Neue Freunde
Nachdem Phil wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte und überschwänglich von Josto begrüßt wurde, begannen die Autobots, sich erneut in Autos zurückzufalten. Phil hob unterdessen sein Handy vom Hallenboden auf, welches aus dem gestohlenen Mercedes - Revolt - heraus gefallen sein musste. Wie durch ein Wunder war nichts kaputt, wie Phil erleichtert feststellte. Die Option, jederzeit die Polizei rufen zu können, beruhigte ihn ein wenig - auch, wenn dies ihm im schlimmsten Fall nichts bringen würde. Revolt fuhr Phil bis vor die Füße und öffnete seine Türen. Josto zog die Rute ein, doch als Phil sich, wenn auch widerwillig und mit einem Seufzen, auf den Fahrersitz schmiss, folgte er ihm und machte es sich erneut im Fußraum des Beifahrerplatzes bequem.
Wie geplant verließen Optimus und drei andere Wagen die Halle, während Revolt und ein gelber Chevrolet mit Rallyestreifen – Bumblebee – zurückblieben. Angespannt lauschte Phil auf Geräusche von draußen, selbst wenn er nicht genau wusste, wie diese klingen sollten, doch nichts passierte.
Nach einer viel zu langen Zeit, in der er beinahe vor Erschöpfung einschlief, setzten sich die beiden Autos mit ihm und Josto endlich ebenfalls in Bewegung.
Zügig verließen sie die Halle und kurvten durch die Nacht, während Phil erneut abwesend an seinem Lederband zupfte. Sie ließen das kleine Städtchen hinter sich und erreichten bald eine Landstraße, umgeben von weiten Feldern. Nur der fast volle Mond erleuchtete neben den Scheinwerfern der Autobots die Nacht. Als auch nach einer vollen Stunde Fahrt noch alles ruhig blieb, begann Phil sich allmählich zu entspannen. Auch wenn er Revolt nach ihrem kurzen Wortgefecht zuvor sehr unsympathisch fand, begann er, sich sicher zu fühlen. Falls die Autobots ihm schaden wollten, hätten sie dies bereits längst hinter sich bringen können. Auch Josto rollte sich irgendwann zusammen, und Hund sowie Besitzer schliefen ein.
***
Ein sehr lautes Geräusch weckte Phil aus einem traumlosen Schlaf.
Alarmiert riss er die Augen auf und sah sich um. Schnell bemerkte er, dass er in einem Auto saß. Dem Auto, welches ihn gerade mit einem lang gezogenen Hupen aufgeweckt hatte und eigentlich ein Alien war.
Phil stolperte, gefolgt von Josto, mit pochendem Herzen aus dem Wagen und versuchte zu erkennen, wo er war. Doch er sah nichts außer Bäumen. Er war in einem Wald, irgendwo im Nirgendwo, und ein Blick auf sein Handy sagte ihm, dass es in diesem Nirgendwo nicht einmal Empfang gab.
Geräuschvoll transformierten sich Revolt und Bumblebee hinter ihm in die riesigen Roboter von letzter Nacht und Phil hielt verzweifelt sein Handy in die Luft.
Kein Netz, daran ließ sich nichts rütteln.
"Versuch's nicht erst, hierher reicht kein einziger eurer Satelliten", bemerkte Revolt.
Entrüstet ließ Phil den Arm mit dem Handy sinken. "Was soll das ganze?", fragte er, und die allgemeine Verwirrung und Verzweiflung der vergangenen Nacht machte sich erneut in ihm breit. "Wir haben dir das Leben gerettet", antwortete Revolt mit kaum zu überhörender Abneigung in der Stimme. "Erneut."
"Die - Decepticons - sind auf den Trick hereingefallen", meldete sich Bumblebee zu Wort. Doch das, was er sagte, klang nicht wie eine einzelne Stimme. Eher ertönte es als eine Art zusammenschnitt aus verschiedenen Tonspuren von den unterschiedlichsten Personen.
Doch darüber machte sich Phil nur kurz Gedanken, denn er wurde wütend. "Ihr habt mich doch nicht etwa an den Rand der Welt geschleppt, um mich vor euren bösen Freunden zu verstecken, die ich nicht einmal kenne und mir seit meiner Geburt nie eine Bedrohung waren, und das, ohne mich zu fragen!"
Revolt kniete sich plötzlich bedrohlich über Phil, der ein wenig zurückwich.
"Diese Freunde, von denen du sprichst, könnten mit Leichtigkeit die gesamte Menschheit und jeden einzelnen Autobot auslöschen, wenn sie dich oder den Rest deiner Familie erwischen. Deshalb tut es mir leid, wenn wir gerade nicht auf deine persönlichen Vorstellungen achtgeben können, denn wir alle sind durch deine pure Existenz in Gefahr."
Phil schluckte schwer. Revolt klang ganz und gar nicht so als ob es ihm leid tat. Doch die Erwähnung seiner Eltern ließ eine neue Frage in ihm aufkommen. "Und wo ist meine Familie jetzt?", fragte er und versuchte, so viel Selbstsicherheit wie möglich in seine Stimme zu legen.
"Sie sind - vermutlich in Sicherheit. - Es ist besser - wenn selbst wir ihren Aufenthaltsort nicht kennen.", antwortete Bumblebee. Phil nickte. Zumindest das konnte er verstehen, auch wenn er noch nicht wusste, ob er diese Herangehensweise gut oder beunruhigend finden sollte. Solange jedoch seine Familie in Sicherheit war, würde er sich erst einmal nicht beschweren. Still setzte er sich also auf einen Baumstamm und strich Josto, der seit dem Auftauchen der Autobots nicht mehr von seiner Seite gewichen war, über das weiße Fell.
"Wo sind wir hier?", fragte er dann leise mit einem Blick auf die Bäume um sie herum.
"Wir sind - in Kanada", meinte Bumblebee und ließ kurz die Hymne des Staates erklingen. Phil sackte zusammen.
Kanada.
Er war in den endlos weiten Wäldern von Kanada.
"Na toll."
Revolt erhob sich währenddessen wieder. "Ich werde Optimus suchen. Bumblebee wird auf dich aufpassen." Während der Autobot sich mit diesen Worten zurück in ein Auto umwandelte und mit Vollgas wegfuhr, atmete Phil erleichtert aus. Er mochte Revolt nicht, und er hatte den Eindruck, dass dieser sich am liebsten auf ihn stürzen und in den Tiefen des Ozeans versenken würde, anstatt ihn zu beschützen.
"Verzeih ihm - sein Verhalten - er ist nicht sehr begeistert von - der Menschheit", meldete Bumblebee sich zu Wort. Phil nickte und lächelte verkniffen. "Kein Problem."
Während der Bot wachsam die Umgebung beobachtete, machte sich Stille breit. Gelangweilt kraulte er Josto hinter den Ohren, ging ein paar Übungskommandos mit ihm durch, und versuchte die Blätter auf dem Boden den richtigen Bäumen zuzuordnen.
Nach einer Weile, die sich anfühlte wie Stunden, aber auch Minuten hätte sein können, wurde es Phil zu unangenehm und er räusperte sich. "Also, Bumblebee, du kanntest meinen Ururopa?", fragte er, in der Hoffnung etwas mehr über diese Sache, in die er hineingeraten war, herauszufinden.
"Sam - war - mein bester Freund", antwortete Bumblebee. Überrascht blickte Phil zu ihm hinauf. "Du warst mit ihm befreundet?"
Bumblebee nickte. "Er hat uns allen - mehrmals - das Leben gerettet."
Phil war neugierig. Optimus hatte in der Nacht etwas ähnliches erwähnt - damals hatte er drängendere Fragen, doch nun schien ein guter Moment, um seine Neugierde ein wenig zu stillen. "Wie hat er das gemacht?", fragte er also. Immerhin waren diese Aliens um ein Vielfaches größer und stärker als ein Mensch, wie konnte also eine einzige Person das Leben von gleich mehreren dieser Spezies retten?
"Er hat den Würfel - zerstört, - die mächtigste - Energonquelle - die wir kennen. - Er half uns - den Anführer der - Decepticons - zu töten - und alle die übrig geblieben sind - ebenfalls zu großen Teilen - zu vernichten."
"Hmh", machte er, und dachte nach. Nun ergab vieles in seiner Familie einen Sinn. Die Medaillen, die seine Eltern seit er denken konnte in einer Vitrine aufbewahrten, wurden immer mit Arbeit beim Geheimdienst erklärt. Nie sagte ihm jedoch jemand, um welchen Geheimdienst es sich handeln sollte. Als Kind hatte er sich nachts oft an die Vitrine geschlichen, und vorsichtig die Medaillen und Urkunden hinter dem Glas hervorgeholt. Er hatte das Metall hundertmal überprüft, sich jede Gravur eingeprägt, und ist dennoch nie wirklich schlau daraus geworden. Einzig die Buchstaben N.E.S.T. konnte er ausarbeiten, die auf jeder Medaille und jedem Schriftstück seines Ururgroßvaters vertreten war. Doch das half ihm nicht weiter, denn das einzige Ergebnis, zu dem er bei der Recherche kam, waren unendlich viele Informationen über die verschiedensten Arten von Vogelnestern. Er bezweifelte stark, dass Samuel im Geheimdienst viel mit Vögeln gearbeitet hatte. Nun schätzte er, dass es etwas mit den Autobots zu tun haben musste. Es würde erklären, weshalb er bis auf Vokabeln über Vögel und weitere Nisttiere als Kind nie etwas zu diesen Buchstaben fand. Dieser Geheimdienst musste geheimer als geheim sein, wenn selbst Verschwörungstheoretiker noch nie davon gehört hatten. Nachdenklich legte er sich mit dem Rücken auf den umgefallenen Stamm, und beobachtete die Baumkronen über sich, die vereinzelt den Himmel durchblitzen ließen. Definitiv war Bumblebee eine angenehmere Gesellschaft als Revolt.
Er war komplett in Gedanken versunken, als ihm etwas einfiel.
"Sag mal, was ist eigentlich mit deiner Stimme passiert?", fragte er geradeheraus.
Bumblebee blickte verwirrt auf ihn hinab. Phil bemerkte, wie dreist er diese Frage gestellt hatte, und räusperte sich verlegen. Taktgefühl war noch nie seine Stärke gewesen.
"Meine - Stimmprozessoren - wurden beschädigt. - Seitdem muss ich - mit allem was - euer - Internet zur Verfügung stellt - kommunizieren", erklärte Bumblebee jedoch bereitwillig. Phil hob eine Augenbraue, als daran dachte, wie er bei seiner Ankunft hier verzweifelt sein Handy in die Luft gehalten hatte. "Du kommunizierst über das Internet?" Bumblebee nickte und schien seine Gedanken zu erraten.
"Download."
Bevor Phil darauf jedoch antworten konnte, hörte er in der Ferne lauter werdende Motorengeräusche, und bald darauf tauchten die anderen Autobots zwischen den Bäumen auf. Optimus bremste direkt vor Bumblebee ab, der sich prompt zu voller Größe aufrichtete, und nahm seine zweibeinige Gestalt an.
"Die Decepticons haben uns verfolgt und nach einigen Kilometern angegriffen. Wir konnten sie in die Flucht schlagen, aber Flapjack wurde verletzt. Er ist auf dem Weg zu Ratchet." Gerade machte Bumblebee Anstalten zu antworten, da meldete sich einer der Begleiter von Optimus zu Wort.
"Wo ist Revolt?"
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