92. Kapitel

Eleanor

Ich lächelte schüchtern zu den paar Mädchen hin und spielte nervös mit einer Haarsträhne, die ich immer wieder hinter mein Ohr zu stecken versuchte. Ich mochte es nicht beobachtet zu werden. Nie wusste ich, wie ich mich verhalten sollte. Es war kompliziert und einfach nicht mein Ding. Deswegen fühlte ich mich häufiger unbeholfen und schutzlos. Es war zum Verzweifeln.

Schon in der Schule hatte ich es gehasst, wenn wir irgendetwas vor der Klasse präsentieren mussten und auch jetzt kam wieder das all bekannte Gefühl in mir hoch – nur tausendmal schlimmer.

Auch Louis hatte sich nun mir zugewandt und blickte mich mit einer Mischung aus Sorge und Zuversicht an. Er war sich sicher. Ich sah es in seinen Augen und ich sah es an seiner Körperhaltung. Auf seinem Gesicht lag ein leichtes Lächeln. Es war das Lächeln was kurz davor war, seine Augen zu erreichen. Ich wusste, was noch fehlte, um es vollkommen erschein zu lassen. Meine Zustimmung. Auch wenn wir es schon besprochen hatten, so fragte er mich nun ein letztes Mal um mein Einverständnis. Dafür war ich ihn so dankbar, denn ich war noch immer unsicher. Doch was sollten wir machen? Es verleugnen? Wir wussten doch alle, das Lügen kurze Beine hatten, Außerdem was brachte und das?

Eigentlich sollte es mir vollkommen egal sein, was irgendwelche Klatschmagazine oder Leute über uns schrieben oder sagten. Es war mein Leben und meine Beziehung die ich führte. Nur weil Louis einen Beruf hat, dem es gewisse Sachen ermöglicht und er somit einen Namen in der Welt hatte, wurde er doch zu keinem Objekt, was man vierundzwanzig Stunden, sieben Tage die Woche anstarren musste. Des Öfteren fragte ich mich, ob die Leute ihn als gläsernen Körper sahen. Als wäre er eine Suchmaschine in die man nur etwas eintippen musste und die Antwort kam in binnen Sekunden? Ich verstand sie nicht und doch war ich ein Teil dieser Welt. Ich hatte mich für Louis entschieden und somit auch seinen Weg, den er eingeschlagen war. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte eine Beziehung nur mit den Louis aus Doncaster führen, doch das wäre egoistisch von mir. Außerdem wäre er nicht der Louis, der er wirklich wäre. Zudem drehte sich nicht immer alles nur um mich! Ich musste auch einmal zurückstecken und den anderen den Vortritt lassen...

Louis wusste wie ich zu der Öffentlichkeit stand. Er wusste, dass es für mich nicht gerade ein Zuckerschlecken war. Dennoch befand ich mich immer wieder in dieser Situation wieder, da ich mich für Louis entschieden hatte und die Schattenseiten seines Berufes ausblendete. Es war manchmal so, als hätte ich Scheuklappen auf, sodass ich nicht nach links und rechts sehen konnte, damit ich die Paparazzi und die Fans nicht wahrnahm und doch schafften sie es, sich in mein schon begrenztes Schichtfeld zu schieben, sodass ich sie dann nicht mehr ignorieren konnte. Es war zum verrückt werden. Nie ging es ohne sie. Doch das Wissen hatte ich schon vorher gehabt. Wir wussten, was auf uns zukam – oder eher, wir konnten es erahnen, denn was wirklich passierte, würden wir erst erfahren, wenn alle Bescheid wussten.

Leicht nickte ich und mein Lächeln wurde augenblicklich breiter. Ich ging nun wieder ein paar Schritte auf Louis zu, verringerte den Abstand zu seinen Fans. Das beklemmende Gefühl schwand nicht aus meinen Körper, doch nun war ich nicht mehr so angespannt und panisch, wie vor ein paar Sekunden noch. Ich gab der lauten Truppe, die bei Louis stand, eine Chance.

Ich musste stark sein. Ich wollte ihm zeigen, dass er auf mich zählen konnte. Ich möchte allen zeigen, dass ich nicht nur schüchtern war. Ich wollte zeigen was in mir steckt. Mit diesen Vorsatz versuchte ich meinen viel zu schnellen Herzschlag zu beruhigen und tief durchzuatmen. Ich schaffte das – für Louis.

Als ich bei meinem Verlobten ankam, lächelte er mich überglücklich an und alleine das sollte den Fans Antwort genug sein. Sein Blick der auf mir lag, sprach Bände. Er freute sich mich in seine Arme schließen zu können. Auch wenn dieses Wort nicht ausreichte, um seinen Ausdruck in seinen Augen zu beschreiben.

„Ja, sind wir", bestätigte Louis alle Gerüchte, die seit diesen zwei Monaten im Netz kursierten und war damit der Auslöser für ein Kreischkonzert bei den Fans. Sie bekamen sich gar nicht mehr ein und nun machte ich mir Sorgen um unser Trommelfell, was zu platzen drohte.

Doch aus irgendeinen Grund freute ich mich, dass sie so reagierten. Mir war klar, dass sich die Nachricht wie ein Lauffeuer im Netz verbreiten würde, doch in diesen Moment war es mir egal. Denn ich sah keine Ablehnung, sondern nur die Zustimmung und Freude in ihren Gesichtern. Dennoch war ich heilfroh, dass Louis keine Interviews mehr machen musste. Ich glaubte, dann wäre sein Terminkalender für das nächste halbe Jahr erstmal rappelvoll...


Schlussendlich kamen wir dann doch noch aus dem Flughafen raus. Das aber nur, weil Mason noch ein paar zusätzliche Personenschützer beordert hatte, da es urplötzlich noch mehr Fans wurden. Es war wie, als hätte jemand mit den Finger geschnipst und auf einmal wäre die doppelte Anzahl an Leuten da gewesen. Es war unglaublich und gleichzeitig wurde es gefährlich.

Immer mehr Fans drängten sich zu uns und drohten uns einzuschließen. Meine Panik, die ich so schön bekämpft hatte, kam wieder zum Vorschein. Angsterfüllt klammerte ich mich unauffällig an Louis fest, doch anstatt, dass es weniger Leute wurden, füllte sich die Stelle wo wir standen immer mehr.

Selbst die Personen von der Flughafensicherheit, wurden nun auf uns aufmerksam und warfen uns über kurz oder lang sozusagen raus – was man auch verstehen konnte. Schließlich ging es um die Sicherheit aller Personen und es wurden wirklich immer mehr Leute, die sich um uns scharten und Fotos mit Louis machen wollten.

„Ich danke dir, Love", flüsterte Louis plötzlich in mein Ohr als wir im Auto waren, während er sich zu mir rüber gelehnt hatte. Auch wenn die Scheiben getönt waren, so sah ich die Blitzlichter der Kameras die auf uns gerichtet waren. Manche versuchten sogar von der Frontscheibe des Autos uns zu fotografieren, doch da spürte ich, wie sich der Wagen langsam in Bewegung setzte.

„Wofür?", fragte ich ihn verwundert und drehte leicht meinen Kopf, damit ich ihn besser sehen konnte. Nun hatte er mich neugierig gemacht. Wieso bedankte er sich bei mir? Ich hatte doch nichts Ehrenvolles gemacht?

„Dafür dass du es zugelassen hast und dich überwunden konntest. Ich bin so stolz auf dich", er lächelte mich mit strahlenden Augen an und gab mir das Gefühl – für diesen Augenblick – wirklich stark zu sein. Louis war unbezahlbar. Es war nur eine kleine Geste, die so viel in mir auslöste und die er bemerkt hatte. Es waren bloß wenige Worte, die mein Herz auf positive weise schneller schlagen lassen. Das mein Puls in Wallungen gerät und das meine Wangen einen leichten rosa Schimmer vor Verlegung annahmen. Und dennoch versucht ein einziges Gefühl in meinem Inneren, gehört zu werden. Du bist nicht stark, versuchte es mir zuzurufen, doch in diesen Moment gab ich ihm keine Chance.

„Ich kenne dich ziemlich gut. Das brauchst du gar nicht abzustreiten. In Laufe der gemeinsamen Jahre mit dir, bekomme ich viel von deinen Reaktionen mit. Du verhältst dich in der Öffentlichkeit anders, als wenn wir nur zu zweit sind oder mit unseren Familien und Freunden. Ich finde es faszinierend und gleichzeitig interessant. Ich finde es mehr als gut, dass nur unsere Familie und ich, dich so kennen, wie du wirklich bist. Denn auch wenn du der festen Überzeugung bist, dass nur ich eine Maske aufsetze, so muss ich dich leider berichtigen. Du ziehst auch eine auf und manchmal versuche ich mir einzureden, dass dies nur in der Öffentlichkeit passiert, wo es zu deinem Schutz ist, doch leider ist das nicht so...", er sah mich so mit schmerzerfüllten Augen an, dass ich leicht zusammen zuckte und nervös mit meinen Fingern spielte.

„Wieso verschließt du dich vor mir?", er unterbrach sich, schluckte einmal, blinzelte und redete dann weiter: „Streite es bitte nicht ab, Eleanor", unterbrach er meinen Versuch, als ich schon meine Lippen zum Wiederspruch geöffnet hatte. Er lächelte mich traurig an und der Glanz von geradeeben war verschwunden. Er kannte mich zu gut. Er wusste, wie es gerade in meinen Inneren aussah. Er wusste es. Nein, er ahnte es und ich wusste, dass ich nicht lange schweigen würde. Zudem konnte und wollte ich ihn nicht anlügen. Auch hier musste ich über meinen eigenen Schatten springen...

„Ich sehe, dass dich etwas mehr als nur beschäftigt. Auch wenn du es versuchst zu verdecken...Ich sehe deine Augenringe, Eleanor. Es ist noch so viel mehr. Doch das weißt du besser als ich. Dennoch sehe ich es und es beunruhigt mich. Nein, das ist falsch ausgedrückt: Es macht mir Angst", nun war es schon fast ein flehen in seiner Stimme, die mich versucht zum Reden zu überzeugen. Doch ich wollte nicht hier meine Gefühle offenbaren, wo andere es hören konnten.

„Es tut mir leid", meine Stimme brach und meine Unterlippe zitterte. Ich war fertig mit den Nerven. Ich wollte einfach nur in Ruhe schlafen und mich an Louis kuscheln. Ich wollte in meine wundervolle rosarote Seifenblase, wo alles in bester Ordnung war. Ich wollte nicht schon wieder so ein Gespräch mit ihm führen. Nicht, wo ich ihn nach Wochen endlich wieder sehen und in meine Arme schließen konnte.

„Entschuldige dich nicht für etwas, wofür du nichts kannst", seine Stimme war genauso leise wie meine und er legte sanft seine Handfläche an meine Wange. Langsam und sanft streichelte sein Daumen über meine weiche Haut und löste in mir ein Schauer aus. Er wusste, dass ich am liebsten das Gespräch umgehen wollte, doch er würde mich noch dazu bringen, es ihm zu sagen. Dafür kannte ich seine treffenden Argumente zu gut. Er schaffte es bei mir immer wieder. Doch gleichzeitig wusste er, dass ich nicht hier sprechen würde, sondern erst in unseren eigenen vier Wänden.

Ich sagte darauf nichts. Ich wüsste nicht was und die richtigen Worte gab es dafür wahrscheinlich gar nicht...

Schon bald fuhr der Wagen in die Auffahrt unseres Hauses und kurze Zeit später quälte ich mich aus dem Wagen. Natürlich versuchte ich es auch hier wieder zu verbergen, doch seit dem kurzen Gespräch im Auto, wo meine Erklärung noch offen zwischen uns stand, war Louis aufmerksamer geworden als sonst schon und bemerkte es sofort.

Als Mason ebenfalls aus den Wagen stieg und vor Louis bei mir war, um mir zu helfen, brauchte Louis keine weiteren Bestätigungen. Vorsichtig übergab mich Mason an Louis, als dieser bei uns war. Sein Arm an meinen Kniekehlen kam so plötzlich, dass ich erst merkte, dass er mich hoch hob, als ich schon an seiner Brust lehnte.

„Danke dir, Mason", verabschiedete sich Louis von unseren Bodyguard, der nun dabei war in sein eigenes Auto zu steigen, während Louis mich ins Haus trug. Ich sagte zu seiner verrückten und sehr liebevollen Aktion nichts. Im Inneren war ich sogar froh, dass er mich trug. Ich war fix und fertig. Die Situation am Flughafen war anstrengender für mich, als ich gedacht hatte.

Als Louis die Tür aufgeschlossen hatte und mit mir immer noch im Arm auf unser Schlafzimmer zusteuerte, sah ich ihn jedoch stirnrunzelnd an. Was sollte das werden?

Ich fand mich schlussendlich tatsächlich im Bett wieder und sah Louis fragend an. Er hatte sich neben mich gesetzt und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.

„Du ruhst dich jetzt erst Mal aus und erzählst mir dann, was ich die letzten Wochen verpasst habe", flüsterte er liebevoll und strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Als er die Worte ausgesprochen hatte, stand er wieder auf und ging zu unserem Schrank, damit er ein paar Schlafsachen für mich holen konnte, die er wenige Minuten später mir in die Arme legte.

Ich hatte bis jetzt nichts gesagt. Ich war einfach zu geschockt. Irgendwie fühlte ich mich wie ein hilfloses Kleinkind, was noch ins Bett gebracht werden musste, da es dies nicht alleine schaffte. Sah ich wirklich so hilflos aus?

Und aus einen undefinierbaren Grund, fragte ich Louis genau das: „Sehe ich so fertig aus?", es überraschte Louis, dass ich ihn das fragte. Ich sah es in seinen Augen und wie er langsam wieder meine warmen Kuschelsocken sinken ließ, die er für mich gerade geholt hatte.

„Love...", er drückte sich vor der Antwort. Er kämpfte in inneren und das beunruhigte mich nur noch mehr. Die ganze Situation fühlte sich komisch an und ich fühlte mich unwohl. Ich wusste, nicht woran es genau lag, aber das Louis sich so um mich kümmerte, obwohl ich nicht mit Schnupfen und hohen Fieber im Bett lag, kam mir...Ich fand nicht mal das richtige Wort in meinem Wortschatz dafür.

„Es tut mir leid, es dir offen sagen zu müssen, aber vielleicht ist es auch gut so", er hob seine Hand und zählte an seinen Fingern mit: „Deine Augenringe, das Mason dir beim ein und aussteigen helfen musste, dass du langsamer als normalerweise dich bewegst, viel vorsichtiger als sonst und generell deinen Körper. Du bist schwanger und dein Körper braucht viel Kraft, doch da ist doch noch mehr? Ich mach mir einfach nur verdammte sorgen um dich. Was ist in den vergangenen Wochen nur passiert? Wieso habe ich es nicht bemerkt? Ich hätte für dich da sein müssen und mal wieder habe ich es nicht geschafft", vorher klang seine Stimme zittrig, als hätte er Angst, wie ich reagierte, nun klang sie wütend und außer sich.

„Du warst mehr als achttausend Kilometer weit weg", versuchte ich ihn zu beruhigen, doch ich machte es damit nur noch schlimmer.

„Eben darum! Ich war weg, derweile hätte ich bei dir sein sollen!", aufgebracht fuhr er sich durchs Haar und sah mich dann voller reue an. Er machte sich für meinen Zustand selbst verantwortlich, ob es nicht seine schuld war. Wenn jemand schuld hatte, dann ich, doch wieso dachte er, er müsste für jeden bürgen?

„Ich bin erwachsen, Louis. Ich kann auf mich selber achten"

„Ja, anscheinend nicht!", es kam einfach so aus Louis raus. Ich wusste, dass er in rasche war und das man da Dinge sagen konnte, die man später bereute und eigentlich nicht so gemeint hatte. Aber wieso sollte man sie dann so aussprechen, wenn es nicht die eigentlichen Gedanken, ohne Verschönerungen waren?

Obwohl es die Wahrheit war, verletztes es mich. Es erschütterte mich und auch wenn ich versuchte die Tränen zu unterdrücken, dauerte es nicht lange, bis sie über meine Wangen flossen.

Noch bevor Louis irgendwas sagen konnte, kämpfte ich mich mit schmerzverzerrten Gesicht aus dem Bett und rannte mir letzter Kraft ins Bad, schloss die Tür und sperrte ab. Danach wurde alles schwarz.


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