KAPITEL 5
„Oi! Shitty Hair!" rief Bakugou, als er uns erblickte.
Shoji sah mich stirnrunzelnd an. Ich zuckte mit den Schultern und verabschiedete ihn kurz, bevor er in seinem Zimmer verschwand.
„Was gibt's?", fragte ich und ging lächelnd auf ihn zu.
Bakugou stieß sich von der Wand ab und blickte mich an. Und wieder einmal bekam ich unter seinem Blick eine Gänsehaut.
„Morgen. Training vor der Schule?", fragte er.
Ich blinzelte überrascht. Dann spürte ich wie sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht breitmachte. „Klar, gerne!"
„Bring die Schulsachen und deine Uniform mit. Der Weg von der Sporthalle zum Schulgebäude ist kurz, wir können vor Ort duschen. Ich hol dich um halb sechs ab."
Mit diesen Worten drehte er sich um uns ging zurück zu seinem Zimmer. Wie ein grinsender Idiot schaute ich ihm nach, bevor ich mit meiner Karte meine eigene Tür öffnete.
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Wieder weckte mich mein Wecker in aller Herrgottsfrühe. Ich tastete mit der Hand nach meinem Handy und war kurz davor die Schlummern-Taste zu drücken, bis mir einfiel wofür ich den Wecker so früh gestellt hatte. Training. Mit Bakugou.
Ich sprang auf die Füße. Vorfreude umfing mich. Schnell streifte ich mir Jogginghose und Top über. Ich putzte mir die Zähne und band meine Haare mit einem Bandana zurück. Da klopfte es auch schon energisch an meiner Zimmertür. Ich nahm schnell meinen Rucksack und öffnete die Tür.
Dort stand Bakugou. Er sah noch reichlich verschlafen aus und seine Haare war leicht zerzaust, als wäre er gerade erst aufgestanden. Was wahrscheinlich auch der Wahrheit entsprach. Ich lächelte ihn an.
„Bin fertig, wir können los.", rief ich enthusiastisch. Bakugou runzelte die Stirn, wobei mir einfiel, dass ich besser die Stimme senken sollte. Mit der Hellhörigkeit des Gebäudes würde ich sonst wohl Shoji wecken.
Bakugou schmunzelte ein wenig, aufgrund meines Enthusiasmus. Gemeinsam gingen wir durch den Gemeinschaftsraum nach draußen in Richtung Studio.
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Bakugou öffnete mir die Tür zum Fitnessraum.
Gentleman.
Ich lächelte ihn an während ich an ihm vorbei in den Raum ging. Wir waren wohl wieder alleine. Es gab wahrscheinlich nicht viele Leute die kurz vor sechs trainieren gehen, nur um es noch vor der Schule zu schaffen. Diesmal schloss ich mein Handy direkt an die Boxen an und ließ eine Playlist laufen.
Ich machte mich wieder auf dem Weg zum Laufband, während Bakugou anfing sich vorsichtig zu dehnen. Ich hatte beim Laufen wieder den perfekten Blick auf ihn und ich hatte das Gefühl, dass Bakugou das genau wusste. Jedenfalls präsentierte er mir dabei, absichtlich oder nicht, seinen wohl geformten Hintern.
Verdammt. Provoziert er mich?
Dann ging er wieder zur Hantelbank und stellte sich mit dem Rücken zur Hantel. Er griff nach hinten, nahm sich die Langhantel aus deren Aufhängung und legte sie auf seiner Nackenmuskulatur ab. Es waren eingeübte, präzise Griffe, die genau zeigten, wie oft er sie schon ausgeführt hat. Er ging ein paar Schritte nach vorne und begann mit seinem Beintraining. Er machte Ausfallschritte und senke seinen Oberkörper langsam durch ein kontrolliertes Beugen seines Beines ab um dann eben so kontrolliert in die Ausgangsposition zurückzukehren.
Ich konnte meine Augen nicht von ihm abwenden. Beim Training wirkte er nicht gleichgültig oder hitzköpfig. Er wirkte ruhig und entspannt.
Während ich immer noch gleichmäßig auf dem Laufband vor mich hin trabte, legte Bakugou die Hantel wieder ab und veränderte das Gewicht, indem auf beiden Seiten eine Scheibe dranhing. Schließlich legte er sich auf die Hantelbank in die Position, in der ich ihn beim ersten Mal angetroffen hatte, und fing an das Gewicht zu stemmen.
Ich beschloss, dass es nun reicht mit der Lauferei (und dem Starren) und ging vom Laufband.
„Oi! Könntest du mir kurz helfen?", fragte Bakugou, als er sah, dass ich vom Laufband gestiegen war. Schnell ging ich zu ihm rüber.
„Ich würde gern das Gewicht erhöhen. Das habe ich noch nicht oft gemacht, kannst du mich zur Not unterstützen?"
Ich nickte. Was das Training anging war er tatsächlich ungewohnt vernünftig und ruhig. Er erhöhte das Gewicht und legte sich wieder in Position. Ich stand an seinem Kopfende, meine Hände schwebten unter der Hantel. Die Anstrengung stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er das Gewicht aus der Aufhängung befreite. Einmal, zweimal, dreimal hob er angestrengt die Langhantel. Beim vierten Mal fingen seine Arme an zu zittern, als er sie zurück in die Aufhängung legen wollte. Schnell griff ich zu und hievte sie mit ihm gemeinsam hinein.
„Danke.", sagte Bakugou keuchend und lächelte mich über Kopf an. Mein Herz machte einen Sprung. Ich hatte ihn vorher noch nicht Lächeln gesehen.
„Wieder Liegestütze und Sit-Ups?", fragte er mich, als sich aufrichtete.
„Ja.", sagte ich schlicht.
Und als hätten wir das schon immer so gemacht ging ich zu einer der Matten und fing an Liegestütze zu machen, während Bakugou mein Training überwachte. Seine Hand lag warm zwischen meinen Schulterblättern und übte Druck aus. Obwohl diese Berührung reiner Trainingszweck war, genoss ich sie. Wieder nahm er seine Hand weg, bevor ich mich überanstrengen konnte. Wieder hielt er meine Füße bei den Sit-Ups. Wieder empfingen mich seine roten Augen jedes Mal, wenn ich meinen Körper aufrichtete.
Verdammt, ich mag ihn vielleicht etwas zu sehr.
Bakugou nahm seine Hand wieder von meinen Füßen und beendete damit meine Session.
„Boxt du heute?", fragte er interessiert.
Ich schaute auf die Uhr und nickte. „Ja, sollte ich noch schaffen."
„Okay, ich geh schonmal duschen, dann kannst du dich danach ungestört fertig machen.", sagte er und verschwand in Richtung der Nassräume.
Ich musste ein Seufzen unterdrücken, als ich ihm hinterher sah. Ich ging hinüber zum Boxsack und nahm mir ein paar Handschuhe. Normalerweise würde ich immer meine eigenen nehmen, aber diese waren noch mit all mein anderen Sachen bei meinen Eltern. Ich kreiste mit den Schultern und stellte mich in Position.
Ein Schlag. Links, rechts, links. Meine Schläge waren heftig und präzise. Ich hatte das Boxen gegen den Sandsack schon immer genutzt, um meinen ganzen Frust herauszulassen. Während ich mich auf die Hiebe konzentrierte, kamen mir meine alten Klassenkameraden in den Sinn. Ihr Mobbing. Die Ungerechtigkeit anders behandelt zu werden, nur weil man auf dasselbe Geschlecht steht. Ich legte meine zunehmende Aggression in jeden einzelne meiner Schläge bis die Wut langsam abflaute.
Ich spürte die Anstrengung in meinen Armen als ich sie langsam sinken ließ.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du so aggressiv zuschlagen kannst. Bist irgendwie nicht der Typ dafür."
Ich drehte mich erschrocken um und sah Bakugou, der in Schuluniform zurück in den Trainingsraum gekommen war. Ich lächelte gequält.
„Ich bin ja auch nicht aggressiv, aber jeder hat etwas bei dem er wütend wird. Ich bin auch nur ein Mensch." Es sollte nicht harsch klingen, aber ich war immer noch ein wenig in Rage.
Bakugou legte den Kopf schief. „Und was ist es bei dir?"
Ich wollte antworten und stockte. Konnte ich ihm vertrauen? Ich wollte ihm vertrauen, ich wusste eigentlich, dass er nichts weitererzählen würde.
Bakugou sah wohl die Unsicherheit in meinem Gesicht, denn er ging auf mich zu und schaute mir in die Augen.
„Hey, du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht möchtest.", sagte er sanft.
Ich schüttelte den Kopf und schluckte.
„Ich wurde an meiner alten Schule heftig gemobbt.", sagte ich leise.
Bakugou sagte nichts. Er schaute mir nur tiefer in die Augen als wüsste er, dass da noch mehr war. Also entschloss ich mich für die ganze Wahrheit.
Ich holte tief Luft. „Ich wurde an meiner alten Schule gemobbt ... weil ich schwul bin."
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