Die Basis
Phil betrachtete die Truppe um sich herum eingehender. Er erkannte Optimus, sowie einen relativ großen anderen Bot in dunkelblauer Lackierung und den etwas kleineren Bronzefarbenen, der zuletzt gesprochen hatte.
Revolt war jedoch tatsächlich nicht dabei.
"Er - wollte nach euch - suchen", antwortete Bumblebee.
"Er hat uns verraten!", zischte der bronzene Transformer sofort.
"Wir ziehen keine voreiligen Schlüsse, Hive", antwortete Optimus ruhig, aber bestimmt. Es schien, als hätten sie diese Diskussion bereits öfter schon gehalten.
"Prime, er ist verschwunden!", erwiderte Hive ungeduldig. "Vermutlich, um den Decepticons von unseren Plänen zu berichten. Du hättest nicht so gutgläubig sein sollen!"
Nun fuhr Optimus herum, mit einem Blick der Phil zusammenzucken ließ. Josto warf ihm einen verwunderten Blick zu. "In unserer Vergangenheit wurde mir von einem ehemaligen Decepticon das Leben gerettet. Er riss sich seinen eigenen Spark bei lebendigem Leibe heraus damit wir einen der sieben ersten Primes besiegen konnten. Das Universum ist nicht schwarz und weiß. Sie alle sind Individuen wie wir, fähig dazu, Entscheidungen zu treffen. Jeder wählt seine Seite, und jeder kann sie ändern."
Der kleine Autobot - Hive - schnaubte. "Aber Revolt nicht! Ihm ist egal, wie viele Menschen durch die Hand der Decepticons gestorben sind und vermutlich noch sterben werden."
Phil wurde das alles sehr unangenehm, und als er Revolt hinter den anderen auf sie zu fahren sah, war er schon fast erleichtert. "Da ist er ja, klärt das doch direkt!", sagte er, bevor Optimus auf Hives Entgegnung antworten konnte. Sofort folgten alle Phils Blick. Revolt nahm seine aufrechte Gestalt an, sobald er sie erreichte, und wurde direkt von Hive in Beschlag genommen.
"Wo warst du?", fragte der Bot barsch, und mit einer gewissen Furcht beobachtete Phil, wie sich eine Hand von Hive veränderte und zu einer Kanone wurde.
"Hey hey hey", rief er beunruhigt aus, und sprang von seinem Baumstamm auf. "Ihr habt hier doch jetzt nicht vor, herumzuschießen!"
Hive schnaubte. "Keine Sorge, ich kann gut zielen!", meinte er mit angespannter Stimme und ohne seinen Blick von Revolt zu nehmen. Dieser ließ sich von der Drohung jedoch nicht beeindrucken und starrte Hive lediglich entgegen.
"Es ist genug, Hive", beendete Optimus energisch das Spektakel, auf eine Weise, die keine Widerworte zuließ. Hive presste sichtbar seinen Mund zusammen, um darauf nichts zu erwidern. Dann wandte er sich von Revolt ab. "Was ist geschehen?", fragte Optimus dann an diesen gewandt.
"Ihr wart länger weg als geplant war, also habe ich beschlossen euch entgegenzufahren, um nach dem Rechten zu sehen. Wir müssen uns verpasst haben", antwortete Revolt ohne Umschweife. Hive fuhr mit einem verächtlichen Schnauben seine Kanone ein und ließ an dessen Stelle wieder eine metallene Hand erscheinen. Es war klar, dass er ihm nicht ein Wort glaubte. Optimus nickte jedoch und wandte sich dann Phil zu. Im Hintergrund warf Revolt Hive einen kurzen hasserfüllten Blick zu, welcher von allen anderen unbemerkt blieb.
"Die Decepticons wissen nach dem Angriff vermutlich, dass du bei uns bist und wieso. Sie werden sehr bald erneut angreifen wollen. Du bleibst für den Rest des Weges bei Skymark und Revolt. Bumblebee wird zurück nach Wyoming fahren und verdeckt die Stadt deiner Familie beobachten."
Phil verschränkte mit gerunzelter Stirn seine Arme vor der Brust. "Stopp, Optimus! Ich finde, ihr schuldet mir eine lange Erklärung, bevor ihr über meinen Kopf hinweg entscheidet oder irgendwelche Wachposten in die Nähe meiner Familie schickt. Ich bin kein Objekt, dass ihr einfach herumschubsen könnt!"
Optimus kniete sich mit ernster Miene vor ihm hin, vermutlich um seinen nächsten Worten mehr Nachdruck zu verleihen. "Das wissen wir, doch für die Decepticons bist du genau das. Wenn wir zu lange hierbleiben, können sie uns leicht finden. Wir bringen dich an einen Ort, den sie nicht aufspüren können. Dort wirst du Antworten erhalten, wie ich sie versprach. Bis dahin musst du jedoch mit Revolt fahren. Er wird dein Beschützer sein und Skymark wird euch folgen. Unsere oberste Priorität muss nun sein, dich zum Wohle deiner Familie und dem Rest des Planeten in Sicherheit zu bringen. Hier sind wir alle in Gefahr."
Phil kickte gefrustet einen Stock beiseite. Auch Revolt schien nicht glücklich mit der Situation zu sein, transformierte sich jedoch trotzdem gehorsam in den Oldtimer, welchen Phil ursprünglich dem Premierminister entwendet hatte.
"Komm, Josto", knurrte er unzufrieden, und der Hund folgte ihm mit unsicher wedelnder Rute. Phil machte es sich wiederholt auf dem Fahrersitz bequem und Josto sprang auf den gewohnten Beifahrerplatz. Revolt gab Gas, und ließ dabei sämtliche Blätter und Zweige durch die Gegend wirbeln. Die Reise konnte beginnen.
***
Es war vermutlich eine der unbequemsten Autofahrten in Phils Leben. Revolt schien sich alle Mühe zu geben, jede Kurve mit erhöhtem Tempo zu nehmen und vor jeder Ampel nur mit einer Vollbremsung zu halten. Auch Schlaglöcher schien er gerne mitzunehmen. Er hatte eine solche Geschwindigkeit drauf, dass Phil schwindelig und speiübel wurde. Auch Josto war sichtbar unkomfortabel und winselte, wenn er sich nach einer besonders harschen Kurve wieder neu balancieren musste. Unsicher sah er zu Phil hinauf, der versuchte, ihm immer wieder kurz beruhigend über den Kopf zu streicheln.
Nach zwei Stunden platzte ihm jedoch der Kragen.
"Okay, es reicht, fahr an die Seite. Ich hab verstanden dass du mich nicht leiden kannst, aber wenn du nicht willst, dass ich dich voll kotze, solltest du jetzt sofort anhalten!"
Revolt machte mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung, die Phil in den Sicherheitsgurt warf und Josto aufspringen ließ. Erleichtert löste Phil den Gurt und taumelte aus dem Wagen. Dann legte sich direkt am Straßenrand einfach auf das weiche Gras. Tief sog er die frische Luft ein und genoss den festen Boden unter sich, während der Himmel über ihm nicht aufhörte, sich zu drehen. Josto, der ihm gefolgt war, tat es ihm nach und warf sich hechelnd auf die Seite.
Der zweite Autobot, der zu Phils Schutz eingeteilt war, hielt neben ihnen und klappte sich gemeinsam mit Revolt auseinander.
"Was ist los?", fragte er mit einer besorgten Stimme. Phil war zu sehr damit beschäftigt, gegen seinen Schwindel anzukämpfen, als dass er hätte antworten können. Deshalb übernahm Revolt das an seiner Stelle.
"Der Mensch hat eine Magenverstimmung", erklärte er herablassend, als würde er nicht über einen Menschen, sondern einen Katzenhaufen reden. In seinen Augen gab es vermutlich dazwischen keinen Unterschied.
Phil stöhnte entnervt. "Ja das habe ich; weil der da-", er machte eine wage Handbewegung in Revolts Richtung, "-ein ungesundes Aggressionsproblem hat und der schlechteste Fahrer ist, den dieser Planet je gesehen hat."
Revolt blinzelte wütend mit seinen roten Augen auf ihn herab. "Skymark, warum liefern wir ihn nicht einfach aus? Solange die Matrix noch in Optimus' Obhut ist, können sie ihn sowieso nur zum Foltern benutzen."
"Revolt, reiß dich zusammen!", entgegnete Skymark ernst. Seine Stimme war nicht so tief wie die von Optimus, und weicher als die von Revolt. Dennoch hielt sie eine ähnlich starke Entschiedenheit in sich. "Philias fährt den Rest des Weges mit mir. Es ist keine Zeit für alberne Feindseligkeiten." Revolt erwiderte darauf nichts, sondern warf ihm einen erbosten Blick zu. Dann transformierte er sich ohne eine weitere Bemerkung. Skymark stellte sicher, dass der Bot keinen Unfug anstellen würde, bevor er sich Phil zu wandte. "Geht es dir besser? Wir müssen so schnell wie möglich in Bewegung kommen, sonst riskieren wir gefunden zu werden."
Phil holte erneut tief Luft. Sein Kopf schien sich noch immer zu drehen, wenn auch langsamer als zuvor. Es nützte alles nichts. Also nickte er zur Antwort und rappelte sich mühsam auf, was Josto ihm widerwillig nachtat. Skymark transformierte sich zurück in einen modernen blauen Sportwagen, und Phil nahm gemeinsam mit seinem Hund, für dessen Gesellschaft er in diesem Moment zutiefst dankbar war, ihre gewohnten Plätze ein.
***
Der Rest der Fahrt verlief glücklicherweise ohne waghalsige Manöver, und nachdem sein Magen wieder ruhig war, hatte Phil sogar eine ganz nette Unterhaltung mit Skymark, der sich in seiner Autogestalt so wie Bumblebee, jedoch mit eigener Stimme, über das Radio verständigte. Entspannt beobachtete Phil die Natur von Montana um sich, Berge in der Ferne und Bäume, die zu einem riesigen Mischwald gehörten. Doch dann bogen sie auf einen unbefestigten Weg ab, der tiefer ins Dickicht führte und mit Schildern an beiden Seiten vor der Weiterfahrt warnten. Phil schätzte, dass sie die Basis beinahe erreicht hatten, und setzte sich interessiert aufrecht hin. Kilometerweit führte sie der Weg durch den Wald, bis plötzlich ein metallenes Hochsicherheitstor vor ihnen auftauchte, an dem ein gelbes Warnschild mit den Worten: 'Achtung - Militärgelände! Betreten des Geländes von Unbefugten wird mit dem Tode bestraft!' hing.
Phil wurde unruhig. Er glaubte zwar längst nicht mehr, dass die Autobots ihm schaden wollten, aber dennoch war er ein gesuchter Dieb, der in der letzten Nacht beim Premierminister eingebrochen war. Das Militär war der letzte Ort, an dem er jetzt gerne wäre, ganz besonders weil er nicht wusste, ob er durch die Begleitung zweier Aliens eine 'befugte Person' war.
Sie passierten das Tor, welches sich automatisch öffnete und wieder schloss, und fuhren auf ein weitläufiges Gelände, dessen Gebäude erst sichtbar wurden, wenn man das Tor hinter sich gelassen und ein paar hundert Meter durch weiteres Waldgelände hinter sich gelassen hatte. Optimus und Bumblebee standen bereits auf dem Gelände und blickten ihnen erwartungsvoll entgegen. Direkt vor ersterem blieb Skymark schließlich stehen und öffnete seine Türen. Phil stieg gemeinsam mit Josto aus, sah sich jedoch erst einmal wachsam um. Das war das Wichtigste, was er in seiner kriminellen Laufbahn gelernt hatte: Zu Beginn jedes Auftrags werden erst einmal alle möglichen Fluchtwege vermerkt, selbst wenn es nur mental ist.
'Gut inspiziert ist halb inszeniert' war ein Spruch, auf den man in seinem Geschäft häufig traf.
Es gab auf dem Gelände drei riesige Hallen und ein mehrstöckiges graues Gebäude, dessen Putz dringen erneuert werden musste. Das ganze sichtbare Gelände wurde großzügig von einem meterhohen Stacheldrahtzaun umgeben, durch den erfahrungsgemäß vermutlich auch noch Strom lief. Menschen sah er bisher keine.
Optimus trat vor und nickte Phil kurz grüßend zu, während er wartete, bis Skymark sich zu voller Größe aufgerichtet hatte.
"Gab es Zwischenfälle?", fragte er dann an den Autobot gewandt. Skymark warf Revolt, der reglos in Autogestalt dastand, einen kurzen, aber scharfen Blick zu.
"Nein, nichts erwähnenswertes." Optimus folgte kurz Skymarks Aufmerksamkeit, ging jedoch nicht weiter darauf ein. Anhand der Tatsache, dass Phil zuvor nicht wie von dem Anführer angewiesen aus dem Mercedes stieg, konnte er vermutlich eigene Schlüsse ziehen. "Gut, dann bitte ich dich darum, Philias die derzeitige Situation zu erläutern. Er hat lange genug auf eine Erklärung gewartet. Revolt kommt unterdessen mit mir."
Skymark nickte knapp und Optimus verschwand, gefolgt von Revolt der ihm hinterherfuhr, vom Gelände. Phil schaute ihnen mit gerunzelter Stirn nach, während sich Skymark zu ihm niederkniete. Er legte seine große metallene Hand offen auf den Boden vor ihm, eine Geste, die Phil nur mit einem verwirrten Blick beantwortete.
"Steig auf", erklärte Skymark darauf kurz. Phil wusste nicht, was er davon halten sollte, von einem riesigen Alien wie ein Hamster durch die Gegend getragen zu werden; kletterte aber letztendlich gehorsam auf die große Handfläche. Mit einem meterhohen metallenen Wesen zu streiten machte vermutlich eher wenig Sinn, und zu Fuß mit ihm mithalten konnte er vermutlich sowieso nicht.
Vorsichtig wurde er von dem Autobot in die Luft gehoben, und er sah Josto, der unruhig winselnd hinterher blickte, unter sich immer kleiner werden. Skymark war von dieser Perspektive aus noch größer, als er gedacht hatte. Ein paar Sekunden blieb er verklemmt auf allen vieren hocken, bis er sich sicher genug fühlte, eine aufrecht sitzende Position einzunehmen.
"Was du hier siehst, ist die Basis der Autobots", begann Skymark zu erklären, nachdem Phil sich in der schwindelerregenden Höhe auf dessen Worte konzentrieren konnte. "Eure Anführer haben sie uns zur Verfügung gestellt, nachdem sie einsahen, dass sie mit uns auf der Erde sicherer sind. Einst arbeiteten hier Mensch und Autobot gemeinsam gegen die letzten Überlebenden der Decepticons und für die allgemeine Sicherheit eurer Spezies. Doch irgendwann, nachdem die Decepticons sich jahrelang nicht mehr zeigten, zogen sie ihre Truppen ab. Wir durften weiterhin hier leben, aber die Zusammenarbeit wurde restlos eingestellt. Inzwischen weiß kaum noch jemand von unserer Existenz. Die Menschen glauben wir seien ein Mythos, und eure Anführer ignorieren uns so gut es geht. Wir wurden beauftragt, uns zurückzuziehen."
Phil sah sich etwas genauer um. Tatsächlich waren nur Autobots vor Ort, keine einzige Menschenseele bis auf ihn selbst. Er war zugegebenermaßen erleichtert, eine Festnahme würde also nicht drohen. "Warum?", fragte er jedoch aus Neugierde.
"Wir hatten die Decepticons zum größten Teil vernichtet, und die Übrigen zogen sich zurück. Eure Anführer wogen sich nach Jahren ohne Zwischenfälle in Sicherheit, und die Menschen sollten nicht mehr als nötig mit uns konfrontiert werden. Sie bemerkten nicht, dass in den letzten Jahrzehnten immer mehr der Decepticons, die noch immer im All verstreut sind, ihren Weg zur Erde fanden und einen neuen Anführer erkoren."
Phil nickte langsam. Dass die Regierung ihre Augen vor den Aliens verschloss, überraschte ihn kaum. Nach der letzten Depression in der amerikanischen Wirtschaft waren Aliens das letzte, was sie gebrauchen konnten. Davon abgesehen war sie schon immer schlecht darin, sich mit den wichtigen Themen auseinander zu setzten. "Weshalb seid ihr überhaupt auf die Erde gekommen?", fragte er, während er sich zunehmend sicherer in der schwindelerregenden Höhe fühlte.
Skymark begann, umher zuwandern. "Unser Krieg auf Cybertron hat den Planeten beinahe völlig zerstört. Auf der Suche nach dem Würfel, der auf der Erde war und die Macht besaß, den Planeten wieder aufzubauen, um somit unsere Existenz zu sichern, stießen letztendlich beide Seiten auf euren Planeten. Dein Ururgroßvater war derjenige, der diesen Würfel letztendlich zerstörte und Megatron besiegte."
Phil lächelte verkniffen. "Er scheint ein ziemlicher Held gewesen zu sein." So langsam befürchtete er, die Autobots würden ihn für genauso heroisch halten und in ihm eine Art neugeborenen Samuel Witwicky sehen. Dabei hatte er keine Ahnung, was er überhaupt tun sollte. Er spürte wie Skymark ihn eindringlich beobachtete.
"Ich hatte die Ehre, ihn kurz vor seinem Tod selbst kennen zu lernen. Es stimmt, er war ein bemerkenswerter Mensch. Du erinnerst mich an ihn."
Verkniffen versuchte Phil zu lächeln.
Na toll.
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