KAPITEL 6
Eine Welle von Angst überkam mich. War das ein Fehler? Würde er das weitererzählen? Würde sich die ganze Geschichte wiederholen?
Bakugou sagte nichts und ich spürte wie mir langsam Tränen in die Augen stiegen. Dann spürte ich seine Hand auf meiner Schulter. Ich blickte auf und sah in seine Augen.
„Hey, ich wusste das du schwul bist. Deine alten Klassenkameraden sind beschissene Arschlöcher."
„Du wusstest es?" Ich war überrascht und meine Stimme hatte ein unmännliches Kieksen, als ich ihn das fragte.
Bakugou schmunzelte. „Nicht, dass du dich sonderlich unmännlich benimmst ... eher im Gegenteil. Ich wusste es, weil ich bemerkt habe wie du mich ansiehst."
Fuck.
Mein Gesicht wurde knallrot. Mir wurde bewusst, das Bakugou mich die ganze Zeit wie ein offenes Buch gelesen hatte. Das war zwar ziemlich peinlich, trotzdem spürte ich wie eine Welle der Erleichterung über mich hereinbrach. Jetzt fing ich richtig an zu heulen.
Bakugou zog mich in seine starken Arme. Ich war verschwitzt und heulte wie ein Schlosshund, aber ihn schien das nicht zu stören. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge, während er mir beruhigend mit der Hand über den Rücken strich.
„Es ist alles gut, Kirishima.", flüsterte er leise.
Kirishima. Er hatte mich das erste Mal bei meinem Namen genannt.
---
Wir gingen gemeinsam zum Unterricht. Ich hatte mich nach meinem Ausbruch wieder schnell beruhigt, was wahrscheinlich nur an Bakugous starken Armen und seinen beruhigenden Worten lag. In Windeseile hatte ich geduscht, meine Haare gestylt und meine Schuluniform angezogen. Bakugou hatte die ganze Zeit geduldig auf mich gewartet.
Wir betraten das große Schulgebäude.
„Wo müssen wir hin?", fragte Bakugou und scannte die Umgebung.
Ich deutete auf die Treppe. „Unser Klassenzimmer liegt im ersten Stock. Ich habe das Gebäude gestern mit den anderen erkundet."
Bakugou nickte und folgte mir. Als wir das Klassenzimmer betraten waren die meisten anderen schon da, was auch hieß, dass die meisten Plätze schon besetzt waren. Es waren Zweierbänke und die Anwesenden hatten sich schon Teamweise zusammengesetzt. Bakugou steuerte gezielt auf eine der hinteren freien Bänke zu. Er setzte sich und schaute mich fragend an. Ich lächelte und folgte seiner Einladung. Ich spürte Midoriyas Blick auf mir ruhen als ich mich zu Bakugou setzte.
„Was glotzt du so, Deku?", fragte Bakugou aufgebracht. Midoriya zuckte zusammen und widmete sich Todoroki, seinem Sitznachbarn.
War es wirklich so ungewöhnlich, dass ich mich gut mit Bakugou verstand?
Ich spürte viele fragende Blicke und fühlte mich zunehmend unwohl. Midoriya kennt ihn ja schon sehr lange und wirkte ziemlich perplex. Bakugou schienen das Starren auch zu nerven, jedenfalls warf er jedem giftige Blicke zu, der es wagte ihn anzusehen. Ich schmunzelte, denn die Blicke hörten schnell auf und ich entspannte mich wieder.
Die letzten Schüler betraten den Klassenraum und setzten sich, als unser Lehrer hereinkam. Es war ein großer Mann mit langen dunklen Haaren und einem Dreitagebart. Er hatte tiefe Augenringe und seine Lider schienen schwer, was ihm einen müden Schlafzimmerblick verlieh.
„Mein Name ist Aizawa und ich bin euer Klassenlehrer. So wie ihr jetzt sitzt, werdet ihr auch das ganze Schuljahr sitzen. Ich habe keine Lust auf eine ständige Tauscherei."
Die Klasse schwieg. Es waren die ersten Unterrichtsminuten an einer neuen Schule, was hieß, dass alle aufmerksam und neugierig zuhörten. Wie lange das wohl anhalten wird?
Aizawa verteilte die Stundenpläne und erzählte uns einige organisatorische Dinge, bevor wir endgültig mit dem Unterricht begannen.
---
Der Schultag war erst halb um und trotzdem hatte ich das Gefühl schon mitten in die Schulroutine zurückgefallen zu sein. Es war wohl doch egal ob neue Klasse oder neue Lehrer, Schule lief doch überall gleich ab. Den ersten Unterschied bemerkte ich erst, als ich mit meiner Klasse und unzähligen anderen Schülern zusammen in die Mensa strömte. Der Unterschied war nicht das Essen, das ungleich besser war als an meiner alten Schule. Nein, der Unterschied war, dass ich hier Freunde hatte. Freunde, zu denen ich mich setzten konnte.
Die Klasse war durch die schiere Zahl der Schüler und den vielen verschiedenen Warteschlangen getrennt worden, sodass quasi jeder einzeln mit seinem Tablett in den Speisesaal kam. Ich ließ meinen Blick suchend über die Schüler wandern, bis mich Kaminaris Hand zu sich winkte.
Lächelnd setzte ich mich zu Kaminari, Sero und Mina. Sero und Mina hatten genau wie ich das Standartgericht – Ramen mit Hühnchen – genommen, während Kaminari eine große Pizza Hawaii vor sich hatte.
„Alter...", sagte ich ernst, „Ananas gehört wirklich nicht auf Pizza."
Kaminari schaute beleidigt. „Hey, das schmeckt gut!"
Ich lachte kopfschüttelnd. Dann hörte ich wie ein Tablett lautstark neben mir abgestellt wurde. Ich schaute hoch und blickte direkt in Bakugous Augen. Schnell machte ich ein wenig mehr Platz, damit er sich setzten konnte. Mina schaute Bakugou überrascht an, dann wanderte ihr Blick zu mir. Ich konnte ihren Blick nicht deuten, wollte mir aber auch nicht den Kopf darüber zerbrechen.
Kaminari und Sero stritten sich derweil weiterhin über die Ananas-Pizza-Frage. Anscheinend hatte ich mit meiner Bemerkung etwas losgetreten. Ich stieg wieder in das Thema ein und stichelte Kaminari dabei ein wenig weiter.
So kam es, dass wir vier in ein semi-ernstes Streitgespräch führten, während Bakugou scheinbar unbeteiligt und desinteressiert daneben saß.
Dann spürte ich eine Hand auf meinem Knie.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top