Kapitel 1 ✅

Silver Fox:

Tief in Gedanken versunken greifen meine Hände nach hinten und verschwinden in den alten rostigen Werkzeugkasten. Rote Farbe blättert von der Oberfläche ab und bleibt an meinen Händen kleben, als ich den gesuchten Gegenstand herausnehme. Ein ärgerliches Seufzen entkommt meinen Lippen und ich ziehe verärgert meine Augenbrauen zusammen, als ich bemerke, dass ich eine Drahtbürste in den Händen halte und nicht den gewollten Inbusschlüssel. //Was zum...// Augenverdrehend lege ich die Bürste zurück und greife stattdessen nach einem alten gepunkteten Lappen, der direkt neben mir über den Henkel des Eimers hängt. Das schmierige Öl schwappt heftig, als ich den blauen Behälter fast umkippe. Nur in letzter Sekunde bemerke ich, dass sich die eine Ecke des Stoffes verhakt hat und den Eimer gefährlich ins Wanken bringt. Meine Finger umfassen den Rand und der Eimer bleibt still, auch das Öl beruhigt sich langsam. Vorsichtig löse ich meine Hand, als hätte ich noch immer Sorge, dass der Eimer wie von Zauberhand umkippen könnte. Erst nachdem ich sicher bin, dass nichts auf dem Boden gelandet ist, was wirklich kaum auffallen würde, da dieser von Flecken übersät ist, nehme ich mir das Tuch vor und versuche das Schmieröl von meinen Händen loszuwerden.

Während ich den schmutzigen Lappen auf meinem Schoß fallen lasse und schwer seufze, stupst mich abrupt eine nasse, feuchte Nase an. Mein Blick richtet sich sofort auf das braun, schwarze Fellknäuel. Die rosa Zunge hängt aus dem Maul des Schäferhundes, während Chopper heftig mit dem Schwanz wedelt. Schnüffelnd schiebt er den Kopf dichter an mir und vergräbt seine Nase in das Tuch, was noch immer auf meinen Oberschenkeln liegt, während ich weiterhin vor dem Motor knie. Der Schäferhund schaut mit treuen braunen Augen hoch, öffnet aber gleichzeitig langsam das Maul und vergräbt Sekunden später seine spitzen Zähne in den dreckigen Lappen. Die Wörter „Chopper, nicht!", kommen kaum über meine Lippen als mein Hund schon versucht den Lappen zu klauen. Schnellstmöglich greife ich den Fetzten, ziehen ihn aus seinem Maul und rappel mich auf.

Chopper scheint es jedoch als Spiel zu sehen und hüpft aufgeregt um mich herum. Lachend beobachte ich ihn. „Nicht", schnaufe ich grinsend, was dadurch aber die Bedeutung meines Wortes vollkommen zunichtemacht. Verzweifelt versuche ich das Tuch höher zu halten, doch der große Schäferhund stellt sich auf die Hinterbeine und versucht nach dem Lappen zu schnappen. Mit einer blitzschnellen Bewegung schafft er es, eine kleine Ecke zwischen die Zähne zu bekommen und bringt mich dabei aus dem Gleichgewicht. Mit einem peinlich lauten „Uf", lande ich auf dem Boden und ächze auf. Bellend verschwindet Chopper um die Ecke, sein buschiger Schwanz ist das Letzte, was ich sehe. Kopfschüttelnd stehe ich auf und klopfe mir den groben Dreck von meiner hellblauen Jeans. Die großen Ölflecke bleiben jedoch und ich nehme mir vor, sie später direkt in die Wäsche zu schmeißen, um zumindest so zu tun, als würde ich versuchen sie zu retten. Abrupt kehrt Ruhe in der Garage ein, als ich den alten CD-Player erreiche und den Aus-Knopf betätige. Die schallende Musik erstirbt und nichts außer stille ist für einen Moment zu hören. Es ist ungewöhnlich ruhig, doch es ist kein Wunder, ich bin alleine - Chopper und Leo ausgenommen - da mein Vater unterwegs ist, um etwas Besonderes zu besorgen. Das hatte er zumindest mit funkelnden Augen erklärt, bevor er auf sein Rad Richtung Stadt verschwunden ist. Mir ist jedoch mehr als klar, dass er etwas für meinen Geburtstag besorgen will. Es ist schön, doch seit meine Mutter nicht mehr da ist, ist es irgendwie anders, auch wenn mein Vater jedes Jahr versucht, etwas noch Besonderes zu veranstalten.

Seufzend schiebe ich meine Gedanken zur Seite und versuche an etwas anderes zu denken, doch so ganz will es nicht klappen. Während mich die Reinigung des Motors zumindest etwas abgelenkt hat, hören sie die Erinnerungen in meinem Kopf nun noch lauter an. Ich versuche es zu ignorieren und denke an den gestiegen Abend zurück. Andere Gedanken überfluten mich. Um mich etwas abzulenken, habe ich wie schon so oft es nicht lassen können Transformers anzuschauen. Ich kann kaum noch aufzählen, wie oft ich diesen Film in den letzten Jahren gesehen habe, aber ich kann nichts anderes und wenn meine beste Freundin schon die Idee im Raum wirft.... //Wieso auch nicht?//

Meine Schritte führen mich aus der Garage, Richtung Haus. Aber nicht bevor ich Leo sanft über das Fell streiche, der sich auf einer der Wagenkasten am Ausgang gemütlich gemacht hat. Der Kater rekelt sich schnurrend und blinzelt zu mir hoch. Er liegt halb auf den Bauch und die Kante der Fächer müssen in seinen rot gestreiften Rücken drücken. Ich schmunzele. Katzen können dei absurdesten Liegeposition finden und mein Kater wäre eindeutig ein Meister darin.

Ich summe und gehe weiter aus der Garage hinaus. Die alten roten Backsteine und das moosbedeckte schwarze Dach meines Familienzuhauses leuchten im Licht der untergehenden Sonne, während der Schatten über die rissigen Steine tanzt und ein Lächeln umspielt meine Lippen. Ich liebe dieses Haus so sehr. Es hat so viele besondere Erinnerungen... Der Schotter unter meinen Füßen ist laut und Staub wirbelt unter meinen grauen Turnschuhen auf. Doch ich beobachte nur verträumt die Staubwolke, als ein leichter Windstoß über die Auffahrt weht. Jedoch finden meine Gedanken schnell zurück zum Film und mein Mund verzeiht sich traurig. Ich wusste, was passieren würde, doch jedes Mal hasse ich es, die Szene zu sehen. Meine Hand streckt sich aus, um die Türklinke zu ergreifen. Sie fühlt sich angenehm kühl unter meine Hand an und reißt mich wieder zurück ins Hier und Jetzt.

Die Haustür quietscht und ich mache mir eine geistige Notiz, die Scharniere später zu ölen. Schnell klopfe ich meine Schuhe ab, um mein Vater mehr Arbeit im Haushalt zu ersparen und husche Richtung Küche. Der warme Geruch von meiner Lieblingssuppe umspielt meine Nase und kurz schaue ich sehnsüchtig auf den Topf, der auf dem schwarzen Herd steht und munter vor sich hin köchelt. Schnell wende ich meinen Blick ab, sie ist noch immer nicht fertig, also muss ich gezwungenermaßen warten. Mit zwei Schritten erreiche ich die Borte mit unseren Lebensmitteln. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und strecke mich, um die Wurst zu erreichen, die von einem Haken am obersten Regal hängt. Erneut verfluche ich meine Größe. //Warum muss ich auch so klein sein?// Mein Vater wird nicht begeistert sein, dass die Wurst wieder als Bestechungsmittel draufgegangen ist, aber es ist das Einzige, was helfen wird, um Chopper diesen verdammten Lappen wegzunehmen. Drei Kaputte in einer Woche reichen, es müssen nicht vier werden, dann muss halt die Wurst etwas leiden.

Meine Fingerspitzen erwischen mein Ziel und ich schaffe es mit Ächzen die Wurst vom Hacken zu ziehen. Während ich mich umdrehe und eine alte braune Schranktür öffne, um ein Schneidebrett und ein Messer zu schnappen, drifte ich etwas ab. Meine Gedanken schweifen zu einem bestimmten Autobot und ein Lächeln umspielt meine Lippen, während ich anfange, die Wurst in kleine Scheiben zu schneiden. Jazz war von Anfang an mein Lieblingscharakter im ganzen Film. Während viele Optimus oder Ironhide mochten, war ich sofort fasziniert vom First Leutinant. Seine Sprache, sein Aussehen, einfach alles war interessant an ihm. Seine Art hat mich von Anfang an gefesselt und ich fand ihn toll - wenn nicht sogar süß. Meine Laune fällt für einen Moment. Ich verfluche Michael Bay wirklich dafür, dass er ihn direkt im ersten Film sterben lassen hat. Der zweite Teil soll in einem halben Jahr rauskommen und Jazz scheint nicht zurückzukommen, aber meine Hoffnung stirbt zuletzt. Gekonnt schiebe ich meine schlechte Laune zur Seite und fange an eines meiner Lieblingslieder vor mich hin zu summen, während ich versuche die Wurst zurück auf den Haken zu bekommen.

Zufrieden, nachdem ich es geschafft habe, wirbel ich herum und greife zum alten verrosteten Türgriff des Kühlschrankes, um mir selbst etwas zum Essen mitzunehmen. Sobald ich die Tür mit einem Quietschen öffne, kommt mir ein Schwall kalter Luft entgegen. Kurz muster ich das leckere Kuchenstück, das mir regelrecht entgegenspringt. Es ist noch von gestern Nachmittag übrig geblieben und dazu noch mein absoluter Liebling. Seufzend ignoriere ich das leckere Stück. Wie gerne würde ich es mir nehmen und mich wieder auf unser großes gemütliches Sofa bequem machen und den Film zum gefühlt tausendmal zu schauen. Dieses würde dann nämlich bedeutet, dass Jazz wenigstens für einen Moment wieder lebendig wäre. Zumindest im Film, im echten Leben ist es nicht möglich. Schnell unterdrücke ich diesen Gedanken. Ich will nicht als irgendein Freak dargestellt werden, nur weil ich ein Film und einen bestimmten Charakter so gerne mag, weshalb ich es versuche vor allen anderen - beste Freundin ausgeschlossen - zu verheimlichen. Mir ist klar, dass dann nur blöde Kommentare kommen würden, wie: Du Freak, der Charakter existiert gar nicht oder Ihhhh, er ist ein Roboter, das ist so awkward...

Schnell schiebe ich alles Negative weg und ignoriere das Gefühl von einem Stich in meinem Herzen. Niemand soll erfahren warum es mich so sehr verletzt. Mit einem Seufzen schließe ich die Tür des alten, schweren Kühlschrankes, ohne essen für mich in der Hand. ... Trotzdem kann man träumen und Hoffnungen, dass er im zweiten Teil wiederkommt, sind nicht verboten. Ich weiß das Jazz im wahren Leben nicht existiert und habe kein Problem damit zu unterscheiden was echt ist und was nicht, aber Träumereien sind schön und kann einem die Realität erleichtern, wenn man gelegentlich daraus fliehen muss. Nachdenklich schnappe ich mir die Wurststücke, ignoriere die Gedanken die an mein Herz ziehen und mich anschreien das ich einfach nicht dran denken muss das er nicht existiert und gehe in Richtung Haustür. Mit einem schnellen Griff will ich gerade meine Kopfhörer greifen, die auf der alten dunkelbraunen Holzkommode liegen, die in der Ecke des Flurs steht, als das Scheppern einer Autotür ertönt, die wie ein Schuss die Stille durchdringt und das Knurren eines Motors, als dieser angelassen wird.

Mit Entsetzen, dass mein Blut gefrieren lässt, lasse ich alles fallen und sprinte zur Haustür. Laufe fast panisch gegen die alte Tür, wo die Farbe schon längst abblättert. Ich reiße sie auf und sehe gerade noch, wie das Auto meines Vaters mit drehenden, quietschenden Reifen vom Hof biegt. Der Staub lichtet sich Sekunden später und das Auto ist nicht mehr zu sehen. „Verdammt", fluche ich mit weit aufgerissen Augen. Mein Herz rutscht mir in die Füße. „Wieso habe ich nur vergessen, dieses Tor zu schließen? Nein. Nein. Nein. Das kann nicht passieren!" Mein Puls rast und ich beiße mir verärgert auf die Lippen. Es ist schon seit einiger Zeit in den Nachrichten, dass Autodiebe unterwegs sind. //Das Auto ist weg, das wird nicht so schnell gefunden. Aber was soll ich nur meinem Vater sagen? Er liebt dieses Auto so sehr und es ist meine Schuld, dass es weg ist!// Mein Blut gefriert erneut. //Chopper! Leo!//

So schnell wie ich laufen kann, renne ich zur Garage. Mehrfach falle ich fast und die Steine rutschen unter meiner Sohle. Staub wirbelt auf, doch es fällt mir kaum auf. Der Eingang der Garage sieht aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Alles liegt chaotisch herum. Werkzeugwagen sind umgekippt und der Inhalt liegt verteilt auf dem Boden. Die Diebe haben einiges gerammt, als sie rückwärts raus sind, doch das Chaos ist mir egal. „CHOPPER! LEO!", schreie ich in die Halle, meine Stimme ist vor Angst verzehrt. Mein Herzschlag beruhigt sich etwas, als ich erst den roten Verknäul erkenne der durch die Garage auf den Hof jagt. Es ist Leo der sich aus Angst in Richtung Haus flüchtet. Als ich dann auch noch spitze Ohren hinter einem Reifenstapel erkenne und sich schließlich Choppers flauschiges Gesicht hinter dem schwarzen Gummi erhebt, kann ich mich so weit wie es in der Situation geht entspannen. Braune Augen mustern mich fast verwundert. Er scheint sich versteckt zu haben, was mich erleichtert. Wer weiß, was die Einbrecher getan hätten, wenn Chopper angegriffen hätte. Ich möchte es mir wirklich nicht ausmalen.

So schnell wie mich meine zitternden Beine tragen können, stürze ich zu ihm und schlinge meine Arme um seinen flauschigen Hals. „Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist. Ich verliere dich nicht auch noch!", schluchze ich fast in sein Fell. Mir ist klar, dass er mich nicht versteht aber es ist mir egal. Chopper scheint zu merken, wie es mir geht, denn er fängt an, mit seiner rosa Zunge über mein Gesicht zu fahren. Kichernd und lachend versuche ich ihn von mir wegzuschieben. „Nicht", keuche ich, während mir durch das Lachen, das Atem schwer fällt. Mein Bauch fängt an zu schmerzen und ich versuche meine Lach-Tränen zu unterdrücken. Nachdem ich nach einem Moment geschafft habe Chopper zu beruhigen und meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen, muster ich das Chaos um mich herum. „Mein Vater wird mir den Kopf abreißen", murmel ich, während ich die Dellen in den alten Werkzeugwagen muster und die schwarzen Reifenspuren auf dem Boden betrachte. Seufzend fange ich an, die verstreuten Werkzeugteile aufzuheben und auf einen Tisch zu legen, der nicht umgekippt ist. Einige sind eindeutig kaputt oder verbogen.

„Als ob es nicht reichen würde, dass sein Auto weg ist. Nein, die Garage sieht aus, als wäre hier ein Kampf zwischen den Bots und Cons gewesen", flüster' ich vor mich hin und ein Schmunzel umspielt kurz meine Lippen und verdrängt die Sorge über die Reaktion meines Vaters, als ich mir bildlich vorstelle, wie die Bots versuchen würde, hier zustehen. Das Dach ist viel zu niedrig und die Balken, die quer unter dem Dach hängen und braun und leicht morsch wirken, wären eindeutig ein Problem für die meisten. Nun, Jazz könnte hier wahrscheinlich stehen und Bee wäre auch nicht groß genug, um sich eine Delle zu holen. Schnell schiebe ich meine Gedanken zur Seite, ignoriere den Stich in meinen Herzen - da ein kleiner Teil meines verrücktesten Gedanken noch immer wünscht sie kennenzulernen, was jedoch komplett schwachsinnig und hirnverbrannt wäre - und muster Chopper, der mich mit schief gelegtem Kopf mustert. „Ach Chopper, es wäre schon schön, wenn die Bots echt wären. Aber das geht nicht. Hm", murmle ich und kraule ihn zwischen den Ohren. Es wäre eine willkommene Abwechslung zu meinen tristen und langweiligen Leben, aber das wird für immer ein Traum bleiben.

Erneut widme ich mich dem Chaos um mich herum. „Jetzt geht es erst einmal ans Aufräumen", murmel ich mit wenig Motivation greife nach einem alten Besen, der in der Ecke steht. Die Borsten sind dreckig und zerfranst, aber er sollte seine Aufgabe noch hinbekommen. Wenigstens etwas Ordnung sollte ich hier hineinbringen, bevor mein Vater kommt und ich ihn alles beichten muss. Seufzend und mit besorgten Gedanken fange ich an, die Borsten über den Boden zu ziehen.

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