82. Kapitel

Eleanor

Ich wusste die Antwort schon, sobald ich die zwei Mädchen sah und beantwortete nun meine Frage selber. Es ging einfach nicht. Auch wenn ich die Illusion hatte, dass es klappen könnte, so zerplatze sie direkt vor meinen Augen. Ich musste es einfach einsehen und doch sträubte ich mich dagegen. Ich würde Louis schon beweisen können, dass wir eine Woche unter uns sein können, ohne uns in einem Haus oder Zimmer eingesperrt zu sein.

Wir kamen den zwei Mädchen immer näher – schließlich mussten wir an ihnen vorbei um in unser Zimmer zu kommen und alleine wie sie eher zurückhaltend auf uns zukamen, ließ mich stutzig werden. Normalerweise sprinteten sie auf Louis zu und rannten ihn dabei fast um. Des Öfteren schreien sie meinen Freund im Laufen an, damit er ihnen die volle Aufmerksamkeit zuweist. Manche schafften es auch in der einen Sekunde da zu sein und in der nächsten schon wieder verschwunden zu sein. Doch heute traf keines der Situationen zu.

„Hallo", sagte die jüngere von den beiden, als wir uns gegenüberstanden. Der Flur war nicht allzu breit, doch es konnten noch Leute an uns vorbei gehen. So würde sich kein Stau bilden, falls wir uns länger hier aufhielten.

Das Mädchen war vielleicht zehn Jahre alt und sah die ganze Zeit zu Louis. Ihre Augen waren weit aufgerissen, als könnte sie nicht glauben, wenn sie da vor sich hatte. Es war wie ein Zauber was sie umgab. Ich konnte das Schimmern deutlich sehen. Doch es war nur Louis, ein ganz normaler Bürger aus England. Durch seinen Traum, hatte er es geschafft, Menschen zu beeindrucken und in ihnen die tiefsten Gefühle zu wecken. Genau wie bei diesen Mädchen.

Die Beiden sahen sich ziemlich ähnlich, sodass ich vermutete, dass sie Geschwister waren. Die große Schwester von dem kleinen Mädchen, stand hinter ihr und hatte ihre Hände in den Taschen ihrer Jacke vergraben. Ihr Blick huschte von ihrer jüngeren Schwester, zu Louis und schlussendlich zu mir. Auch wenn sie es versuchte zu verbergen, sah ich deutlich, dass ihre Augen kurz zu meinem gewölbten Bauch huschten, ehe sie ihren Blick wieder auf mein Gesicht heftete. Zudem sah ich die vielen Fragen in ihren Augen, die sie aber nicht stellte.

„Hey, hier beiden", Louis lächelte die beiden freundlich an. Er hatte meine Hand immer noch in seiner und strich unauffällig mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Es war eine beruhigende Geste, doch ich war mir nach den ersten Sekunden gar nicht mehr sicher, ob ich wirklich Angst haben brauchte. Es war die Art, wie die zwei Mädchen vor uns standen. Es war nicht das typische Verhalten, so wie ich gerade eben schon vermutet hatte. Sie kreischten immer noch nicht. Sie hielten auch nicht ihre Handys hoch oder versuchten Louis zu bedrängen. Sie standen einfach nur vor uns und schauten uns mit einem ruhigen Lächeln auf den Lippen an. Dennoch sah man ihnen deutlich die Nervosität an.

„Ich hätte hier nicht mit euch gerechnet. Twitter denkt, dass ihr in London seid", fing, dass kleiner Mädchen an zu sprechen und knetete dabei nervös ihre Hände. Sie ging Louis gerade so bis zum Bauch. Sie war aufgeregt, dass sah man ihr deutlich an. In diesen Moment tat sie mir leid. Ich war auch nicht die Selbstbewussteste Person und wusste somit wie man sich fühlte. Gerade wenn man seinen Idol traf und sich nicht wirklich traute die Chance zu nutzen um ihn anzusprechen.

Louis und ich sahen uns kurz an. Mal sehen wie lange dies noch so war und wann das nächste Location-Update über die Jungs und somit auch über uns kam.

„Wir werden nichts über euren Standort posten. Das versprechen wir", fügte sie schnell noch hinzu, als sie unseren besorgten Blicke sah. Für ihr Alter, worüber ich spekulierte, kam sie schon sehr erwachsen rüber. Dennoch wippte sie mit ihren Füßen vor und zurück. Irgendwas lag ihr noch auf der Zunge. Sie rang mit sich, es laut auszusprechen und blickte kurz unsicher zu ihrer großen Schwester.

„Wir mögen euch. Nicht als den Superstar und die Modebloggerin, sondern wie ihr mit der ganzen Situation umgeht und euer Leben so weit wie es euch dennoch möglich ist, normal weiterlebt. Das finden wir großartig", nun schaltete sich das ältere Mädchen ein. Sie war vielleicht nur einen Kopf kleiner als ich es war. Doch sah man in ihrem Gesicht keine kindlichen Züge mehr. Ich schätzte sie auf sechzehn Jahre vielleicht auch schon siebzehn Jahre.

Als mich ihre Worte erreichten, musste ich erstmal schlucken. Sie wusste gar nicht, was diese Worte für eine Bedeutung hatten. Die größte Angst einer Person die in der Öffentlichkeit stand, war es für den Ruhm und das viele Geld gemocht zu werden und nicht für den eigentlichen Menschen im inneren und hinter der Maske. Sie ließ diese Angst gerade in meinem Herzen für Louis und mich ein wenig schrumpfen.

Und dann kam mir noch ein weiterer Gedanke, der mich innerlich dazu verleitete mir selber eine Ohrfeige zu verpassen: In den letzten Monaten, hatte ich hauptsächlich die negativen Seiten der Fans und den Ruhm von Louis gesehen. Nie habe ich auch nur einen Gedanken an die Fans gerichtet, die nur das Beste für ihre Idole wollten. Die sie einfach nur unterstützten in dem was sie machten und sie sogar gegen die ganzen Hater noch verteidigten. Auch sowas hatte ich schon erlebt, doch genau diese Gruppe hatte ich aus meinen Gedanken gestrichen.

„Danke", brachte Louis gerade so heraus, ehe er meine Hand losließ und die zwei Mädchen einfach in die Arme schloss. Er war genauso überwältigt wie ich es war. Denn ich stand einfach nur da und beobachtete die Szene. Sie waren erst überrascht und genossen schlussendlich geradezu nur das Gefühl, was ihnen dabei zu übermannen drohte.

Mir kamen währenddessen fast die Tränen. Es sah so niedlich aus und gleichzeitig hatte es eine große Bedeutung für Louis – für mich. Diese Geschwister bewiesen uns, dass es noch richtige Fans gab. Der Zeitpunkt hätte nicht besser sein können uns das vor Augen zu führen.

„Danke", Louis wiederholte das Wort immer und immer wieder. Er wusste genau so wenig wie ich, was er erwidern könnte, das nur annähernd daran heran kam, was er gerade fühlte. Es war Balsam für seine Seele und seinem Herz, was ein Großteil seiner Karriere gehörte.

„Wir sagen nur die Wahrheit", flüsterte das kleiner Mädchen in Louis Ohr. Ich hörte es trotzdem, doch genau das gab mir den Rest. Ich konnte mein Schluchzen nicht mehr unterdrücken und wischte mir schnell mit meinem Handrücken über meine Wangen. Ich wollte nicht so gefühlsvoll in der Öffentlichkeit sein. Wer wusste schon, was morgen in den Zeitungen stand...

Doch dann war es mir von der einen Sekunde auf die Andere egal. Ich war schließlich auch nur ein Mensch. Ich hatte genauso Gefühle wie jeder andere.

Louis hörte mein Schluchzen und löste sich von den Mädchen. Besorgt sah er nun in meine Richtung und kam schlussendlich wieder zu mir und nahm mich ebenfalls in seine Arme.

„Es ist alles gut", flüsterte ich ihm nun ins Ohr, aber so leise, dass es die beiden nicht hören dürften. Louis löste sich ein Stückchen von mir, sodass er mein Gesicht betrachten konnte und strich mit seinen Daumen liebevoll über meine nassen Wangen.

„Kümmere dich um deine lieben Fans. Sie wollen bestimmt noch ein Foto und ein Autogramm haben. Ich gehe schon einmal vor und schau wie die Betten sind", während ich ihm dies sagte, sah ich ihm in die Augen und versuchte ihm glaubhaft rüber zubringen, dass es mir gut ging, denn so ganz schien er es mir noch nicht abzukaufen. Sein Blick schien irgendwas in meinen Augen zu suchen und als er es fand, veränderte sich seine Miene.

„Okay", dieses Mal glaubte er mir, hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und ließ mich frei. Wir drehten uns wieder zu den beiden Mädchen um, wo wir immer noch nicht wusste, wie sie hießen und sahen ihnen in ihre Gesichter. Sie hatten unseren Austausch stumm beobachtet.

„So sieht wahre Liebe aus", flüsterte das jüngere Mädchen und blickte kurz zu ihrer Schwester, die daraufhin schmunzelte. Louis und ich lachten leise und sahen uns kurz an. Wenn sie es so bezeichnen wollte. Gerne, denn ich stimmte ihr zu. Es war Liebe, was ich für Louis empfand. Ob es jetzt die wahre Liebe war, wusste ich nicht, aber ich mochte es gerne glauben.

„Es war schön euch kennenzulernen und danke für eure Unterstützung", sagte ich und wollte mich schon verabschieden, als das ältere Mädchen mich aufhielt.

„Wenn du jetzt nichts vorhast, würden wir uns freuen, wenn du hier bleiben würdest. Wir wollten euch noch fragen, ob wir ein Foto zusammen machen können. Wir werden versprechen, dass wir es nicht ohne eure Erlaubnis irgendwo hochladen werden. Ich möchte es nur gerne zu Hause ausdrucken und mir ins Zimmer stellen, wenn das für euch in Ordnung ist", versuchte sie mich umzustimmen und gleichzeitig nach unsere Erlaubnis zu fragen. Auch wenn sie eventuell schon sechzehn Jahre alt war, fand ich sie zuckersüß. Wie sie versuchte uns nicht auf die Nerven zu gehen, war...mir fehlten die Worte. Es war ungewohnt, solche lieben Fans zu begegnen.

„Nein, ich habe nichts weiter vor, außer vielleicht noch ein wenig zu schlafen. Ich wollte euch nur nicht weiter stören", sagte ich kleinlaut und wurde mir im nächsten Moment selber bewusst, dass ich meine Gedanken gerade laut ausgesprochen hatte und er zudem total unnötig war. Sie hatten uns versichert, dass sie uns beide mochten und irgendwie glaubte ich es ihnen. Gegenüber Fans war ich sehr misstrauisch. Sie sagten häufig, dass sie es nicht posten würden, oder es erst später irgendwo hochluden, doch bis jetzt ging es jedes Mal schief. Es landete schneller auf Twitter, als ich diese App öffnen könnte. Zudem verdrehten sie jedes Mal die Worte im Mund, sodass man selber schlecht da stand, oder irgendwas getan hatte, was überhaupt nicht stimmte. So entstanden auch zum Teil die vielen unterschiedlichen Gerüchte, die täglich auf diversen Plattformen kursierten oder in Zeitungen standen.

„Du störst doch nicht. Wir lieben dich", fielen die beiden mir gleich ins Wort und bestärkten somit meine Gedanken.

„Das tue ich übrigens auch", schaltete sich Louis nun in unsere Unterhaltung ein, ehe ich auf das Gesagte reagieren konnte und trat an meine Seite. Seine Hand wanderte auf meinen Rücken und strich sanft darüber, ehe er sich wieder zu den Mädchen wandte.

„Wir können gerne ein paar Fotos machen. Nur würde ich euch bitten, sie nicht gleich zu posten. Aber jetzt möchte ich endlich eure Namen wissen. Wir reden jetzt schon mehr als fünf Minuten miteinander und sie sind für uns beide immer noch unbekannt", sagte Louis und lächelte sie an. Es war dieses typische Louis-Lächeln, was da aufblitze und was viel bedeutsamer war: Es erreichte seine Augen...

„Natürlich, werden wir das nicht tun. Wir respektieren eure Privatsphäre. Schließlich wollt ihr auch einmal Ruhe haben", sie sah uns ehrlich in die Augen und wirkte dann leicht betreten. Irgendwas ging in ihrem Kopf vor, doch sie ließ uns nicht daran teilhaben.

„Ich heiße Mia und das ist Sophie", sagte die jüngere von den Beiden und zeigte mir ihrem Zeigefinger auf ihre Schwester.

„Schöne Namen", sagte Louis und nahm Sophie ihr Handy entgegen. Dabei zwinkerte er mir kurz zu. Ich schüttelte nur kaum merklich meinen Kopf und trat ein wenig näher. Wir stellten uns in Position und grinsten in die Kamera. Schlussendlich fragten wir noch schnell eine weitere Passagierin, ob sie ein Foto von uns machen konnte. Es war nicht ganz so einfach wie man dachte, vier Personen auf ein Bild zu bekommen, doch schlussendlich schafften wir es und die Mädchen bedankten sich überglücklich bei uns. Es war eine Begegnung einer besonderen Art, die wir alle nicht so schnell vergessen würden. Es zeigte mir das Gegenteil, dieser grausamen Welt in der wir lebten und daran hielt ich fest.


Wir hatten uns noch etwas länger unterhalten. Dabei hatte Louis fleißig Autogramme geschrieben und aufmerksam zugehört. Wir erfuhren, dass sie auf dem Weg nach Paris waren, da sie dort mit ihren Eltern Urlaub machen wollten. Sie hatten uns dabei aber nicht gefragt, wohin unsere Reise ging und das rechnete ich ihnen hoch an. Und genau das überzeugte mich nun noch mehr, dass sie uns wirklich nichts Böses wollten. Viele Fans hatten schon versucht nett zu sein und uns Versprechen gegeben, um uns später das Vertrauen um die Ohren zu schlagen.

Nun waren wir endlich in unserer Koje angekommen und hatten uns erstmal auf jeweils ein Bett geschmissen. Louis hatte gleich wieder rumgemeckert, dass wir kein Doppelbett hatten, sodass wir kuscheln konnten. Doch wir hatten es beide als Witz auf gefast und einfach nur über sein kindliches Verhalten gelacht.

Wir würden noch fünfundvierzig Minuten auf diesem Schiff verbringen und bis dahin musste Louis mit einem Einzelbett klar kommen. Ob er wollte oder nicht, aber so wie ich Louis kannte, machte er es natürlich mal wieder anders, als es gedacht war.

Denn sobald er seine Klage laut ausgesprochen hatte, war er schon wieder bei mir gewesen und hatte sich mit auf mein Bett gequetscht. Schlafen konnte ich zwar nicht wirklich, aber ich ließ es als ausruhen zählen...


Es waren mehrere Stunden vergangen. Louis und ich hatten die Fähre vor ungefähr vier Stunden verlassen. Wir hatten einen kurzen Zwischenhalt in Antwerpen gemacht. Dort hatten wir etwas zum Frühstück gegessen und nun hatten wir Amsterdam erreicht.

Dieses Mal fuhr ich das Auto. Schließlich hatte ich alles organisiert und Louis sollte die Aussicht genießen. Wir fuhren durch die halbe Stadt, ehe ich Richtung Hotel steuerte. Ich genoss selber die besondere Atmosphäre, die man sogar hier im Auto spürte. Selbst mein Bauch stimmte mir da freudig zu, denn ihn ihnen flogen gerade viele Schmetterlinge herum. Es war die Aufregung und die freudige Erwartung, die dieses Gefühl auslöste. Hoffentlich gefiel es Louis...

Als wir endlich im Hotel eincheckten, waren wir beide vollkommen kaputt. Wir ließen unsere Koffer auf dem Boden gleich im Flur in unserem Zimmer liegen, schlossen die Tür und ließen uns auf das große Doppelbett – zu Louis Glück – fallen. Schnell stellte ich noch einen Wecker, sodass wir unseren ersten Tag hier nicht vollkommen verschliefen und schloss dann in Louis Armen die Augen.


Als der Wecker zwei Stunden später wieder klingelte, war ich keines Falls ausgeschlafen, doch das interessierte die Uhr nicht. Er klingelte munter weiter, ehe Louis Finger verschlafen, auf dem Aus-Knopf landete.

„Lass uns die Stadt entdecken gehen", Louis sprang förmlich aus dem Bett und war von der einen Sekunde auf die nächste putzmunter. Ich konnte nur darüber den Kopfschütteln, während er schon einmal frische Sachen aus seinen Koffer suchte. Währenddessen lag ich noch völlig entspannt im Bett und hatte die Augen wieder geschlossen.

Als plötzlich ein Kleidungsstück auf meinem Gesicht landete, riss ich erschrocken meine Augen auf, schnappte mir das T-Shirt, knüllte es zusammen und warf es zu Louis zurück.

„Was soll das?!", fragte ich ihn fassungslos und richtete mich auf. Jetzt war ich wach. Doch während ich meine Hände auf die Matratze drückte, um meinen Oberkörper nach oben zu befördern, spürte ich etwas, was mich erschrocken nach Luft schnappen ließ. Ich hielt auf der Stelle inne und wartete. Währenddessen redete Louis auf mich ein: „Nur so bekomme ich dich wach. Ich will nichts von dieser Stadt verpassen, wenn ich schon einmal die Gelegenheit dazu bekomme...", er kramte immer noch in seinen Koffer und bekam von meinem Schockzustand nichts mit.

„Louis!", unterbrach ich ihn, als das gleiche Gefühl wieder durch meinen Körper fuhr und sich somit meine Vermutung bestätigte. Mein Freund schnellte sofort zu mir herum und kam zu mir gerannt. In wenigen Setzten war er bei mir.

„Was ist passiert?", rief er mir mit angstbebender Stimme entgegen. Sein Blick lag sorgenvoll auf mir. Er hatte die Panik aus meinem Ruf herausgehört.

„In mir hat sich gerade etwas bewegt"


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