Die Maske fällt

Kostas

Ich hatte mich am Nachmittag mit Joey getroffen, jedoch musste er frühzeitig weg, da sein Bruder wieder in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte. Also lief ich langsam nach Hause. Mein Vater war Gott sei Dank arbeiten, deswegen konnte ich zuhause ein wenig entspannen. Theoretisch würde das auch gehen, wenn er da ist, aber irgendwie herrscht in mir dann eine gewisse Anspannung. 
Als ich das Haus betrat, war ich extra leise, weil ich jetzt einfach nur meine Ruhe haben wollte. Ich hab diese Nacht schon wieder sehr bescheiden geschlafen, so wie im Moment jede Nacht. Mik ging mir irgendwie immer noch nicht aus dem Kopf. Doch bevor ich in mein Zimmer ging, wollte ich mir noch aus der Küche etwas zu trinken holen. Ich lief am Badezimmer vorbei, wo meine Mom sich gerade einen Pullover anzog. Dabei sah ich etwas erschreckendes. Das war jetzt nicht wahr.
"Mom? Was ist das?!", rief ich, fast verzweifelt. 
Sie erschreckte sich, als ich plötzlich hinter ihr stand. Nicht nur, weil sie nicht mit mir gerechnet hatte, sondern auch, weil ich sie erwischt habe. Ich wusste es. Ich wusste es die ganze Zeit.
"Hey, du bist ja schon zuhause. Ist alles okay?"
"Lenk nicht ab Mom. Ich hab es gesehen. Ich hab die blauen Flecken an deinem Rücken gesehen."
"Welche-? Oh, das ist nichts schlimmes. Das ist mir passiert als ich das Haus aufgeräumt habe."
"Mom, nein! Hör auf! Fang damit nicht wieder an. Er schlägt dich. Ich rufe die Polizei!"
"Nein, nein! Wozu? Dein Vater hat nichts getan."
Ich wurde immer verzweifelter. Ich will nicht, dass es wieder so endet wie früher. Nein, es würde nicht so enden wie früher. Es würde schlimmer werden, wenn er jetzt weitermacht. Er hat Mom schon kaputt gemacht. Ich will nicht wissen was als nächstes passiert, wenn sie es gar nicht mehr aushält.
"Mom, bitte. Es muss nicht so enden wie früher. Lass es nicht soweit kommen. Du weißt was er dir angetan hat. Sag es der Polizei. Er wird sich uns nie wieder nähern dürfen.", sagte ich verzweifelt, während ich den Tränen nahe war.
"Nein... Ich... Ich kann es nicht.... Er hat nichts getan. Er ist nicht mehr wie früher."
Ich ging mir verzweifelt durch die Haare und spürte wie mir die Tränen kamen.
"Ich werde Beweise finden, dass er dich schlägt. Und dann gehe ich zur Polizei."
"Kostas!"
Ich hörte ihr nicht weiter zu. Statt noch in die Küche zu gehen, wie ich es eigentlich vor hatte, ging ich einfach in mein Zimmer. Ich schloss die Tür ab und fing an zu weinen. Es war so klar. Dieses Arschloch! Ich hatte ihm keine Minute vertraut, seit er hier ist. So jemand wie er verfällt immer in seine Muster zurück. So ein Dreckstyp. Ich werde alles versuchen um ihn auffliegen zu lassen. Und wenn ich hier Kameras aufstellen muss um ihn zu entlarven, dann würde ich sogar das machen. Mir hätte es gleich von Anfang an auffallen sollen. So wie er Mom angeschaut hat, die Stimmung zwischen den Beiden. Er tat es jedes Mal, wenn ich nicht da war. 
Es klopfte an meiner Tür. Ich sagte nichts und öffnete auch nicht die Tür.
"Ich geh einkaufen mein Schatz. Brauchst du was?"
"Nein.", sagte ich knapp und hörte wie meine Mutter die Treppen hinunterging. 
Das war meine Chance. Wenn Mom da ist habe ich nicht die Zeit nach Beweisen für die Schläge zu suchen. Also musste ich es tun, wenn ich alleine war.
Ich hörte wie das Auto von der Auffahrt fuhr. Schnell lief ich nach unten, weiter in Dads kleines Büro. Selbst als er im Knast saß, wurde das Zimmer für nichts anderes verwendet. Weder Mom noch ich sind all die Jahre da rein gegangen. Dad saß hier immer, wenn er alleine sein wollte. Mittlerweile sitzt er hier um seine restliche Arbeit zu erledigen. 
Hier sah es echt aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überall lagen irgendwelche Rechnungen von vor über 10 Jahren rum. Ich durchsuchte wirklich jeden Winkel, bis ich unter seiner Schreibtischunterlage einen kleinen Zettel fand. Auf dem Zettel stand Caspers Name, darunter seine Handynummer.
Was hatte Dad mit Casper zu tun? Ich suchte noch weiter. Doch auf seinem Schreibtisch war nichts interessantes mehr zu finden. Also ging ich zu der braunen Kommode, welche auch aussah als wäre sie noch vor dem Krieg. Alle Ordner die da drin waren, waren nicht beschriftet. Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als alle Ordner durch zu gehen. Ich fand jedoch schnell etwas interessantes. Eine Rechnung von einem Haus. Auch mehrere Fotos vom Haus waren dabei. Einmal wie es von außen aussah und mehrere von innen. Es sah sehr ranzig und alt aus. Doch irgendwas sagte mir, dass ich dieses Haus kenne, dass ich es irgendwo schon mal gesehen habe. Aber mir fiel es einfach nicht ein. 
Warum kaufte Dad ein Haus? Und dann auch noch so ein altes und ranziges Haus. Und woher hatte er soviel Geld? Sein Job wird doch nicht so gut bezahlt, dass er sich mal eben schnell ein Haus kaufen kann. Was hatte er damit vor? Mich ließ das Gefühl nicht los, dass er mir noch mehr verheimlichte.
"Suchst du was?"
Ich wirbelte herum und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Dad stand mit verschränkten Armen vor mir und schaute mich wütend an. 
Fuck.
"Ja, ich suche was.", sagte ich und schaute ihn genauso wütend zurück an. 
Jetzt nicht den Schwanz einziehen. Ich werde ihn mit den ganzen Dingen konfrontieren. Er soll merken, dass ich nicht mehr so bin wie früher, dass ich keine Angst mehr vor ihm habe.
"Beweise. Beweise für die Polizei die belegen, dass du Mom schlägst."
"Wann hörst du endlich auf damit? Ich habe mich geändert. Wirklich."
"Hast du nicht. Ich habe Moms Rücken gesehen und sag mir nicht, dass es ein Unfall war, das kaufe ich dir nicht ab."
"Okay, kaufe es mir nicht ab, aber es war so. Was willst du der Polizei sagen? Wir hatten das Thema schon mal Kostas."
"Wieso hast du Caspers Nummer?", wechselte ich das Thema.
Ich will mit ihm nicht schon wieder über die Polizei diskutieren.
"Er hat mir nur bei etwas geholfen."
Ich nickte langsam. "Hat er mit dir zusammen ein Haus gekauft?"
"Wie kommst du darauf?"
"Weil ich die Rechnung gesehen habe."
"Kostas, du hast hier nichts zu suchen. Und schon gar nicht darfst du in meinen Sachen schnüffeln."
"Ich werde es nicht zulassen, dass es so endet wie früher. Wenn ich auch nur den kleinesten Beweis für die Polizei finde, wirst du wieder eingebunkert. Das müsstet du doch am Besten wissen."
Ha! Voll ins Schwarze. Über sein Gesicht huschte kurz ein geschockter Ausdruck. Doch Dad fing sich schnell wieder.
"Du, wirst gar nichts sagen!", schrie er mich plötzlich an. "Du bist schließlich derjenige der unsere Familie zerstören wollte!"
Seine Anschuldigung kam so unerwartet, dass ich darauf erstmal keine Antwort wusste. Ich? Was hatte ich, denn getan? Nur, weil ich ihm nicht vertraue und von Anfang an nicht wollte, dass er wieder zu uns zieht? 
"Du hättest uns in den Dreck gezogen! Aber du hast nur an dich gedacht! Nicht einmal an mich und deine Mutter! Du hast dich nicht einmal gefragt wie es uns damit geht! Gut, dass wenigstens Casper da war und er unsere Familie noch retten konnte!"
Plötzlich traf es mich wie ein Schlag. Das war nicht sein Ernst...
Bevor er noch weiter reden konnte, schubste ich ihn zur Seite und rannte aus dem Zimmer, ich rannte aus dem Haus, weiter auf die Straße, erst als ich weit genug weg war, verlangsamte ich meine Schritte.
Er hatte einen Fehler gemacht. Mit diesem Satz hatte er sich selbst verraten. Alles machte plötzlich einen Sinn.
Warum ich die Familie zerstören wollte.
Caspers Nummer.
Das Haus.
Mik.

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