21 : DAY SIX

Es ist das erste und vermutlich auch das letzte Mal, dass Jaemin vor Jeno und seinem Wecker wach ist, und er weiß selbst gar nicht, wie das passieren konnte, wo er gestern noch dachte, er könnte die nächsten zwölf Stunden durchschlafen. Stattdessen ist es kurz vor sechs und er sieht zu Jeno herüber mit einem leichten Lächeln, das er selbst nicht bemerkt.

Immer noch fühlt es sich unreal an, dass sie sich gestern wirklich geküsst haben, und Jaemin wird glatt rot bei dem Gedanken, dass es nicht nur bei dem einen geblieben ist, und der Gute-Nacht-Kuss mehr so in Richtung Gute-Nacht-Make-Out-Session ging, aber er kann es sich ja nicht einmal übel nehmen, wenn selbst jetzt sein Blick nicht selten zu Jenos Lippen wandert und ihn daran erinnert, wie es sich angefühlt hat, sie direkt auf seinen eigenen zu spüren. Davon steigt ihm wieder Hitze in die Wangen, bis er sich unter seiner Decke vergraben muss, um nicht noch wie ein Teekessel zu pfeifen anzufangen.

Eine Weile später geht Jenos Wecker los, weshalb er wieder unter ihr hervorkommt, und ihre Blicke begegnen sich sofort, Jeno lächelt sogar, und Jaemin will wieder unter seiner Decke verschwinden.

"Du? Vor mir wach? Das achte Weltwunder ist eingetroffen."

Jaemin wirft sein Kissen nach ihm, Jeno quiekt und wehrt es ab. "Arsch."

"Dir auch guten Morgen. Bekomm ich einen Kuss?"

"Nein, du stinkst."

"Oha." Schmollend wirft Jeno das Kissen zurück und macht sich auf ins Badezimmer, während Jaemin es zurück unter seinen Kopf schiebt und so breit grinst, er muss die Hände vors Gesicht schlagen. Scheiße, das ist wirklich passiert.

"So, jetzt bist du der, der stinkt, also darfst du dich nicht beschweren." Jeno geht demonstrativ an ihm vorbei, aber Jaemin gluckst nur und betritt das Bad. Als er zurückkommt, streckt Jeno die Hände nach ihm aus, weshalb Jaemin mit einem leisen Lachen auf ihn zukommt und sie ergreift, sodass Jeno ihn an sich ziehen kann.

"Was wird das?", lächelt Jaemin, aber legt die Arme um seine Schultern, während Jeno seine um Jaemins Taille schlingt.

"Guten Morgen sagen?", gibt er unschuldig zurück und übt sachten Druck auf Jaemins unteren Rücken aus, weshalb dieser gegen ihn sinkt, ihre Nasenspitzen einander streifen und simultan Glücksexplosionen in ihnen auslösen.

"Guten Morgen", flüstert Jaemin, und dass Jeno seinen Atem auf den Lippen spürt, ist genug, dass er es nicht mehr aushält und ihn küssen muss.

"Morgen", murmelt er, Jaemin lässt ihn aber kaum ausreden und zieht seinen Kopf schon wieder an sich heran.

Es sind Minuten, die vergehen, bis sie aufhören können, sich zu küssen, und dann ist es nur, als es auf dem Flur laut wird und es sie daran erinnert, dass sie losmüssen. Deshalb schiebt Jeno den Jüngeren sanft von sich und hält ihn auch von einem Versuch ab, doch wieder an seine Brust zurückzukehren.

"Ich will nicht", schmollt Jaemin, und Jeno lacht leise.

"Wie soll ich sagen, uns bleibt keine Wahl."

"Doch." Jaemin streckt die Hände nach ihm aus, aber Jeno streift unbeeindruckt seine Schuhe über und schiebt sein Handy in die Hosentasche, weshalb Jaemin es ihm weiterhin beleidigt gleichtut und sie ausnahmsweise zusammen das Zimmer verlassen.

Sie müssen nicht einmal darüber sprechen, um zu wissen, dass sie vor den anderen weitermachen wie bisher, denn ihre Unterhaltung gestern vor ihrem Kuss war wohl deutlich genug: Zeige Fußballern nicht, dass du schwul bist.

Trotzdem erwischt Jeno sich häufiger dabei, dass er Jaemin immer wieder von der Seite ansieht, nicht nur beim Joggen, auch beim Frühstück und als sie wieder auf ihrem Zimmer sind. Er fragt sich, wie Jaemin sich getraut hat, den ersten Schritt zu wagen; ob es so deutlich war, dass er quasi von Tag eins an ziemlich etwas für Jaemin übrig hatte, oder ob es so impulsiv war, wie er selbst bisher gehandelt hat. Und es immer noch tut, denn es ist nicht nur ein Mal, dass er dem Drang widerstehen muss, Jaemin mehr zu berühren, als es für Zimmernachbarn angebracht wäre, wobei er teilweise nur zu viel darüber nachdenkt und es eigentlich tun könnte, aber dann Schiss hat, dass Jaemin es als zu viel empfinden könnte. So trifft ihn auch ein unsicher-abwehrender Blick, als er den Arm auf Jaemins Stuhllehne ablegt und beinahe auf dessen Schultern schiebt, weil sie so drückt. Immerhin scheint es außer den beiden niemand zu bemerken, aber vielleicht sind die anderen dafür einfach zu beschäftigt mit ihrem Essen.

"Wann hast du Training?" Jeno schließt die Tür hinter ihnen und folgt Jaemin ganz automatisch zum Fenster, wo sie sich nebeneinander hinsetzen.

"Heute Abend." Jaemin holt ein Handy hervor und sucht nach dem richtigen Plan. "Jup. Zwanzig Uhr."

"Oh, ich glaub, wir auch. Dann haben wir ja jetzt fünf Stunden frei." Jeno legt den Kopf schief. "Hast du was vor?"

"Nee. Du?"

"Was mit dir?", schlägt Jeno also vor, und allein wegen des vorfreudigen Leuchtens in seinen Augen könnte Jaemin es ihm nicht einmal ausschlagen, wenn er es wollte.

"Okay", und Jeno grinst fröhlich. Es macht Dinge mit Jaemins Herzen, die ihn fast schon überfordern. "Und was?"

"Worauf hast du Lust? Wir können auf jeden Fall essen gehen, wenn du willst." Jeno fischt sein Handy aus der Hosentasche und öffnet bereits den Browser, sieht wieder zu Jaemin auf. "Und gehen überall hin, wo du gestern noch nicht warst."

"Essen gehen ist doch übertrieben", murmelt Jaemin, "wir können uns einfach irgendwo was holen."

Jeno schaltet sein Handy wieder aus. "Langweilig."

"Halt die Klappe."

Sie sehen sich an, und der Blauhaarige grinst und lehnt sich ihm ein Stück entgegen. "Langweilig", wiederholt er leise, Jaemin presst die Lippen aufeinander, aber Jenos sehen ihn so auffordernd an, er muss aufstehen und ihn von der Fensterbank ziehen. Beinahe verliert er dabei das Gleichgewicht, weil es so ruckartig geschieht, aber Jaemin fängt ihn ab, geht noch einen Schritt zurück und küsst ihn.

Sofort wandern Jenos Arme um seine Hüfte, Jaemin greift in seine Haare und hält ihn bei sich, damit er ja nicht auf die Idee kommt, sich von ihm zu lösen. Er spürt das Grinsen, das über Jenos Lippen huscht, und es stachelt ihn noch mehr an, weshalb er seinen Mund öffnet.

Damit hat Jeno zwar nicht gerechnet, aber das hält ihn noch lange nicht davon ab, darauf einzugehen und seine Zunge gegen Jaemins gleiten zu lassen.

"Du schmeckst nach Kaffee", kann er sich nicht verkneifen.

"Halt die Klappe", knurrt Jaemin und erstickt sein Auflachen mit seinen Lippen.

"Ich sollte dich öfter provozieren."

"Du könntest auch einfach wie ein normaler Mensch einfach, ich weiß nicht – fragen."

"Und wo ist da der Spaß?" Jeno grinst, als Jaemin die Augen verdreht.

"Du hast eine komische Vorstellung von Spaß." Er schiebt den Kapitän von sich und wird dafür angeschmollt, weshalb er seufzt. "Du bist so ein Baby, es ist unglaublich."

"Ja, wenn du einfach so aufhörst, mit mir rumzumachen?"

Jaemin massiert sich die Stirn. "Warum nochmal steh ich auf dich?"

"Weil ich umwerfend heiß und charmant bin?" Jeno zieht ihn wieder an sich, und er fängt sich mit den Händen an seiner Brust ab.

"Heiß, ja. Charmant, eher weniger."

"Oha." Jeno schiebt erneut die Unterlippe vor, aber Jaemin greift nach seinem Kinn und öffnet seinen Mund leicht.

"Dafür küsst du aber ziemlich gut", sagt er leise. Jeno will ihn noch mehr davon überzeugen, aber Jaemins Griff ist zu fest. Statt seines Kopfes bewegt Jeno also seine Arme, wandert mit ihnen Jaemins Rücken aufwärts und bringt ihre Körper dabei so nah zueinander, dass ihre Schmetterlinge miteinander tanzen. Es lenkt Jaemin so ab, dass seine Hand abrutscht, und so nutzt Jeno die Gelegenheit, um ihre Lippen miteinander verschmelzen zu lassen. Jaemin wird schwindelig.

"Vielleicht will ich doch nicht los", murmelt er, und Jeno gluckst, ehe er ihm alle Gedanken wegküsst.

13.08.2022 happy nana day<3

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top