Kapitel 72 - Winston

Vollkommen erschöpft fiel Winston ins Bett. Holly lachte, legte sich aber ebenfalls neben ihn ins Bett und vergrub ihre Hand in seinem Haar. Zärtlich massierte sie seine Kopfhaut, was sich entspannend und lustig zugleich anfühlte. 

„Haben wir diesen Tag wirklich hinter uns gebracht?", fragte er, drehte den Kopf herum und sah zu Holly, die auf der Seite neben ihm lag, sodass er in ihr Gesicht sehen konnte. 

„Ja, ich denke schon. Alle haben den Essen geliebt", sagte sie, was Winston grinsen ließ. Tatsächlich war er ein wenig stolz auf sich, aber das würde er niemals zugeben. 

„Bestimmt waren sie nur von der hübschen Kellnerin abgelenkt", erwiderte er, was Holly die Augen verdrehen ließ. 

„Was denn? Du bist doch hübsch. Wunderhübsch sogar", sagte und führte seine Hand an ihre Wange. Holly prustete. 

„Und du bist bescheuert", kommentierte sie, allerdings sah er, dass sie auch ein wenig geschmeichelt war. 

„Wunderbescheuert?", fragte er und grinste dämlich. Holly lachte. 

„Ja, du bist wunderbescheuert. Und wunderlustig und wunderverrückt und wunder-der-beste-Freund-auf-der-Welt", sagte sie, lachte und küsste ihn. Winston intensivierte den Kuss, doch plötzlich wurden sie von einem Klingeln gestört. 

„Dein Handy", sagte er, woraufhin Holly sich von ihm löste und aus dem Bett kletterte. Winston war sofort nervös, immerhin war es mitten in der Nacht und normalerweise wurde Holly nicht oft angerufen. Eilig richtete er sich auf und sah ihr nach, wie sie in ihrer Handtasche kramte und schließlich ihr Handy hervor holte. 

„Mr. Bell?", meldete sie sich und sofort war Winstons Müdigkeit wie weggeblasen. Holly lauschte eine ganze Weile der Stimme am anderen Ende der Leitung, während sie unruhig im Zimmer auf und ab ging. Dass sie so lange schwieg und nur zuhörte, machte ihn noch nervöser als die Tatsache an sich, dass Mr. Bell mitten in der Nacht anrief. 

„Okay. Danke", sagte sie auf einmal, dann starrte sie auf ihr Handy. Mit wackligen Knien stand Winston auf und ging zu ihr. 

„Holly", sagte er sanft und legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. Augenblicklich fing Holly so heftig an zu beben, dass er Angst hatte, sie würde hinfallen. 

„Hey", sagte er, umarmte sie fest und schob sie langsam in Richtung Bett. Ein Schluchzen brach aus ihr hervor und er spürte, wie ihre Tränen in sein T-Shirt sickerten. Winston bekam Panik, denn was auch immer Mr. Bell ihr gesagt hatte, es musste etwas Schlimmes gewesen sein. Er drückte Holly aufs Bett, sodass sie auf der Bettkante saß und kniete sich vor ihr auf den Boden. 

„Holly, was ist denn? Was hat er gesagt?", drängte er und suchte ihren Blick. Allerdings hatte sie die Hände vors Gesicht gepresst und verbarg so ihr Gesicht. Noch immer schluchzte sie, doch da begriff er, dass sie nicht weinte, sondern hysterisch lachte. Seine Panik und Sorge wurde noch größer. 

„Holly bitte! Sag mir, was passiert ist!", forderte er, griff nach ihren Handgelenken und zog ihre Hände herunter. Plötzlich wurde die Zimmertür aufgerissen und Ally stürmte herein. 

„Was ist passiert?", fragte sie entsetzt, war mit einem Satz bei ihm und griff nach Hollys Hand. 

„Ich weiß es nicht, Mr. Bell hat angerufen und...", setzte er an, doch da erstarb Hollys Schluchzen oder Lachen oder was auch immer es war und sie wischte sich mit dem Handrücken über die Wangen. 

Ein paar Mal atmete sie tief durch, dann sah sie erst Ally und dann ihm in die Augen. Sofort bekam er eine Gänsehaut, denn er glaubte das erste Mal, so etwas wie Wahnsinn in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Winston umfasste ihr Gesicht mit den Händen und sah sie eindringlich an, da fing sie an zu sprechen. 

„Sie haben den Mörder meiner Familie", sagte sie vollkommen emotionslos. Winston durchfuhr ein Schock und er begriff nicht, was sie da sagte. 

„Was?", sprach Ally seine Gedanken aus, was Holly nicken ließ. 

„Ja, sie haben ihn. Er hat gestanden und er ist in Haft", sagte sie, dann presste sie sich die Hand vor den Mund und fing wieder heftig an zu beben. Winston warf einen schnellen Blick zu Ally, die genau so perplex wirkte wie er sich fühlte. 

„Das heißt...", setzte Ally an, brachte aber den Satz nicht zu Ende. Holly atmete tief durch, straffte die Schultern und schien sich für einen Moment zu sammeln. Als sie sprach, war ihre Stimme ganz klar. 

„Das heißt, dass ich nicht mehr in Gefahr bin. Auch wenn er mich eigentlich hier nicht finden konnte, habe ich nun die Gewissheit, dass er nie wieder versuchen kann, mich zu finden. Mr. Bell meint, dass er mindestens lebenslänglich bekommt", sagte sie und Winston sah, wie es um ihre Mundwinkel zuckte. Er konnte nicht recht fassen, wie er sich fühlte, aber Erleichterung war wohl das überwiegende Gefühl. 

„Oh Holly", keuchte er, schlang die Arme um sie und drückte sie an sich. Keine Sekunde später spürte er, wie Ally sich seiner Umarmung anschloss. 

„Jetzt kann ich endgültig das Buch Rebecca zuschlagen und es ganz tief unten in meinem Koffer verstauen", sagte sie leise an seinem Ohr und irgendwie fanden seine Lippen die ihren. 

„Ich liebe dich, Holly", sagte er zwischen zwei Küssen, Ally vollkommen ignorierend. 

„Und ich liebe euch beide", sagte diese auf einmal, küsste erst Holly und dann ihn auf den Kopf und schmiss sich auf sie, sodass sie alle in einem dicken Knubbel auf dem Bett landeten. Holly lachte, so losgelöst wie schon lange nicht mehr und als Ally mit einstimmte, konnte Winston sich nicht mehr zurückhalten. Bestimmt fünf Minuten lagen sie sich einfach nur in den Armen und lachten, glücklich darüber, dass sie einander hatten und dass Holly eben als Holly bei ihnen war. 

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