Kapitel 4
Schweigend liefen wir nebeneinander her zum Wohnheim. Es war nicht direkt eine unangenehme Stille, aber dennoch hatte ich das Bedürfnis etwas zu sagen.
„Ähm, wie oft trainierst du eigentlich?", fragte ich.
Bakugou zuckte desinteressiert mit den Schultern bevor er antwortete: „Wenn ich kann täglich."
Ich lächelte. „Ja, zum Glück hat die UA ein Studio auf dem Campus. Unser Zimmer wäre mir vielleicht doch dauerhaft zu klein für das tägliche Training."
Bakugou schnaubte. „Ja, wär' scheiße gewesen, wenn nicht. Hätte auch keine Lust mir irgendwo eine Mitgliedschaft zuzulegen."
Ich nickte. „Ich hatte vorher nie die Möglichkeiten, die so ein Studio mit sich bringt. Abgesehen vom Boxen habe ich immer Einheiten gemacht, für die man keine Geräte braucht. Du weißt schon. Liegestützen, Sit-ups und so weiter. Ein wenig Joggen für die Ausdauer."
Bakugou runzelte kurz die Stirn: „Du warst vorher nie in einem Fitnessstudio?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Schon, aber nur wenige Male für einzelne Sessions. Meine Eltern wohnen in einem nicht gerade großen Dorf und das nächste Studio ist in der Nachbarstadt..."
Aber das war nur die halbe Wahrheit. Es stimmt zwar, dass es zu dem Studio ein wenig Fahrweg war, aber ich bin hauptsächlich nicht mehr hingegangen, da dort auch einige Schüler aus meiner Stufe trainierten und mich schikanierten. Sie wollten nicht mit einem Schwulen trainieren und das ließen sie mich deutlich spüren.
Bakugous Blick entging nicht, dass sich mein Gesichtsausdruck verfinsterte.
„Ist was?", fragte er mich ungewohnt sanft.
Ich schüttelte den Kopf und setzte ein etwas gezwungenes Lächeln auf. Ich spürte den bohrenden Blick von Bakugou. Meine Antwort stellt ihn nicht zufrieden, aber er hakte nicht weiter nach, wofür ich dankbar war. Um das zu erklären hätte ich ausholen müssen. Das Mobbing. Meine sexuelle Orientierung. Dafür war ich noch nicht bereit.
Wir erreichten das Wohnheim und Bakugou öffnete die Tür. Er hielt sie offen und ich brauchte einen Moment, bis ich zuerst hindurchging.
Als wir in den Gemeinschaftsraum kamen, saßen einige unserer Klassenkameraden bereits dort. Aus der Küche wehte ein angenehmer Geruch und auf dem Couchtisch stapelten sich Teller, während der Fernseher leise im Hintergrund lief.
„Kirishima, Bakugou! Da seid ihr ja!", rief Ashido fröhlich. „Wir haben Pancakes gemacht. Es sind noch welche in der Küche. Bedient euch ruhig!"
Ich grinste. Das war jetzt genau das richtige.
Iida, ein großer Junge mit dunklen Haaren, stand auf und reichte Bakugou etwas steif die Hand.
„Wir haben uns gestern Abend ja noch nicht vorgestellt. Ich bin Iida Tenya! Freut mich dich kennenzulernen." Bakugou starrte auf die ihm dargereichte Hand und schob seine eigenen nur noch tiefer in die Taschen seiner Trainingshose.
„Bakugou", sagte der Blondschopf nur kurz angebunden und ging an ihm vorbei in Richtung Küche.
Iida verzog irritiert das Gesicht. Anscheinend konnte er mit Unhöflichkeit nicht gut umgehen. Ich lächelte ihm entschuldigend zu.
„Was habt ihr denn heute Morgen gemacht? Ihr seht ziemlich verschwitzt aus.", stichelte Kaminari mit einem perversen Unterton, wofür er von Ashido einen Schlag auf den Hinterkopf kassierte. Doch die meisten kicherten ein wenig.
Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich wusste, dass das nur eine Stichelei unter Freunden war. Niemand wusste, dass ich wirklich schwul war. Dennoch spannte ich mich ein wenig an, als ich grinsend sagte: „Wir waren im Fitnessstudio, wenn wir nicht geschwitzt hätten, hätten wir irgendetwas falsch gemacht."
Die anderen lachten und ich entspannte mich wieder.
„Wo ist denn das Fitnessstudio?", fragte Todoroki, ein Junge dessen Haare in zwei Farben, weiß und rot, aufgeteilt waren. Er hatte eine große Narbe auf der linken Gesichtshälfte und zwei unterschiedlich farbige Augen.
„Du trainierst, Todoroki?", fragte Sero interessiert.
„Ja.", sagte Todoroki monoton. Eine kurze Stille herrschte nach seiner Aussage, aber er schien nichts hinzufügen zu wollen. Er war nicht der gesprächige Typ.
„Das Studio ist direkt an die große Sporthalle angeschlossen. Ist kaum zu übersehen.", beantwortete ich seine ursprüngliche Frage. Todoroki nickte nur und widmete sich wieder seinem Frühstück.
Ich ging in die Küche, wo Bakugou am Tisch saß und allein seine Pancakes aß.
„Willst du nicht mit den anderen essen?", fragte ich ihn stirnrunzelnd als ich mir selbst ein paar Pancakes auf den Teller häufte und in reichlich Sirup ertränkte.
Bakugou zuckte mit den Schultern und runzelte die Stirn, als er den überquellenden Sirup sah.
„Ist das nicht viel zu süß?", brummte er.
„Ich mag es süß.", antwortete ich schulterzuckend. „Kommst du mit raus zu den anderen?"
Er schüttelte den Kopf.
„Ich geh jetzt duschen."
„Okay.", antwortete ich nur. Ich musste auch dringend unter die Dusche, aber ich wollte vorher noch meine Pancakes essen.
Zusammen gingen wir aus der Küche hinaus in den Gemeinschaftsraum. Bakugou ging geradewegs an den anderen vorbei die Treppe hoch zu seinem Zimmer. Die anderen sahen ihm verwundert nach. Viele von ihnen hatten ihn heute morgen zum ersten Mal gesehen.
Ich setzte mich mangels Platzes auf den Teppich und lauschte den Gesprächen meiner Klassenkameraden, während ich genüsslich meine Pancakes aß.
Wir beschlossen uns am Nachmittag gemeinsam den Campus anzusehen und die Räume für den nächsten Tag zu suchen, da wir uns schließlich alle noch gar nicht auskannten. Nachdem wir eine Zeit ausgemacht hatten, ging ich hoch in mein Zimmer und ließ meine Klassenkameraden zurück im Gemeinschaftsraum.
Schnell verschwand ich unter der Dusche und wusch mir den Schweiß von der Haut. Dabei musste ich an Bakugou und unser gemeinsames Training denken. Er war schon heiß. Ich wusste es war viel zu früh – wir kannten uns gerade einmal einen Tag – aber das reichte dafür, dass ich mich für ihn interessierte. Ich wusste, dass es gänzlich unwahrscheinlich war, dass er auch auf Männer stand, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Aber sie stirbt.
Seufzend dachte ich daran, dass jede Aktion mit Bakugou auch gleichzeitig ein Outing bedeuten würde. Vielleicht mag das für manche kein großes Ding sein, aber ich war mit meiner Vorgeschichte eben sehr vorsichtig. Dennoch ... für Bakugou würde sich das lohnen, oder?
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Ich kam mit den anderen von unserem Trip zurück und lief mit Shoji, meinem anderen Zimmernachbarn, die Treppe zu unserer Etage hoch. Als ich die Tür zu unserem Flur öffnete, lehnte Bakugou neben meiner Zimmertür.
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