Blutrot


Ich liebe Halloween in Hogwarts. Es ist einfach nur... das Beste was es gibt. Abgesehen von Weihnachten in Hogwarts und Toby. :) Der Geruch, wenn man die Große Halle, die mit geschnitzten Kürbissen, lebendigen Fledermäusen, Kerzen und Spinnweben geschmückt ist, betritt, ist unbeschreiblich. Zuckrig, mit einem Hauch von Zimt und Karamell, würzig mit Nuancen Bratensoße und Kürbis. Ganz ehrlich, es ist nicht in Worte zu fassen. Allein der Geruch ist himmlisch. Wir sind nicht die einzigen, die schon hier sind. Beinahe alle Tische sind schon voller Schüler, die sich begeistert auf die Speisen stürzen. Ich setze mich neben Marl und inhaliere gierig das unfassbare Aroma. „Kürbisauflauf", sage ich träumerisch, während Marl neben mir nach Truthahn greift. Wenig später ist auch mein Teller gut gefüllt und während ich mit Remus und Pete scherze, genieße ich die Stimmung. Die Halle ist erfüllt von den Stimmen unzähliger, fröhlicher Schüler, dem Klappern des Bestecks und den Rufen der Geister, die sich einen Spaß zu erlauben schienen, indem sie ihre Köpfe durch die Tischplatte und somit auch durch die Speisen stecken, nur, um erschrockenen Mienen zu sehen. Der Himmel, den die Decke zeigt, ist tiefschwarz, sodass die schwebenden Kerzen nur noch heller strahlen.

„Nein, Tatze, halt still!", höre ich Mena rufen. Ich drehe mich zur Seite und sehe, wie sie Sirius mit einem Stift etwas auf die Wange zeichnet. „Yin, was wird das?", lacht James. Sie dreht sich mit leuchtenden Augen und einem schelmischen Grinsen zu ihm. „Ich schminke ihn. Es ist schließlich Halloween!", sagt sie. „Zeig her!", verlange ich und luge an ihrer Schulter vorbei. Ich beginne lauthals los zu prusten. „Das ist genial!", sage ich und gebe ihr ein High five. Auch Moony und Woormy müssen grinsen. Tatzes Wange ziert ein schwarzes Schäfchen, das vergnügt grinst. „Ich will auch sehen!", ruft jener und reißt einer erschrockenen Fünftklässlerin ihren Handspiegel, den sie gerade zum Schminken verwendet hat, aus der Hand. Ich widerstehe dem Drang mir mit der Hand auf die Stirn zu schlagen. Wisst ihr, nicht, dass er fragt, nein, er nimmt es sich einfach. Für einen Moment beobachtet er sich nur, dann fängt er an zu grinsen. „Das ist nice", meint er an Marl gerichtet und drückt der jüngeren Schülerin ihren Spiegel wieder in die Hand, wobei er ihr zu zwinkert. Aus ihren perplexen, empörten Gesichtsausdruck wird ein Ich-schmelze-vor-mich-hin-Gesicht, was mich dazu bringt, mir wirklich mit der Handfläche gegen die Stirn zu schlagen. Hormongesteuerte Mädchen, wirklich. Nur weil er Sirius ist.

„Marl! Ich hab eine Idee!", sage ich und nehme ihr einen roten Stift aus der Hand. „hey!", grinst sie, doch ich verdrehe nur die Augen. Meine Finger tasten meine rechte Wange ab und fühlen die Einkerbungen, di die Narben hinterlassen haben. Innerhalb der Zeit, die seitdem ich sie erhalten habe schon verstrichen ist, habe ich mich schon so an sie gewöhnt, als wären sie schon immer da gewesen. Ich öffne den Stift und vorsichtig, darauf bedacht nicht zu wackeln, setze ich die Mine des magischen Schminkstiftes auf und fahre die kleinen Furchen nach. Kühl schmiegt sich die Farbe an meine Haut und ich kann fühlen, wie sie ihre Laufrichtung ändert, als hätte sie gewusst was ich von ihr will. Das ist das Coole an diesen Farben. Nach der Reihe färbe ich alle drei Narben blutrot. Ich kann die Besorgnis in Remus Augen glitzern sehen und ich bemerke auch den unwilligen Zug, um James Lippen. An Sirius versteinertem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass auch er die Situation einzuschätzen versucht. Sie erwarten, dass es mich ganz leicht aus der Bahn werfen würde, mich so zu sehen. Ja, vielleicht hätte es das vor Monaten, aber heute nicht mehr. Meine Narben sind ein Teil von mir und ein Teil meiner Geschichte. Zufrieden schließe ich den Stift. Tatze reißt der Fünftklässlerin erneut den Spiegel aus der Hand und hält ihn mir vor die Nase. Das Mädchen schien förmlich dahin zu schmelzen, als er unabsichtlich ihren Arm streift. Ich nehme diesen entgegen und begutachte die roten Striemen auf meiner Wange. Zuerst zucke ich ein wenig zurück, so echt sieht es aus.

Erst jetzt kommen die Mädels hinunter und setzen sich, offenbar aufgestylt, einige Plätze entfernt von uns hin. Ich sehe, wie James seinen Hals reckt, als Lilys flammendroter Haarschopf an uns vorbeizieht. Ich schmunzle, aber als ich die Schoko-Karamell-Kürbiscupcakes entdecke, blende ich alle um mich herum aus, um nur diesen einen, magischen Moment mit der Göttlichkeit unter den Nachspeisen zu genießen. Nein, ich bin überhaupt nicht dramatisch. Gar nicht. Ich will gerade Moony fragen, ob er auch schon einen gegessen hat, als ein Schrei die entspannte Atmosphäre zerreißt, wie ein zu heftiger Ruck feines, japanisches Seidenpapier.

Mein Kopf zuckt in die Richtung aus der der Schrei gekommen ist. Das Geplapper und Gelächter um uns herum ist verstummt. Alle sehen in Richtung der Türe der großen Halle. Unruhiges Getuschel erhebt sich, leise, dennoch stetig, wie ein aufkommender Sturm. Mein Blick flackert zu Dumbledor, der skeptisch seine Augenbrauen zusammenzieht. Erlaubt sich gerade jemand einen Scherz, oder was geht gerade hier ab? Die Spannung ist beinahe greifbar. Ich will mich gerade wieder entspannen, als mit einem laute Knall die Türe auffliegt. Ein Mädchen stürzt mit einem von Heulen, das die ganze Halle erfüllt, verzerrten Gesicht hinein. Stolpernd kommt sie zu stehen, bevor ihre Knie nachgeben und sie zu Boden sackt. In ihren Armen liegt ein Fellbündel, braun und rot verschmiert. Eine Katze. Doch diese Katze ist definitiv tot. Es wirkt, als hätte ihr etwas den Bauch aufgerissen. Meine Augen weiten sich vor Horror. Durch meine Adern ergießt sich, glühend heiß, Adrenalin. Wenn das ein Scherz ist, dann ist das ein verdammt schlechter. Ich schiele zu den Rumtreibern, doch diese sehen ebenso verstört wie ich drein. Für einen Moment schäme ich mich für meine Gedanken. So etwas Grausames würden sie nie tun. Wie kann ich so etwas nur von ihnen denken.

Dumbledor hat sich erhoben und eilt nun rasch zu dem Mädchen. Alle sind wie versteinert, während seine Schritte auf dem Stein durch die große, von Stille gelähmte Halle, schallen. Sein nachtblauer Umhang weht etwas hinter ihm her. Seine Augen blitzen wachsam und zugleich unruhig. Er ist bei dem Mädchen angekommen, dessen markerschütternde Schluchzer das Einzige sind, das das unwirkliche Schweigen durchbricht. Es scheint, als habe ihr Auftreten sogar den Wind draußen vor den Mauern des Schlosses zum Verstummen gebracht. Nun kniet Dumbledor vor dem Mädchen nieder, mit dem Rücken zu uns, sodass ich nicht sehen kann, was er tut. Doch als er sich ein Stückchen zur Seite dreht, kann ich sehen, wie er einen Zettel aus der Hand der Schülerin nimmt. Ein Schauer läuft über meinen Rücken, als ihre Finger kraftlos von dem Schriftstück ablassen, als fehle ihr die Kraft ihre Muskeln unter Kontrolle zu behalten.

Mit einem Mal wird mir schwindelig. Die Bank, auf der ich sitze schwankt. Ich kralle mich an Marls Arm. Mein Herzschlag beschleunigt sich erschrocken. Was passiert mit mir? Meine Sicht verschwimmt und ich verliere die Kontrolle, als ich kurz meine Augen schließe. Als ich sie wieder aufreiße, ist der Schwindel verflogen, doch ich sitze nicht mehr an meinem angestammten Platz, sondern stehe hinter Dumbledor. Verwirrt drehe ich mich um. Schock fährt durch meine Glieder, als ich zu meiner Bank sehe und meinen in sich zusammen gefallenen Körper sehe. Fuck. Was ist das gerade? Das macht mir Angst. Mein Blick fällt, als wäre er magisch von ihm angezogen worden, auf den Zettel in Dumbledors Hand. Das Blut gefriert in meinen Adern als ich, in etwas, das in etwas, das Blut erschreckend ähnlich sieht, Geschriebene lese:

Fluch über dieses Schloss.


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