Opal und Bernstein... und Zitronennaschgummis


Als der Nordwind aufkommt und Schnee bringt, der sich weiß und leicht über die Landschaft legt, erhält der Dezember Einzug. Es wird bitterkalt in den Gängen, sodass ich unter meiner Schuluniform immer noch einen dicken Pulli trage und man mich kaum mehr ohne Schal antrifft. Langsam, aber doch werde ich leicht deprimiert, da es so scheint, als ob ich die einzige bin, deren Freund nicht hier ist. Mary, die sich von Danny getrennt hat, ist nur wenig später mit Don, einem freundlichen Ravenclaw zusammengekommen, Mena verbringt ihre Zeit bei Lucas, Alice und Frank kleben förmlich aneinander und Lily scheint sich auch mit jemandem zu treffen. Und ich, ich sitze alleine in der Bibliothek, versuche mein Leben auf die Reihe zu bringen und muss andauernd an Toby denken, der nicht da ist. Nicht mehr lange, nicht mehr lange dann ist Weihnachten und ich sehe ihn wieder. Auch wenn ich mein Zeug schon lange fertig habe, kann ich mich nicht dazu bringen, aus der Bibliothek zu gehen. Normalerweise liebe ich Schnee und wäre die erste, die eine Schneeballschlacht anfangen und die alle in ihrem Umfeld damit nerven würde, dass es geschneit hat. Aber dieses Mal ist irgendwie alles anders. Ich seufze und schüttle meinen Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich ziehe ein neues Pergament hervor und kritzle darauf herum. Die Horkruxe... irgendwie müssen wir sie doch finden können. Wir haben bis jetzt das Diadem zerstört, das heißt es fehlen nur noch der Becher, der Ring, das Medaillon und das Tagebuch. Den Ring müsste doch eigentlich Dumbledor ausfindig machen können. Und ich sollte mich einfach um die Prophezeiungen kümmern. Je schneller wir diese Sache abgehackt haben, desto besser. Entschlossenheit und neuer Elan packen mich. Genau das werde ich jetzt machen. Es bringt nichts wenn ich nur auf meinem Arsch herumsitze und nichts tue. Damit ist niemandem geholfen. Ich packe rasch mein Zeug zusammen und werfe mir meinen Rucksack über die Schulter. Der grau-schwarz karierte Schal flattert hinter mir her, als ich die Stiegen nach oben haste. Zuerst Dumbledor oder zuerst die Prophezeiung. Nordturm oder Dumbledors Büro? Ich seufze und biege in Richtung Norden ab. Nur noch ein paar mehr Stufen, dass war es geschafft.

Ein paar viele Stufen mehr stehe ich, leicht außer Atem unter dem Wahrsageklassenraum und ärgere mich, dass ich Dumbledor noch nie um Rolltreppen gebeten habe. Naja, das kann ich ja später noch machen. Ich sehe auf und genau in dem Moment, in dem ich dies tue, öffnet sich eine Luke und eine Strickleiter fällt vor mir zu Boden. Manchmal liebe ich Hogwarts einfach. Ein leichtes Lächeln umspielt meine Lippen, als ich beginne, die silberne Leite zu erklimmen. Ich luge nur mit dem Kopf in den Raum und erblicke schon auf dem Schreibtisch die Schatulle. Manchmal ist Wahrsagen echt gruslig. Ich hieve mich hoch und sehe mich um. „Professor Jackson?", frage ich in die Stille hinein. Keine Antwort. Misstrauisch drehe ich mich im Kreis und suche das Zimmer mit den Augen ab. Vorsichtig mache ich einige Schritte auf den Schreibtisch zu. Unruhig kribbeln meine Fingerspitzen. Was ist hier los?

Ich zucke zusammen als mit einem Mal etwas an mit vorbeiflattert. Mit meiner Hand ersticke ich meinen Schrei. Mein Herz rast in meiner Brust, als ich umherwirble und meine freie Hand zu meinem Zauberstab gewandert ist. Ich blicke wild hin und her, um das Etwas nicht aus den Augen zu verlieren, doch zu spät es ist verschwunden. Ich hebe meinen Zauberstab in Kampfhaltung, während mein Blut wütend in meinen Ohren rauscht. Vor meinem inneren Auge sehe ich die auf den kleinen Zettel geschmierte Warnung von Halloween. Fluch über dieses Schloss. „He du!" Erschrocken wirble ich herum. Meine Brust hebt und senkt sich hektisch, als ich mich Auge in Auge mit einem kleinen, grünlichen Etwas wiederfinde. Es schlägt mit seinen feldrigen, kleinen Flügeln und ich bin an einen fliegenden, grünen Kater erinnert. Die Spitze meines Zauberstabes deutet direkt auf sein Gesicht. „Beruhig dich doch, du narrische Ente, sonst stichst du noch wem das Auge aus mit dem Ding", schimpft es. Sprachlos und mit leicht geöffnetem Mund senke ich meinen Zauberstab ein bisschen. „Besser so." Ich finde meine Stimme wieder und platze heraus: „Was zur Hölle bist du?" „So höflich gleich", gluckst das Etwas, „ich bin Xela, der Wasserspeier." Für einen Moment bin ich so verdattert, dass ich nichts darauf antworten kann. Bitte was? Ich runzle skeptisch die Stirn: „Ein Wasserspeier." „Jah, na gut, vielleicht war meine Mutter auch ein Kniesel, der mit einem Gnom gekreuzt wurde, aber im Grunde bin ich ein Wasserspeier." „Bitte was?", platzt es aus mir heraus, „Ein Kniesel mit einem Gnom gekreuzt?" Xela flattert etwas höher und verschränkt die kleinen pelzigen Arme vor der Brust: „Ja, etwas dagegen?" „J.. nein", stottere ich, vollkommen überfordert. Was ist denn das hier für eine verdrehte Welt? Niemand kreuzt doch einen Kniesel mit einem Gnom und anschließend das wiederum mit einem Wasserspeier! Wundervoll, ich versuche in der magischen Welt logisch zu denken, was für eine hervorragende Idee.

„Aber ich gehöre zu Professor Jackson und ich soll dir ausrichten, dass sie gerade beim Direktor ist, aber dass sie gesehen hat, dass du kommst und dass du nicht auf sie warten sollst, sondern einfach die Prophezeiung nehmen kannst", rattert der Wasserspeier -oder was auch immer- hinunter. „O-okay", antworte ich und bewege mich an Xela vorbei auf den Schreibtisch zu. Besser ich mache schnell, sonst muss ich mich noch länger mit dem abgeben. Ich lege meinen Daumen in die Kerbe der Schatulle und gerade in dem Moment, in dem meine Haut auf das Kühle Holz trifft, klackt es und der Deckel springt auf. Ich öffne ihn ganz und ziehe die Pergamentrolle mit der zart weißen Schleife hervor und entfalte sie.

Wenn Opal und Bernstein vereint,

der ganze Mond am Firmament erscheint,

ist doch ein Werwolf nur,

der in sich trägt das Bakterium pur,

vom Winde verweht,

vom Wasser die Spur,

von Erde gezeichnet,

und von Feuer nur,

geborgen und gestreichelt.

Dann steht am Rande nah,

der lichte Wolf für wahr.

Wie meistens kann ich auf den ersten Blick nichts mit der Prophezeiung anfangen, also stecke ich sie nur ein und mache mich auf den Weg zu Dumbledor. Ich werde Gwen später fragen, ob sie weiß, was es damit auf sich haben könnte. Ich hoffe Dumbledor hat überhaupt Zeit. Ich muss ihm von dem Ring der Gaunts erzählen. Wo er ist und auf was er achten muss. Und wenn er ihn findet und ihn zerstört, dann haben wir nur noch drei weitere Horkruxe vor uns. Ob er ihn so leicht zerstören kann? Oder wird es Komplikationen geben. Und wenn es keine Komplikationen gibt, ist es dann nicht zu leicht? Ach verdammt, ich weiß es nicht, aber ich hoffe Dumbledor wird wissen was zu tun ist. Meinen Rucksack schließend haste ich die Stufen hinunter, denn ich muss den einen Verbindungskorridor nehmen, um zu seinem Büro zu kommen. Ich stolpere über die eine blöde Trickstufe, die ich wirklich jedes Mal vergesse, doch Merlin sei Dank kann ich mich gerade noch so retten, sodass ich nicht einsacke. So ein Blödsinn aber auch. Wer hat sich die eigentlich überlegt? Vermutlich Dumbledor. Wer sonst.

Wenig später stehe ich vor dessen Büro und sehe auf in die steinernen Angesichter der Wasserspeier. „Doxymist", murmle ich zu mir selbst. Das kann ja ein heiteres Rätselraten werden. „Ähm...", beginne ich und versuche das Kichern des linken Wasserspeiers zu ignorieren. „Schokokuchen. Nougatsterne. Chilidrachen, Zuckerfederkiele, Minzhumbugs, Bonfiretoffees, Kicherkugeln. Oh mein Merlin", fluche ich resignierend. „Darf ich bitte hinein?", frage ich beinahe flehend. „Nö." „Oh, komm schon, bitte!", rufe ich verzweifelt aus. „Neeihein", säuselt der andere. „Biiiitte!", jammere ich und mache große Augen. Der linke Wasserspeier kichert nur. Ich schiebe die Unterlippe vor und verschränke beleidigt die Arme vor der Brust. Na toll. Was mache ich jetzt? Ich zucke zusammen, als etwas an meinem Kopf vorbeizischt. Ich sehe mich suchend um, doch da ist einfach nichts. War das der Wind? Ist etwa irgendwo ein Fenster offen? „Psst", macht etwas neben meinem Ohr. Erschrocken schlucke ich meinen Schrei hinunter. Xela. Mein Herz rast wie wahnsinnig in meiner Brust. Kann der/die/das mich nicht so erschrecken? Er/sie/es könnte doch wenigstens sichtbar werden. „Das Passwort ist Zitronennaschgummis." „Danke", murmele ich von meinem Mundwinkel aus und drehe mich zu den Wasserspeier um, die mich sorgfältig mustern. „Ist alles in Ordnung?", fragt der Rechte. „Mhm, ja", sage ich und lächle. „Also weiter im Text. Kirschstangen, Erdbeerschaumbecher, Zitronennaschgummis." Dem einen Wächter vor Dumbledors Büro bleibt der Mund offen stehen. „Wie hast du das jetzt erraten?" Ich muss lachen, als sich die Türe öffnet. „Intuition. Mund zu, sonst bilden sich noch Spinnweben." Ich husche die Wendeltreppe hinauf und an deren Ende halte ich keuchend inne. Nächstes Mal mit Rolltreppe bitte. Auch wenn ich mich umschaue, merke ich von Xela nichts mehr. Ich hole tief Luft und klopfe an Dumbledors Türe.

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