ACHTUNDZWANZIGSTES

Tagebuch schreiben, ist wie fotografieren mit einem Stift

16. Dezember

Lieber Levin,
nur noch 8 Tage bis Weihnachten.

Nicht einmal 2 Wochen bis zu meinem möglichen Tod.

Es ist so eine Erleichterung, wenn man ein Geheimnis teilt. Gleich nachdem ich Nolan aufgeklärt habe, rief ich zu Hause Naomi an und erzählte es ihr. Lily ist die Einzige, die es nicht weiß. Aber noch immer bin ich mir nicht sicher ob ich es ihr erzähle. Sie ist krank, also nicht in der Schule und treffen werden wir uns am 26. Dezember.

Ich habe beschlossen, dass man nicht aufgeben darf. Vielleicht könnte ich sterben, aber na und?! Ehrlich, es ändert nicht viel.

Jeden Tag könnte ich sterben und ich lebe mein Leben weiter, so wie immer. Deswegen werde ich weitermachen, weitermachen bis zum Ende. Es könnte tapfer klingen, bin ich aber nicht. Ich fürchte mich so sehr.

Heute war ein echt anstrengender Tag. In der Bibliothek haben ich und Matti meine Träume gedeutet. Er findet, dass die Ergebnisse mich super charakterisieren, obwohl ich mir dabei nicht so sicher bin... Danach war ich mit Nolan spazieren. Wir sind in den Wald gegangen und konnten eine kleine Gruppe Rehe beobachten. Sie haben die Rinde kleinen Bäumen abgeknabbert. „Süß", hab ich gesagt und einen merkwürdigen Blick von ihm bekommen. Ich weiß immer noch nicht warum...

In letzter Zeit denke ich oft an Papa und es macht mich echt traurig. Er hat gesagt, dass er mich am 25. Besuchen kommt. Leider hat er auch angekündigt, dass er Bianca und Barbara mitnimmt, seine „neuen" Töchter. Irgendwie finde ich es ironisch und seltsam, dass deren Namen mit B beginnen, als wöllte Papa irgendeinen Zusammenhang zwischen uns bilden. Wir haben nichts gemeinsam, außer denselben Vater. Vielleicht würden viele behaupten, derselbe Vater ist doch ein großer und wichtiger Punkt... Nein, nicht wenn dein Vater dich nur zehnmal im Jahr besucht, nur deine Anrufe annimmt, aber nie von selbst anruft. Nicht wenn er dir einen seltsamen und bescheuerten Zweitname gibt, seinen anderen Kindern aber nicht. Nicht wenn er deine Mama verlassen hat und sich einfach 'ne Neue sucht und erfolgreich findet.

Es gibt noch eine Sache, welche mich nicht loslässt. Nolan hat versucht mich zu küssen. Ich gebe zu, die Momente davor waren wunderschön und einfach magisch, aber küssen? Mag ich ihn denn? Kann man da von Liebe sprechen? Ich glaube kaum, mehr als Freunde sind wir nicht, doch er denkt offensichtlich anders. Natürlich habe ich Naomi nichts davon erzählt, es gab ja keinen Grund. Ich habe Angst um unsere Freundschaft, wird er mich überhaupt noch gleich behandeln? So viele Fragen in meinem Kopf, zu wenige Antworten.

Warum? Warum hat er es bloß getan. Vielleicht erschien ihm die Szene einfach romantisch, dachte er, ich hätte es auch gewollt? Wollte er es einfach mal versuchen, ob er mich haben kann? Der Fast-Kuss könnte alles bedeuten, nur Freundschaftlich war er gewiss nicht. Ich weiß nicht warum, aber ich denke gerade an Viktoria...

Nur bei dem Gedanken an sie wird mir schlecht, nein! Das meinte ich nicht. Schlecht wird mir beim Gedanken, was man ihr antut und Tessa. Tessa ist an sich schon ein widerlicher Gedankengeber. Alles was sie in der Schule tat, dem folgte ein abscheulicher Nachgeschmack.

Ich weiß es ist ein sehr kurzer Beitrag, aber ich muss aufhören. Es klopft an der Tür, beinahe so wie Weihnachten. Es kommt ein bisschen zu schnell näher.

Ich höre schon Jingles Bells Rock, wie es sich in meine Playlist schleicht... Jedes Jahr aufs Neue, aber es ist einfach ein Klassiker!

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