NEUNTES (2)
Eine kleine Katze, wahrscheinlich silbergrau oder hellbraun schlenderte entspannt auf sie zu. Zuerst verlangsamte Bonita ihre Schritte, bis sie schließlich stehen blieb. Bald erreichte das Samtpfötchen sie und strich um ihre Beine. Eine kleine Streicheleinheit kann ich mir leisten. Sie beugte sich zu dem Kätzchen hinunter und nahm sie hoch. Kein Halsband, registrierte sie. „Du bist ein einsames Kätzchen, oder?", flüsterte sie in das weiche Fell, „Genauso verloren wie ich." Bonita atmete ein und drückte das warme Wesen an sich. Diese Wärme, die das Lebendige vertrat, beruhigte sie noch mehr als das Licht. „Ich muss jetzt gehen, weißt du? Ich habe noch etwas zu erledigen, Mission Impossible sozusagen." Sie legte sie ab und streichelte ihr nochmal über den vibrierenden Kopf. Das Schnurren schwoll an und obwohl Bonnie stand konnte sie es laut und deutlich hören. „Tschüss Tinkerbell", flüsterte sie, „Ich bin mir sicher wir sehen uns bald wieder."
Bonita konnte nicht wissen wie ihr geschah, als sie das Motel betrat saß Tinkerbell im Foyer, genauer gesagt auf dem blauen Teppich vor den Treppen. Jetzt wurde es noch deutlicher wie dieser Name passte. Im Licht konnte sie die Farbe des Felles deuten, es war ein helles grau mit weißen Flecken. Die grünen Augen der Katze durchbohrten sie und es schien als würde die Katze Bonitas Seele lesen wie ein Buch, nur mit einem Blick. Die Teenagerin starrte zurück. Wahrscheinlich konnte diese Katze fliegen, genau wie Tinkerbell. Wie sonst hätte sie so schnell hierher kommen können? Logisch war es einfach nicht zu erklären. „Hoch mit dir", zischte das Mädchen besorgt, „Keine Ahnung ob hier Tiere erlaubt sind."
Sie jagte die Katze eine Etage höher, dort wo sich die Zimmer befanden. Als sie ihren Schlüssel im Schloss drehte, fiel ihr die Zahl auf.
Dreizehn
Dreizehn, die Zahl des Unglücks. Sie seufzte und schloss auf. Die Samtpfote huschte durch den kleinen Schlitz in den Raum hinter der Tür und Bonnie folgte schnell. Auch dieser Raum schien leer zu sein, verriet nichts über Bonitas Traum-Ich. Es kam ihr so fuhr, als hätte es dieses Mädchen nie gegeben. Nicht in ihrer echten und in ihrer Traumwelt, bis jetzt. Es wirkte als wäre dieses Mädchen, diese Gestalt nicht mehr als das Ergebnis von Bonnies blühender Fantasie. Vermutlich war sie auch nichts anderes.
Die Teenagerin ließ sich auf das Bett fallen, zog die Decke über sich und ließ sich langsam in ihre Träume in ihrer Traumwelt treiben. Wie ungewöhnlich, ein Traum in einem Traum. Sie spürte das Fell an ihrer Hand und vergrub die Finger darin. Sie atmete im Takt mit der Katze und dachte über ihr auffallend seltsames Leben nach.
Die Nacht verging schnell, bald schienen die ersten Sonnenstrahlen durch das kleine Fenster und kitzelten Bonnie an der Nase. Sie hob eine Hand an, versuchte an ihre Nase zu kommen, traf aber gegen etwas Samtes, Weiches. Tinkerbell! Bonita lächelte, wahrscheinlich würde dieses Samtpfötchen ihr einziger Verbündeter sein. „Ich habe was zu erledigen, ich muss wissen was passiert ist" Energisch rappelte sie sich auf. „Ich werde Lily besuchen!", entschied sie, „Kommst du mit?" Sie wusste nicht genau wie eine Katze antworten konnte aber als die Katze miaute und um ihre Beine strich, deutete das Mädchen es als ein ja. Dann knurrte ihr Magen, ein lautes Grummeln das eher zu einem feuerspeienden Drachen passte als zu ihr. „Erst kaufen wir uns wohl ein Frühstück", sagte sie lachend und schloss nebenbei die Tür auf. „Wie wär's mit Lukas Leckereien?", schlug sie ihren Lieblingsladen vor. Die Katze widersprach nicht, sondern leckte einfach einmal die Schulter. Wie lange können diese Träume gehen? Sie sah zum Pult im Foyer, an der Rezeption stand niemand und so konnte sie ohne etwas zu befürchten, ihre Katze aus dem Gebäude schmuggeln.
Mit jedem Schritt den sie ging, vergrößerte sich ihr Hunger und ein unangenehmer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus. Der morgendlichen Kälte konnte ihre Jacke nicht standhalten, sodass sie nach den fünf Minuten Laufzeit am ganzen Körper zitterte. Ihre Fingerkuppen brannten und schmerzten als sie endlich den warmen Laden betrat. „Guten Morgen", begrüßte Lukas sie, widmete dann seine Aufmerksamkeit wieder seiner Zeitung. Er erkannte sie nicht, selbstverständlich.
Wieder machte sich dieses ungute Gefühl in ihr breit, es war als würde es sie von innen zerfressen.
Einsamkeit
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