SECHSTES (4)

"Na na na, meinen Blitz lasse ich mir nicht nehmen", lachte eine Bonnie bekannte Stimme. Sie saß auf dem Motorrad und hatte bis jetzt mit ihren Fingern die ganze Maschine inspiziert. Jetzt sprang sie auf und starrte zu Nolan rüber. Er stand in der Tür, welcher er nun schloss. "Blitz?", fragte sie und versuchte möglichst unschuldig auszusehen. Nolan nickte. "Schnell und laut", erklärte er stolz. Bonnie wollte sich auf die Zunge beißen, eigentlich... "Der Donner ist laut, nicht der Blitz", musste sie ihn dennoch belehren. Der rechte Mundwinkel des Jungen wurde hochgehoben und er lächelte schief. "Wer?", fragte er anstatt einer beleidigten Antwort. Auf Bonitas Stirn bildeten sich Falten und sie schaute ihn mit ihren grasgrünen Augen verwirrt an. "Was wer?", verlangte sie zu wissen und die Antwort kam prompt: "Wer hat gefragt!" Nolan stand inzwischen direkt vor ihr und nun bekam er einen leichten Stoß in den Magen. Obwohl er sich gespielt vor Schmerzen zusammenkrümmte, musste er lachen. Bonnie stimmte mit ein und hielt sich an Nolans Schulter fest. Dann schwiegen die beiden eine Weile, doch diese Stille war nicht von der schlechten Sorte. Es war ein gutes Schweigen, eine Stille der Freundschaft. "Sag mal, was hast du morgen vor?", erkundigte der Junge sich, inzwischen hatte er sich aufgerichtet und kleine Lachfalten verschwanden langsam aus seinem Gesicht. "Ich werde unseren Bauernhof renovieren", sagte sie. "Ihr habt einen Bauernhof?", fragte Nolan. Das Mädchen nickte und plauderte weiter: "Früher haben ich und mein Vater an den Zimmern gearbeitet aber dann ist er ausgezogen. Ich war erst sechs Jahre alt, glaube ich. Seitdem war ich nichtmehr dort, bis gestern" "Da muss doch überall Staub sein! Erstmal solltest du diesen Hof putzen, davor kann man dort sowieso nichts machen" Nolans Blick huschte zu seinem "Blitz" "Meinst du?", antwortete sie ihm und sah dann in seine Blickrichtung, "Musst du gehen?" Er schüttelte seinen Kopf, seine schwarzen Haaren flogen von links nach rechts und schlugen ihm in sein Gesicht. "Noch nicht", meinte er. "Du bist ein schlechter Lügner", kicherte sie und schaute in seine Augen. Sie verlor sich in den Haselnussaugen mit den goldenen Streifen, die sich nach außen richteten und die Worte: "Eindeutig musst du gehen", blieben ihr beinahe im Hals stecken. "Ich weiß", flüsterte er und ein warmer Hauch erwischte ihre Lippen. Bonnies gesamter Körper zuckte zusammen und eine Gänsehaut fuhr über ihren Rücken. Die Tür der Bibliothek wurde von innen aufgerissen und ein Besucher verließ das Haus. Er warf den beiden Teenagern einen schnellen Blick zu und eilte dann in die andere Richtung. Der Moment wurde von ihm zerstört. "Magst du mal vorbei kommen, mir beim Aufräumen helfen?", wisperte sie und ihr Mund blieb dabei beinahe zu. "Warum nicht?" Wieder grinste Nolan schief und Bonita bemerkte ein kleines Grübchen. Noch immer standen sie sich gegenüber, nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander. Ein Auto fuhr an ihnen vorbei und hupte. Beide zuckten zusammen. Bonnie sah zu dem Auto, es war der blaue Seat ihrer Mutter. Ihre Wangen wurden rot, dieses Mal nicht wegen der Aufregung. Vera Kirsch riss die Beifahrertür auf und winkte ihrer Tochter zu. Schnell griff das Mädchen nach dem auf dem Boden liegenden Rucksack. Nolan legte eine Hand an ihren Rücken. "Wann?", war das Einzige was er sagte. "Ich kann erst wieder am achtundzwanzigsten", wurde ihr da klar, „Vierzehn Uhr, Schönfeldgasse, das größte Haus", fragte Bonita flüchtig und stieg dann zu ihrer Mutter in das Auto. Durch das kleine Fenster beobachtete sie ihn, grinsend stand er da und hob einen Daumen.

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