Kapitel 6
"Was will der hier?", frage ich und zeige auf Tristan. "Er bleibt für ein paar Wochen hier. In seinem Haus war ein Wasserrohrbruch und das muss jetzt renoviert werden. Und da ich mit seinem Vater mal zusammengearbeitet hab und er mir erzählt hat, dass du seinen Sohn rumführst, dachte ich mir, dass wir ihn so lange aufnehmen..." "... bis das Rohr wieder heile ist... ich hab es verstanden." Tristan scheint es witzig zu finden, wie ich mich aufrege, denn als ich ihn wieder ansehe, grinst er. Ich drehe mich um und stürme die Treppe hoch in mein Zimmer. Dort rufe ich Tess an aber nach dem zweiten Tuten meldet sich die Mailbox und ich hinterlasse ihr eine Nachricht. Erschöpft lasse ich mich auf rücklings auf mein Bett fallen. Als es an meiner Tür klopft und Tristan den Kopf in mein Zimmer steckt, stöhne ich auf. "Was gibt's?", frage ich und setzte mich auf. "Du scheinst nicht gerade froh zu sein, dass ich hier bin oder?" "Das ist dir früh aufgefallen..." "Ich bin auch nicht gerade froh, hier zu sein. Aber wir können jetzt es auch nicht mehr ändern." Ich seufze und schließe kurz meine Augen. Als die Matratze sich zu meiner Rechten ein bisschen nach unten bewegt, blinzele ich. Tristan sitzt neben mir, ebenfalls mit geschlossenen Augen. Er schmunzelt, als er merkt, wie ich ihn beobachte, lässt die Augen aber geschlossen. Somit habe ich noch eine Gelegenheit, ihn mir genauer anzuschauen. Dabei fallen mir kleinere Details auf, die mir vorher nicht aufgefallen sind. Unter seinem linken Auge hat er eine kleine, unscheinbare Narbe - wahrscheinlich von einem Fahrradunfall oder so. Wenn er lächelt, bekommt er kleine Grübchen in den Mundwinkeln. Irgendwie niedlich. Als er sich räuspert, zucke ich zusammen und schaue schnell weg. Ich merke, wie mir die Röte ins Gesicht schießt. Tristan scheint ein Lachen zu unterdrücken, denn die Matratze bewegt sich leicht. "Alles gut?", fragt er schließlich, als er sich wieder einigermaßen beruhigt hat. "Dir muss es im übrigen nicht peinlich sein. Viele Leute, vor allem Mädchen, schauen mich immer so an." "Und dich macht es nicht nervös?", frage ich und traue mich endlich, aufzuschauen. Er schüttelt den Kopf. "Nein. Mit der Zeit hab ich gelernt, es einigermaßen auszublenden. Nur manchmal ist es etwas lästig.", fügt er hinzu. "Meinem Vater geht es aber alles am Arsch vorbei. Er ist es schließlich gewöhnt." "Willst du eigentlich auch so werden?", frage ich zaghaft. "Wie werden?" "Wie dein Vater?" "Nein. Für mich ist das nichts. Leider will mein Vater das nicht einsehen. Er hat schon mein ganzes Leben quasi durchgeplant." Er seufzt. "Was möchtest du denn machen?" "Ich weiß es noch nicht. Hauptsache, es hat nichts mit Singen oder ähnlichem zu tun. Ich hasse es, im Rampenlicht zu stehen." "Geht mir genauso. Wenn ich zu viel Aufmerksamkeit auf mich ziehe, bekomme ich entweder Bauchschmerzen oder Migräne." "Wirklich?" Ich nicke. "Deswegen muss ich jeden Morgen Tabletten deswegen nehmen. Sie helfen aber nicht sonderlich." "Oh... du Arme." "Geht schon. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Und ich habe schon seit fast 2 Jahren keine Bauchschmerzen oder Migräne mehr gehabt.", füge ich hinzu.
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