DREIZEHNTES (2)
„Morgen Matti", begrüßte Bonnie ihren Sitznachbarn. „Du bist rot wie eine Tomate", erwiderte er nach einem kurzen Blick...
...und mit einem Moment war der Tag noch schlimmer.
„Du hast zu viel Rouge aufgetragen und dein Lidschatten", ungläubig schüttelte er seinen Kopf ohne seinen Satz zu beenden. „Ohh", mehr bekam sie nicht raus, so unangenehm war ihr diese Situation gerade. Man wollte nicht auffallen und verdeckte die dunklen Augenringe, sah am Ende aber aus, als hätte man vierzig Grad Fieber.
Der Fehler lag immer an dem unnatürlichen Licht in ihrem Zimmer.
Sie legte ihren Rucksack neben den Schreibtisch. „Und wie war dein Wochenende?", fragte Matti sie, bemerkte nicht dass sie diese kurze Bemerkung am Anfang tierisch aufregte. „Gut", flüsterte sie und legte ihren Hefter an den Rand des Tisches. Die alte Frau Waap betrat den Raum, ihre eisige Aura füllte das gesamte Klassenzimmer.
Beinahe sofort wurde es still, nicht vor Angst denn jeder kannte die Lehrerin. Verwunderlich war nur die Frau, die hinter ihr in das Zimmer trat. Anscheinend handelte es sich bei ihr um die angekündigte Referendarin. Eine junge Frau Anfang zwanzig mit einem super netten Lächeln. Die Zwei näherten sich dem Lehrerpult, vertieft in ihrem Gespräch und unachtsam gegenüber der Klasse.
Der Geräuschpegel hob sich wieder und Frau Waap wand sich genervt der Klasse zu, dabei blieb ihr Blick an Bonita hängen. „Alles gut bei dir?", fragte sie und runzelte ihre schrumpelige Stirn.
„Du siehst so", Bonnies Lehrerin zog das O extrem lang und musterte weiterhin das Gesicht ihrer Schülerin. Rot, beendete diese den Satz in den Gedanken. „Darf ich mal kurz auf Toilette", unterbrach Bonnie sie und stand schon auf.
„Ja klar", murmelte die Frau ihr gegenüber mit einem Blick auf die Uhr hinter sich. Doch ihre Schülerin war schon aufgesprungen und befand sich auf dem zum WC der Schule.
Nie mehr Make-Up, lieber lauf ich mit kohlenschwarzen Augenringen rum!
Ihren Blick hatte sie auf den Boden gerichtet, schaute keinem der an ihr vorbeiging in die Augen. Die kotzgrünen Fließen widerten sie an, warum nur konnte die Schule keine andere Farbe wählen. Selbst die pissgelben Wände waren besser!
Sie stieß die Tür zur Toilette auf und stellte sich vor den Spiegel.
Ihre Nase war rot, die Stirn auch aber das waren die einzigen Stellen, welche sie nicht überdeckt hatte. Dieser Morgen war kalt, sie hatte gefroren als hätte sie keine Jacke an! Sie biss sich auf ihre Lippe und betrachtete sich. Der winzige, braune Eye-Liner war verschwommen und unsymmetrisch, ihr Lidschatten war einfach nur seltsam.
Seufzend nahm sie sich ein Stück des Toilettenpapiers und feuchtete es an und trotzdem war das zweilagige Papier kratzig wie immer.
Als endlich auch der Rest der Schminke ab war, schien ihr Gesicht in einem noch satteren Rot als je zuvor. Bonnie knurrte leise, lehnte ihre Stirn gegen die kühle, unregelmäßige und immer noch hässliche Wand. Die Schulklingel läutete zur ersten Stunde, Bonitas Kopf dröhnte wegen plötzlich ansteigenden Kopfschmerzen aber als sie die Tür zum Gang wieder öffnete, begrüßte sie eine bittersüße Stille.
Sie entspannte jeden einzelnen Muskel in ihrem Körper, schlenderte langsam durch den Gang und die Treppe hoch, blieb noch vor dem eigenen Klassenzimmer stehen, um die Ruhe zu genießen.
„Ich fehle morgen", meinte Matti im Flüsterton. Ruckartig drehte sie sich zu ihm hin. „Was?!", zischte sie, „Du kannst mich doch nicht alleine lassen, wir schreiben Mathe!" Ihre Stimme wurde immer lauter und das brachte ihr einen mahnenden Blick von Frau Asch ein.
„Entspann dich, ist doch nur der Satz des Pythagoras", beschwichtigend stupste er sie an. „Ja genau! Das bedeutet Mathe und Mathe ist allgemein einfach nur be" „Schh!", unterbrach sie die Lehrerin genervt.
„Ich hasse dich dafür, das ist dir schon klar?", fragte sie ihn. Er zucke mit seinen Schultern. Sie seufzte und tat so als ob sie mitschreiben würde, um Frau Asch zu besänftigen. „Warum fehlst du?", entschloss sie sich zu fragen. „Backenzahn OP" „Was? Ich dachte die Operation ist erst in den Winterferien.", sie starrte ihn an, „Dann würdest du doch mehr Tage fehlen. Was wird dann aus der Topografie am Donnerstag?" Die letzte Frage ging unter wegen der Klingel die, die Pause ankündigte. Die Schüler erhoben sich und sammelten ihre Sachen.
Matti klappte sein Hefter zu und schaute Bonnie an. „Erstens, bin ich dir nur zum Spicken gut?", er lachte, „Und zweitens ist morgen nur ein Informationsgespräch, wir wollen alle Gefahren besprechen."
Ihre Augen weiteten sich. „Davon hast du mir ja noch garnichts erzählt", sagte sie während sie ihre Sachen auf ihrem Tisch ordnete.
„Eigentlich haben wir ja auch nichts zu befürchten. Kommst du essen?", fragte er sie entspannt zurück. „An essen denken, existiert bei dir eigentlich was anderes?", erwiderte sie genervt. „Denkst du an etwas anderes als das spicken während einer Arbeit?", entgegnete er und lief Richtung Flur.
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