97. Kapitel
Eleanor
Louis Finger hörten auf mit meinen Haarsträhnen zu spielen und nahm mich fester in seine Armen. Deutlich spürte ich seinen Atem an meinem Kopf. Eine Zeitlang sagte mein Verlobter kein Wort. Wir tauchten in unsere Gedanken ein, probierten die verschiedenen Namen aus und überlegten, welcher nun am besten zu unserem Mädchen passen könnte. Auch wenn ich noch nichts zu Louis sagte, insgeheim hatte ich mich schon entschieden...
„Ich weiß nicht, was ich denken soll und dann überlege ich mir: eigentlich müsse ich darüber gar nicht nachdenken. Ich glaube ich stand noch nie vor so einer schwierigen Entscheidung. Was ist, wenn sie sich in ein paar Jahren über ihren Namen beschwert, weil es ihr nicht gefällt – ", fing Louis als erster an die Stille zu durchbrechen und redete dann sich richtig in rasche. Es ging sogar so weit, dass er sich fahrig wie er war, über die Haare strich und sie damit noch mehr durcheinander brachte, als sie es eh schon waren.
„Schhh", flüsterte ich zu ihm, und versuchte ihn zu beruhigen indem ich ihn eine Hand auf den Arm legte. Ich spürte wie er leicht zitterte und legte meine Stirn besorgt in Falten. Er hatte so eine Angst einen Fehler zu machen, dass er sich richtig fertig machte und sich schlussendlich noch vollkommen verkrampfte. Oh mein Louis, du hast so viele deiner Geschwister mit aufwachsen sehen und kannst richtig gut mit ihnen umgehen, sodass ich unwiderleglich in Panik ausbrechen müsste – was ich ja eigentlich im inneren auch tat. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Doch ich sprach diese Worte nicht aus. Er wusste dies - tief in inneren wusste er es.
„Denkst du nicht, ich hätte genauso viel Bammel davor die falsche Entscheidung zu treffen wie du?", auch wenn die Position eigentlich zu gemütlich war, um sie zu verlassen, so stemmte ich mich leicht nach oben, um Louis fragend anzusehen. Dachte er wirklich, ich schüttelte mir diese wichtige Entscheidung einfach so aus dem Ärmel? In mir sah es nicht anders aus und auch meine Gedanken über die Zukunft spielten verrückt. Was, wenn wir die falsche Entscheidung trafen?
Und dann war da noch die Presse mit den Fans, die sich über den Namen, sobald er öffentlich bekannt geben wurde – was mir verdammt nochmal gegen den Strich ging - hermachten, als hätten sie seit einer Woche nichts gegessen. Sie würden ihn auseinanderreißen und in alle Einzelteile zerlegen, um die Diskussion richtig anzuheizen. Mir zog sich mein Magen nur von der Vorstellung zusammen, als könnte ich nie wieder etwas zu mir nehmen. Doch eines hatte ich den ganzen Jahren gelernt: Man konnte es nie allen recht machen, also brauchte ich mir über die Öffentlichkeit keine Gedanken machen – zumindest redete ich mir das ein...
„Nicht?", nun sah er mich auch fragend an und Bestürzung spiegelte sich in seinem Blick wieder. Ich war drauf und dran meinen Kopf verzweifelt zu schütteln. Nein, verdammt Louis! In meinem Inneren herrschte Krieg zwischen meinen Entscheidungen, Überlegungen und Gefühlen. Am liebsten würde ich einfach unsere Tochter fragen, welchen Namen sie an schönsten fand – ob ihr überhaupt einer von unseren Ideen gefiel – und welche sie gerne mit Stolz tragen würde, doch das ging nun einmal nicht. Sie war noch nicht geboren und wenn es so weit war, war es zu spät. Natürlich könnte man den Namen in Nachhinein noch ändern, doch davon ging ich nicht aus.
„Nein, Louis. Ich mache mir doch genauso die Gedanken", ich sah ihn tief in seine Augen und dann wieder holte ich meine Worte von vorhin: „Also was meinst du? April, Skya, Ava oder Skyla?", ich lächelte ihn an, als ich die Auswahl der zukünftigen Namen aussprach und strich ihm über den leichten Bart, den er sich zur Zeit wachsen ließ.
„Was denkst du?", stellte er mir die Gegenfrage und ich funkelte ihn leicht böse an. Na toll, jetzt war ich diejenige, die den anderen womöglich vom Wunsch abbrachte. Aber gut, wenn er es so haben wollte...
„April. Ich finde unser Mädchen sollte April heißen. Deine Erklärung, wieso er dir so gut gefällt, hat mir von Anfang an gefallen und auch wenn du Recht hast, dass sie Bedeutung für Frieden, etwas weit hergeholt ist, so passt es dennoch zu ihr...", ich führte meine Gedanken nicht weiter aus, sondern sah Louis derweile nur noch an. Auch wenn das Licht aus war, so hatten sich meine Augen gut an die Dunkelheit gewöhnt. Somit sah ich Louis relativ gut und sah auch den feuchten Schimmer auf seinen Augen glänzen.
Vorsichtig strich ich ihm unter seinen Augen entlang und fing tatsächlich eine Träne auf, die meinen Daumen benetzte. Sofort beugte ich mich zu ihm herunter und küsste ihn zärtlich unterhalb seiner Augen. Schlussendlich wanderten meine Lippen zu seinem Mund. Leidenschaftlich trafen sie aufeinander. Die plötzliche Energie ging von Louis aus und überraschte mich vollkommen, doch ich ging sofort darauf ein.
Trotz, dass unsere Lippen aufeinander lagen, schaffte es Louis irgendwie, die Worte auszusprechen, die mich zum Abbruch unseres atemberaubendes Kusses führten: „Ich liebe diesen Namen jetzt schon so sehr. Er fühlt sich richtig an"
Forschend sah ich ihm in die Augen, doch er wirkte immer noch vollkommen neben der Spur. Er schien eine Entscheidung getroffen zu haben und diese Erkenntnis überwältigte ihn jetzt vollkommen – genauso wie mich. Wir hatten einen Namen! Meine April.
„Irgendwie wird es mit jedem Schritt noch realer. Oh Gott, bitte verstehe das nicht falsch...Ich meine...Ich will nur sagen, dass –", ich unterbrach ihn mit einem weiteren Kuss in dem ich nun unsere Tränen schmeckte. Der Geschmack von den salzigen Tränen vermischte sich nun mit unserer Leidenschaft. Nun hatte auch ich es endlich begriffen.
Es war nicht die Tatsache, dass ich schon seit sieben Monaten schwanger war. Es war nicht die Tatsache, dass man das in den letzten Monaten auch sichtbar sehen konnte und in den letzten Wochen auch spüren durfte. Es waren nicht die Ultraschallbilder, die man jeden Monat in den Händen hielt und sich vorstellte, dass es sein Kind war und man es in absehbarer Zeit in den Armen halten konnte. Und ich glaubte auch nicht, dass es was mit den Namen zu tun hatte, welchen wir nun jetzt hatten, doch in diesen Moment, war es noch ein weiterer Schritt, der uns noch näher zu unserem Mädchen brachte. Es war nicht zu beschreiben und für außenstehende auch unbegreiflich – selbst wir verstanden es nicht wirklich und waren mit jeder neuen Erkenntnis aufs Neue fassungslos – doch so war es. Wir liebten unsere Tochter abgöttisch und würden sie immer lieben.
„Beruhige dich und entspanne dich endlich. Es ist alles in Ordnung. Ich weiß doch was du meinst", versuchte ich ihn irgendwie von seiner Panik zu befreien und löste mich langsam vom Kuss. Es gab nur eine Sache, die sich in meinen Kopf eingeschlichen hatte und die ich bekam sie nicht mehr los.
„Und dass sie später ausgelacht wird, weil sie nach einem Monat benannt worden ist –", Louis unterbrach mich noch ehe ich meine Sorge wirklich aussprechen konnte. Nun war er es, der mein Gesicht mit seinen Händen sanft umfasste und mich dazu zwang ihm in die Augen zu sehen.
„Das ist scheißegal, denn es wird nicht passieren. Niemals! Ich kenne jemanden der August heißt und mir ist noch nie zu Ohren gekommen, das er wegen seinen Namen irgendwelche Unannehmlichkeiten gehabt hätte und April wird das ebenfalls nicht passieren", sprach Louis mit vollkommener Überzeugung aus, dass ich mich nun wirklich entspannen konnte. Überglücklich, dass wir April nun hatten, kuschelte ich mich wieder an seine Seite. Sanft legte ich meine Hand auf meinen Bauch und strich vorsichtig darüber. Meine April war mir so nah und dennoch noch so weit weg...
„Ich liebe dich so sehr", murmelte Louis und drückte mir einen Kuss aufs Haar. Seine Hände umschlangen wieder meinen Körper und ließen mich diese Nacht nicht mehr los.
Im Laufe des nächsten Monats erledigten Louis und ich alle rechtlichen Sachen, wie die Vaterschaftsankennung und somit auch gleichzeitig die Sorgerechtsfrage, die auf uns beide zufällt. Als wir den ganzen rechtlichen Kram durchhatten, wirkten wir beide erleichterter. Ich mochte sowas überhaupt nicht, doch nun hatten wir es hinter uns und alles war nach unseren Vorstellungen erledigt. Unser Kind konnte nun die Welt mit uns gemeinsam entdecken und wir würden sie mit unseren Leben beschützen. Wir würden immer hinter ihr stehen und sie bei allem unterstützen, was sie glücklich machte.
Es war ein Freitag, als ich mich auf dem Küchenboden mit Bruce wiederfand. Louis war auf dem Coachella Festival in Kalifornien. Oli und noch ein paar Freunde hatten ihn daraufhin schon ein paar Wochen vorher angeschrieben, doch mein Verlobter hatte die Nachrichten und dann auch Anrufe einfach ignoriert, bis er es nicht mehr konnte, da sie vor unserer Tür standen. Ich hatte ihn dann also praktisch rausschmeißen müssen damit er mit seinen Freunden mitging. Die Argumente, dass wir alles für unser Kind hatten und vollkommen ausgestattet waren, halfen nichts. Dazu kam noch, dass ich im achten Monat schwanger war und auch eine Frühgeburt nicht ganz unrealistisch war. Doch das hatte ich in diesen Moment ignoriert und mit den Worten: „Genieße die freie Zeit ohne ein schreiendes Baby im Arm und feiere mit deinen Freunden noch einmal richtig. Ich liebe dich, vergiss das nicht und mache keine Dummheiten", hatte ich ihm die Türe vor der Nase zugeschlagen und mich im selben Moment noch gefragt, ob es die richtige Entscheidung gewesen war. Doch dann hatte ich mich mit dem Gedanken, dass ich ihm blind vertrauen konnte, von der Tür entfernt und nun saß ich hier.
Ich hatte eine große Keksschachtel auf dem Schoß und schob Bruce und mir abwechselnd was zu. Für meinen Vierbeiner gab es natürlich spezielle Hundekekse, doch das war egal. Die Uhr zeigte ein Uhr dreißig am Morgen. Der Mond schien durchs Fenster hinein und draußen war es relativ still. Das es mitten in der Nacht war, war mir in diesen Moment total egal, denn der Heißhunger hatte mich aus dem Bett getrieben.
Das ich nur zu gerne selber auf dem Coachella Festival sein wollte, versuchte ich getrost zu ignorieren. In meinem Zustand konnte ich unmöglich fliegen, geschweigeden Party machen. Die Vorstellung dass mitten auf der großen Wiese meine Fruchtblase platzen könnte, ließ mich kalt erschaudern.
Bruce war mir hier ein Treuer Begleiter und Zuhörer. Auch wenn er nur auf die Leckerlis scharf war, so war es dennoch ein tröstendes Gefühl, denn nun bereute ich es irgendwie, dass Louis nicht hier war. An den Gedanken, dass ich auch irgendwie wieder vom Boden hochkommen musste, hatte ich noch nicht gedacht. Mein Bauch schien nämlich im letzten Monat gedacht zu haben, er wäre noch nicht groß genug und müsste noch ein bisschen wachsen – wobei ein bisschen ein wenig untertrieben wäre. Leider bescherte mir die neue Größe, eine Zunahme an Gewicht, was sich wiederum auf meinen Rücken negativ auswirkte. Es war einfach nur schwer eine bequeme Position zu finden, wo man keine Schmerzen hatte.
Damit ich nicht weiter im Selbstmitleid schwamm, stellte ich den nun leeren Teller neben mir ab und startete einen Versuch aufzustehen. Der erste scheiterte kläglich, doch irgendwie schaffte ich es dann, als ich mich seitlich fast hinlegte und dann praktisch über den Liegestütz meine Füße unter meinen Körper bekam, sodass ich mich mit den Händen an der Kücheneinrichtung hinaufziehen konnte. Ich hätte fast geweint, als ich sicher wieder auf meinen Beinen stand und ins Bett fallen konnte. Sich hilflos zu fühlen, weil man durch seinen eigenen Körper gefesselt wurde, war mehr als ein beklemmendes Gefühl. Deswegen durchströmte mich die Erleichterung, die mit der Freude kam und trieb mir schlussendlich dann doch noch Tränen in die Augen.
Mein nächtliches Aufbleiben zahlte es mir am Morgen sofort wieder heim, denn ich schlief erstmal bis weit nach Mittag und somit in den Nachmittag hinein. Deswegen war mein Tag eigentlich auch so gut wie gelaufen. Im Kühlschrank war genug für eine Großfamilie zu essen, da man immer mit Besuch rechnen musste. Außerdem hatte ich in den ganzen letzten Jahren dazu gelernt und somit immer weitaus mehr eingekauft, als man eigentlich zu zweit bräuchte. Die Einkäufe erledigten sich nicht von alleine, doch Louis oder ich hatten nicht allzu viel Lust, aller zwei Tage Lebensmittel anschaffen zu müssen und somit dann ständig von Fans und der Presse umringt zu werden, da wir nicht allzu oft den Supermarkt wechselten. Außerdem hatten wir ab und zu den Rest der Chaoten im Haus und mussten sie manchmal für mehrere Tage mitversorgen. Somit zahlte sich der Vorrat aus und auch jetzt nahm ich Gebrauch davon. Ich musste es nur schaffen die Treppen runter zu kommen, doch das hatte Zeit.
Ich hatte gerade meine Augen aufgemacht und überlegt, ob ich mich aus dem Bett quälen sollte, um mir was zu essen zu machen, da war ich dann auch schon wieder eingeschlafen, was für mein Körper wahrscheinlich gar nicht so schlecht war, denn jede Bewegung fiel mir mit jeden Tag schwerer und schwerer. Zum Glück war das in meinem Zustand normal, doch hinderte es mich enorm in meinem Alltag.
Und mein Körper nahm sich den Schlaf. Ab und zu wachte ich auf, weil meine Blase zu sehr drückte, ich Bruce in den Garten rauslassen musste, damit er wenigstens ein bisschen Auslauf bekam oder ich dann doch einmal was essen musste, doch die meiste Zeit schlief ich und somit stand dann auch schnell der Sonntag vor der Tür. Ich rechnete mit Louis frühestens morgen früh, wenn er die letzte Maschine heute nahm, doch selbst das war schon unwahrscheinlich.
Somit war ich verwirrt, als ich aus meinen sehr lebhaften Träumen gerissen wurde, als ich von unten ein Geräusch hörte, was nicht sein konnte. Denn es hatte sich niemand angekündigt.
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