz bis zum Hals schlägt. Allein die Vorstellung, das erste Mal mit Jaemin in ihrer gemeinsamen Hoteldusche–

Er schüttelt den Gedanken ab, bevor er zu Kopfkino werden kann.

"Bitte", sagt Jaemin leise, und damit reißt auch der letzte Strick. Jenos Einatmen ist holprig.

"Nicht– Weißt du, wie das funktioniert?"

"Schon."

Jeno seufzt, aber Jaemin weiß, dass er ihn hat. "Wir haben nichts da."

"Die nächste Drogerie ist drei Straßen entfernt."

"Du bist verrückt, Jaemin", murmelt Jeno, weicht aber schon wieder in Richtung Tür zurück.

"Ich muss morgen auf harten Plastikstühlen sitzen, wenn ich dir zusehen soll", kommt zurück, und Jeno muss im Verlassen des Zimmers seinen Hoodie überziehen, bevor er sich nicht mehr zurückhalten kann.

Er findet den Weg wie von selbst, zieht sich die schwarze Kapuze über den Kopf und betet inständig, dass er niemandem begegnet, der ihn erkennen könnte – aber es bleibt bei einem Schmunzeln der Kassiererin, als er nach dem Bezahlen schon fluchtartig den Laden verlässt.

"Das ging schnell", bemerkt Jaemin, als er ins Zimmer stolpert, gibt ein erschrockenes Geräusch von sich, als Jeno ihm beide Packungen zuwirft.

"Zufrieden?" Selbst zieht er hastig den Hoodie aus, so warm ist ihm von dem Sprint, den er über die Treppen und den Flur hingelegt hat.

"Musst du wissen." Jaemin wirft die Kondome zurück, und Jeno realisiert es erst als Aufforderung, als er die Packung schon aufgefangen und ihn eine Weile blöd angestarrt hat.

Jaemin bricht in Lachen aus. "Was dachtest du denn? Dass die Möglichkeit besteht, dass ich toppe? In hundert Jahren nicht."

"Keine Ahnung", murrt Jeno, jetzt ist es ihm irgendwie peinlich, "ich wollt's zumindest nicht ausschließen, okay? Nachher hätt ich blöd dagestanden."

"Jaja. Jetzt komm." Jaemin steht auf und greift nach Jenos freier Hand, der ihm hinterherstolpert. Auch die Badezimmertür schließen sie ab, und als Jaemin sich umdreht, ist Jeno da und zieht ihn in einen Kuss. Überrascht kann er sich gerade noch abfangen, ehe er eine unsanfte Begegnung mit der Tür macht, schlingt die Arme um Jenos Schultern, der seine um Jaemins Hüfte legt.

"Passen wir überhaupt zusammen–" Jeno verstummt, als Jaemin seinen Kopf packt und den Blick in seinen bohrt.

"Jeno", faucht er, ohne es böse zu meinen, "weniger Overthinking, mehr Sex-Thinking."

"Wenn einer von uns hinfliegt–"

"Dann hat er vielleicht wenigstens noch einmal Sex gehabt, bevor er stirbt. Aber hat er nicht, wenn du so viel nachdenkst." Und weil Jeno ihn immer noch wenig überzeugt ansieht, beschließt Jaemin, dass es am effektivsten ist, selbst zur Tat zu schreiten.

31.07.2022

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