Kapitel 35 - Ally
Ally spürte, wie Holly ihre Hand los ließ und das Zelt verließ. Zwar hatte sie ihre Augen geschlossen, aber an Schlaf war noch lange nicht zu denken.
Es hatte sich richtig angefühlt, Holly von ihrer Vergangenheit zu erzählen, auch wenn Winston sicherlich sauer auf sie sein würde. Immerhin glaubte er, dass sie endlich einmal damit abgeschlossen hätte und nicht wie immer, wenn sie Alkohol getrunken hatte, davon anfing.
Angestrengt lauschte sie, ob die beiden wieder zurück ins Zelt kamen, aber nach ein paar Minuten waren sie immer noch draußen. Ally setzte sich auf, griff nach der Lampe, die noch immer oben an der Zeltstange baumelte und öffnete den Reißverschluss. Sie leuchtete nach draußen und erkannte Winston, der auf einem Baumstamm saß, der die Grenze des Campingplatzes markierte. Holly war jedoch nicht bei ihm, sondern kramte im Kofferraum des Autos herum.
„Kommt ihr wieder rein?", fragte sie und erst da wandte Winston ihr den Blick über die Schulter zu. Er seufzte hörbar, erhob sich dann aber und ging zu Holly an den Kofferraum. Erst da erkannte sie, dass sie ihr Kopfkissen herausgeholt hatte. Winston schloss für sie die Kofferraumklappe und folgte ihr dann zurück zum Zelt.
„Ich muss mich noch umziehen", sagte Holly und erst da wurde Ally klar, dass es in Jeans sicherlich nicht wirklich bequem sein würde zu schlafen. Außerdem wurde es hier nachts ziemlich kalt und sie sollte sich einen Pulli überziehen.
„Ich auch", sagte sie, kramte in ihrem Rucksack herum, bis sie ihre gemütliche Schlafhose und einen Pulli gefunden hatte und kroch zu Holly und Winston nach draußen.
„Ich ziehe mich drinnen um. Wehe, ihr kommt rein bevor ich fertig bin", sagte er streng, doch Ally glaubte, ihn süffisant grinsen zu sehen.
„Ich hab sowieso schon alles gesehen", rief sie vielleicht ein klein wenig zu laut und kicherte. Sie sah, wie Winston sich verlegen an den Hinterkopf fasste, dann verschwand er im Zelt. Ally ging zu Holly und sie zog sie am Arm hinters Auto, damit sie sich in Ruhe umziehen konnten. Auch wenn sie die einzigen weit und breit waren, fühlte sie sich so unbeobachteter.
„Bist du okay?", fragte Holly besorgt, gerade als sie sich aus ihrer Jeans pellte.
„Ja, mach dir keine Sorgen", winkte sie ab und nun fing auch Holly an, sich umzuziehen. Inzwischen war es stockdunkel und sie hörte das Zirpen der Grillen nur allzu deutlich.
„Hoffentlich locken wir wirklich keine wilden Tiere an", sagte Ally und spürte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Sie hatte ein wenig Angst, aber das würde sie niemals zugeben. Holly lachte.
„Keine Sorge, hier auf dem Campingplatz wird uns schon nichts passieren", versicherte sie ihr, doch Ally blieb misstrauisch.
„Bist du fertig?", fragte sie, woraufhin Holly ein zustimmendes Geräusch machte. Eilig lief Ally zurück zum Zelt, die Taschenlampe fest umklammert. Der Lichtkegel zitterte und erleichtert atmete sie auf, als sie zurück im Zelt war.
Mit einem Seufzen ließ sie sich auf ihrer Matte nieder und kroch in den Schlafsack. Tatsächlich war es schon deutlich abgekühlt und sie schmiegte sich eng an das gefütterte Material. Holly kam ebenfalls ins Zelt, verschloss sorgfältig die Reißverschlüsse und legte sich neben sie. Ally hörte das Knistern ihres Schlafsacks, dann knipste sie die Lampe aus.
„Schlaft schön. Und lasst euch nicht fressen", sagte Winston, kicherte leise in sich hinein und verstummte dann. Ally schnalzte mit der Zunge.
„Hör auf, mir Angst zu machen", rief sie aus, drehte sich auf die Seite und schloss die Augen. Sie musste schnell einschlafen, denn sonst würde sie bei dem ganzen Gezirpe da draußen womöglich noch durchdrehen.
„Schlaft schön", erwiderte Holly, dann wurde es still. Ally lag allerdings noch eine ganze Weile wach, während die Atemzüge der anderen beiden schon regelmäßig geworden waren. Vielleicht war es auch ein wenig dem Alkohol geschuldet, aber sie bekam große Lust, sich an Winston zu schmiegen. Allerdings lag Holly zwischen ihnen, sodass es unmöglich war.
Ein Seufzen entfuhr ihr, denn ihr wurde wieder einmal bewusst, dass Winston ihre Liebe nicht erwiderte und niemals erwidern würde. Sie musste das akzeptieren und sollte ihn nicht daran hindern, sich selbst in jemanden zu verlieben, der womöglich besser zu ihm passte. Holly zum Beispiel.
Ally zuckte unsanft zusammen, denn auch wenn Holly ihr versprochen hatte, sich nicht an Winston heranzumachen, wusste sie, dass sie es wollte. Die beiden verstanden sich wirklich gut und sie bemerkte durchaus die Blicke, die sie sich zuwarfen.
Allys Herz wurde schwer, aber wenn sie eine wahre Freundin war, dann würde sie ihre Eifersucht hinunterschlucken und Winston kein schlechtes Gewissen mehr machen. Denn dass er sich schlecht fühlte, weil er ihre Gefühle nicht erwiderte, stand außer Frage. Ally drehte sich auf die andere Seite, sodass ihr Gesicht ganz nah an der Zeltwand lag und versuchte einzuschlafen.
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