Kapitel 38 - Ally

Ally wachte von einem dumpfen Geräusch auf. Verschlafen rieb sie sich den Schlaf aus den Augen und spürte als erstes, wie sehr ihr Kopf schmerzte. Sie massierte ihre Schläfen, doch es half nur wenig. Hoffentlich hatte sie in ihrer Handtasche im Auto noch eine Aspirin. 

Mühsam und sehr unbeholfen kroch sie zum Zeltausgang und zog den Reißverschluss auf. Die Sonne blendete sie und sie musste die Augen wieder schließen. Sie fühlte sich elend und unausgeruht, aber das war sie selbst Schuld. Sie hätte nicht so viel trinken sollen. 

Sie erhob sich und trat einige Schritte in Richtung Auto und erst da erkannte sie Winston, der im Kofferraum herumkramte. Holly saß auf dem Baumstamm, der den Campingplatz vom Hang abtrennte. Sie hatte ihr den Rücken zugewandt und schien die Aussicht zu genießen. Ally ging langsam zum Auto, denn ihr Kopf pochte mit jeden Schritt. 

„Na sieh mal einer an, da ist ja jemand von den Toten wieder auferstanden", lachte Winston, wie immer gut gelaunt. Ally brummte nur, schob ihn unsanft beiseite und kramte in ihrer Tasche herum. Tatsächlich fand sie eine Tablette, die hoffentlich gegen ihre Kopfschmerzen half und sie spülte sie mit einem Schluck Cola herunter. 

„Gut geschlafen?", fragte Winston, doch Ally antwortete ihm nicht. Stattdessen ging sie in Richtung der Toilette. 

Nach und nach kamen die Erinnerungen an den vergangenen Abend wieder und gerade als sie das Toilettenhäuschen betreten wollte, fiel ihr ein, dass sie Holly von ihrer Abtreibung erzählt hatte. 

Panik durchfuhr sie, denn auch wenn sie Holly vertraute, war es doch etwas sehr Persönliches. Womöglich dachte sie nun schlecht von ihr, dass sie ein Baby getötet hatte. 

Ally keuchte und spürte, wie ihre Knie weich wurden. Hilfesuchend klammerte sie sich an dem Griff der Tür des Toilettenhäuschens fest, bis sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte. 

Eilig vertrieb sie die quälenden Gedanken, ging auf die Toilette und schlenderte zurück zu Winston und Holly. Inzwischen saß Winston auch auf dem Baumstamm, allerdings schien er in der Mitte zwischen ihnen Platz für sie gelassen zu haben. 

Mit einem Seufzen ließ sie sich zwischen ihnen nieder und schloss für einen Moment die Augen. Die Sonne strahlte schon jetzt unendlich heiß vom Himmel und ihr wurde klar, dass sie sich dringend mit Sonnencreme einschmieren sollte. 

Sie seufzte und sah zu Winston, der zwar eben noch fröhlich geklungen hatte, aber nun eher bedrückt wirkte. Auch wenn sie ihn nach seinen Sorgen fragen wollte, fühlte sie sich noch zu erschöpft und sie ließ stattdessen einfach ihren Kopf auf seiner Schulter nieder. Er versteifte sich augenblicklich. 

„Was ist?", fragte er und erst da sah Ally aus dem Augenwinkel zu Holly, die genau so verkrampft dasaß wie Winston. Auch wenn ihr Hirn noch nicht wirklich richtig funktionierte, wurde ihr klar, dass zwischen den beiden irgendetwas passiert sein musste. Hatten sie sich gestritten? 

„Okay, was ist los?", fragte sie, löste sich von Winstons Schulter und sah sie beide abwechselnd an. Niemand antwortete ihr und sofort fühlte sie sich ausgeschlossen. Es war kein gutes Gefühl und sie beschloss, sich etwas zum Frühstück zu besorgen. 

Ally erhob sich wieder und ging zum Kofferraum, wo sie Toast und Erdnussbutter fand. Sie schmierte sich zwei Brote und setzte sich kurzentschlossen auf den Beifahrersitz, von wo aus sie die beiden anderen gut im Blick hatte. 

Erst da bemerkte sie, dass sie nasse Haare hatten und sie vermutete, dass sie sich hinten an dem kleinen Wasserhahn gewaschen hatten. Sie sah, wie Holly aufstand und sich hinter Winston stellte. Anschließend legte sie ihre Hände auf seine Schultern und drückte sie. Winston schien es zu genießen, denn er ließ den Kopf nach vorn auf die Brust sinken. 

Ally aß auf, klopfte sich die Krümel von den Händen und ging zurück zu den beiden. Sofort hörte Holly auf, Winston zu massieren und wandte sich stattdessen ihr zu. 

„Hast du auch Rückenschmerzen?", fragte sie, ein Lächeln auf den Lippen. 

„Nein, aber eine Massage nehme ich trotzdem", erwiderte sie und grinste. Holly bedeutete ihr mit einer Handbewegung, dass sie sich setzen sollte und eilig gehorchte sie. Holly legte ihre Hände auf ihre Schultern, schob ihr Haar zur Seite und massierte. Tatsächlich fühlte es sich gut an und Ally entfuhr ein Stöhnen. 

„Woher kannst du das nur so gut?", fragte sie, doch Holly kicherte nur. Auf einmal spürte sie, wie Winston sie am Arm anstieß. 

„Erinnerst du dich an letzte Nacht? An das, was du erzählt hast?", fragte er besorgt, was sie mit einem Nicken beantwortete. Holly hielt für eine Sekunde inne, setzte dann aber ihre Massage fort. 

„Jetzt haben wir keine Geheimnisse mehr voreinander", sagte Ally, denn auch wenn sie dieses Ereignis nicht mehr wirklich belastete, war sie froh, dass Holly es nun wusste. 

Auf einmal schlang Holly die Arme um sie und führte ihre Lippen an ihr Ohr. 

„Danke, dass du es mir erzählt hast", flüsterte sie. Ally griff nach ihren Händen und drückte sie kurz, bevor Holly sie wieder los ließ. 

„So. Und wer von euch zwei Helden massiert nun mich?", fragte Holly, begleitet von einem Lachen. 

„Ich mach das", sagte Winston wie aus der Pistole geschossen, sodass Ally keine Chance hatte, sich dafür anzubieten. 

„Du gehst dich waschen und dann brechen wir nachher auf zu unserer Wanderung. Immerhin müssen wir es heute noch bis zum Gipfel schaffen", sagte er streng, doch Ally gehorchte. Auch wenn sie nur zu gern den Tag einfach nur herumgegammelt hätte, freute sie sich auch auf die Wanderung. Es würde anstrengend werden, aber Zeit mit Winston und Holly zu verbringen machte Spaß und vielleicht konnte sie noch ein wenig mehr über Holly erfahren. 

Sie warf noch einen Blick zu den beiden und sah, wie Winston anfing, Hollys Kopf zu massieren, was ziemlich lustig aussah. Winston war einfach nur zu komisch. Vor sich hin grinsend machte sie sich auf den Weg zum Wasserhahn, um sich zumindest notdürftig zu waschen. 

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