7 | von Notdiensten und WLAN
Heather hatte aufgelegt und starrt mich nun an, als erwartet sie etwas. Dann schüttelt sie kurz den Kopf und meint: „Ich weiß nicht, ob die Polizei kommt, aber du hast Recht. Ich glaube nicht, dass es so einen guten Eindruck macht, wenn die Jace und Drake sehen. Die sind total stoned." Soweit war ich auch schon gewesen.
„Aber ich kann doch jetzt hier auch nicht weg, oder?!", erwidere ich etwas lauter und füge dann leiser hinzu: „Oder?" Schließlich habe ich ja den Menschen entdeckt. Hoffentlich geht es ihm gut! Was ist überhaupt passiert, wurde er überfahren? Aber hier fahren doch nie Züge entlang! Wieso war er überhaupt auf den Gleisen?
„Okay, Rachel. Ich denke es ist das Beste, wenn du Drake und Jace zu euch bringst und ich hier mit Lucee bleibe. Ich will nicht, dass ihr Probleme bekommt.", sagt Heather etwas forsch und dreht sich zu Lucee. „Wir behaupten einfach, wir hätten hier gechillt und durch Zufall den Menschen entdeckt.", erklärt sie schnell. Ich meine schon aus der Ferne die Sirenen zu hören und mein Herz schlägt fest gegen meine Rippen, eigentlich müsste man das noch in fünf Kilometern Entfernung hören. „Jetzt verpisst euch schon!", befiehlt Heather und fährt sich mit den Fingern durch ihre an den Spitzen pink gefärbten Haare.
Ich gehe zu Jace und ziehe ihn praktisch hinter mir her zu unserer Wohnung. Drake folgt uns und bleibt alle zwei Sekunden stehen, um sich über irgendeinen Scheiß den Arsch abzulachen. „Drake, beweg deinen Arsch hierrüber!", brülle ich hinter mich und laufe in schnellen Schritten den dunklen Bürgersteig entlang. Er kommt tatsächlich, stolpert aber fast über einen Stein. In diesem Moment düst der Krankenwagen an uns vorbei und ich hoffe, dass Lucee und Heather klarkommen. Und dass es der Person auf den Gleisen gutgeht. Vielleicht ist sie auch einfach nur bewusstlos geworden, weil sie wie Drake und Jace total zugedröhnt war.
„Was habt ihr überhaupt genommen?", frage ich genervt und fühle mich wie die Mutter von zwei Kindergartenkindern. Drake gluckst irgendetwas unverständliches aber der Name von dem Zeug hätte mir eh nicht weitergeholfen. Ich habe keinen Plan von sowas und war damit eigentlich immer ganz zufrieden gewesen.
Als wir in unserer Wohnung ankommen, ist mein Vater nicht mehr auf dem Sofa und auch sonst nirgendwo. Wahrscheinlich liegt er in irgendeiner abgeranzten Bar besoffen in der Ecke. Wenn ich Glück habe, verreckt er dran. Aber ich habe meistens nicht wirklich in irgendetwas Glück. Ich bugsiere Jace und Drake in unser Zimmer und gehe in die Wohnküche. Pizza heilt alle Wunden.
Ich denke Mom ist zu Hause, aber ich wage es nicht, ihre Schlafzimmertür zu öffnen, hinter der spielt sich gerade wahrscheinlich etwas nicht ganz Jugendfreies ab. Und ich habe keine Lust, frühzeitig zu erblinden, da meine Augen bei dem Anblick wahrscheinlich kotzen müssten und dann an ihrer Kotze ersticken würden. Also fliehe ich sofort zurück in unser Zimmer und verfluche die verdammten dünnen Wände in diesem Haus.
Drake liegt auf meinem Bett und lacht, während Jace auf dem Boden vor dem einzigen Fenster hockt. Unser Zimmer ist nicht sonderlich groß, zwei kleine Betten und eine Kommode haben darin Platz. Der gelbliche Putz blättert schon von den Wänden ab und die Glühbirne in der kindischen Blümchenlampe flackert manchmal erschöpft auf. Das Fenster befindet sich direkt gegenüber der Tür, darunter steht die Kommode, an der Jace lehnt und rechts und links die Betten, die vorne und hinten an die Wand andocken.
„Drake, verpiss dich von meinem Bett!", schnauze ich ihn an, „Und wenn ihr beide hier irgendetwas vollkotzt oder so, ertränk ich euch in eurem eigenen Erbrochenem!" Drake rollt sich vom Bett und gluckst. Jace sitzt immer noch zusammengekauert auf dem Boden und starrt mich grinsend an. „Ey, Rachel, gib mal die Pizza!", grölt Drake und greift nach dem Teller. Ich stelle ihn nicht besonders sanft auf die Kommode und werfe mich auf mein Bett.
Es wäre überflüssig, den Idioten zu sagen, dass sie leise sein sollen. Die checken gerade wahrscheinlich eh überhaupt nichts mehr. Also versuche ich das ständige Gelächter auszublenden und ziehe stattdessen mein Handy aus der Tasche. Es ist nicht besonders krass, eins von dieses kleinen Billigmodellen, die es manchmal in Supermärkten gibt. Ich weiß nicht genau, wie ich es bekommen habe aber ich fürchte, es war Jace Verdienst. Da ich die Prepaid-Karten bezahlen muss, ohne die ich nicht telefonieren kann, gehe ich sparsam damit um.
WLAN gibt es in diesem Haus meistens keines, es fällt immer aus. Also schreibe ich Lucee eine SMS, ob alles klar ist. Ich habe nichts gegen Heather aber mit ihrer forschen Art komme ich öfters nicht klar und ich wüsste nicht, wie ich ihr schreiben sollte. Dann warte ich auf eine Antwort und beobachte Drake und meinen Bruder beim Essen, wie sie alles vollkrümeln. Dass kann Jace dann morgen aber alleine putzen!
Am nächsten Morgen lasse ich die ersten beiden Stunden ausfallen und stehe etwas später auf. Obwohl, eigentlich stehe ich ziemlich oft so spät auf. Das Ungewöhnliche ist, dass Jace noch schläft. Er geht immer in die Schule, sogar wenn er krank ist und macht auch gewissenhaft seine Hausaufgeben. Ich denke, dass er bestimmt einen Einserabschluss bekommt.
Ich überlege mir nicht besonders gerne, wie es nächstes Jahr sein wird. Immerhin ist mein Bruder achtzehn, er hat nächstes Jahr seinen Abschluss. Ich glaube, er hat etwas Geld fürs College gespart. Dann bin ich ganz alleine. Eigentlich sind Heather, Lucee, Mave und Drake Jaces Freunde und ich vermute, dass es ohne ihn richtig seltsam mit uns wird. Obwohl, die machen ja auch alle ihren Abschluss.
Fuck, ich überlebe mein Leben doch nicht ganz alleine! Wut breitet sich in mir aus. Als ich aus der Haustüre trete, steht das weiße Fahrrad da, wahrscheinlich hat Lucee es vorbeigebracht. Auch wenn es mir nicht behagt, nehme ich es. Was bleibt mir denn übrig, wenn ich nicht Bus fahren will. Und ich will ganz sicher nicht Bus fahren.
Heute gibt es noch ein Kapitel um ca. 18:30 Uhr! Ich hoffe ihr freut euch. Was haltet ihr übrigens von einer Lesenacht?
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